Patricia Vonne – 24.10.2018, Krefeld, Kulturrampe – Konzertbericht

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In der Southern-Woche der Kulturrampe jagte ein hochkarätiger Act der Szene den nächsten. Am Vortag gab es mit Hogjaw etwas auf die Ohren, am folgenden Abend beehrten Robert Jon & The Wreck den Krefelder Großmarkt. Zwischen die gewichtigen Bartträger reihte sich die grazile Patricia Vonne aus San Antonio, Texas, ein. „Pille“ Peerlings zeigte sich bei der Begrüßung über die Resonanz dieser kompakten Südstaaten-Serie begeistert. Alle Veranstaltungen bescherten der Rampe ein (nahezu) ausverkauftes Haus.

Patricia Vonne erarbeitete sich durch ihre Touren hierzulande eine treue Fanbasis. T-Shirts mit ihrem Konterfei waren zu erspähen, Kastagnettenklappern sowie niederländische Stimmen zu vernehmen. Einige Wiederholungstäter erkannte Patricia Vonne von vorangegangenen Konzerten. Auch die Krefelder Kulturrampe hatte sie von ihrem Auftritt 2017 in frischer Erinnerung.

Die Begeisterung für Musik, die Vonne versprüht, schwappte bereits mit „This Cat‘s In The Doghouse“ auf das Publikum über. Bei vielen Stücken streute sie kurze persönlichen Bemerkungen ein und schuf dadurch eine besondere Nähe zu den Zuhörern. Ohne Berührungsängste trat sie mit ihnen in Kontakt – beispielsweise als sie von der Bühne stieg und ein Bad in der Menge nahm.

Im Verlauf der beiden Sets wechselte Vonne zwischen englisch und spanisch gesungenen Titel. Bei den Songs mit englischem Text traf Vonne eine rockige Auswahl. Von ihrem aktuellen Album „Top Of The Mountain“ spielte sie sämtliche Uptempo-Nummern. „City Is Alive“ leitete Bassist Harmen de Bresser sehr gelungen mit wuchtige Rückkopplungen ein. Im ersten Set folgten noch „Lekker Ding“ und „Lil‘ Lobo“, im zweiten „Citadel“ und „Graceland Trip“, bei dem sich Vonne an der E-Gitarre austobte.

Weitere Ohrwürmer aus der Backlist waren „Mudpies and Gasoline“ sowie „Rattle My Cage“. Dadurch, dass die Live-Varianten geerdet und weniger fein arrangiert erschienen als die Aufnahmen aus dem Studio, bekamen sie eine stärkere Roots-Rock-Note, die mir sehr gut gefiel. Auch die langsameren Titel „Top Of The Mountain“ und „Tidal Wave“ standen den Albumversionen in nichts nach. Ein besonderes Schmankerl war das countryfizierte „Love Is A Bounty“. Es ist der erste Song, den Vonne geschrieben hat.

Nicht nur das mitreißende Auftreten von Patricia Vonne, sondern auch die Qualität der genannten Songs machten das Konzert zu einem besonderen Vergnügen. Vor allem bei den lateinamerikanischen Rhythmen holte Vonne ihre Kastagnetten hervor und wirbelte über die Bühne. Der Titel „Guitarras Y Castañuelas” war dabei Programm. Vonne ließ es sich nicht nehmen, dem entsprechend ausgerüsteten Teilen des Publikums eine kurze Einführung in Grundtechniken des Kastagnettenspiels zu geben.

Die spanisch gesungenen Songs wie „Traeme Paz“, „Mexicali De Chispa“, „Fuente Vaqueros“ oder „Illuminaria“ liegen musikalisch zwar nicht direkt auf meiner Linie, wurden aber von Vonne so temperamentvoll und mit großen Posen dargeboten, dass sie hervorragend unterhielten. Gerade die Kombination von unterschiedlichen Musikstilen, mit denen Patricia Vonne im Grenzgebiet der USA und Mexiko aufgewachsen ist, prägen ihr eigenes Werk. Ohne diese würde ihren Konzerten ein charakteristisches Moment fehlen.

Ob mit Percussion, akustischer oder elektrischer Gitarre, Vonne war ständig in Bewegung. Das texanische Energiebündel löste bei der Zugabe „The House Is Rockin‘“ Bernhard Weichinger am Schlagzeug ab und überließ dem Gitarristen Ulrich Ellison die Lead Vocals. Mit dem Cover von Stevie Ray Vaughan steuerte ein explosives Konzert seinem Ende zu.

Das Publikum war mit der musikalischen und visuellen Darbietung hoch zufrieden. Auch Patricia Vonne schien Spaß an dem Konzert in Krefeld zu haben. Sie gab anschließend zahlreiche Autogramme, führte Gespräche mit Fans, posierte für Fotos und war froh, dass ein Ring wieder aufgetaucht ist, den sie während der Umkleide auf der Damentoilette verloren hatte.

Mit ihrer enormen Bühnenpräsenz machte die sympathische Texanerin mächtig Werbung für ihre Live-Auftritte. Es wundert daher nicht, dass sie die Herzen ihres Publikums erobert. Sollte sie erneut nach Deutschland kommen, bleibt zu hoffen, dass sie sich an die tolle Stimmung erinnert und der Rampe treu bleibt.

Line-up:
Patricia Vonne (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar, drums, percussion)
Ulrich Ellison (electric guitar, acoustic guitar, vocals, lead vocals „The House Is Rockin’“)
Harmen de Bresser (bass, vocals)
Bernhard Weichinger (drums)

Bilder und Text: Michael Segets

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Kulturrampe Krefeld

Patricia Vonne – Top Of The Mountain – CD-Review

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Review: Michael Segets

Die multikulturellen Wurzeln Patricia Vonnes spiegeln sich abermals auf „Top Of The Mountain”, ihrem achten Album seit 2003, wider. Aufgewachsen in San Antonio und mittlerweile in Austin lebend integriert Vonne ein breites Spektrum an Musikstilen, die in der Grenzregion der Vereinigten Staaten und Mexikos lebendig sind.

Der Longplayer ist dementsprechend abwechslungsreich. Neben den unterschiedlichen Musikrichtungen tragen eine variable Instrumentalisierung und die Unterstützung – vor allem beim Songwriting – von prominenten Musikern zu einem kurzweiligen Ausflug nach Texas bei. Die überwiegende Anzahl der Titel ist dabei im Roots Rock zu verorten.

Patrica Vonne ist ihr bislang reifstes Album gelungen. Einen großen Anteil daran hat Rick Del Castillo, der mit zwei Ausnahmen alle Songs produzierte und Vonne dazu bewegte, in einer tieferen Stimmlage zu singen. Dies vermeidet den schrillen Cowgirl-Pop-Eindruck, der einigen Titeln ihrer bisherigen Veröffentlichungen anhaftete. In den drei spanischen Liedern zeigt Vonne ihre Verbundenheit mit dem lateinamerikanischen Erbe ihrer musikalischen Sozialisation.

Der Walzer „Cancion De La Boda” – mit Akkordeon und Geige begleitet sowie anfangs mit dem Knistern einer alten Schallplatte unterlegt – erweckt den Anschein, als stamme er aus einer früheren Zeit. „Madre De Perla” widmet Vonne ihrer Mutter. Passend zu dem Flamenco-Feeling klappert Vonne mit den Kastagnetten. Ihre bevorzugten Instrumente setzt sie auch auf „Illuminaria“ ein.

Michael Ramos produzierte das Tejano-Stück mit der Folge, dass Vonnes Gesang höher als auf den anderen Titeln ausfällt. Wenn man wenig mit den deutlichen mexikanisch-spanischen Stileinflüssen anfangen kann, bleiben immer noch zehn hörenswerte Tracks.

Allen voran steht das Duett mit Joe King Carrasco „Lil´ Lobo“. Vonne und ihr Partner heulen sich unterstützt von krachenden Gitarren die Seele aus dem Leib. Der Vergleich mit den anderen Wölfen von Los Lobos drängt sich bei dem Tex-Mex „Graceland Trip“ auf. Hier zeigt Vonne, dass sie auch ohne fremde Unterstützung treibende Rocksongs schreiben kann. Dennoch zahlt sich bei „City Is Alive“ die Zusammenarbeit mit der New Yorker Rockgröße Willie Nile aus. Neben der Nummer mit härteren Gitarren-Riffs findet sich mit „Lekker Ding“ ein lockerer Old-School-Rock-n-Roll auf der Scheibe.

Von den schnelleren Stücken fällt einzig der Opener „Citatel“ durch die Dramatik im Gesang etwas ab. Bei dem von Alejandro Escovedo mitgeschriebenen „Tidal Wave“ passt das Pathos hingegen besser.

Mit akustischen Gitarren und Geige widmet sich Vonne auf dem titelgebenden „Top Of The Mountain“ dem Country. Die windumwehte und staubige Landschaft eines Westernfilms kommt bei „Western Blood“ unwillkürlich in den Sinn. Patricia Vonne lässt ihre E-Gitarre auf dem mit Steven Medina Hufsteter von den Cruzados komponierten Instrumentalstück melodiös klirren.

Den regulären Abschluss des Albums bildet die kraft- und gefühlvolle Ballade „God´s Hand“. Vonnes Stimme wird hier nur von einem Klavier begleitet. Als Bonustrack gibt es noch die weitere Ballade „Stop The Madness“, die für eine texanische Organisation gegen häusliche Gewalt verfasst ist. Ihr soziales Engagement und ihr Einsatz für Frauenrechte brachte Vonne schon bei den früheren Titeln „Missing Women“ beziehungsweise „Mujeres Desaparecidas“ zum Ausdruck.

Auf ihrer neuen CD „Top Of The Mountain“ hat Patricia Vonne Pop-Elemente zugunsten eines erdigeren Sounds aufgegeben, was den Freunden von Sounds Of South gefallen wird. Vonne tourt in den nächsten Monaten ausgiebig durch Deutschland und präsentiert ihr neues Werk live. Da man den Berichten von Daniel Glauben schenken kann, lohnt ein Konzertbesuch auf alle Fälle.

MIG (2018)
Stil: Rock / Americana

01. Citadel
02. City Is Alive
03. Illuminaria
04. Top Of The Mountain
05. Lil‘ Lobo
06. Madre De Perla
07. Tidal Wave
08. Graceland Trip
09. Western Blood
10. Cancion De La Boda
11. Lekker Ding
12. God’s Hands
13. Stop The Madness

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