Marina Rocks – S.O.S. Texas – CD-Review

Review: Michael Segets

Die niederländische Agentur JohTheMa Promotions verbreitet nicht nur die Musik interessanter Bands aus dem Benelux-Raum, sondern unterstützt auch von Zeit zu Zeit amerikanische Künstler*innen, die man auf dieser Seite des Atlantiks nicht unbedingt auf dem Schirm hat. Viel Freude hat beispielsweise Ted Russel Kamp mit seiner CD „California Son“ sowie seinem „Auftritt in der Krefelder Kulturrampe bereitet. Über die Agentur flatterte nun das aktuelle Album der Texanerin Marina Rocks ins Haus. Die Eigenproduktion „S.O.S. Texas“ erschien bereits im April.

Die Songwriterin gewann seit 2012 einige Wettbewerbe wie Eddies Attic Songwriter Shootout im Jahr 2019. Zuvor konnten namhafte Musiker wie John Mayer den Contest (2000) ebenfalls für sich entscheiden. Der große Durchbruch steht bei Rocks allerdings noch aus. Einblicke in ihr Songwriting gibt ihr drittes Album mit neun Eigenkompositionen.

Eigentlich sind es acht statt neun Songs, die Rocks präsentiert. „One More Song“ ist auf dem Longplayer in zwei Versionen vertreten. „One More Song (Rewind)“ bringt eine auf akustische Gitarrenbegleitung minimalisierte Interpretation zum Abschluss des Werks zu Gehör. Der Gesang von Rocks weist hier deutliche Parallelen zu dem von Lucinda Williams auf.
Die Verbindung ist auch bei der rockigen Single „It’s All Messed Up“ nicht von der Hand zu weisen. Von dem rauen Opener outete sich Ray Wylie Hubbard als Fan. Ich habe eine Faible für solche nöligen Töne, die manchmal mit gewohnten Harmonien brechen, solange sie insgesamt melodisch bleiben. Dies kann Rocks attestiert werden.

Der zweite Track „S.O.S.“ groovt ebenfalls. Rocks bettet in ihn eine Sprechgesang-Passage ein, die funktioniert. Schwieriger ist „The Hollywood Sign“, bei dem die gesprochenen Parts anfänglich etwas zu viel Raum einnehmen. Dennoch hat das Stück, das a cappella einsteigt, einen stimmungsvollen Refrain. Die getragene Atmosphäre wird durch die Mundharmonika von Gary Weldon gefördert.

Weiterhin finden sich zwei Instrumentals auf der CD („I Don’t Know“, „Starlight“). Beide Beiträge wirken entspannt, wobei Rocks‘ Gitarrenspiel einen Vergleich zu Ry Cooder zulässt. Ähnlich angelegt, allerdings mit etwas Text und einer auffälligeren Percussion unterlegt, ist „Slap Happy“. Die Multiinstrumentalistin – Rocks übernimmt neben Gitarre, Keys, Bass und Schlagzeug eben auch die Percussion – überrascht auf „Mind’s Eye“ mit einem Reggae-Rhythmus, der zeigt, dass sie sich nicht auf eine Stilrichtung festlegt.

Marina Rocks veröffentlicht mit „S.O.S. Texas“ ein stilistisch abwechslungsreiches Album. Die stimmlich und gesanglich Nähe zu Lucinda Williams spielt sie sowohl bei rockigen als auch langsamen Songs aus. Davon höre ich auch in Zukunft gerne mehr.

Eigenproduktion (2025)
Stil: Rock and more

Tracks:
01. It’s All Messed Up
02. S.O.S.
03. The Hollywood Sign
04. I Don’t Know
05. One More Song
06. Mind’s Eye
07. Slap Happy
08. Starlight
09. One More Song (Rewind)

Marina Rocks
JohThema Promotions

Nick Lowe – Lay It On Me – EP-Review

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Review: Michael Segets

Der englische Musiker und Produzent Nick Lowe taucht bestimmt irgendwo in der gut sortierten Rocksammlung auf, selbst wenn dort kein Album von ihm vertreten ist. Als Bassist bei Little Village veröffentlichte er mit John Hiatt, Ry Cooder und Jim Keltner 1982 ein Album. Er spielte mit einer Vielzahl von Künstlern und Bands wie Dave Edmunds, Rockpile, John Lee Hooker, Tanita Tikaram, Blackie And The Rodeo Kings oder Wilco.

Seine Songs wurden von etlichen Interpreten aufgenommen. Seine Exfrau Charlene Carter, Johnny Cash, Diana Ross, Linda Ronstadt, The Mavericks, George Thorogood, Rod Stewart, Simple Minds – um nur einige zu nennen – gehören dazu. Auch seine Liste als Produzent ist lang. Beispielsweise Werke von Graham Parker, Dr. Feelgood, The Fabulous Thunderbirds oder von The Pretenders wurden von ihm betreut. Vor allem mit Elvis Costello arbeitete er über acht Alben hinweg zusammen. Dieser machte den von Lowe geschriebenen Song „(What`s So Funny ‘Bout) Peace, Love And Understanding” zu einem Hit.

In der Musikszene hat der einundsiebzigjährige Lowe unabhängig von seinen sechzehn eigenen Alben also deutliche Spuren hinterlassen. Vor sieben Jahren veröffentlichte er seinen bislang letzten im Studio eingespielten Longplayer. 2018 folgte die EP „Tokyo Bay“. Mit der EP „Lay It On Me“ gibt Lowe nun erneut ein Lebenszeichen von sich.

Gemeinsam mit den Los Straitjackets spielte er drei Songs ein. Die beiden Eigenkompositionen „Lay It On Me Baby” und „Don’t Be Nice To Me” ergänzt „Here Comes That Feeling”, das von Dorsey Burnette geschrieben und durch die Version von Brenda Lee bekannt wurde. Im Stil des 50er Jahre Rock ’n Roll gehalten und mit einer Prise Soul gewürzt verströmen die Stücke einen angenehmen Retro-Charme.

Schließlich findet sich noch eine instrumentale Interpretation von „Venus“ auf der EP. Dem Song von Shocking Blue, der durch Bananarama in den Achtzigern ein Revival erlebte, geben Los Straitjackets einen Surf-Rock-Anstrich. Den Titel hat Lowe lediglich produziert.

Mit seinen knapp zwölf Minuten stellt „Lay It On Me” ein kurzes Vergnügen dar. Die Fans von Nick Lowe wird das neue Material aber dennoch freuen. Die unverkrampften Songs sind wunderbar geeignet, einen lockeren und entspannten Sommerabend auf der Terrasse einzuläuten.

Yep Roc Records (2020)
Stil: Rock

Tracks:
01. Lay It On Me Baby
02. Don’t Be Nice To Me
03. Here Comes That Feeling
04. Los Straitjackets – Venus

Nick Lowe
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