Dave Hause – Drive It Like It’s Stolen – CD-Review

Review: Michael Segets

Dave Hauses musikalische Anfänge in diversen Punkbands liegen nun schon einige Jahre zurück. In seiner Solokarriere, die 2011 mit „Resolutions“ begann, schlägt er gemäßigtere Töne an, wobei seine Songs weiterhin vor Energie strotzen. Stilistisch weisen Hauses Songs eine Nähe zu denen von Brian Fallon auf. Mit dem ehemaligen Frontmann von The Gaslight Anthem war er am Anfang seiner Solounternehmungen auf Tour. Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden ähnlich alten Musiker liegt darin, dass sich die besungenen Themen im Laufe der Zeit änderten. Mit dem Überschreiten der Vierzig und der Familiengründung, gehören die wilden Jahren der Vergangenheit an. In den Texten klingt nun oftmals die neue Rolle als Vater an. So stehen auch auf „Drive It Like It’s Stolen“ die Sorgen um die Kinder und deren Zukunft im Zentrum.

Kontinuität beweist Hause bei der Wahl seiner Mitstreiter. Wie bei „Blood Harmony“ (2021) fungiert Will Hoge als Produzent und auch Hauses Bruder Tim ist erneut mit von der Partie. Auffällig ist, dass den Songs im Schnitt lediglich drei Minuten gegeben wird. Die Kürze der Kompositionen, die noch ein Überbleibsel der Punk-Vergangenheit sein kann, kennzeichnet Hauses Songwriting. Dennoch entbehrt dieses nicht einer gewissen Komplexität. Die beiden Stücke zu Beginn des Albums „Cheap Seats (New Years Day, NYC, 2042)“ und „Pedal Down“ dienen dafür als Beleg. Sie starten langsam, entwickeln dabei Spannung und nehmen schließlich Fahrt auf. Bereits hier zeigt sich, dass Hause weiterhin das Herz eines Rockers hat.

Bei dem folgenden „Damn Personal” steigt Hause mit Tempo ein und behält dies durchgängig bei. Danach liefert er mit „Low“ und dem gradlinigen „Hazard Lights” Heartland Rock der Güteklasse ab. Auch zum Abschluss gibt es noch eine Uptempo-Nummer („The Vulture“), die allerdings relativ abrupt endet. Die Songs sind insgesamt druckvoll, bleiben dabei aber stets melodisch.

Cello- und Streicherklänge begleiten „Chainsaweyes“ und geben dem Stück eine dunkle Atmosphäre. Hause kategorisiert sein Werk als Post-apocalyptic Americana. Die Bezeichnung mag auf manche Balladen, die sich überwiegend in der zweiten Hälfte des Albums finden, durchaus zutreffen. So ist das ruhige „Lashingout“ ebenfalls interessant instrumentalisiert. Gegen Ende sind überraschende Passagen eingebaut, bei denen ein Klavier hervortritt und Bläser im Hintergrund wimmern.

Das Piano bekommt auch auf dem akustisch gehaltenen „Tarnish“ seinen Part. An dem persönlichen Hintergrund zur Entstehungsgeschichte des Songs lässt uns Hause in einem Interview teilhaben. Das vorab ausgekoppelte Stück wirkt wie der etwas langsamere Titeltrack etwas zahmer als der Rest des Longplayers. Die beiden klassisch gehaltenen Americana-Beiträge bilden so einen gelungenen Gegenpol zu den anderen.

Dave Hause verbindet Aggressivität und Sensibilität in seinen Songs wie kaum ein anderer. Ausdrucksstarker Gesang und authentisch wirkende Texte lassen den Funken überspringen. Dabei gelingt ihm auf „Drive It Like It’s Stolen“ die Gradwanderung zwischen dem Festhalten an Konventionen und dem kreativen Ausbrechen aus ihnen.

Blood Harmony Records – Soundly Music/Lime Tree Music (2023)
Stil: Rock, Americana

Tracks:
01. Cheap Seats (New Years Day, NYC, 2042)
02. Pedal Down
03. Damn Personal
04. Low
05. Chainsaweyes
06. Hazard Lights
07. Drive It Like It’s Stolen
08. Lashingout
09. Tarnish
10. The Vulture

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Dave Hause – Blood Harmony – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Als gelernter Punk-Rocker aus Pennsylvania fing Dave Hause mit Support der Bouncing Souls und NOFX und seiner Band The Loved Ones 2004 an, die ersten Erfolge einzufahren. Zusammen mit u.a. Brian Fallon (Gaslight Anthem) und Chuck Ragan (Hot Water Music) schaffte es Hause als Mitglied der Folk-Formation The Revival Tour bereits 2011 in den Rockpalast und konnte diesen Qualitätsbeweis 2017 mit seiner eigenen Band The Mermaid wiederholen.

Das neue Solo-Album „Blood Harmony“ ist in vielen Songs von seiner Heimatstadt Philadelphia geprägt und seinen Ausflügen an die Küste New Jerseys, obwohl Hause für diese Produktion extra nach Nashville gegangen ist, um den Longplayer mit Southern Rock-Singer/Songwriter Will Hoge aufzunehmen. Hoge konnte hierfür u.a. so erfahrene Leute, wie Gary W. Tallent (Bass) von Springsteens E-Street Band, Sadler Vaden (Guitar) aus Jason Isbells 400 – Unit und Schlagzeuger Billy Powell (Man Man) begeistern und produzierte ein exzellentes „Blood Harmony“-Werk. Dass der eigentlich rockige Longplayer mit der liebevollen Nummer „Northstar“ (besonders poetische Lyrics) akustisch eröffnet wird, kennzeichnet die sanfte Seite von Dave Hause, der die 10 Songs gemeinsam mit seinem Bruder Tim (Gitarre) komponiert hat und dieses Teamwork als ‚Family Business‘ betrachtet.

Schon der zweite Titel „Sandy Sheets“, über Ferienzeiten am Strand, wird zur New Jersey Hymne und entwickelt durchaus Springsteen-nahe Züge einer Asbury Park-Mentalität. Der seit Jahren leider etwas zu bescheiden im Hintergrund der aktuellen Songschreibergilde agierende Dave Hause kommt durch die großmeisterliche Inszenierung von Will Hoge in ein verdientes Rampenlicht. Weitere harte Rock-Songs folgen („Plagiarist“, „Gary“ und „Carry The Lantern“) und hätten ebenso Gaslight Anthem oder auch Tom Petty alle Ehre gemacht, den Dave Hause neben Brandi Carlile als sein Vorbild ansieht.

Auf „Surfboard“ wird mit akustischen Gitarren und Banjo ein Ohrwurm-Song auch als Vorab-Single angeboten, dessen spielerische Leichtigkeit überspringt, während bei „Snowglobe“ die jung gebliebenen Punk-Wurzeln im Gitarren-Sturm charakteristisch dominieren. Das akustische Liebeslied an seine Kinder („Little Wings“) beendet leider die neue Studio-Scheibe schon nach einer guten halben Stunde und zurück bleibt der Eindruck von einer handwerklich ausgereiften „Vorstellung“, der man unbedingt nochmal zuhören möchte. Übrigens: Dave Hause kommt hierfür mit seiner Band im nächsten Jahr für 8 Konzert-Termine nach Deutschland!

„Blood Harmony“ bietet neben einer gewissen Hemdsärmeligkeit in den Sounds, sozialkritische Texte und auch eine liebevolle Zerbrechlichkeit in manchen Songs, die den Longplayer aus der Masse ähnlicher Neuerscheinungen wohltuend heraushebt. Eine Award-Nominierung ist nach all den Jahren hervorragender Solo-Arbeit für Dave Hause spätestens jetzt überfällig!

Membran (2021)
Stil: Folk Rock, Heartland Rock

Tracks:
01. Northstar
02. Sandy Sheets
03. Hanalei
04. Plagiarist
05. Gary
06. Surfboard
07. Leave It In That Dream
08. Snowglobe
09. Carry The Lantern
10. Little Wings

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