Los Lobos – Native Sons – CD-Review

cover Los Lobos - Native Sons 300

Review: Michael Segets

Just another band from East L. A. – so bezeichneten sich Los Lobos selbst, dabei besteht für die Wölfe kein Grund zur Bescheidenheit. Spätestens mit ihrem internationalen Superhit „La Bamba“ sind sie über die Grenze ihrer Heimatstadt hinaus bekannt. Dennoch ist die Band in der kalifornischen Metropole tief verwurzelt und besinnt sich mit „Native Sons“ auf die musikalischen Einflüsse, die sie prägten. Bis auf den Titeltrack, der eine Eigenkomposition darstellt, covern Los Lobos eben die Bands und Musiker, die eng mit L. A. verbunden sind.

Seit den 1980ern gelten Los Lobos als Inbegriff des Tex-Mex und haben dem Tejano mit ihrem eigenständigem Sound einen Stempel aufgedrückt. In der Folgezeit erweiterte die Band ihre Bandbreite, sodass die musikalische Richtung ihrer Alben kaum abzusehen ist. „Kiko“ (1992) gilt unter Kritikern als ein Höhepunkt unter den Veröffentlichungen, wobei „The Neighborhood“ (1990), mit den Gastmusikern Levon Helm und John Hiatt, bereits den Aufbruch zu neuen Ufern markierte.

In der letzten Dekade tourten sie mit Neil Young, der Tedeschi Trucks Band und den North Mississippi Allstars, bevor es um die Combo stiller wurde. Mit „Native Sons“ melden sich Los Lobos nun wieder zurück, allerdings ohne neues Eigenmaterial zu präsentieren, sieht man von dem Titelsong ab. Dass die Mannen aus L. A. bei ihren Covern den jeweiligen Songs eigene Facetten und einen veränderten Klang mitgeben können, haben sie ausgiebig auf mehreren Tribute-Alben bewiesen und so hört sich „Native Sons“ ganz nach Los Lobos an.

„Never No More“ von Percy Mayfield und „Flat Top Joint“ von Dave Alvin (The Blasters) sind im Stil des klassischen Rock ’n Roll gehalten. Ein hohes Tempo geht auch „Farmer John“. Der Song ist bereits auf diversen Live-Mitschnitten von Los Lobos zu finden. Einzelne Tracks haben einen Funk-Einschlag („Love Special Delivery“), gehen in Richtung R&B („Misery“) oder kombinieren beides („The World Is A Ghetto“). Wie häufig bei den Longplayern von Los Lobos finden sich zudem spanische Titel auf „Native Sons“, die beim Uptempo oft einen zirzensischen Eindruck hinterlassen oder leicht in schmalzige Regionen abdriften. Der Salsa „Los Chucos Suaves” und das schmachtende „Dichoso” bilden da keine Ausnahme.

Die Band um David Hidalgo liefern darüber hinaus Versionen von Musikern ab, die eher ins SoS-Spektrum fallen. Von Jackson Browne interpretieren sie „Jamaica Say You Will “ und von Stephen Stills „Bluebird/For What It’s Worth”. Die beiden Songs von Stills sind auf CD oder LP als Medley gespielt, auf der digitalen Ausgabe sind sie als Einzeltitel getrennt. Gelungen ist auch „Sail On, Sailor”, das durch die Beach Boys bekannt ist. Als Abschluss der CD gibt es das Instrumentalstück „Where Lovers Go“, das als Rausschmeißer seit langer Zeit von Los Lobos live erprobt ist.

Der spezielle Sound von Los Lobos wird nicht zuletzt durch das Saxophon von Steve Berlin geprägt. Steve Berlin, der Mitte der 1980er der Band beitrat, hat sich mit seinem Instrument und als Produzent einen Namen gemacht. So unterstützte er beispielsweise Sheryl Crow, Joan Osborne und The Suitcase Junket. Los Lobos holten für „Native Sons“ einige Gastmusiker mit an Bord und David Hidalgo Junior sitzt bei der Hälfte der Stücken am Schlagzeug.

So bunt schillernd wie man sich das Leben in L.A. vorstellt, ist auch die Liebeserklärung „Native Sons“ von Los Lobos an ihre Heimatstadt ausgefallen. Bei der Auswahl der Coverversionen greifen David Hidalgo, Steve Berlin und ihre Mitstreiter unterschiedliche musikalische Stile auf. Gemeinsam ist den Songs nicht nur, dass sie von Musikern stammen, die die Szene in L. A. prägten, sondern auch, dass sie durch den typischen Sound von Los Lobos zusammengeschweißt werden.

New West Records/Pias-Rough Trade (2021)
Stil: Rock and more

Tracks:
01. Love Special Delivery
02. Misery
03. Bluebird/For What It’s Worth
04. Los Chucos Suaves
05. Jamaica Say You Will
06. Never No More
07. Native Son
08. Farmer John
09. Dichoso
10. Sail On, Sailor
11. The World Is A Ghetto
12. Flat Top Joint
13. Where Lovers Go

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The Suitcase Junket – Mean Dog, Trampoline – CD-Review

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Review: Michael Segets

The Suitcase Junket war mir völlig unbekannt, bevor ich bei der Recherche, was so an neuen Veröffentlichungen angekündigt ist, auf „Mean Dog, Trampoline“ aufmerksam wurde. Hinter The Suitcase Junket verbirgt sich Matt Lorenz, der unter seinem Künstlernamen bereits vier Longplayer und zwei EPs herausbrachte.

„Mean Dog, Trampoline“ ist ein abwechslungsreiches und insgesamt ziemlich cooles Album. Mit den beiden frischen Heartland-Rockern „High Beams“ und „Everything I Like“ – ganz im Stil des frühen John Cougar Mellencamp – trifft The Suitcase Junket direkt ins Schwarze. Etwas aggressiver und härter sind das mit kratziger Gitarre versehen „New York City“ und das scheppernde „Stay Too Long“.

Neben den richtig starken Stücken fällt das wuchtige „Son Of Steven“ leicht ab, da mich vor allem der langgezogene Gesang im Chorus weniger anspricht. Der Gesang im Refrain von „Gods Of Sleep“ begeistert mich ebenfalls nicht. Damit hat es sich aber mit den Kritikpunkten an der sonst überzeugenden CD.

Das Werk ist zwar durch eine rockige Note geprägt, The Suitcase Junket unternimmt allerdings einige Ausflüge in andere Genres. Der Country-Song „Scattered Notes From A First Time Homebuyers Workshop” entwickelt mit feinem Picking und Twang ein ordentliches Tempo. Richtig schönen Southern-Flair verströmt die Ballade „Old Machine“ besonders durch den einsetzenden Harmoniegesang. Beim sanften „Dreamless Life” orientiert sich Lorenz am Modern Folk.

Mit „Heart Of A Dog“ hat The Suitcase Junket zudem einen Blues im aktuellen Programm. Die metallisch klingende Gitarre, Schlagzeug und Percussion wecken bei mir unmittelbar Assoziationen zu „Kiko“ von Los Lobos. Das ist nicht weiter verwunderlich, da Steve Berlin die Scheibe produziert hat. Der Sound anderer Stücke weist ebenfalls eine Nähe zu den Wölfen aus L. A. auf.

Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass The Suitcase Junket gerne Alltagsgegenstände wie Flaschen, Kanister oder Sägeblätter umbaut und zur Tonerzeugung nutzt. Der Klang von The Suitcase Junket ist stellenweise ungewöhnlich, aber selbst bei Stücken mit experimentelleren Anflügen – wie „What Happend“ – integriert er sich nahtlos in die stets erkennbar bleibenden Songstrukturen. Neben Tracks, die vielleicht erst bei mehrmaligem Hören gewinnen, kann der Mann aus Vermont auch sehr eingängige Titel schreiben. Die erste Single „Dandelion Crown“ ist dafür ein gutes Beispiel.

Mit „Mean Dog, Trampoline“ ist The Suitcase Junket ein vielschichtiges Album gelungen. Der eigenständige und manchmal eigenwillige Sound durchzieht das Werk, das eine große Bandbreite an unterschiedlichen Stilen – von Rock über Blues und Folk bis hin zum Country – abdeckt. Für denjenigen, der jeder dieser Musikrichtungen etwas abgewinnen kann, ist „Mean Dog, Trampoline“ ein Geheimtipp. Wer in seinem Musikgeschmack etwas spezialisierter ist, wird zumindest bei einigen Titeln fündig, wenn er die Scheibe oder den Backkatalog von The Suitcase Junket sichtet.

Signature Sound/Red Eye Worldwide/H’Art (2019)
Stil: Rock and more

Tracks:
01. High Beams
02. Heart Of A Dog
03. Everything I Like Stay Too Long
04. Gods Of Sleep
05. Dreamless Life
06. Son Of Steven
07. Dandelion Crown
08. Scattered Notes From A First Time Homebuyers Workshop
09. New York City
10. What Happened
11. Old Machine

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