Jake Owen – Startin‘ With Me – CD-Review

Glanzvolles Major-Label-Debüt von Jake Owen, einem in Vera, Florida aufgewachsenen jungen Burschen, der eigentlich mit großen Ambitionen im Golfsport begann. Den 18-Loch-Parkur musste er jedoch aufgrund eines Unfalls hinter sich lassen, was sich im Nachhinein aber als außerordentliches Glück für die Country-/New Country-, und bei einigen beherzten, großartigen Nummern auch für die „southern-rocking“-Country-Welt erweist. Sein Erstling muss ohne Wenn und Aber zu den ganz starken Neuveröffentlichungen des Jahres gezählt werden. Jake ist mit einer für sein Alter ungemein charismatischen Bariton-Stimme ausgestattet.

Hinzu kommt, dass er mit einem außerordentlichen Songwriting-Talent gesegnet zu sein scheint (hat sämtliche Songs selbst geschrieben, zum Teil an der Seite bekannter Komponisten wie Brett James, Casey Beathard oder Chuck Jones). Produziert hat der in Nashville angesagte Allrounder (Musiker, Komponist, Produzent) Jimmy Ritchey (Mark Chesnutt, Kenny Chesney), der den Stücken einen ungemein fetten Soundanstrich verliehen hat. Auch im Instrumentalistenbereich wurde für Jake’s Debüt an nichts gespart, gibt sich hier mal wieder die allererste Garde, nicht nur der Nashville-Studio-Creme, die Ehre. Am Schlagzeug beispielsweise sitzt der phänomenale Kenny Aronoff (u.a. John Mellencamp, John Fogerty, Melissa Etheridge), die E-Gitarren bedienen u. a. David Grissom, Pat Buchanan und Brent Mason, an der Steel sitzt Paul Franklin, Glenn Worf am Bass, Gordon Mote an den Tasten, und, und, und! „The Bad In Me“, der Eröffnungstrack, zeigt direkt, quasi im Umkehrschluß zum Songtitel, in beeindruckender Weise „das Gute“ dieses Jake Owen.

Er versteht es glänzend, (New)Country-Stücke mit traditioneller Basis sehr dynamisch, satt und zeitgemäß aufzupeppen, wobei er auch immer wieder, mal mehr, mal weniger, auf die eingangs bereits erwähnten Southern-Elemente zurückgreift. Der sehr kraftvoll dargebotene Song liegt genau an der Schnittstelle dieser Musikarten. Heulende Orgelklänge, stampfende Rhythmen, klasse Dobro-Fills, prächtige, würzige E-Gitarren und Slide-Duelle! Kollegen wie Travis Tritt, Trace Adkins, Montgomery Gentry, Rodney Atkins und die Van Zants lassen hier grüßen, aber auch Verehrer von Leuten wie Trent Willmon, Dierks Bentley, Buddy Jewell oder Josh Turner werden im Verlauf des Albums von Owens Musik mehr als angetan sein.

Die andere Seite von Jake sind die gefühlvollen, entspannten, ebenfalls sehr gelungenen, reinen Balladen, wie zum Beispiel „Something About a Woman“ (Piano-/Seel-geetränkt), „Ghosts“ (wurde auch schon von Kenny Chesney interpretiert), „Startin’ With Me“ (relaxtes Midtempo, schöne Akustik´Gitarren-Untermalung, klasse E-Gitarren-Solo) die allerdings vollkommen, und das ist sehr sympathisch, ohne übertriebenen Bombast auskommen. Die absoluten Highlights sind aber immer wieder die (southern) rockig angehauchten Songs, wobei den exzellenten E-Gitarristen erstaunlich viel Spielraum gewährt wird .

„Yee Haw“ beispielsweise, die erste Single des Albums, hat es direkt unter die Top-Twenty der Billboard Country-Singles-Charts geschafft: Ein tolles, gut tanzbares Honkytonk-/Gute Laune-Stück mit allen entsprechenden Zutaten wie klimperndes Honky Tonk-Piano, äußerst „cooler“ Gesang und swampigem Rhythmus, wobei die Titelzeile des Liedes bei seinen Live-Gigs vermutlich aus vielen tausend Bier-Kehlen heraus freudig mitgekrischen wird. Stark auch „Eight Second Ride“, das in seiner Spielfreude (prächtig rockende Double Leads) an Klassiker der Charlie Daniels Band erinnert, oder „Hard Not To Love You“, ein schwüler Southern-Blues mit tollen Slide-Gitarren und herrlich integrierten, weiblichen Ooh-Ooh-Background-Gesängen.

Zum Schluß gibt es dann mit dem traumhaften „You Can Thank Dixie“ noch eine geradezu „sensationell“ schöne Südstaaten-Ballade, mit Ambitionen zum Klassiker. Hier zog Jake seinen Namensvetter Randy Owen (übrigens nicht verwandt mit Jake), seines Zeichens Sänger der Band Alabama, zum Duett heran. Dies ist nicht nur ein intelligenter „PR-Gag“, nein, der Song hat es wirklich in sich!

Beide Stimmen ergänzen sich eindrucksvoll mit ihrem wunderbaren „Southern-Drawl“ zu einer großartigen Einheit, der Text wimmelt nur so voller emotional besungener Südstaaten-Klischees, dazu klares Akustik-Gitarrenspiel in Kombination mit feinen Piano-/Orgel-Fills, sowie jeder Menge grandioser E-Gitarrenfeinheiten, wie herrliche Double-Leads-Passagen in der Mitte, und am Ende ein im Anschluss an ein Drumbreak folgendes, mitreißendes Gitarren-Finish! All das läßt diesen Song zu einer wahren Southern-Hymne avancieren. Ein phänomenales Ende! Southern-Rocker, traut euch..! „Startin’ With Me“ ist mal wieder ein bärenstarkes, beeindruckendes Debüt eines sehr vielversprechenden Newcomers in Nashville. „Starten Sie durch“, mit Jake Owen!

RCA Records (2006)
Stil: New Country

01. The Bad In Me
02. Something About A Woman
03. Startin‘ With Me
04. Yee Haw
05. Ghosts
06. Eight Second Ride
07. Hard Not To Love You
08. The Bottle And Me
09. Places To Run
10. Long Night With You
11. You Can Thank Dixie (Duet With Randy Owen)

Jake Owen
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Bärchen Records

Alabama – Southern Drawl – CD-Review

Alab

Jawohl! Da sind sie wieder! Endlich ein brandneues Album von Alabama! Ganze 14 Jahre hat sich das beliebte Trio, bestehend aus Leader Randy Owen, Teddy Gentry und Jeff Cook seit ihrer letzten ‚echten‘ Studioveröffentlichung „When It All Goes South“ Zeit gelassen, ihre immer noch immens große Fan-Schar, mit neuem Songmaterial zu beglücken. Wer befürchtet, dass die Herren Rost angesetzt haben oder mit dem Zug der Zeit nicht mehr standhalten können, dem sei versichert, dass hier genau das Gegenteil der Fall ist. Mit ihrem neuen Werk „Southern Drawl“ beweisen die drei Recken vorzüglich, wie man sich zeitgenössisch geben kann, ohne dabei in die eigene musikalische DNA allzu stark einzugreifen. Die legendäre, mega-erfolgreiche Band (41 Nr. 1- Hits, unzählige Auszeichnungen, über 65 Millionen verkaufte Tonträger!) beeindruckt mit 13 neuen Songs, die, wie man es von früher kennt, zum Teil gut rocken und zum Teil in wunderbaren Balladen vorgetragen werden. Alles kommt, wie der Titel der CD es schon suggeriert, mit viel Southern-Esprit rüber!

Herrlich, wie die exzellenten E-Gitarristen der Nashville-Studiomusiker-Garde (Danny Radar, Adam Shoenveld, JT Corenflos, Tom Bukovac, Kenny Greenberg, Charles English), direkt beim eröffnenden Titelstück die Slide-Gitarre raunen lassen , um dann, nach Owens brunftartigem Eingangs-Statement „Life gets better with a Southern drawl“, in einen schwer stampfenden Southern Countryrock-Swamper im Stile von Montgomery Gentry zu münden. Sofort eine bärenstarke Nummer, klasse vor allem das E-Gitarren-Solo und das Honky Tonk-Piano-Geklimper von dem auch insgesamt überragend agierenden Gordon Mote (Piano, Wurlitzer, B3). Das Alabama auch wegen ihrer, immer wieder mit tollen Harmoniegesängen bestückten Balladen geliebt werden, ist kein wohl behütetes Geheimnis mehr. Mit „Wasn’t Through Lovin‘ You Yet“ (tolles Bruce Hornsby-mäßiges Piano, starkes E-Gitarren Kurz-Solo), „This Ain’t Just A Song“ (klasse Harmonies und feines Violinenspiel von Gaststar Alison Krauss) und „As Long As There’s Love“ (mit orchestralen Streicher- und Crowd Gesangs-Passagen) bekommt man anschließend gleich drei hochemotionale Musterbeispiele dafür serviert (z. T. bitte die „Tempos“ in Griffweite halten – kleiner Scherz am Rande).

Vor allem beim später folgenden Liebeslied „One On One“, wo Randy das Intro sprechend, mit belegter Stimme und voller Pathos dahinseufzt, muss man ganz tief durchatmen. Dank der tollen Musiker und ihrer vielen, instrumentell eingestreuten Feinheiten, sowie der perfekt sitzenden Harmoniegesänge, driften diese allerdings nie wirklich in den Kitsch ab. Zudem werden sie meist zum richtigen Zeitpunkt von satt rocken Southern Country-Tracks abgelöst, die jede aufkommende Melancholie wieder in südstaatliche Musikfreude umschlagen lassen. Herrlich das mit „Ghost Riders In The Sky“-Western-Flair umwobene „Back To The Country“ (großartige Banjo-, Dobro-, Fiddle-Einlagen) oder das mit launigem Text und viel Southern Blues/Soul versehene „Hillbilly Wins The Lotto Money“, das aufgrund der fulminanten Orgel, den prickelnden E-Gitarren sowohl der Skynyrd-/Montgomery Gentry-Klientel, als auch, dank der von Charlie Judge simulierten, deftigen Bläsereinsätze, Freunden der legendären Blues Brothers große Freude bereiten würde.

Grandios auch das von einer interessant zusammengesetzten Armada von Songschreibern und arrivierten Interpreten/Musikern (Django Walker, James Slater, Ray Johnston, Patrick Davis, James Otto, Jeff Cook, der dieses Stück auch singt) kreierte „No Bad Days“ (das Original dieser tollen Nummer findet sich im übrigen auf dem gleichnamigen, bärenstarken Album der texanischen Ray Johnston Band), das wunderbar soulig wärmend dahin groovt. Man merkt, dass hier ein James Otto, dem das Stück auch auf den Leib geschrieben wäre, mit bei der Komposition involviert ist. Typische Alabama-Country Rock-Nummern wie das patriotische „American Farmer“ (Heartland-mäßige E-Gitarrenführung) und der Mitgröl-taugliche, dem Titel alle Ehre machende Stampfer „Footstompin‘ Music“ (fettes Drumpoltern von Greg Morrow, klasse Rede-/Antwort-Gesang im Refrain, furioses Fiddle-Finale im Stile von Charlie Daniels‘ „Orange Blossom Special“) dürften vor allem im Live-Programm so richtig gefeiert werden.

Famos auch das fast schon episch/progressiv und sehr atmosphärisch anmutende „It’s About Time“ (klasse die markante E-Gitarrenlinie von Charles English und wieder mal das feinfühlige Pianospiel von Mote), das man von Alabama so nicht erwartet hätte, aber für ihre Flexibilität spricht. Am Ende ziehen Owen, Gentry und Cook mit dem kammermusikartigen „I Wanna Be There“ nochmals voller Inbrunst alle Balladenregister und beenden ein hochunterhaltsames, instrumentell versiertes und eingängiges Musikerlebnis (fast alle Tracks bleiben schon nach einem Hördurchgang im Gedächtnis hängen). Sie haben wirklich nichts von ihrer Klasse eingebüßt – im Gegenteil. Alabama präsentieren sich auf der Höhe der Zeit. Bester Country Alabama-Style! Absolut kein Zweifel: „Life gets better – with their ‚Southern Drawl'“! Große Klasse!

BMG (2015)
Stil: Country Rock

01. Southern Drawl
02. Wasn’t Through Lovin‘ You Yet
03. This Ain’t Just A Song
04. As Long As There’s Love
05. Back To The Country
06. Hillbilly Wins The Lotto Money
07. Come Find Me
08. No Bad Days
09. One On One
10. American Farmer
11. It’s About Time
12. Footstompin‘ Music
13. I Wanna Be There

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