The Mavericks – Play The Hits – CD-Review

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Review: Michael Segets

The Mavericks greifen tief in die Mottenkiste und entstauben eine Auswahl von alten Country- und Rock-‘n-Roll-Titeln, die zumeist aus den fünfziger und sechziger Jahre stammen. Die Tracklist von „Play The Hits“ bietet daher Coverversionen, deren Vorlagen oftmals nur noch Insidern bekannt sein dürften.

Ausnahmen bilden „Once Upon The Time”, bei dem Martina McBride, Raul Malo beim Gesang begleitet, sowie „Don’t Be Cruel” von Elvis Presley. Vielleicht wurden ebenfalls die Interpretationen von „Before The Next Teardrop Falls“ oder „Blue Eyes Crying In The Rain“ durch Dolly Parton beziehungsweise Willie Nelson oder Hank Williams schon mal gehört.

Das jüngste Stück „Swingin’”, mit dem John David Anderson 1982/83 Erfolg hatte, wird wie die anderen ganz im Stil der Frühzeit des Rock ‘n Rolls dargeboten, als dessen Abgrenzung zum Country noch fließender war. Schwerpunkt der Scheibe sind die Kompositionen von Country-Urgesteinen wie Harlan Howard, Hank Cochran, Don Harris und Dewey Steven Terry, die auf ihr zu neuen Ehren kommen.

Mit „Hungry Heart“ von Bruce Springsteen sowie mit „Are You Shure Hank Done It This Way” von Waylon Jennings spielen The Mavericks dann doch noch zwei modernere Klassiker. Der Titel von Springsteen bekommt eine andere, sanfte Atmosphäre, der von Jennings erhält eine Prise Soul. Die beiden Stücke stellen die Highlights des Albums dar, wobei allerdings bereits die Originale mehr auf meiner musikalischen Linie liegen als die anderen.

Mit vollem Bandeinsatz, Akkordeon und Bläsern erzeugen The Mavericks einen Retro-Sound, der zwischen Rock ’n Roll, Country, Soul und Swing liegt. Dabei lässt die Band auch gelegentlich ihren typischen Tejano- beziehungsweise Latino-Einfluss („Blame It On Your Heart“, „Before The Next Teardrop Falls“) durchscheinen.

Insgesamt dominieren langsame, schmachtende Tracks. „Don’t You Ever Get Tired (Of Hurting Me)”, „Why Can’t She Be You” und „I’m Leaving It Up To You” zählen zu diesen durcharrangierten Titeln, für die man in einer speziellen Stimmung sein muss.

In den neunziger Jahren hatten The Mavericks hohe Verkaufszahlen und erhielten einige Auszeichnungen. Nach der zwischenzeitlichen Auflösung der Band folgte 2012 die Reunion. Von den Gründungsmitgliedern sind Frontmann Raul Malo und Schlagzeuger Paul Deakin noch dabei und auch Jerry Dale McFadden ist an den Keys wieder vertreten. Als Gitarrist stieß Eddie Perez hinzu.

Zum dreißigjährigen Bandjubiläum feiern The Mavericks die Musik, die dreißig Jahre vor ihrer Gründung aktuell war. „Play The Hits“ enthält eine Auswahl von Songs, zu denen die Band eine besondere Bindung hat. Das Album lädt zum Schwelgen in der Vergangenheit ein und ist in seiner konsequenten Ausrichtung am Sound der fünfziger/sechziger Jahre ungewöhnlich und mutig. Ob The Mavericks damit den Zeitgeist treffen ist fraglich und ein kommerzieller Erfolg erscheint eher unwahrscheinlich.

Mono Mundo Recordings/Thirty Tigers (2019)
Stil: Country, Rock ’n Roll

Tracks:
01. Swingin’
02. Are You Sure Hank Done It This Way
03. Blame It On Your Heart
04. Don’t You Ever Get Tired (Of Hurting Me)
05. Before The Next Teardrop Falls
06. Hungry Heart
07. Why Can’t She Be You
08. Once Upon A Time (feat. Martina McBride)
09. Don’t Be Cruel
10. Blue Eyes Crying In The Rain
11. I’m Leaving It Up To You

The Mavericks
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Thirty Tigers
Oktober Promotion

Andy Griggs – Freedom – CD-Review

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Alle Achtung! Der kann ja richtig rocken – und macht das auch noch schlichtweg klasse! Kompliment! Drei Jahre nach seinem mit Gold ausgezeichneten Debut (über 500.000 verkaufte Exemplare) „You Won’t Ever Be Lonely“ meldet sich Andy Griggs mit „Freedom“ zurück! Dabei bleibt er nicht bei seiner damaligen künstlerischen Entwicklungsstufe stehen, sondern macht erfreulicherweise einen gewaltigen Schritt nach vorn. Dazu gehört nach einem solchen Erstlingserfolg eine Menge Mut und ein gesundes Selbstvertrauen in die eigene Musik.

Das Resultat ist überaus positiv und kann sich wirklich hören lassen. „Freedom“ ist deutlich rockiger ausgefallen, als der Erstling! Bei seiner dampfenden Version von ZZ Tops „I need you tonight“, kürzlich auf dem ZZ-Top-Country-Tribute „Sharp dressed men“ erschienen, deutete sich der neue Sound schon an, der nun auf „Freedom“ seine Fortsetzung findet: Kerniger, geradeaus rockender New Country mit viel Energie und Druck! Satte, fette Gitarren und „Big Drums“ (ex John Mellencamp Spezi Kenny Aronoff trommelt, was das Zeug hält) überall, eine gewaltige Portion modernen Outlaw-Feeling’s ala Travis Tritt, zuweilen mit einer ordentlichen Brise Southern–Flair, paaren sich mit prima Melodien und ausgezeichnetem Songmaterial.

Dazu ist das Werk messerscharf produziert von David Malloy. Das Album startet mit dem Titelsong! „Freedom“ ist ein riffiger, mit sattem Schlagzeug-Rhythmus ausgestatteter, flotter, knackiger New Country-Song mit schönen Steel-Passagen und einem klasse Slide-Gitarrensolo. In die gleiche Kerbe schlägt das fetzige „The Road To Lasting Love“. Anschließend kommt das großartige „Practice Life“, zu dem Martina McBride die Zweitstimme liefert. Satte E-Gitarren-Riffs, inklusive eines tollen Solos, ein feines Dobro, eine tolle Melodie und jede Menge Power zeichnen diese rockige New Country-Nummer aus.

Anschließend folgt mit „Always“ eine von nur zwei Balladen. Danach ertönt ein herrliches E-Gitarren-Intro, rolling Drums setzten ein, und schon befinden wir uns mitten in dem fulminanten, flockigen, melodischen und druckvollen Country-Heuler „Custom Made“. Ein Knüller-Song, der trotz seiner Power nicht mehr aus dem Ohr geht. Danach wird’s southernmäßig: wie schon beim oben erwähnten ZZ-Top-Tribute-Song hat Andy Griggs sich auch für „A Hundred Miles Of Bad Road“ den ex-Gitarrero Tom Keifer der ehemals sehr erfolgreichen US-Hardrocker Cinderella ins Studio geholt, dessen Vorliebe zum Country-Genre ja schon damals berüchtigt war. Keifers herrliche Slide-Acoustic-Gitarre und fette, rockige E-Gitarren entfachen ein blusigers, southern-gewürztes „Ghosttown“-Feeling in bester Outlaws-/Charlie Daniels-Manier.

Am Ende darf Keifer sogar mit“grölen“. Toller Song mit toller Gitarrenarbeit! Das folgende „How Cool Is That“ kommt wie ein seeliger Bad Company-Rocker mit Countryflair daher, wieder mit starken E-Gitarren und dezenter Steel. „Sweetheart Of Beinja Bayou“ ist ein flotter, melodischer, Cajun-Countryrocker mit Banjo und Fiddle, „Brand New Something Going On“ ist klassischer New Country, und bei dem 6-minütigen „Where’s A Train“, kommt noch einmal die bluesige, southern-infizierte Seite von Andy Griggs zum Vorschein. Wilde Gitarrensoli und sehr viel Gefühl dominieren diesen Song.

Alles in allem ein starkes Album, das man wohl zu den diesjährigen positiven Überraschungen im oft so eingefahrenen Nashville Mainstream-Zirkus zählen muß. Bester rockin‘ New Country aus Music City! Beinhaltet übrigens mit dem von Andys verstorbenem Bruder Mason geschriebenen „Someone Like Me“ noch einen sehr emotionalen hidden track!

RCARecords (2002)
Stil: New Country

01. Freedom
02. The Road To Lasting Love
03. Practice Life (With Martina McBride)
04. Always
05. Custom Made
06. A Hundred Miles Of Bad Road (With Tom Keifer)
07. How Cool Is That
08. I’ve Learned
09. Tonight I Wanna Be Your Man
10. Sweetheart Of Beinja Bayou
11. Brand New Something Going On
12. Where’s A Train
13. Someone Like Me

Andy Griggs
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Bärchen Records