Andy Griggs – Freedom – CD-Review

Griggs

Alle Achtung! Der kann ja richtig rocken – und macht das auch noch schlichtweg klasse! Kompliment! Drei Jahre nach seinem mit Gold ausgezeichneten Debut (über 500.000 verkaufte Exemplare) „You Won’t Ever Be Lonely“ meldet sich Andy Griggs mit „Freedom“ zurück! Dabei bleibt er nicht bei seiner damaligen künstlerischen Entwicklungsstufe stehen, sondern macht erfreulicherweise einen gewaltigen Schritt nach vorn. Dazu gehört nach einem solchen Erstlingserfolg eine Menge Mut und ein gesundes Selbstvertrauen in die eigene Musik.

Das Resultat ist überaus positiv und kann sich wirklich hören lassen. „Freedom“ ist deutlich rockiger ausgefallen, als der Erstling! Bei seiner dampfenden Version von ZZ Tops „I need you tonight“, kürzlich auf dem ZZ-Top-Country-Tribute „Sharp dressed men“ erschienen, deutete sich der neue Sound schon an, der nun auf „Freedom“ seine Fortsetzung findet: Kerniger, geradeaus rockender New Country mit viel Energie und Druck! Satte, fette Gitarren und „Big Drums“ (ex John Mellencamp Spezi Kenny Aronoff trommelt, was das Zeug hält) überall, eine gewaltige Portion modernen Outlaw-Feeling’s ala Travis Tritt, zuweilen mit einer ordentlichen Brise Southern–Flair, paaren sich mit prima Melodien und ausgezeichnetem Songmaterial.

Dazu ist das Werk messerscharf produziert von David Malloy. Das Album startet mit dem Titelsong! „Freedom“ ist ein riffiger, mit sattem Schlagzeug-Rhythmus ausgestatteter, flotter, knackiger New Country-Song mit schönen Steel-Passagen und einem klasse Slide-Gitarrensolo. In die gleiche Kerbe schlägt das fetzige „The Road To Lasting Love“. Anschließend kommt das großartige „Practice Life“, zu dem Martina McBride die Zweitstimme liefert. Satte E-Gitarren-Riffs, inklusive eines tollen Solos, ein feines Dobro, eine tolle Melodie und jede Menge Power zeichnen diese rockige New Country-Nummer aus.

Anschließend folgt mit „Always“ eine von nur zwei Balladen. Danach ertönt ein herrliches E-Gitarren-Intro, rolling Drums setzten ein, und schon befinden wir uns mitten in dem fulminanten, flockigen, melodischen und druckvollen Country-Heuler „Custom Made“. Ein Knüller-Song, der trotz seiner Power nicht mehr aus dem Ohr geht. Danach wird’s southernmäßig: wie schon beim oben erwähnten ZZ-Top-Tribute-Song hat Andy Griggs sich auch für „A Hundred Miles Of Bad Road“ den ex-Gitarrero Tom Keifer der ehemals sehr erfolgreichen US-Hardrocker Cinderella ins Studio geholt, dessen Vorliebe zum Country-Genre ja schon damals berüchtigt war. Keifers herrliche Slide-Acoustic-Gitarre und fette, rockige E-Gitarren entfachen ein blusigers, southern-gewürztes „Ghosttown“-Feeling in bester Outlaws-/Charlie Daniels-Manier.

Am Ende darf Keifer sogar mit“grölen“. Toller Song mit toller Gitarrenarbeit! Das folgende „How Cool Is That“ kommt wie ein seeliger Bad Company-Rocker mit Countryflair daher, wieder mit starken E-Gitarren und dezenter Steel. „Sweetheart Of Beinja Bayou“ ist ein flotter, melodischer, Cajun-Countryrocker mit Banjo und Fiddle, „Brand New Something Going On“ ist klassischer New Country, und bei dem 6-minütigen „Where’s A Train“, kommt noch einmal die bluesige, southern-infizierte Seite von Andy Griggs zum Vorschein. Wilde Gitarrensoli und sehr viel Gefühl dominieren diesen Song.

Alles in allem ein starkes Album, das man wohl zu den diesjährigen positiven Überraschungen im oft so eingefahrenen Nashville Mainstream-Zirkus zählen muß. Bester rockin‘ New Country aus Music City! Beinhaltet übrigens mit dem von Andys verstorbenem Bruder Mason geschriebenen „Someone Like Me“ noch einen sehr emotionalen hidden track!

RCARecords (2002)
Stil: New Country

01. Freedom
02. The Road To Lasting Love
03. Practice Life (With Martina McBride)
04. Always
05. Custom Made
06. A Hundred Miles Of Bad Road (With Tom Keifer)
07. How Cool Is That
08. I’ve Learned
09. Tonight I Wanna Be Your Man
10. Sweetheart Of Beinja Bayou
11. Brand New Something Going On
12. Where’s A Train
13. Someone Like Me

Andy Griggs
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Bärchen Records

Tom Keifer – The Way Life Goes – CD-Review

Im Hard Rock-Bereich gibt es gut zwei Hände voll Bands, wie u. a. Little Caesar, Thunder und Great White, mit denen auch ich als passionierter Southern Rock-, New Country- und Red Dirt Rock-Fan schon immer ganz gut leben konnte. Eine weitere war/ist zweifellos Cinderella mit ihrem charismatischen Frontmann Tom Keifer.

Als ich zur Kenntnis nahm, dass der Gute jetzt ein Soloalbum fertiggestellt hat und dies auch noch mit meinen geliebten Studiomusikern aus Music City vollzogen hat, war mein Interesse natürlich sofort geweckt. Die Kombi Keifer und Nashville hatte es ja schon mal 2002 auf einem Werk von Andy Griggs („Freedom“) gegeben, als die beiden ein starke Vorstellung beim Vortrag ihres gemeinsam geschriebenen Songs „A Hundred Miles Of Bad Road“ ablieferten.

Und wie das Leben so spielt, hat der in der Vergangenheit von argen Stimmproblemen Gebeutelte, aus Philadelphia stammende, aber in Nashville lebende Singer/Songwriter jetzt mit „The Way Life Goes“ sich diese Umstände zu Nutze gemacht und ein Soloalbum aufgenommen. Das, was mit Cinderella scheinbar weiterhin nicht zu realisieren ist, wurde dann halt im Alleingang durchgezogen.

Keifer (dem man rein äußerlich auf den Bildern des Artworks doch die Spuren des harten Rock’n’Roll-Business deutlich ansieht) hat die insgesamt 14 Stücke über einen Zeitraum von fast zehn Jahren geschrieben und jetzt auch Dank seiner Ehefrau Savannah (die hier als Co-Writer und Back-Singer stark involviert ist) wohl nicht nur musikalisch die Kurve bekommen. Sein Dank dafür erbringt er ihr textlich in zwei wunderschönen, emotionalen Balladen „Thick And Thin“ und dem beatle-esk angehauchten „You Showed Me“.

Das Grundgerüst der Musiker bilden der furios trommelnde Greg Morrow, Bassist Michael Rhodes, an den diversen Tasten Tony Harrell und natürlich der Protagonist selbst (sämtliche Gitarrenarten, Keyboards, Vocals, Backings). Dazu kommen noch neben seiner Frau exzellente Leute wie Pat Buchanan an Harp und E-Gitarre, sowie mit u. a. Etta Britt und Crystal Talifero (stark ihre rotzigen Eingaben beim grandiosen Opener „Solid Ground“ – toll übrigens bei diesem Lied auch das relaxte Southern-E-Intro und der fließende Übergang mit Keifers berühmten Gekreische in einen satten rockigen Rhythmus) einige Backgroundsänger/innen.

Mit Jeff LaBar als zusätzlichem Gitarristen gibt es auf dem psychedelisch angehauchten „Mood Elevator“ sogar eine kleine Cinderella-Halb-Reunion. Klasse auch die Einbindung der Saxophonisten Jim Horne und Bobby Keys auf den mir mit am besten gefallenden Tracks „Cold Day In Hell“ (mit viel Cinderella-Flair, klasse die quäkende Harp von Buchanan) und dem abschließenden „Babylon“, an dem auch Stones-/Quireboys-Freunde sicher großen Spaß haben werden.

Mit dem in Southern Rock-Kreisen verschmähten Ex-Bandleader von Survivor, Jim Peterik, taucht noch ein alter Bekannter auf, der hier beim bereits zuvor erwähnten „Cold Day In Hell“, der schönen Ballade „Ask Me Yesterday“ (mit typischer Cinderella-Note) und der Single des Werkes „The Flower Song“ (wunderschöne Melodie, erinnert ein bisschen an Rod Stewarts berühmtes „Maggie Mae“) als Co-Komponist fungierte. Weitere Highlights in einer durchgehend unterhaltsamen und sehr abwechslungsreichen knappen Stunde Musik sind das herrlich schwer E-Gitarren-lastig groovende „Ain’t That A Bitch“ (bestechend die klirrende Orgelarbeit von Harrell) und der schön verschachtelte Titeltrack „The Way Life Goes“ (erneut mit bluesiger Harp von Buchanan, sogar dezente T.Rex-Note, starker Refrain).

Tom Keifer hat mit seinem in Ruhe und Bedacht geschaffenen Solowerk „The Way Life Goes“ einen Überraschungstreffer im Musikjahr 2013 erzielt. Seine Stimme macht einen guten Eindruck (zumindest im Studio), ist zwar nicht mehr ganz so prägnant wie zu den Cinderella-Glanztagen, aber ab und zu keift er dann doch immer mal in altbewährter Manier dazwischen. Dafür stimmt aber das geschnürte Gesamtpaket umso mehr. Hoffen wir, dass sein zukünftiger Lebensweg auch weiterhin von solch guten, kreativen Ideen begleitet wird. Für dieses Werk gilt insgesamt. Exzellente Arbeit, Mr. Keifer!

Merovee Records (2013)
Stil:  Hard Rock & More

01. Solid Ground
02. A Different Light
03. It’s Not Enough
04. Cold Day In Hell
05. Thick And Thin
06. Ask Me Yesterday
07. Fools Paradise
08. The Flower Song
09. Mood Elevator
10. Welcome To My Mind
11. You Showed Me
12. Ain’t That A Bitch
13. The Way Life Goes
14. Babylon

Tom Keifer
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Oktober promotion

Cinderella – Live At The Mohegan Sun – CD-Review

Cinderella gehörten zwischen 1988 und 1994 mit ihren Werken „Long Cold Winter“, „Heartbreak Station“ und „Still Climbing“ zu den Favoriten meines doch recht überschaubaren CD-Bestandes an Hard Rock-Bands, meine eigentliche Passion für andere Musikarten dürfte ja hinlänglich bekannt sein. Für mich stellten sie eine angenehme Alternative zu AC/DC dar, vor allem aufgrund ihrer doch etwas variableren Songgestaltung, da sie ja auch immer wieder Blues-, dezente Southern- und Countryrockelemente mit in ihre Musik einfließen ließen (sogar Bläser und Fiddle waren kein Tabu).

Nach Tom Keifers stimmlichen Problemen und dem kommerziellen Flop von „Still Climbing“ verlor ich die Band mangels kreativen Nachschubs aus den Augen und war 2004 recht überrascht, als wieder ein Lebenszeichen von Keifer auf Andy Griggs‚ starkem New Country-Album „Freedom“ erschallte, auf dem die beiden ihr zusammen komponiertes „Hundred Miles Of Bad Road“ im Duett zum Besten gaben.

Seitdem war aber wieder Funkstille. Umso erstaunter war ich, als das von mir geschätzte Frontiers-Label, das sich scheinbar in letzter Zeit verstärkt um alt gediente Größen bemüht (s. Mr. Big, Lou Gramm Band), Cinderella neu in ihrem Portfolio präsentierte. Allerdings leider nicht mit einem neuen Studiowerk, sondern mit einer Live-CD („Live At The Mohegan Sun“). Naja immerhin, zumal das Werk in der kompletten „Long Cold Winter“-Besetzung, ihres wohl mit Abstand besten Albums (mit Keifer, Eric Brittingham, Jeff LaBar und Fred Coury), performt wurde.

So weit so gut, insgesamt macht es auch Spaß, dieses Werk anzuhören, sogar meine Gattin ist regelrecht begeistert und hat sich sofort meiner zur Verfügung stehenden Cinderella-Silberlinge bemächtigt. Auch wenn mein persönlicher Cinderella-Lieblingssong „Hard To Find The Words“ auf dieser Scheibe nicht präsent ist, brennen Keifer & Co. (besonders zwischen „Heartbreak Station“ und „Don’t Know What You Got (Till It’s Gone)“ (mit tollem E-Solo) ein stimmungsträchtiges (falls hier nicht technisch nachgeholfen wurde) Hitfeuerwerk ab, das seines Gleichen sucht und mit dem grandiosen „Shelter Me“ (mit herrlicher Honkytonk-Pianoeinlage) seinen Höhepunkt erfährt.

Es gibt aber auch Kritikpunkte. Da wir als Rezensenten mit Download-Stoff bemustert werden, ist die Einschätzung der Soundqualität des Originals recht spekulativ (die Erfahrung hat gezeigt, dass sie wirklich hörbar besser ist). Nervig sind vor allem die recht lieblos abgeschnittenen Übergänge (so geht das zu Beginn stattfindende Instrumental-Intro dadurch nicht fließend in den folgenden „Night Songs“ über, auch der Wechsel von diesem zu „The Last Mile“ verläuft nicht rund. Die ersten Akkordzerlegungen kommen noch bei „Night Song“ und „The Last Mile“ startet erst mit den markanten Powerchords, ähnliches gilt auch zwischen „Fallin‘ Apart At The Seams“ und „Push Push“).

Überhaupt halte ich persönlich eine Live-CD in der heutigen Zeit für absolut überholt (außer natürlich bei kleineren Bands) und bestenfalls noch als Ergänzung zu einer DVD vertretbar. Gerade im Falle Cinderella (mit seinen urig anzuschauenden Musikern) in Verbindung mit dem bombastischen Mohegan Sun Ressort (ein gigantisches Spielcasino mit allem Drum und Dran, wie Hotel, Konzerthalle, Shopping-Center, erbaut von den Pequot-Indianern in Uncasville, Connecticut, das ihnen unglaublichen Wohlstand erbracht hat) wäre einiges an interessantem Filmstoff drin gewesen.

Da hätte man beispielsweise gerne hochtoupierte US-Blondinenrelikte aus der Cinderella-Hochphase eingeblendet gesehen, wie sie im Verbund mit Bier trinkenden Hardrockern zu „Gypsy Road“ die Hüften kreisen lassen (was vermutlich auch an dem Abend passiert ist…) und in den Refrains zu Keifers berühmten Kreischattacken die Harmonies beisteuern. Klasse wären auch generelle Impressionen von diesem gigantischen Mohegan Sun-Komplex gewesen, lustig vielleicht auch zu sehen, wie Keifer und seine Kumpels im Anschluss des Gigs ihre Abendgage wieder mit fliegenden Fahnen verzocken…

Da hätte man vermutlich einiges drehen können, sicherlich aber wohl auch eine Budgetfrage, gerade im Hinblick auf eine mittlerweile aus der Mode gekommene Band. Was ein wenig Hoffnung macht, ist, dass eine Cinderella-Europa-Tournee für 2010 angekündigt ist. Vielleicht klappt es dann ja doch noch mit einem audiovisuellen Werk, bestenfalls sogar mit einem neuen Studioalbum. Ingesamt kann daher für „Live At The Mohegan Sun“ aus besagten Gründen nur eine Kaufempfehlung unter Vorbehalten ausgesprochen werden.

Frontiers Records (2009)
Stil:  Hard Rock

01. Intro
02. Night Songs
03. The Last Mile
04. Somebody Save Me
05. Heartbreak Station
06. Coming Home
07. Shelter Me
08. Nobody’s Fool
09. Gypsy Road
10. Don’t Know What You Got (Till It’s Gone)
11. Shake Me
12. Fallin‘ Apart At The Seams
13. Push Push
14. Still Climbing

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