Rebecca Lynn Howard – No Rules – CD-Review

Was hat dieses Persönchen für eine Wahnsinns-Stimme! Großartiger, eine Menge Energie freisetzender New Country (vor allem durch dieses Organ) mit vielen Rock-, Pop-, Soul-, Gospel- und Blues-Momenten voller Leben und Abwechslung! Fantastisches Songmaterial! Die 29-jährige, im Osten von Kentucky groß gewordene Rebecca Lynn Howard erlernte das Singen schon in frühester Kindheit in einer schwarzen Gospel-Kirche. Bis heute hat sie in ihrer Karriere bereits Beachtliches erreicht. So ist sie immerhin schon 2-fache Grammy-Gewinnerin und gehört zu den etabliertesten Songwriterinnen der modernen Country-Szene.

Ihre ersten beiden Werke waren noch typische Nashville Mainstream-Produktionen, doch das wird den hohen Ansprüchen der vielseitigen Künstlerin schon lange nicht mehr gerecht. Howard, deren Songwriter-Credits über zweihundert selbst geschriebene Stücke beinhalten, darunter für Leute wie Reba McEntire, Patty Loveless oder Trisha Yearwood, wechselte zum neuen „Saguaro Records“-Label und erhielt dort alle nur erdenklichen Freiheiten, ihre ganze Kreativität, künstlerische Vielfalt und vor allem ihr großes Können ohne Zwänge und Grenzen auszuleben, was auch gleich in dem Album-Titel „No rules“ dokumentiert wird.

Spielend leicht und traumwandlerisch sicher bewegt sie sich mit ihren 14 neuen Songs (inkl. dreier Fremdkompositionen) in Soul-, Gospel-, Blues-, R&B-, Rock-, Pop- und Country-Gefilden hin und her, wobei sie die Grenzen äußerst geschickt ineinander fließen läßt und dabei niemals das Gefühl vermittelt, von einem Genre abrupt ins andere „geschubst“ zu werden. Das Album startet mit einer bärenstarken, soulig-bluesrockigen Interpretation des alten Temptations-Klassikers „Skakey Ground“! Fette Drums, ein pulsierender Bass, heulende Orgel-Klänge des auch im weiteren Verlauf der CD überragend agierenden Keyboarders Gordon Mote, tolle Wah Wah E-Gitarren-Begleitung (George Marinelli, u.a. Bonnie Riatt, Bruce Hornsby), soulige Harmoniegesänge, sowie die freche „Power-Röhre“ der Protagonistin hauchen dieser alten Nummer fulminantes, neues Leben ein.

Da dürfen sich eine Bonnie Raitt und Susan Tedeschi schon mal ehrfurchtsvoll verneigen. Ganz große Klasse! Fast noch eine Schüppe drauf legt sie dann beim folgenden „New Twist on An Old Groove“. Der Song prescht klasse los, Rebeccas Gesang ist noch eine Spur „rotziger“ und angriffslustiger, dazu wird noch eine bluesige Harp integriert. Herrlich! Bei der folgenden Coverversion von Aretha Franklin’s „Do Right Woman- Do Right Man“ darf jeder selbst entscheiden, ob sie der „Queen Of Soul“ das Wasser reichen kann. Wir meinen, dass Mrs. Howard sich mit dieser Fassung wahrlich nicht zu verstecken braucht.

In die gleiche Kerbe wie „New Twist On An Old Groove“ schlägt das voller Southern-Soul steckende „Soul Sisters“. Hier erhält Rebecca sogar noch weitere vokale Unterstützung von der genauso furios röhrenden Gastsängerin Angela Hacker. Nachdem die ersten vier Stücke ganz im Zeichen des Soul und Blues stehen, bringt die junge Dame dann peu à peu die bereits o.a. Musikstile behutsam mit in ihr Repertoire ein, wobei immer wieder auf eine abwechslungsreiche Tempogestaltung der einzelnen Lieder wert gelegt wurde.

Weitere Highlights in einem durchgehend starken Werk ohne Schwächen sind beispielsweise noch das temperamentvolle „Just Let It Burn“ (ein rootsiger, abgehender New Country Roadhouse-Feger), das sicher auch einer Wynonna sehr gut zu Gesicht stehen würde, der zusammen mit Radney Foster komponierte, von trockenen, satten Stones-like Gitarrenriffs geprägte Countryrocker „Sing ‚’Cause I Love To“ (schöne Fiddle-Einlagen), die wunderschöne, lockere, ein wenig an Trisha Yearwood erinnernde Countrynummer „The Life Of A Dollar“, oder das als eine Art fulminanter „Rausschmeißer“ im Country-/Roots-/Roadhouse-Rock-Still fungierende, dynamische „Throw It Down“, bei dem mit viel Electric-Slide, heulender Orgel und klimperndem Honkytonk-Piano noch mal so richtig Dampf abgelassen wird.

Am Ende verneigt man sich dann innerlich vor den tollen Musikerleistungen, der knackigen Produktion und der grandiosen Gesangsleistung dieser jungen Dame. Rebecca Lynn Howard hat mit „No Rules“ eindrucksvoll bewiesen, dass es fatal wäre, sie in ein musikalisches Korsett zu pressen. Sie hat viel zu viel Talent, um als Nashville-Beauty der Majors aufgerieben zu werden. Sie ist Vollblut-Musikerin durch und durch, hat sich alles „von der Pike auf“ erarbeitet. Eine großartige Künstlerin, die weiß, was sie will und ihren musikalischen Willen mit Hilfe ihres neuen Labels auf „No Rules“ eindrucksvoll durchsetzt. Mutig, beherzt, ungeheuer sympathisch und mit großem Können! Klasse!

Time Life Entertainment (2008)
Stil: New Country

01. Shakey Ground
02. New Twist On An Old Groove
03. Do Right Woman, Do Right Man
04. Soul Sisters
05. What Dying Feels Like
06. Better Someday
07. Just Let It Burn
08. As One As Two Can Be
09. Sing ‚Cause I Love To
10. Real Love
11. I’m Over You
12. The Life Of A Dollar
13. We’re In This Love Together
14. Throw It Down

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Jedd Hughes – Transcontinental – CD-Review

Ein weiterer junger Australier, der sich nach Keith Urban anschickt, Nashville aufzumischen,  heißt Jedd Hughes. Rein äußerlich ebenso mit Mädchenschwarmambitionen, musikalisch genauso vielseitig und talentiert (Sänger, Songwriter, starker Gitarrist), steht er seinem in der Szene mittlerweile arrivierten Landsmann in nichts nach. Das beweist er eindrucksvoll mit seinem Debütalbum „Transcontinental“. Jedd wurde schon sehr frühzeitig von seinem Vater an die Musik herangeführt.

Er gewann im Alter von acht Jahren seinen ersten Talentwettbewerb, besaß mit zehn seine erste Gitarre und repräsentierte bereits mit zwölf Lenzen sein Land Australien bei einem mehrwöchigen internationalen Musikjugendvergleich in Europa. Auf einem seiner Trips in die Staaten lernte er während eines Workshops Terry McBride (von McBride & The Ride) kennen, der so begeistert von ihm war, dass er spontan eine Zusammenarbeit anbot, wann immer Jedd wieder in Nashville auftauchen würde. Dieser ließ sich nicht lange bitten, und die beiden begannen Demobänder aufzunehmen.

Außerdem wird er von Patty Loveless als Bandgitarrist angeheuert. Die Lieder seines Erstlings sind eine eher traditionell ausgerichtete Mixtur aus Country-, New Country-, Bluegrass- Westcoast- und Neo-Countryelementen, wirken aber dank der frischen Produktion von Terry McBride und unaufdringlich eingefügter Pop-Rockpassagen nie “old-fashioned”. Sensibel und gefühlvoll vorgetragene Balladen wie „I’ll Keep Movin’“ (mit Jackson Browne-Flair), „Soldier For The Lonely“ (herrliches Zusammenwirken des Trios Jedd, Vocals, Akustik- und E-Gitarre, Russ Pahl an der Steelgitarre und Patty Loveless, Hamony Vocals) oder „The Only Girl In Town“ (Alison Krauss, Harmony Vocals) sind einfach nur entspannend und schön.

„Snake In The Grass“ wird mit der Coolness eines Dwight Yoakam zum besten gebracht, dagegen sind „All Mixed Up“ und „Damn! You Feel Good“ wieder recht eingängig im Pop-Rockbereich anzusiedeln. Countryshuffleartige Spielfreude, wie man sie häufig bei Vince Gill antrifft, machen Songs wie „High Lonesome“ oder „Luxury Liner“ (einzige Fremdkomposition, geschrieben von Gram Parsons) zu fröhlichen Uptemponummern. Auffällig auch die knackigen Drums, die ausschließlich von Chris McHugh eingespielt wurden, sowie die filigran und dezent eingestreuten Gitarrenparts des Hauptakteurs.
Der „Aussie“ Jedd Hughes ist zweifelsohne eine große Bereicherung für die Musikhauptstadt von Amerika.

MCA Nashville (2004)
Stil: New Country

01. I’m Your Man
02. I’ll Keep Movin’
03. Snake In The Grass
04. Time To Say Goodnight (Sweet Dreams Baby)
05. I Don’t Have A Clue
06. Soldier For The Lonely
07. High Lonesome
08. All Mixed Up
09. The Only Girl In Town
10. Damn! You Feel Good
11. Luxury Liner

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Ingram Hill – Same – CD-Review

Bestes Album des Trios bisher! Die aus Memphis, Tennessee stammende Band Ingram Hill ist seit 2000 im Musikgeschäft tätig, hat es aber trotz qualitativ hochwertiger und sehr radiotauglicher Alben sowie intensiven Tourens bisher nie über den Insiderstatus hinaus geschafft. Ob es an der vielleicht etwas zu braven Ausstrahlung ihres hoch talentierten Frontmannes Justin Moore (nicht der „New Country“-Justin Moore) liegt, der rein äußerlich so ein bisschen wie der allzu nette, intelligente Junge von nebenan wirkt, an einem unglücklichen Management oder woran auch immer – es ist längst Zeit für den großen Durchbruch dieser Burschen!

Mit ihrem neuen, selbstbetitelten Werk, dem dritten hintereinander beim Rock Ridge Music-Label, stehen die Chancen nicht schlecht, endlich zu wesentlich größerer Popularität zu gelangen. Wieder liefern Justin Moore , Phil Bogard und Zach Kirk ein durchgehend starkes Werk ab (alle Stücke sind aus eigener Feder, zum Teil mit einigen Co-Writern, dazu haben sie das Werk sehr transparent selbst produziert), das elf Stücke beinhaltet und das nicht, wie so oft vorher, überwiegend im Rock/Pop verankert ist, sondern diesmal sehr viel mehr in Richtung des in den Staaten so populären New Country tendiert.

Des weiteren kommt bei sehr vielen Songs mehr und mehr der Ursprung, die Roots und die Herkunft der Jungs durch. Sie sind, wie gesagt, aus Memphis/TN, das heisst, sie sind Südstaatler – und so weht durch ihre wunderbaren, satten, melodischen Lieder fast permanent ein herrlicher „Southern-Duft“, meist unterstützt durch die knackige Gitarrenarbeit. All das tut dem Trio spürbar gut. Die Hinzunahme von Gastmusiker Louis Meyers, der hier mit Steel und Banjo außerordentliche Akzente setzt, erweist sich als absolut richtige Entscheidung. Der hat schon direkt beim flotten Opener „Behind My Guitar“ mit rollenden Banjo-Einlagen, wie man sie auch von Keith Urban kennt, einen markanten Auftritt.

Das umgehend folgende „Oh My“ strotzt mit seinen heulenden Slidepassagen nur so vor Energie, klasse! Das Zeug zum Hit in den Billboard-Country-Charts haben nahezu alle Tracks, besonders aber das southern-affine „Good Ol‘ Dixie“. Herrliche Melodie, Moore singt mit viel Pathos, starke Akustik- und E-Gitarren, Meyers glänzt hier an der Steelgitarre – der Song geht runter wie Öl. Würde beispielsweise auch bestens in das Repertoire der mittlerweile so erfolgreichen Eli Young Band passen. Das von rockigen Gitarrenriffs geprägte, wieder umwerfend melodische „Mailine Train“ kommt erneut mit schönem Banjo-Break, das mit feinen Rhythmusvariationen versehene „From Afar“ (eindeutiger Sister Hazel-Touch) und das in weiblichen Kreisen sicherlich gut ankommende „Those Three Words“ (klasse Baritone E-Gitarre) gehen alle wunderbar eingängig ins Ohr.

Als erste Single wurde „Broken Hearted In Birmingham“ ausgewählt, ein Stück, das von einem markanten, sehr eigenwillig klingenden Mandolinen-Riff geführt wird und auch mit geschickten Tempowechseln versehen wurde. Moore versprüht hier, zumindest vom Gesang, die Aura eines Rob Thomas von Matchbox 20. Dem bärenstarken, mit einem fetzigen Drums- und Slide-Rhythmus, sehr dynamisch abgehenden, dabei aber wieder hoch melodischen, satten „Yellow House“ (hat dazu noch ein richtig southern klingendes, zündendes E-Gitarren-Solo) folgt mit „Stuck At The Bottom“ das nächste Highlight des Albums.

Toll hier wieder die wunderbare New Country-Note (schöne, dezente Orgel, klasse Gitarren) und erneut ein wenig Southern-Feeling durch wunderbare weibliche Harmoniegesänge von Manda Pickens und Melia Adams. Da fragt man sich spontan, warum,die beiden nur für dieses eine Stück eingebunden wurden. Das Lied würde auch zu einem Will Hoge gut passen. Ganz stark! „Saturday Girl“ und „Who Needs A Sunny Day“ (toll das retro-behaftete Steelspiel von Meyers) bieten nochmal starken New Country, der es locker mit den angesagten Interpreten der Zunft aufnehmen kann.

Insgesamt ein Album, das richtig gute Laune verbreitet und mit jeder Menge toller Hooks und Melodien punktet. Eine wunderbare Symbiose aus pop-rockigen Elementen der Marke Sister Hazel, Bart Crow oder Will Hoge, und schönen New Country-Zutaten solch angesagter Leute wie Keith Urban und der Eli Young Band. Da müssten die Nashville-Manager doch langsam mal die Ohren spitzen. Mit diesem immensen Potential müsste aus Ingram Hill doch deutlich mehr herauszuholen sein, als der bisherige Insiderstatus. Keine Frage, hier schlummert nach wie vor ein funkelnder Roh-Diamant! Also Augen und Ohren auf in Sachen Ingram Hill! Absolute Top-Leistung des Tennessee-Dreiers!

Rock Ridge Music (2012)
Stil: New Country

01. Behind My Guitar
02. Oh My
03. Good Ol‘ Dixie
04. Mainline Train
05. From Afar
06. Those Three Words
07. Broken Hearted In Birmingham
08. Yellow House
09. Stuck At The Bottom
10. Saturday Girl
11. Who Needs A Sunny Day

Ingram Hill
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Hot Apple Pie – Same – CD-Review

Hot Apple Pie sind ein neu gegründetes, erstklassiges New Country-Quartett um den Ex-Little Texas-Keyboarder Brady Seals! Der hatte, ähnlich wie der zweite „Kopf“ dieser einst sehr erfolgreichen Truppe, Tim Rushlow, in den letzten Jahren auf Solopfaden geweilt und auch diverse, weniger erfolgreiche Werke (u. a. „The Truth“ und „Thompson Street“) eingespielt, die aber eher der Rock-/Pop-Sparte zugeordnet werden müssen. Umso erfreulicher, daß sich Seals jetzt mit seiner neuen Band doch wieder, wie auch Rushlow, „reumütig“ in ein Kollektiv zurückkehrt, das sich wieder eindeutig der Country-Schiene zuwendet. Gut so!

Denn bei Hot Apple Pie, mit ihrer tollen, immer knackigen, frischen, sehr peppigen, exakt die Balance zwischen traditionellen Roots und modernem Countryrock-Sound treffenden Mixtur, stimmt das Konzept von vorn bis hinten. Zum einen die Band. Mit Mark „Sparky“ Matejka (spielte schon für Charlie Daniels, The Kinleys, Sons Of The Desert – mittlerweile festes Mitglied bei Lynyrd Skynyrd) an den Gitarren und Banjo, sowie Drummer Trey Landry sind zwei hochgradig begabte Musiker an Bord, die Brady auch schon zu Solo-Zeiten unterstützten, hinzu stieß mit Keith Horne (Bass und Akustik Gitarre) ein weiterer, etablierter Könner (tourte u. a. mit Tanya Tucker, Waylon Jennings, Peter Frampton, Ricky Van Shelton, Trisha Yearwood und Lonestar), was natürlich die hohe musikalische Kompetenz schon erahnen läßt.

Zudem fungieren als Gäste die Steel-Koryphäen Paul Franklin und Dan Dugmore, sowie als Duett-Partner Willie Nelson bei dem astreinen Barroom-Heuler „Slowin’ Down To Fall“. Zweitens die Songwriter. Seals stammt ja aus einem richtigen Musiker-Clan (Country-Star Dan Seals, Pop-Ikone Jimmy Seals von Seals & Crofts, die Komponisten Troy und Chuck und sogar Cousin T. J., alias Kizzy Plush)! Von letzterem erhielt er kompositorisch hier auch tatkräftige Unterstützung, ebenso wie von solch klangvollen Namen wie Rodney Crowell, Jeffrey Steele, Al Anderson oder Mike Reid! Drittens die Zusammenstellung des Songmaterials. Es gelang 13 wunderbar abwechslungsreiche, sehr melodische und im richtigen Rhythmus aufeinander abgestimmte Songs zu kreieren, auf dem die Band ihr versiertes Können vielfältig einbringen konnte.

Viertens der Musikstil. Es wurde wieder auf die Karte New Country/Country-Rock gesetzt, eine Sparte in der sich alle Beteiligten spürbar wohl fühlen. Nicht selten wird man wieder an Little Texas erinnert, wie auch an knackige Restless Heart, zuweilen mit einem feinen Schuß Moderne ala Big & Rich! Macht einfach riesig Spaß den Jungs zuzuhören. Die CD startet gleich mit dem großartigen „Fun“-Stück „Hillbillies“, wo in spaßiger Weise die Neigungen dieser Spezies besungen werden. Tolle, groovend funkige Note, nicht zuletzt durch einen klasse Upright Bass, southern-lastige Slide-Läufe, feine Twin-Einsätze und eine klasse „Hey-Hillbilly“-Mitgrölpassage am Ende. Wird sicherlich ein Live-Kracher!

Nach der peppigen, mit tollen Gitarren und prächtuger Steel ausgestatteten, gut tanzbaren, melodischen New-Country-Uptemponummer „We’re Makin’ Up“, ein wenig an Little-Texas-Zeiten erinnernd, folgt mit „California King“ ein balladesker, autobiographisch zu sehender Song, der Seals‘ Solo-Jahre in Los Angeles beleuchtet („I packed my guitar and hopped a train and made my escape, and I took only good memories with me.., this small town boy’s goin’ back to Tennessee, California king… just ain’t me“). Tolles Akustik-Intro, herrliche E-Gitarren-, Akkordeon- und Organ-Fills – ein packender Vortrag! Im Prinzip jagt ein Highlight das nächste!

Sehr stark auch die mitreißende, schnell gespielte Coverversion von The Bands/Robbie Robertsons 35 Jahre altem „The Shape I’m In“ im traditionellen, grassig rockigen Outlaw-Flair und mit herrlichen Instrumental-Gitarren-Schlagabtauschen (besonders imponierend das Akustik-Solo von Keith Horne), sowie einem bluesig integriertem Harmonika-untermalten Break. Ein southern-swampiger Rocker der Marke Jeffrey Steele/Anthony Smith mit knackigem Gitarrensound und schwülen Organ-Tupfern ist „Redneck Revolution“.

Die wunderbare Ballade „Annabelle (Arkansas Is Callin’ You)“, aus der Feder von Brady und Rodney Crowell lädt dann mal zum Relaxen ein – eine sehr entspannte Nummer! Nach zwei weiteren, herrlich eingängigen New Country-Stücken bildet mit „All Together Now“ nochmal ein echter Hit den Abschluss, der wieder jede Menge Leckerbissen enthält. Schönes Piano-Intro, dezentes Southern-Flair, tolle Harmoniegesänge, heulende Orgel, starkes E-Gitarren-Solo, inbrünstig gesungener Refrain mit Southern/Country-typischem Langziehen der Endsilben einer Zeile und ein Accapella-Break und Beatles-ähnlichem, „Hey Jude“-mäßigem „Na-Na-Na“-Finale! Ein Song mit Langzeitwirkung, genau richtig positioniert! Brady Seals Rückkehr zu seinen Wurzeln dürfte die richtige Entscheidung gewesen sein.

Von Hot Apple Pie wird man vermutlich wohl in Zukunft in dieser Konstellation noch einiges geboten bekommen. Fest steht: Das ist sicher die heißeste Apfeltorte, die bisher in Amerika produziert wurde. Starke CD!

Dreamworks Records (2005)
Stil: New Country

01. Hillbillies
02. We’re Makin‘ Up
03. California King
04. Easy Does It
05. The Good Life
06. Why Can’t I Get To You
07. The Shape I’m In
08. Slowin‘ Down The Fall
09. Redneck Revolution
10. Annabelle (Arkansas Is Callin‘ You)
11. Everybody Wants To Dance With My Baby
12. I Should Have Seen Her Leavin‘ Comin‘
13. All Together Now

Montgomery Gentry
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Buddy Jewell – Times Like These – CD-Review

Endlich ist es da, das von vielen Countryfreunden heiß ersehnte Nachfolgewerk von Buddy Jewell, nachdem das Vorgängeralbum des „Nashville-Star“-Gewinners von 2003 ja von allen Seiten glänzende Kritiken erfahren hatte und zum Platinerfolg wurde. Auch mit „Times Like These“ hat der in Arkansas aufgewachsene Entertainer einen weiteren großen Schritt nach vorne gemacht. Es ist schon erstaunlich, dass ein Künstler seines Kalibers, ausgestattet mit solch einer wunderbaren Stimme und entsprechendem Charisma, erst im Alter von 43 Jahren den ihm gebührenden Zuspruch erhält.

Nach erfolgreichen Veröffentlichungen, bietet es sich in der Regel an, nicht großartig vom eingeschlagenen Weg abzuweichen, um der damit verbundenen Erwartungshaltung der Käuferschaft ohne großes Risiko gerecht zu werden. Nicht so Buddy Jewell! Er holte diesmal wesentlich mehr Musiker ins Boot, wobei einige klingende Namen wie Brent Mason, Stuart Duncan, Paul und Larry Franklin natürlich auch diesmal ihr Können einbringen durften. Am Mischpult musste Clint Black seinen Platz zugunsten von Garth Fundis räumen, der ja für
seine knackigen, modernen, aber dennoch immer traditionsbewussten Produktionen bekannt ist.

Und so startet die CD auch mit einem herrlich kraftvollen und melodischen Midtempo-Song („Me lovin‘ you“) auf Basis einer peppigen Banjounterlegung, variiert mit Steel-, Fiddle und Dobroeinsätzen, sowie klug arrangierten E-Gitarren-Fills, die einen Hauch von Southern-Feeling erzeugen. Die nachfolgende Single „If She Were Any Other Woman“ ist eine großartige Ballade, die von der dezent druckvollen, aber doch so einfühlsamen Performance her, starke Assoziationen mit Trace Adkins hervorruft. Piano, feines Telecaster-Spiel, Orgel-Tupfer, ein von Steelgitarren begleiteter Refrain, sowie die „zuckersüßen“ Harmoniegesänge von keiner geringeren Person als Vince Gill, dürften dieses traumhaft melodische Lied zum Chartstürmer avancieren lassen.

Eine gelungene Mischung aus Country- und Southern-Elementen wird bei „So Gone“ dargeboten, wie es ähnlich, und mit viel Erfolg von Montgomery Gentry praktiziert wird, wenn auch hier etwas entspannter und traditioneller. Nach dem locker flockigen „You Ain’t Doin’ It Right“ beginnt dann eine Fünf-Stücke-Phase, in der Buddy Jewell bei vier Nummern im Songwriting involviert ist.

„Addicted To Rain“ ist eine erneute Ballade im Stile seines langjährigen Bekannten Trace Adkins , „Dyess Arkansas“, ist ein unaufdringlicher Countrysong mit leichtem 70er-Flair, schöner Harmonika, Fiddle, Steel, unterhaltsamer Percussion und nettem Akustikgitarrensolo (lässt auch dank Jewells variabel gestalteter Vocals Reminiszenzen an Charlie Daniels zu seiner „Simple-Man“-Phase aufkommen), „Glad I’m Gone“ besticht durch eine richtig rhythmisches, aber immer wieder mit interessanten Breaks durchzogenes, tanzbares Gute Laune-Feeling (wer hier nicht mit dem Fuß wippt, leidet eindeutig an Durchblutungsstörungen), das Titelstück „Times Like These“ überzeugt durch knackige Drums und flotte Pianoführung, wobei auch Steel, Fiddle und E-Gitarren eingebunden sind, das relativ ruhige „Run Away Home“ schließlich beendet ein sehr kurzweiliges und eingängiges Album, auf dem Buddy Jewell erneut seine große Klasse als Sänger eindrucksvoll beweist. Dieser Mann hat in Nashville auch mit 43 Jahren noch eine große Zukunft vor sich!

Columbia Records (2005)
Stil: New Country

01. Me Lovin‘ You
02. If She Were Any Other Woman
03. Back To You
04. So Gone
05. You Ain’t Doin‘ It Right
06. Addicted to the Rain
07. I’d Run
08. Dyess Arkansas
09. Glad I’m Gone
10. Times Like These
11. Run Away Home

Buddy Jewell
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Erika Jo – Same – CD-Review

Debütalbum der Gewinnerin der dritten „Nashville Star“-Staffel! Erika Jo Heriges (so der vollständige Name) ist die erste weibliche Siegerin des Contests (zuvor gewannen Buddy Jewell und George Canyon), doch als reiner Zufall kann dieser Erfolg der gerade mal 18 Lenze zählenden jungen Texanerin wohl kaum abgetan werden, wie ihre erste CD auch eindeutig beweist.

Das Mädel war schon Jahre zuvor mit ihrem Vater und seiner Country Cover Band durch den Süden, Mittelwesten und den Osten der Staaten gereist und hatte fortwährend Gesangspraxis gesammelt. Die damit verbundene Lockerheit und Live-Erfahrung, aber auch eine gewisse Bodenständigkeit (sie wohnt auch nach dem grandiosen Erfolg weiter bei ihren Eltern), ein gewisses Maß an Vernunft („Schule war immer Plan A, Musik Plan B“), und natürlich ihre kräftige, klare Stimme dürften den Ausschlag für die ihr entgegengebrachte Sympathie ihrer amerikanischen Mitbürger gegeben haben.

Neben dem Gewinn eines Chevy Silverado Pickups hat Erika nun auch den von Kindheit an erträumten Platten-Deal (und zwar mit „Universal South“) in der Tasche. Um den optimalen „Erika-Jo-Effekt“ zu erzielen, tischte das Label erst mal dick auf und stellten der jungen Künstlerin folgrichtig bei ihrem Einstieg ein klangvolles und erfahrenes Team an Produzenten (Tim DuBois, Rick Giles, Steve Mandile und Tony Brown), Musikern (u. a. Eddie Bayers, Brent Mason, Paul Franklin, Steve Nathan, Aubrey Haynie) und Songwritern (u. a. Monty Criswell, Aimee Mayo, Tony Martin, Tom Shapiro, Mark Nesler, Katrina Elam) zur Seite.

Auffällig, wie zurückhaltend sich gerade die Instrumentalisten im Hintergrund bewegen, trotz Einstreuung vieler kleiner New Country-typischer Feinheiten. Man bietet dem Nashville-Sternchen die optimale Entfaltungsmöglichkeit für ihre vokale Stärke. Die Stücke sind ein bunter Mix aus flotteren Nummern und traditionelleren Sachen, sowie einigen balladesken Heartbreak-Songs. Die erste Single „I Break Things“ ist eine Fiddle-getränkte Uptempo-Nummer mit knackiger Drum-Unterlegung und dezentem Honkytonk, sowie klasse E-Gitarren-Solo von Brent Mason.

„Who You Are“, „Strong Tonight“ oder „Going ‘Til You’re Gone“ haben alle poppig-rhythmischen Charakter und wurden mit gut aufeinander abgestimmten Harmony-Vocals aufgepeppt. Schön auch das mit einem bluesigem Piano, Mandolinen-Fills, Slide-Guitar-Solo und zarten Orgel-Tupfern bestückte „Good Day For Goodbye“. „There Are No Accidents“, „Go“, „They Say Love Is Blind“ oder das abschließende 70er-Stück „I’m Not Lisa“ aus der Feder von Jessi Colter sind ganz auf Erika’s kräftigen Gesang zugeschnitten, die dann auch voluminös in den Refrains aus sich herausgeht.

Alles in allem ein äußerst gelungener Start für so ein junges Mädchen wie Erika Jo, das sowohl Country-Ikonen wie Reba McEntire (übrigens ihr großes Vorbild) oder Dolly Parton, als auch modernen Interpretinnen wie Jo Dee Messina oder Jessica Andrews ihren Tribut zollt. Hier könnte durchaus eine zweite LeAnn Rimes heranwachsen!

Universal South Records (2005)
Stil: New Country

01. I Break Things
02. Who You Are
03. There Are No Accidents
04. Go
05. Strong Tonight
06. Good Day For Goodbye
07. Wish You Back To Me
08. They Say Love Is Blind
09. Going ‘Til Your’re Gone
10. Love Is
11. I’m Not Lisa

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Brad Johner – Free – CD-Review

Das auch aus Kanada viel gute Musik kommt, ist längst kein wohl behütetes Geheimnis mehr. Brad Johner dürfte hierzulande allerdings den Wenigsten ein Begriff sein. In seiner Heimat dagegen zählt er zu den großen Sympathieträgern des New Country-Genres, nicht zuletzt auch ein Resultat seines Harmonierens mit Bruder Ken, mit dem er als Duo „The Johner Brothers“ immerhin vier CDs einspielte und damit regelmäßig zahlreiche Nominierungen sowie Auszeichnungen bei den Awards der Szene abräumte.

Mittlerweile weilt Brad auf Solopfaden und veröffentlicht jetzt sein Debüt mit dem Titel „Free“! Hut ab! Er präsentiert zwölf schnörkellose, moderne New Country-Songs (zehn davon selbst komponiert), die sich zweifellos locker mit den aktuellen Nashville-Produktionen messen können.

Der mit Banjo und Akustik-Piano unterlegte, höchst melodische Titelsong „Free“ sollte sich eigentlich als Single mühelos zum Chartbreaker entwickeln. Der Großteil der Lieder geht locker, flockig flott und sehr eingängig ins Ohr, ist zum Teil etwas poppig geraten, wirkt dabei aber jederzeit überaus angenehm und produktionstechnisch nie überzogen, und ist immer wieder mit feinen instrumentalen Leckerbissen bestückt.

Hierbei überragt vor allem Mit-Produzent Bart McKay an den Keyboards. Restless Heart-Sänger Larry Stewart zu Solozeiten (dank einiger Harmonie-Gesänge), Chris Cagle (bei „She Moved“), Rushlow, Tommy Shane Steiner oder Brian McComas (aufgrund der frischen Darbietung) fallen spontan als Bezugsgrößen ein. Johner kann aber auch anders. „The Farmer’s Back“ ist ein mitreißender Countryrocker der Marke Jeffrey Steele, Anthony Smith, vom Gesang her ein wenig Glenn Frey ähnelnd. Harmonika-getränkt, mit knackigen Drums und tollen Dobroeinlagen, erinnert der Song an eine aggressive Abwandlung von „Love In The 21th Century“ der Eagles-Ikone.

„Hello“ ist ein Country-Boogie, wie ihn Garth Brooks früher benutze, um seinem Publikum ordentlich einzuheizen. Das abschließende „Head Over Heals“ mit einem Hauch von Rockabilly, tollem Piano- und Gitarrenduell dürfte auf Konzerten so manches Tanzbein zum Schwingen bringen. Brad Johners Motto lautet. „Take care of the music, and the music will take care of you.“ Und so wird er sicherlich mit einer solch starken Leistung wie „Free“ die Aufmerksamkeit vieler Fans, auch außerhalb Kanadas, dazu gewinnen.

Aspirion Records (2004)
Stil: New Country

01. Free
02. Still in Love With You
03. Maybe She’ll Change Her Mind
04. My Brother and Me
05. See Jane Run
06. The Farmer’s Back
07. Different
08. She Moved
09. When Heaven Opens Up
10. Hello
11. She Looks a Lot Like You
12. Head Over Heels

Brad Johner
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Krystal Keith – Whiskey & Lace – CD-Review

Richtig tolles Debüt der Tochter von Toby Keith. „Der Apfel fällt nicht weit vom Birnbaum“ – oder so ähnlich lautet ein alt bekanntes Sprichwort, welches es in diesem Fall voll und ganz auf den Punkt trifft. Die 1985 geborene, zweite Tochter von Toby Keith weiß mit ihrem Erstling auf musikalischem Sektor voll zu überzeugen. Meist ist es ja Segen und Fluch zugleich als Nachkömmling im gleichen Business in die Fußstapfen eines mega-berühmten Elternteils zu treten. Die Vorteile liegen in diesem Fall natürlich klar auf der Hand.

Geld spielt wohl keine Rolle und musikalische Beziehungen ebenso wenig. Toby Keith, multifach ausgezeichneter Musiker, dazu noch Mitbesitzer eines eigenen Labels (Show Dog), ist im Genre mit allen Wassern gewaschen und weiß, wo der Hase im Countrygeschäft lang läuft, so dass erstmal alles an besten Voraussetzungen (Produzenten, Musiker, Songwriter, darunter er selbst natürlich auch schwerpunktmäßig) geschaffen wurde, um der Tochter einen Einstand nach Maß zu ermöglichen. Aber wer Toby Keith kennt, weiß auch, dass damit gewisse Erfolgserwartungen verbunden sind.

So ist es kein Wunder, dass der Vater erstmal ein abgeschlossenes Studium verlangte (was Krystal auch anstandslos bewerkstelligte), bevor der Gang in Musiksphären realisiert werden durfte. Also ein entsprechender Druck ist also auch da, wenn man den Namen Keith trägt. Aber schon der Blick auf das Coverbild, lässt erahnen, dass man es bei Krystal Keith mit einer Frau zu tun hat, die eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein in sich trägt und anspruchsvolle Aufgaben energisch angeht. So überrascht es letztendlich auch nicht, dass sie mit ihrem Debüt eine richtig starke Leistung abliefert.

Ein wunderbar vielseitiges Album, mit astreinem, knackigem Country/Redneck Country/New Country mit einem Hauch von Southern-Feeling, das nur ganz selten in Richtung Charts schielt, aber trotzdem jede Menge radiofreundlicher Songs beinhaltet. Die CD beginnt mit dem flockigen Sommersong („Doin’ It“), der mit seiner positiven Energie richtig gute Laune verbreitet. Ein erstes Highlight folgt mit dem teils gesellschaftskritisch, aber auch ironisch humorvoll getexteten „Can’t Buy You Money“ (… „all the happiness in the world can’t buy you money“… heißt es im Refrain), ein bluesrockiger Abstecher auf Countryterrain. Großartig wie Ms. Keith hier schon im Stile einer Wynonna zu keifen versteht.

Absolut erste Sahne auch das fantastische E-Gitarrenspiel von Kenny Greenberg auf diesem Werk (neben Krystal der heimliche Star des Silberlings), das sich wie ein roter Faden durch den gesamten Verlauf zieht. Radiotauglich, mit ein wenig Shania-Flair, geht es mit „What Did You Think I’d Do“ weiter. Mit dem romantisch anmuteten „Daddy Dance With Me“ überraschte sie den Vater auf ihrer diesjährigen Hochzeit. Das wunderbar relaxt dahingleitende „Cabo San Lucas“, spiegelt, wie der Titel es schon vermuten lässt, dann Toby Keiths des öfteren anzutreffende Vorliebe für mexikanisch und karibisch angehauchte Countrysongs wieder.

Die Nummer kennt man ja auch schon vom Vater, aber Krystal gibt ihr einen ganz eigenen Touch. Klasse hier die filigrane spanische Akustikgitarrenuntermalung von Ilya Toshinsky. „Him And This Tattoo“ rockt wieder, dass, Greenberg sei Dank, die Schwarte kracht. Abermals tolle Vokalleistung von Krystal! Ganz großes „Balladenkino“ liefert sie dann bei „Beautiful Weakness“ ab, ein potentieller Titel für etwaige Liebes-Blockbuster. Hier singt sie schon in Oktavensphären der großen Diven Faith Hill, Martina McBride, Trisha Yearwood oder Celine Dion. Beeindruckend! Das famos in Memphis-Blues-Manier (klasse Hornsection-Begleitung, gospelige weibliche Backs) rockende und stampfende „Down Into The Muddy Water“ fegt sämtliche Gefühlsduselei von zuvor komplett wieder vom Tisch.

Der einzige Track, der nicht von Toby Keith und Mark Wright produziert wurde ist „Get Your Redneck On“. Hier erweist sich Nathan Chapman als alleiniger Mit-Tonangeber (Komposition zusammen mit Krystal, bis auf den Gesang alle Instrumente und Produktion durch ihn). Ein mit Hitavancen lässig und rhythmisch groovender, Banjo-dominierter Country-Popsong im Stile von Keith Urban oder Little Big Town. Der Titelsong zum Schluss zeigt, dass das Mädel selbst vor Southern Rock-kompatiblem Country keine Scheu trägt.

Das Stück, das von einer Frau handelt, die in einer Bar tanzen muss, um ihr Essen auf dem Teller zu haben (dazu verät der Text ihre Vorliebe für „Can’t You See“ von The Marshall Tucker Band, das sie gerne im Auto auf dem Weg zur Arbeit laufen lässt), dürfte selbst eingefleischte Fans der Südstaaten-Gemeinde überraschen. Herrlich das fette E-Gitarren-Solo von Greenberg, atmosphärisch die Steelzutaten von Russ Pahl. Schöne „Backs“ (auch bei den meisten anderen Nummern) durch Mica Roberts, die auch beim einen oder anderen Lied kompositorisch involviert war. Ein großartiger Abschluss! Krystal Keith beweist auf „Whiskey & Lace“, dass die musikalischen Gene des Vaters in positiver Weise auf sie übergetreten sind.

Ein kurzweiliges Album, auf dem sie alle Facetten des modernen (aber auch durchaus traditionell gehaltenen) New Country mit Bravour bewältigt. Sie hat eine großartige Stimme, kompostorische Fähigkeiten (immerhin an drei Tracks beteiligt) und sieht zudem blendend aus. Gute Voraussetzungen also für die zukünftige Karriere. Daddy Toby kann zu Recht sehr stolz auf’s Töchterchen sein!

Show Dog Universal Music (2013)
Stil: New Country

01. Doin‘ It
02. Can’t Buy You Money
03. What Did You Think I’d Do
04. Daddy Dance With Me (Single Version)
05. Cabo San Lucas
06. Him And This Tattoo
07. Beautiful Weakness
08. Down Into Muddy Water
09. Get Your Redneck On
10. Whiskey And Lace

Krystal Keith
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Jeannie Kendall – All The Girls I Am – CD-Review

Zweites Solo-Projekt von Jeannie Kendall, den meisten Country-Experten sicher noch ein Begriff als Part des Vater/Tochter-Duos „The Kendalls“, das mit „Heaven’s Just A Sin Away“ wohl seinen größten Hit erzielte; ein Lied, das immerhin unter den 100 wohl besten, jemals geschriebenen Country-Songs gelistet wird. Nach dem tragischen Tod ihres Vaters Royce im Alter von nur 63 Jahren, brachte Jeannie ihr Debüt 2003 im Country-Bluegrass-Stil als reines Akustik-Album heraus und erntete dafür verdientermaßen hervorragende Kritiken von allen Seiten.

Jeannie und ihre Produzenten Brian Fisher und Mike Stults entschieden sich beim jetzt vorliegenden, wieder sehr gelungenen Nachfolger „All The Girls I Am“ allerdings für eine recht vielseitige Scheibe mit allem „Drum und Dran“. Wobei man dem Independant Label „CbuJ Entertainment“ eine erstaunliche Bereitschaft attestieren muss, in Sachen Personal, Technik und Gestaltung zu investieren. Unglaublich, welcher Aufwand hier betrieben wurde. Sehr interessant vor allem die im Booklet von Stults detailgetreue Wiedergabe der Entstehung dieser CD aus Sicht eines Co-Produzenten, wo zum Teil ziemlich aus dem Nähkästchen geplaudert wird. Nett gemacht!

Ziel der neuen Scheibe war es allerdings auch, einmal phasenweise aus den traditionellen Bahnen auszubrechen, und die eine oder andere nicht unbedingt countrytypische Note einzuflechten, ohne insgesamt die Countryroots aufzugeben. So hat das eröffnende Titelstück durch ein hier als „Penny Whistle“ bezeichnetes (Flöten-)Instrument, gespielt von Harmonika-Koryphäe Jim Hoke (laut Liner Notes rannte er, als er das Demo zu hören bekam, mal eben zwei Blocks nach Hause, holte die Flöte, und fügte nach Rückkehr ins Studio seine Ideen in den Song ein, und alle waren restlos begeistert) ein wunderbar keltisches Flair.

Ein sehr atmosphärisches Stück, wobei sich Jeannies dünne, helle Stimme irgendwo zwischen Dolly Parton und Cyndi Lauper einzupendeln scheint. Komponiert übrigens von der australischen Opern Sängerin Amanda Colliver, die auch den Harmonie-Gesang beisteuerte. Oder „Keep Us Warm“, das unter dem Motto „Country meets Melodic Pop-Rock“ stehen könnte. Geschrieben und eingespielt von einem schwedischen Trio (Malmberg/Johansson/Axelsson), wobei Jeannies Gesang in Nashville aufgenommen und beifügt wurde. Die Bänder wanderten einige Male zwischen den Staaten und Europa hin und her. Stults bezifferte allein den Aufwand für die Abmischerei mit 80 Stunden Arbeit.

Ein toller, moderner Song mit leichtem Stevie-Nicks-Flair und feinen E-Gitarren. „(Somewhere Between) Heaven & Mexiko“, eigentlich für Interpreten wie Bobby Bare oder Mark Chesnutt gedacht, hatte laut Meinung der Macher, dann doch eher „Girl-Charakter“, und gab Jeannie Gelegenheit sich mit einer zum Titel passenden spanischen Horn-Section auseinander zu setzen. Herausgekommen ist eine großartige, lupenreine, locker flockige und melosische Countrynummer voller herrlichem Tex-Mex-Feeling! Dann die wunderbare, entspannte und flüssige Country-Ballade „Wild Honey“ im semi-akustischen Gewand mit schönen Dobro-, Fiddle,- und Steel-Klängen! Also jede Menge „Spielereien“, dennoch immer in sich geschlossen wirkend, ein toller, klarer Sound… – das heißt. Experiment eindrucksvoll gelungen!

Die traditionelle Seite wurde aber, wie gesagt, nicht wirklich vernachlässigt. Dazu konnten sich jede Menge erstklassiger Instrumentalisten auf dem Werk austoben, wobei Sonny Garrish am Steel und Larry Beaird an der Akustik-Gitarre, Mandoline und Banjo zu den auffälligsten Akteuren zählen. Ein Genuss auch immer wieder den brillanten Brent Mason an der E-Gitarre zu hören, der bei Stücken, wie „Just A Memory“ (eine Nummer vom Debütalbum, diesmal als „Electric Version“) oder „It Always Rains“ einmal mehr beweist, warum er in Nashville zu den absoluten „Giganten“ der Gitarrenspieler gezählt wird. Sehr schön auch die Neueinspielung des Kendalls-Stückes „Make A Dance“, bei dem die Harmonievocals ihres verstorbenen Vaters mit eingebracht wurden.

Insgesamt ein tolles Jeannie Kendall-Album, das wunderbar den Bogen vom traditionellen Country zum modernen Country-Pop spannt, und sicher für Verfechter beider Ausrichtungen bestens geeignet sein dürfte. Und bei allen Mädels, die Jeannie laut Titel in sich vereint, ist eines sicher:  Sie ist ein klasse singendes Girl!

CbuJ Entertainment (2005)
Stil: New Country

01. All The Girls (I Am) – The Penny Whistle Song
02. You Just Don’t Get Me – Do You?
03. (Somewhere Between) Heaven & Mexico
04. Wild Honey
05. Keep Us Warm
06. Just A Memory
07. Your Picture, Your Pillow & Me
08. Out Of Loneliness
09. Make A Dance
10. It Always Rains
11. Shouldn’t Still Shake Me (Like You Do)
12. Worn Around The Edges

Jeannie Kendall
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Drew Kennedy – Dollar Theatre Movie – CD-Review

Klasse Album des in New Braunfels/Texas ansässigen Singer-Songwriters Drew Kennedy, der wahrlich alles im Blut zu haben scheint, was man (nicht nur) im Lonestar State benötigt, um es mit der starken Konkurrenz im Americana-/Roots-/Alternate Country-Bereich aufnehmen zu können. Kennedy, dessen Einflüsse nach eigenem Bekunden von Ryan Adams bis zu Guy Clark, von Johnny Cash bis zu Chris Knight, und von Waylon Jennings über Steve Earle bis hin zu Bob Dylan reichen, gilt bereits seit seinen Independent-Release von 2003, „Hillbilly Pilgrim; als absolut vielversprechender Geheimtipp, was sein nun vorliegendes, neues Werk „Dollar Theatre Movie“, produziert von Gerald Boyd, überaus eindrucksvoll bestätigt.

Großartige, genauso trockene, staubige, wie melodische, prima hängen bleibende, „storytelling“ Americana-Musik, die viel Wärme (vor allem durch Kennedys so angenehme, exzellente Stimme) ausstrahlt und trotz einer durchaus wahrnehmbaren Würze (teils schön angeraute Gitarrenriffs) sehr entspannt rüberkommt. Die CD enthält dreizehn Stücke, die alle aus der Feder von Drew stammen. Lediglich bei zwei Songs bediente er sich der Mithilfe seines Freundes Peter Dawson, mit dem er in der Vergangenheit viele Jahre lang zusammen auftrat, (bei „Take Me Home“), sowie Claire Cunningham (bei „Can’t Slow Down“). Kennedy singt, spielt Akustikgitarre, Piano und Harmonika.

Unterstützt wird er dabei von einer Schar starker Musiker, wie u. a. dem bereits erwähnten Gerald Boyd (Guitars, Bass, Keyboards), David Neuhauser (Gitarre, Piano), dem großartigen Lead-Gitarrist Keith Gattis (etatmäßig aus der Band von Dwight Yoakam), Chip Dolan (Akkordeon), Noah Jeffries (Banjo, Mandoline, Fiddle), und selbst bei den Harmoniegesängen ist mit dem Ehepaar Bruce Robison/Kelly Willis exzellente Vokal-Hintergrundarbeit garantiert. Kennedys Texte versprühen Witz und Intelligenz und sind, wie es sich bei ausdrucksstarken Singer/Songwritern gehört, im beigefügten Steck-Booklett des gelungenen Digipacks abgedruckt.

Vom hervorragenden, rootsig-rockig lässigen Opener „One To Blame“ (schöne Akustikgitarre, kratzige E-Gitarren-Riffs, staubig, trockenes Ambiente) bis zum schönen, abschließenden Root-Pop-Song „Second Time Around“ bekommt man herrliche Melodien, wunderschön instrumentiert in verschiedenen Tempolagen, geboten. „Ramblin’ Heart“, mit der fröhlichste Song des Albums, vereint beispielsweise feine Outlaw Country- und Wesctoast-Elemente zu einem flotten Mix, der ein wenig an eine Session der Nitty Gritty Dirt Band mit „good ole“ Waylon erinnern könnte. Das traurige „Goodbye“ besticht durch Neil Young-mäßige Harmonika-Einlagen, „Good Things“ hätte auch im Repertoire eines Steve Earle seine Daseinsberechtigung.

Das entspannt dahin groovende „Baytown“ erhält, nach einem stark an Allman Brothers „Melissa“ klingenden Intro, durch in diesem Genre eigentlich recht selten eingeflochtene Saxophon-Passagen,. „The New Me“ ist ein Plädoyer dafür, das zu verwirklichen, zu dem man sich berufen fühlt, auch wenn es mit Verlust oder Risiko verbunden ist und das erstklassige „Like A Thief“ ist ein knackig, flockiger Retro Countryrocker mit herrlicher Banjountermalung, dezent rockigen E-Gitarren-Einlagen und schönen Steelguitar-Klängen. Kennedys Gesang hat hier fast ein wenig Ähnlichkeit mit dem früheren Sänger der Marshall Tucker Band, Doug Gray (nur etwas rauer), was den Song wie eine tolle Mischung aus Poco und der Marshall Tucker Band erscheinen lässt. Tolle Nummer!

Die Schließung einer traditionsträchtigen Dancehall behandelt das emotional vorgetragene „The Last Waltz“, bei dem Storyteller Drew eine traurige Jodel-Einlage zum Besten gibt. Die starke Single „Take Me Home“ erinnert mit ihrem Southern-Flair und dem integrierten Fiddle-Spiel an die Ursprünge der Randy Rogers Band. Nicht nur textlich, sondern auch instrumentell (Mandoline/Akkordeon/Fiddle, klasse Harmonies von Kelly Willis) überzeugt das vorwiegend akustisch gestaltete, nicht laute, aber dennoch flotte und eine unterschwellige Energie versprühende, voller Heartland-Flair steckende (Chris Knight lässt grüßen) „Tomorrow’s Not Tonight“, dessen Refrain „I’ve got a hand in my pocket, but my pocket don’t lie, working for a dollar, just to bring me home a dime, I’m not in a hurry but I’m living on the fly, tomorrow I can worry, but tomorrow’s not tonight” allen gebeutelten Steuerzahlern aus der Arbeiter-Seele sprechen dürfte.

Mit „Dollar Theatre Movie“ hat Drew Kennedy bereits zu Beginn seiner Karriere hohe Maßstäbe im texanischen Alternate Country-/Roots-/Americana-/Singer-Songwriter-Bereich gesetzt. Absolute starke Konkurrenz für die Adams, Clarks, Robisons, Fosters, Earles, Ingrams, und wie sie noch so alle heißen in dieser Zunft!

Sustain Records (2007)
Stil: New Country

01. One To Blame
02. Ramblin‘ Heart
03. Goodbye
04. Good Things
05. Baytown
06 I’ll Make It Home
07. New Me
08. Can’t Slow Down
09. Like A Thief
10. The Last Waltz
11. Take Me Home
12. Tomorrow’s Not Tonight
13. Second Time Around

Drew Kennedy
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