Lucinda Williams – Have Yourself A Rockin’ Little Christmas with Lucinda Williams – CD-Review

Review: Michael Segets

Aus der letztjährigen Konzertreihe, die Lucinda Williams als Alternative zu den Liveauftritten vor Publikum per Video streamte, steht jetzt passend zur nahenden Weihnachtszeit „Have Yourself A Rockin’ Little Christmas with Lucinda Williams” als fünfte Ausgabe von Lu’s Jukebox in den Regalen. Williams pickt sich dabei Weihnachtsstücke heraus, die nicht zum klassischen Repertoire gehören, welches an den Festtagen rauf und runter gespielt wird. Entgegen dem Titel bedient sie dabei eher den Blues als den Rock.

„Merry Christmas (I Don’t Want To Fight Tonight)“ – im Original von den Ramones – geht natürlich ab. „Santa Claus Want’s Some Lovin‘“ von Albert King ist ebenfalls rockig ausgelegt und mit einer funkigen Gitarre versehen. Bei „Run Run Rudolph“ legt Williams Soul in die Performance. Der von Chuck Berry geschriebene Titel erinnert an den James-Bond-Theme. Buck Owens verfasste „Blue Christmas Lights“ und wird von Williams als Bluesrock interpretiert. Damit sind die temporeicheren Tracks auf dem Longplayer aufgezählt.

Den überwiegenden Teil des Albums bestreitet Williams mit langsameren Blues, versehen mit R&B-Elementen. „Christmas Tears“, „Merry Christmas Baby“, „Please Come Home For Christmas“ sowie „Little Red Rooster”, das von Willie Dixon stammt und von Howlin’ Wolf aufgenommen wurde, gehören in diese Kategorie. Komponiert wurden sie in den 1940ern beziehungsweise den 1960er Jahren. Ebenfalls ruhig, aber mit einem leicht poppigen Americana-Sound versehen, ist „If We Make it Through December“.

Drei Titel gehen in Richtung Swing – allen voran Louis Armstrongs „Christmas In New Orleans“. „I’ve Got My Love To Keep Me Warm“ sowie „Have Yourself A Merry Little Christmas“ gleiten dabei tendenziell in den Jazz über. Bei den beiden Songs überzeugt der Gesang von Williams nicht vollständig, obwohl ich sonst ein Fan ihrer stimmlichen Fähigkeiten bin.

Auf ihrem Weihnachtsalbum „Have Yourself A Rockin’ Little Christmas” unternimmt Lucinda Williams einen Streifzug durch die Geschichte der populären Musik und greift vorwiegend in Vergessenheit geratene Songs heraus. Anders als der Titel vermuten lässt, steht dabei der Blues im Fokus ihrer Interpretationen. Daneben finden sich rockige Versionen auf der Scheibe und auch dem Swing wird Raum gegeben. Wem die bereits vorgestellte CD von Brian Fallon zu den Festtagen zu reduziert ist, bekommt mit der von Lucinda Williams eine Alternative angeboten, um die stille Zeit bis Neujahr zu überbrücken.

Highway 20 – Thirty Tigers/Membran (2021)
Stil: Christmas Songs

Tracks:
01. Blue Christmas Lights
02. Run Run Rudoph
03. Christmas Tears
04. If We Make It Through December
05. Merry Christmas Baby
06. I’ve Got My Love To Keep Me Warm
07. Santa Claus Want’s Some Lovin’
08. Christmas In New Orleans
09. Please Come Home For Christmas
10. Little Red Rooster
11. Merry Christmas (I Don’t Want To Fight)
12. Have Yourself A Merry Little Christmas

Lucinda Williams
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Thirty Tigers
Oktober Promotion

Mike Zito – Resurrection – CD-Review

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Der ursprünglich aus St. Louis, Missouri, stammende Mike Zito ist ein Dauerbrenner in unserem Magazin. Sowohl in den vielen CD-Reviews als auch bei Live-Auftritten konnte der ehemalige Royal Southern Brotherhood-, aber vornehmliche Solo-Musiker, immer vollends überzeugen.

Besonders seit der Gründung seines Gulf Coast Labels (zusammen mit Guy Hale) 2018 scheint der heutige Wahl-Texaner vor musikalischer Umtriebigkeit nur so zu brennen. So stehen seitdem auch hier so einige Künstler und deren Werke, bei denen Mike als Produzent und/oder Gitarrist (u. a. The Proven Ones, Kat Riggins, Albert Castiglia) involviert war, bei uns zu Buche.

Nach der schwierigen Corona-Zeit, sieht Zito sein jetziges Treiben als eine Art Wiedererwachen, passend dazu der Titel seines neuen Werkes auch „Resurrection“, übrigens seine siebte Zusammenarbeit mit Producer David Z. (u. a. Prince, Etta James, Billy Idol, BoDeans, Buddy Guy, John Mayall). Acht Eigenkompositionen und mit „I’ll Make Love To You Anytime“ (J.J. Cale), „Presence Of The Lord“ (Eric Clapton/Blind Faith) und „Evil“ (Willie Dixon) drei hervorragend interpretierte Covernummern, sind dabei herausgekommen.

Für mich persönlich erscheint das Werk (auch in den Eigenkompositionen Zitos)  ebenfalls wie eine Art Rückbesinnung an die großen moderneren Blues Rock-Musiker, die mich so Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre begeistert und bis heute ihren Stempel hinterlassen haben.

Schon beim Einstieg mit dem auch von Eric Clapton 1978 gecoverten „I’ll Make Love To You Anytime“ (hier mit einem starken Saxofon-Solo am Ende als besondere Note) huldigt er mit J. J. Cale einen meiner Lieblingskünstler. Dessen Spirit reicht auch ganz tief in den herrlichen Schleicher „In My Blood“ (Marke „Boilin‘ Pot“), zugleich mein Lieblingsstück des Albums, hinein. Tolle leicht angejazzte E-Gitarre, herrliche Harmoniegesänge im dezent countryesken Refrain von Lisa Andersen, ein grandioser atmosphärischer Song! Auch das später folgende „You Don t Have Me“ erinnert unterschwellig an den kauzigen Songwriter aus Oklahoma (Richtung „River Runs Deep“).

Das aggressiv groovende „Don’t Bring Me Down“ mit furiosen E-Gitarren-Parts könnte auch aus dem Warren ‚Haynes-Dunstkreis“ entsprungen sein. „Dreaming Of You“ wirkt ein wenig von Ronnie Milsaps „Stranger In My House“ inspiriert. Eric Clapton kommt dann mit seinem „Presence Of The Lord“ endgültig in Zitos Werk an, hier steht der Protagonist, rein stimmlich übrigens auch in Bestform, im berühmten E-Solo-Gitarrenbridge Mr. Slowhand in Nichts nach und untermauert sein fulminantes Saitenkönnen (natürlich auch im Slide-Bereich). Ganz stark!

Das schwermütige „When It Rains“ verbreitet Totengräberstimmung und könnte somit auch einen Trauermarsch begleiten, deshalb hier wohl auch eine unverkennbare Peter Green-Note im Lied. Wer nicht genug von unserem kürzlich besprochenen posthumen Gary Moore-Album „How Blue Can You Get“ bekommen kann, erhält hier eine hymnische Blues-Ballade à la „Still Got The Blues“ & Co. als Nachschlag.

Dass Zito den Süden tief in seinem Blut hat, offenbart der launige Southern Rock-Boogie „Running Man“. ‚Skynyrd to the core‘ würde ich hier sagen. Stücke wie „Gimme Three Steps“, „Whiskey Rock-A-Roller“ „Smokestack Lightning“, „Good Lovin’s Hard to Find“ etc. lassen grüßen. Hier gefällt auch das Billy Powell-Gedächtnis-Klimper-Piano.

Seine einstigen Dämonen (Zito hatte ja lange mit Drogenproblemen zu kämpfen) scheinen Geschichte zu sein, hier bekämpft der das von Willie Dixon kreierte ‚Böse‘ mit fürchterlichen Orgel- (klasse Lewis Stephens) und E-Gitarren-Attacken. Ein Fest für Freunde des psychedelischen Blues Rocks.

Und der für mich als Erinnerungsstütze immer wichtige letzte Track des Albums, hier das Titelstück „Resurrection“, ist nochmals ein absolutes Highlight mit viel Southern Soul-Flair. Klingt für mich fast wie ein neues „Soulshine“. Typisches Warren Haynes-, aber auch Dickey Betts-Feeling („Atlanta‘ Burning Dow“, „Mr. Blues Man“) verleihen diesem grandiosen Abschluss ordentlich Klassiker-Potential.

Zito selbst dazu: „Resurrection is an album of feelings, emotions, and is very personal. The title track is how I once almost lost my love, but it came back stronger than ever. I have had this song in me for years, but it only makes sense now to share it with the world. After the year we have had on planet Earth, I believe we all need a rebirth. This rebirth has given me an opportunity to be who I want to be musically and artistically.”

Gelegenheit eindrucksvoll genutzt, Mike Zito! Eine absolute Blues Rock-Sternstunde im Jahr 2021!

Gulf Coast Records (2021)
Stil: Blues Rock

01. I’ll Make Love To You Anytime
02. Don t Bring Me Down
03. Dreaming Of You
04. In My Blood
05. Presence Of The Lord
06. When It Rains
07. You Don t Have Me
08. Damned If I Do
09. Running Man
10. Evil
11. Resurrection

Mike Zito
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