Albert Castiglia – Up All Night – CD-Review

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Review: Gernot Mangold

„Up All Night“, der Titel des mittlerweile achte Soloalbum von Albert Castiglia, kann auch als Synonym seiner Musikerlaufbahn gesehen werden. Spätestens seit den 2014 und 2016 erschienenen Alben „Solid Ground“ und „Big Dog“ scheint der in Florida lebende und in New York geborenen Castiglia seinen Stil, mit einem rauhen schnörkellosen Blues Rock gefunden zu haben.

Eine positiven Einfluss müssen wohl auch die Dockside Studios auf Castiglia ausstrahlen, in dem er schon die letzte Platte aufnahm. Er selbst sagte: „Warum sollte ein Ort verändert werden, an dem man sich wie zu Hause fühlt?“ Ein weiterer Faktor der zum Gelingen beigetragen haben dürfte ist, dass Mike Zito „Up All Night“ produzierte. So kann man bei einigen Songs auch musikalische Nähe zu einem Blues im Stile eines Stevie RayVaughn erkennen, ohne dass der Verdacht besteht, es wird ein Abklatsch versucht.

Mit „Hoodoo On Me“ nimmt die Platte schon im ersten Stück Fahrt auf. Unterstützt von seiner Rhythmussektion, Jimmy Pritchard am Bass und Brian Menendez an den Drums, bleibt Castiglia genügend Spielraum, seine Künste mit schnellen Soli auszuleben.

„I Been Up All Night“ ist mein absoluter Favorit auf der Platte. Dies mag auch daran liegen, dass der Gesang und manche Passagen mich an Randy Bachman von BTO, einen meiner Lieblingsmusiker erinnern. Einfach guter rockiger Blues! Das jammende „Three Legged Dog“ anfangs etwas düsterer daher kommend, endet in einem schnellen Gitarrensolo, welches live einen großen Spielraum bergen könnte.

„95 South“ eine schnelle rockige Nummer, dieauch aus der Feder eines John Fogerty kommen könnte und ist für mich das zweite absolute Highlight der Scheibe, an das „Knocked Down Loaded“ stilistisch fast nahtlos anschließt.

Mit „Quit Your Bitching“, aus der Feder von Mike Zito, wird etwas Fahrt aus der Geschichte genommen. Eine schöne Nummer, ein klein wenig swingend, auch als Untermalung in einer Bar gut geeignet. Nach dieser kurzen Atempause nimmt Castiglia mit „Woman Don’t Lie“ wieder Tempo in seinem eher rauhen Blues auf.

Bei „Unhappy House Of Blues“ wird das Trio von Lewis Stephens an den Keyboards und Johnny Sansone an der Mundharmonika unterstützt, was dem Song die nötige Breite gibt, um eine leicht tragende, zum Teil traurige Stimmung zu verbreiten. Da kommt das eher stimmungsvoll, peppige „Delilah“, in dem Sonny Landreth an der Slide Guitar unterstützt, genau richtig, dass gar nicht die Gefahr besteht in einen „depressiven Blues“ zu verfallen.

Mit „Chase Her Arround The House“ „küsst“ Castiglia den Rock’n’Roll: Eine Tanznummer für einen Honkytonk-Laden, mit schönen typischen Piano-Hintergrundeinlagen.

Den Abschluss bildet mit „You Got Me To That Place“ ein Old School Blues, der auch als Anspielung auf die Dockside Studios gesehen werden kann, da im Refrain zum Ende ein „where I never wanna ever leave“ ergänzt wird. Wenn es Castiglia mit Band gelingt, das Niveau auf kommenden Alben fortzusetzen, und der Aufnahmeort eine wichtige Rolle zur Stimmung beiträgt, ist es mit Sicherheit keine schlechte Idee, diesbezüglich nicht zu experimentieren.

Mit „Up All Night“ ist ihm auf jedem Fall eine abwechslungsreiche und starke Platte gelungen, die sich der Bluesfan nicht entgehen lassen sollte. Schön wäre es, wenn Castiglia und Band in naher Zukunft auch die hiesigen Breiten besucht, um den Liebhabern des Genres auch live seine Songs zu präsentieren.

Musiker:
Albert Castiglia – Guitar & Lead Vocals
Jimmy Pritchard – Bass
Brian Menendez – Drums

Gäste:
Mike Zito – Guitar & Vocals
Lewis Stepens – Keyboards
Johnny Sansone – Harp
Sonny Landreth – Slide Guitar

Ruf Records (2017)
Stil: Blues Rock

01. Hoodoo On Me
02. I Been Up All NIght
03. Three Legged Dog
04. 95 South
05. Knocked Down Loaded
06. Quit Your Bitching
07. Woman Don’t Lie
08. Unhappy House Of Blues
09. Delilah
10. Chase Her Around The House
11. You Got Me To That Place

Albert Castiglia
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Ruf Records

Kip Moore – Up All Night – CD-Review

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Großartiges Debüt des Mannes aus Tifton, Georgia, der mit seiner ersten Single „Somethin‘ `Bout A Truck“ gerade die Top 10 (zur Zeit Platz 9) der Billboard Country Singles-Charts entert. Knackige New Country-Musik mit einem dezenten Heartland-Flair. Kip Moore führte lange Zeit ein rastloses Leben als „Hallodri“, ausgestattet mit Intelligenz und einigen diversen Talenten (er war sowohl ein guter Basketball- und auch ein prima Golfspieler, lernte dazu frühzeitig Gitarre spielen und trat mit lokalen Bands auf). Nach seiner Graduierung zog es ihn so gut wie mittellos zunächst nach Hawaii, um neben ein paar Gelegenheitsjobs, dem leichten Leben, der Sonne und dem Surfboard fahren zu fröhnen.

Irgendwann überredete ihn ein Freund, es doch noch mal mit der Musik zu versuchen. Kip gab nach und wiederum nur mit einem alten Nissan und einer Gitarre „bewaffnet“, begab er sich 2004 nach Nashville. Er begann bei Songwriter-Sessions die relevanten Kniffe zu studieren und für seine eigenen Ideen zu nutzen. Damit erreichte er nach und nach eine erhöhte Aufmerksamkeit bei den für das Business maßgeblichen Leuten. Moores entscheidender Schritt nach vorne kam, als er für das erfolgreiche Debüt des Duos Thompson Square mit „All the Way“ and „Let’s Fight“ gleich zwei Stücke beisteuerte. Als eigenständiger Musiker wurde er von Kreativ-Scout Marc Dennis, der den Kontakt zu MCA Nashville besorgte, entdeckt.

MCA stellte Kip den erfahrenen Hitschreiber Brett James als Produzent an die Seite (James hat hier auch zwei Stücke mitkreiert und singt im Background mit) und ließ ihm bei der Wahl seiner Mitschreiber weitestgehend freie Hand. Gentleman-like bedankte sich Keifer Thompson für Moore’s Hilfe und diente diesmal zu Kip’s Opener „Drive Me Crazy“, einem flotten New Country-Feger mit allen genretypischen Zutaten (inkl. Steel-Fills und zweier kurzer E-Gitarren-Soli) als Co-Songwriter. „Beer Money“ folgt als tanzbarer Gute-Laune-Countryrock wie es auch zuweilen bei Billy Ray Cyrus der Fall ist.

Als Center des Albums steht natürlich die o.a. Single „Somethin‘ `Bout A Truck“, ein wirklich cooler, lässiger, saustarker Track (toller Gesang von Kip) mit herrlicher Instrumentierung (grandiose Slidearbeit), einem klasse Groove, Tempo- und Stimmungwechseln, sowie amüsantem Text (alle Songtexte sind übrigens im beigefügten Booklet enthalten). Hier passt alles zusammen, deshalb nicht ohne Grund auf der Erfolgsspur. Geschrieben wurde die Nummer von Kip zusammen mit Dan Couch, der mit „Reckless (Still Growin’ Up)“, neben zwei weiteren Songs, noch einen richtigen Kracher dieses Werkes ablieferte: Wieder ein Track mit einem relaxten Groove und lustigem Text, der so ein wenig Moores unkonventionelles Vorleben reflektiert („… we took our breaks on the boat docks and I got fired for smokin’ pot…”).

Das Stück würde auch ganz gut zu Kenny Chesneys Repertoire passen. Bei diversen Liedern wie „Crazy One More Time“, „Hey Pretty Girl“, „Up All Night“ (erinnert stark an Keith Urban, mit Brett James als Co-Autor) beweist Moore dann auch seine Tauglichkeit im gemäßigten, bzw. Balladenbereich, immer mit einer schönen Heartland-Brise und vermeidet so jegliches Abdriften in allzu poppige Gefilde. Ganz stark der Abschluss mit dem dezent, melancholischen Slide-getränkten „Fly Again“ (tolles, „quietschendes“ Slide-Solo) und der zweiten Brett James Co-Operation „Faith When I Fall“ (ruhiges Akustikintro, bedächtiges E-Gitarrenspiel, hymnischer Refrain, E-Gitarren-Solo), die ebenfalls erhebliches Hitpotential aufweist.

So kommt auch der für das Music Row Magazin schreibende, anerkannte Journalist und Historiker Robert K. Oermann zu einem Fazit voll des Lobes: „For years, I have been searching for the missing link between blue-collar rock and country music. „This year, I think I have heard it. His name is Kip Moore. There is fiery, urgent intensity in his voice. His lyrics vibrate with conviction and true grit. The melodies have gripping, heart-in-throat passion. And the roaring, propulsive performances on his debut album sound like signposts on the highway to some Southern-fried Born to Run. Dare I say it? This man just might be the hillbilly Springsteen.“ Diesem beeindruckenden Statement schließen wir uns mit gutem Gewissen an. Kip Moore sorgt mit seinem Erstling „Up All Night“ für jede Menge frischen Wind in Nashvilles New Country-Szene. Gut so! Sehr starkes Debüt!

MCA Nashville (2012)
Stil: New Country

01. Drive Me Crazy
02. Beer Money
03. Somethin‘ ‚Bout A Truck
04. Everything But You
05. Crazy One More Time
06. Where You Are Tonight
07. Hey Pretty Girl
08. Reckless (Still Growin‘ Up)
09. Up All Night
10. Fly Again
11. Faith When I Fall

Kip Moore
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Bärchen Records

Kip Moore – Wild Ones – CD-Review

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Zweites Studioalbum des aus Tifton, Georgia stammenden Country-Singer/Songwriters! Nachdem Kip Moore mit seinem Debüt „Up All Night“ einen sensationell guten Einstand in Nashville gefeiert hatte (Album Platz 3, die Single „Somethin‘ ‚Bout A Truck“ sein erster Nr.1-Hit, „Beer Money“ und „Hey Pretty Girl“ jeweils nochmal unter den Top-10), folgt jetzt mit „Wild Ones“ der bereits heiß erwartete Nachfolger (wieder bei MCA Nashville), nachdem er zwischenzeitlich mit „Young Love“ und „Dirt Road“ bereits zwei Singles auf den Markt „geworfen“ hatte. Das damit schon unter beträchtlichem Erfolgsdruck stehende Werk stellt eine behutsame und gut durchdachte Verifikation des Vorgängers dar, also quasi ein Upgrade, bei dem an den bewährten Stärken festgehalten wurde und in vereinzelten Fällen ein wenig gefeilt und geändert wurde. Im Wesentlichen ist hier die etwas stärkere Rockausrichtung zu erwähnen.

Besonders hervorzuheben ist, dass Kip, wie schon zuvor, wieder konsequent sämtliche dreizehn Lieder (mit einigen bewährten und ein paar neuen Co-Writern) kreiert hat, was in diesen Künstlersphären nicht alltäglich ist (viele wählen sich ja meist bequem auf sie zugeschnittenes Fremdmaterial aus). Hut ab dafür. Geblieben ist angesichts der begonnenen Erfolgsstory natürlich seine Kooperation in Sachen Produktion mit Hitschreiber Brett James, der auch zwei Stücke kompositorisch begleitet und bei ein paar Background Vocals beigesteuert hat. Lediglich beim Opener und zugleich dem Titelstück „Wild Ones“, ein Percussion- und Basslinien-betonter Midtempotrack mit einem euphorisch gesungenen Refrain, hat der sich ebenfalls gut im Geschäft befindliche Chris DeStefano an den Reglerknöpfen mitgewirkt. Das folgende, sehr flockig und poppig ins Ohr gehende „Come And Get It“ überrascht am Ende mit einem überaus intensiven, E-Gitarren-dominierten Instrumentalfinish.

Für einige hitverdächtige Momente des Silberlings sorgen wieder die eingespielten Erfolgsautoren Troy Verges und Blair Daily („Beer Money“), die auf Sachen wie „Girl Of The Summer“ (heartlandträchtige Power-Ballade), „What Ya Got On Tonight“ (markante E-Gitarrenlinie, energiegeladener Refrain/Rhythmus) und dem, mit dezent keltischem Flair behafteten „Running For You“ (klasse E-Gitarren-Solo) eindrucksvoll demonstrieren, wie man in Nashville den Nerv der Zeit trifft. Klasse auch das mit Westin Davis und Dan Couch atmosphärisch konstruierte „That Was Us“, bei dem die in Axel Rose-/Kid Rock-Manier gebrachten Refrains/Harmoniegesänge schöne Farbtupfer abgeben. Zu einem Favoriten bei Kips Live-Konzerten (zur Zeit ist er ja mit Dierks Bentley und Canaan Smith groß auf Tour) dürfte im patriotisch geprägten „Amiland“ das heroische „Lipstick“ (‚Hey‘- Schlachtgesänge, ein wenig John Farnham-90er Stadion-Flair) avancieren, in dem Kip in so ziemlich allen bekannten Regionen der Staaten den Lippenstift seiner Liebsten küssen möchte. Sehr schön und im Refrain mitsingbar das ebenfalls Heartland-gefärbte „Heart’s Desire“.

Textlich überzeugt „Complicated“, wo mit starken Zeilen wie „All I know sometimes you love it, sometimes you hate it, but what good’s love if it ain’t a little complicated? No it don’t always go like you always hoped it would, but sometimes complicated is pretty damn good“” proklamiert wird, dass echte Liebe nicht immer nur „Friede, Freude Eierkuchen“ bedeuten muss. Banjo und E-Gitarren führen den wohl Country-behaftesten Song „I’m To Blame“. Das Stück klettert als erste Single gerade in den Charts nach oben. Steve Millers „The Joker“ dürfte bei „That’s Alright With Me“ Pate gestanden haben. Ein lustiger Text und eine typisch coole Gesangsperformance von Kip runden diesen launigen Track ab. Das Piano-betonte „Comeback Kid“ überzeugt in dezent pathetischer Weise im Stile großer zeitgenössischer, amerikanischer Songwriter wie z. B. Will Hoge und legt noch ein paar persönliche Seiten des Protagonisten offen. Ein recht emotional und autobiografisch gefärbter, starker Abschluss.

Kip Moore hat mit „Wild Ones“ dem Druck des erfolgreichen Vorgängers problemlos standgehalten, was, wie beschrieben, umso mehr zu würdigen ist, da es sich hier um Kompositionen handelt, in die er sich ausschließlich selbst miteingebracht hat. Das Album wird sicherlich einige Hits hervorbringen und vielleicht auch Chancen für diverse Nominierungen bei den anstehenden Awards in der einen oder anderen Sparte haben. Dazu muss man Kip eine deutlich spürbarere Reife und Weiterentwicklung attestieren. Bester Stoff für Liebhaber auf der Höhe von jungen Wilden wie Eric Church, Keith Urban, Tyler Farr & Co.! Dickes Kompliment dafür!

MCA Nashville (2015)
Stil: New Country

01. Wild Ones
02. Come And Get It
03. Girl Of The Summer
04. Magic
05. That Was Us
06. Lipstick
07. What Ya Got On Tonight
08. Heart’s Desire
09. Complicated
10. I’m To Blame
11. That’s Alright With Me
12. Running For You
13. Comeback Kid

Kip Moore
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