Robert Jon & The Wreck, 02.09.2021, Open Air Bühne (Freideck), Kantine, Köln – Konzertbericht

Mensch, endlich! Ich muss schon zugeben, dass mich das bisherige Konzertgeschehen in diesem Jahr bis auf kleine Ausnahmen weitestgehend ‚kalt‘ gelassen hat. Klar, Corona-bedingt, gab es ja nun mal auch nicht das große Angebot. Eine der wenigen Southern-Bands, die sich in diesem Jahr über den großen Teich traut (auch Dank ihres mutigen Promotors Teenage Head Music), ist, wie bereits in meinen Ausführungen zu ihrem aktuellen brandneuen Album „Shine A Light On Me Brother“ angekündigt, einer unserer Lieblingsacts in diesem Magazin, Robert Jon & The Wreck.

Die schlugen jetzt zum ersten Mal hier in NRW wieder am schönen Freideck der Kölner Kantine auf, bevor sie gegen Ende des Monats, am 29. September, noch mal im Krefelder Schlachtgarten zu sehen sein werden. Kantinen-Mastermind Marcus Neu durfte sich bei bestem Spätsommer-Wetter über 120 Besucher freuen, die am Ende zurecht schier aus dem Häuschen waren.

Das Quintett mit Leader Robert Jon Burrison, Henry James, Warren Murrel, Andrew Espantman und Steve Maggiora (der mittlerweile auch bei Supergroup Toto an den Tasten) verwandelte das chillige Kantinen-Areal mit seiner grenzenlosen Spielfreude und ansteckenden Energie,  in einen südstaatlichen Freiluft-Hexenkessel.

Meine Mutmaßung, dass ihr neues Werk „Shine A Light On Me Brother“ den Mittelpunkt der zweiteiligen Setliste bilden würde, stellte sich zumindest an diesem Abend als falsch heraus, lediglich das tolle „Everday“ mit grandioser, an „Blue Sky“ erinnernder E-Gitarrenpassage von Henry James zur Mitte des ersten Sets und der Titeltrack im zweiten Teil schlugen hier zu Buche, was aber angesichts der langen Pause seit 2019 nicht sonderlich schlimm war, denn die Band hat mittlerweile soviel exzellentes Songmaterial in petto, dass man äußerst variabel agieren kann. Im Fokus stand mehr der Vorgänger „Last Light On The Highway“, der ja aus bekannten Gründen hier live auch noch nicht vorgestellt werden konnte.

Apropos Henry James: Der rein äußerlich wie eine Mischung aus Phil Lynott und Jimi Hendrix daher kommende spindeldürre Hungerhaken ließ mit seinen langen Griffeln derartig viele quirlige und hochkarätige Power-Soli auf seinen beiden Spielgeräten (Gibson SG und Gibson Firebird) ab, dass ein Wechselbad aus Staunen und Begeisterung auf den Gesichtern aller Anwesenden deutlich auszumachen war. Da musste selbst der uns gegenüber sitzende Redakteur Andre Wittebroek des befreundeten holländischen Blues Magazine des öfteren bewundernd die Stirn runzeln und tief durchatmen, sowas hat er von seinen Blues-Schrammlern vermutlich noch nie geboten bekommen (lol). Auch die genre-typische Twin-Arbeit von Henry mit Burrison war eines der vielen Highlights des Gigs.

Der Leader, sichtlich erfreut wieder in Deutschland zu sein und auch uns vor „Everyday“ beim Erblicken des neuen Logo-Schildes kurz begrüßend, ließ wieder seine ganze Aura walten und bestach auch durch seinen hervorragenden charismatischen Gesang, der von James, Maggiora und Drummer Espantman im Background unterstützt wurde.

Der sich immer wieder auch durch sein sympathisches Auftreten auszeichnende Steve Maggiora, deutete mit seinem variablen Tastenspiel (HT-Piano, Organ, E-Piano, Synthie) über den gesamten Verlauf an, warum ihn Steve Lukather ins Toto-Line-up beordert hat.

Das zweite Leichtgewicht (aber nur von der körperlichen Statur her) Andrew Espantman hämmerte wie gewohnt schwindelerregend mit seinen Sticks über die Felle und Becken seines Schlagzeugs, dass selbst die ruhigeren Tracks wie „Oh Miss Carolina“, „Death Of Me“, „This Time Around“, „Tired Of Drinking Alone“ oder der Klassiker der Band „Cold Night“ (die Mehrfach-Soli von James waren hier wie aus einer anderen Sternennacht) eine immense Intensität und Kraft ausstrahlten.

Gegen soviel geballte Energie hatte es der Bediener des Tieftöners, Warren Murrel, natürlich schwer, anzupumpen, er wuselte aber trotzdem regelrecht angesteckt mit. Vielleicht gibt man ihm als Belohnung mit einem kleinen eingestreuten Bass-Solo auch mal Gelegenheit, sich ein bisschen zu profilieren.

Nach dem überragenden „“Cold Night“ ging eigentlich nichts mehr, da aber bis 22:00 Uhr noch genügend Zeit war, konnte die mittlerweile längst von den Sitzen gerissene Kantinen-Audienz dem kalifornischen Quintett mit „High Time“ dann noch eine launig groovende Retro-Southern-Nummer als Zugabe entlocken. Als Belohnung dafür wurden die Musiker noch gegen Ende des Liedes durch die sich in unserer direkten Nachbarschaft befindliche, sehr trinkfreudige Blues Power Cologne-Fan-Gemeinde biertechnisch direkt vom Fass versorgt, das sie zur Entlastung des Bedienpersonals gleich mehrfach direkt zu sich an den Tisch beordert hatte.

Nach dem Gig zeigten sich alle, an diesem Abend Anwesenden am Merchandising-Stand hochzufrieden und wir machten natürlich mit den Jungs noch das obligatorische Foto mit dem neuen Logo für die VIP-Galerie.  Wir freuen uns schon jetzt auf Teil 2 mit Robert Jon & The Wreck im ebenfalls schönen Krefelder Schlachtgarten. Wird sicherlich erneut eine heiße Geschichte!

Line-up:
Robert Jon Burrison (lead vocals, electric guitar)
Henry James (electric guitar, vocals)
Warren Murrel (bass)
Andrew Espantman (drums, vocals)
Steve Maggiora (keys, vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Kantine Köln

Robert Jon & The Wreck – Shine A Light On Me Brother – CD-Review

„Shine A Light On Me Brother“ heißt das neue Werk von Robert Jon & The Wreck. Ich behaupte mal, dass wohl kein anderes Magazin aus unseren Breitengraden das kalifornische Quintett um ihren Leader Robert Jon Burrison journalistisch so ins Licht gesetzt hat, wie wir es bisher getan haben.

Wir waren von Anfang an dabei, als die Jungs vor gerade mal 30 Zuschauern, ihre ersten Gehversuche in unseren Landen getätigt haben, wir haben ihre kontinuierliche gute Entwicklung mit vielen Artikeln begleitet, ihren überraschenden Umbruch samt dem Gang in diese schwere Corona-Zeit mit verfolgt und sind auch jetzt wieder zur Stelle, wo es heißt, Licht am Ende des Covid-Tunnels zu erblicken und das nächst höhere Level in Sphären von Blackberry Smoke zu erklimmen.

2019 war eigentlich der Grundstein gelegt, ein klasse Album „Take Me Higher“ herausgebracht (dazu mit „Last Light On The Highway“ ein weiteres im Entstehen), Auftritte bei der Ramblin Man Fair mit Größen wie Foreigner und der Chris Robinson Brotherhood oder bei der Sea Mediterranean Blues Cruise mit Joe Bonamassa, Peter Frampton oder Eric Gales, um in 2020 nicht nur bei Festivals, sondern auch in größeren Hallen, live durchzustarten. Keyboarder Steve Maggiora wurde parallel sogar in das neue Line-up von Toto integriert. Dann grätschte, wie für viele Menschen, Corona böse dazwischen.

Wie nicht anders zu erwarten, blieben die Burschen nicht untätig. Funktionierend wie ein Schweizer Uhrwerk gibt es zur anstehenden Europa-Herbst-Tournee das neue, oben angeführte Werk.

Aus meiner Sicht ist es nicht nur bis dato ihr bestes, sondern auch kommerziell ambitioniertestes Album geworden. Ihre musikalische Unbekümmertheit und Unabhängigkeit bleibt weitestgehend erhalten und dennoch spürt man omnipräsent eine gewisses Bestreben, sich weiteren ‚Kundenkreisen‘ zu öffnen.

Zuträglich sind da sicherlich auch die, auf den angesprochenen Events geknüpften Beziehungen. Wer kann sich schon den Luxus leisten, die Backgrounddamen von Joe Bonamassa, Mahalia Barnes (Tochter von Jimmy Barnes), Juanita Tippins und Prinnie Stevens, anheuern zu können? Die geben vielen Tracks und Burrisons etatmäßig gutem Gesang natürlich ordentliches Zusatzfeuer. Bestes Beispiel ist direkt der im Skynyrd-Stil der Neunziger Jahre gehaltene Opener und Titelsong „Shine A Light On Me Brother„.

Was mich diesmal besonders überzeugt, ist vor allem die Melodik und Eingängigkeit der Refrains. Man braucht gerade mal zwei Hördurchgänge, um bereits das Langzeitgedächtnis zur nachhaltigen Abspeicherung zu animieren. Steve Maggiora klimpert sehr viel in Billy Powell-typischer HT-Manier und lässt die Orgel meist organisch hallen, das ‚Wunderkind‘ Henry James an der Lead-Gitarre spielt seine Soli nie ausufernd, sondern fast wie bei Spitzen-Gitarristen in Nashville, immer genau auf den Punkt.

Das mit Crowd-Harmoniegesängen und Bettsschem Solo durchzogene, herrlich dahinschunkelnde „Everday“ avanciert dabei zu meinem derzeitigen Lieblingssong. „Ain’t No Young Love Song“ mit seiner euphorischen Springsteen-Note dürfte der erfolgversprechendste Single-Kandidat sein. Das bluesige „Chicago“ wurde schön passend zum Titel mit plusternden Bläsern und Sax-Solo bestückt. Im melancholischen „Hurricane“ offeriert Burrison seine countryeske Seite, beim fluffigen „Desert Sun“ weiß das „Jessica“-mäßige Akustikgitarren-Intro samt folgendem ABB-Flair zu gefallen.

Als Pendant/Update zum früheren „Mary Anne“ erweist sich „Anna Maria“, das atmosphärisch packende „Brother“ mit Blackberry Smoke- und Outlaws-Tupfern als weiteres Highlight und das im treibenden Bakersfield-Stil gehaltene „Radio“ (klasse die Tippeldrums von Andrew Espantman, tolle kurze HT-Piano-/E-Gitarren-Duelle) gibt sich am Ende überhaupt nicht radio-tauglich, sondern eher als launiger Party-Kracher.

„We gotta keep movin‘ in the right direction“ singt Robert Jon Burrison im stampfenden „Movin'“ mit klarer Strategie nach vorne, überzeugend aus sich heraus. Angesichts ihrer kontinuierlichen und exzellenten Leistungen können wir hier  nur ein glasklares „Yes you are!“ konstatieren.

Wir freuen uns daher schon sehr, der Umsetzung der neuen Stücke von „Shine A Light On Me Brother“, die sicherlich  morgen, dem 02.09.2021 auf der Open Air Bühne der Kölner Kantine einen Schwerpunkt bilden werden, beiwohnen zu dürfen. Der dazu fällige Konzertbericht als weiteres Spotlight auf die Band versteht sich von selbst…

Eigenproduktion (2021)
Stil: Southern Rock

Tracks:
01. Shine A Light On Me Brother
02. Everyday
03. Ain’t No Young Love Song
04. Chicago
05. Hurricane
06. Desert Sun
07. Movin‘
08. Anna Maria
09. Brother
10. Radio

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Teenage Head Music
Vertrieb: In-Akustik