Ryan Bingham – American Love Song – CD-Review

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Review: Michael Segets

Fünfzehn neue Stücke stellt Ryan Bingham auf „American Love Song“ vor. Persönliche Erfahrungen und gesellschaftskritische Stellungnahmen verpackt er in unterschiedliche Facetten der Roots-Music. So steht „Beautiful And Kind“ ganz in der Tradition der Folk-Sänger a la Pete Seeger oder Woody Guthrie. Dem Blues frönt er mit „Hot House“ und „Got Damn Blues“, das sich am Ende in Richtung Gospel entwickelt. Rockige Töne schlägt Bingham bei „Nothin‘ Holds Me Down“ und beim Rolling Stones infiltrierten „Pontiac“ an.

Die überwiegende Anzahl der Titel lässt sich dem weiten Feld des Americana zurechnen, wobei Bingham mit dessen Ingredienzien spielerisch umgeht. Auf „Lover Girl“ ist mal eine Steel Guitar zu hören, auf „Time For My Mind“ schlägt er einen Rhythmus an, der beinah an die Karibik erinnert. Mehrere Stücke werden von dem leidenden Gesang Binghams getragen. „Stones“ beginnt sanft, entwickelt aber eine Dynamik, die mitnimmt. Dagegen fällt das klagende und etwas überladene „Blue“ etwas ab.

Mit dem vorab herausgegebenen „Wolves“ hat Bingham alles richtig gemacht. Bei der akustisch gehaltenen Ballade kommt sein eindringlicher Gesang besonders gut zur Geltung. Ebenso vollständig überzeugt „What Would I’ve Become“, das er nicht weniger intensiv, aber mit mehr Drive spielt. Ein weiterer Favorit ist der rumplige Opener „Jingle And Go“ mit dominantem Bar-Piano, das für einen Umtrunk in einer lauten Kneipe bestens geeignet erscheint.

Deutliche Worte zur Lage der Nation findet Bingham auf „Situation Station“. Er setzt auf die verbindende Kraft der Musik und wendet sich gegen Aus- und Abgrenzung, die er in Amerikas Politik verstärkt wahrnimmt. Auch „America“ schlägt inhaltlich in eine ähnliche Kerbe. Sein ausdrucksstarker Gesang wird hier von einer gleichmäßigen, sanften akustischen Gitarre untermalt. Bingham gibt sich dabei mahnend, aber nicht resignativ. Der Song könnte auch von Bruce Springsteen geschrieben sein.

Zum Abschluss des Albums würdigt Bingham mit „Blues Lady“ die starken Frauen seines Landes. Dabei hat er seine verstorbene Mutter ebenso wie Janis Joplin oder Aretha Franklin vor Augen.

Zusammen mit dem Co-Produzenten Charlie Sexton (Bob Dylan, Arc Angels, Sue Foley) bewegt sich Bingham sicher in den Spielarten der Roots Musik. Er komponiert tolle Songs, bei dem Texte und Musik stimmen. Vielleicht halten einzelne Titel nicht ganz die hohe Qualität des insgesamt starken Albums, bei der Anzahl der Stücke fällt das aber kaum ins Gewicht.

Axster Bingham Records/Thirty Tigers/Alive (2019)
Stil: Americana and more

Tracks:
01. Jingle And Go
02. Nothin‘ Holds Me Down
03. Pontiac
04. Lover Girl
05. Beautiful And Kind
06. Situation Station
07. Got Damn Blues
08. Time For My Mind
09. What Would I’ve Become
10. Wolves
11. Blue
12. Hot House
13. Stones
14. America
15. Blues Lady

Ryan Bingham
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Thirty Tigers

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