Tolles, in Nashville mit viel Vorschuss-Lorbeeren bedachtes Debütalbum der Brothers Osborne. Der mit einer prächtigen Stimme gesegnete T. J. Osborne (variiert irgendwo zwischen Radney Foster und Trace Adkins – spielt auch akustische Gitarre) und der großartige Gitarrist und Multi-Instrumentalist John Osborne (neben der E-Gitarre u. a. auch Mandoline, Banjo, Pedal Steel, Mundharmonika), aka Brothers Osborne, legen mit „Pawn Shop“ ein bärenstarkes Major Label-Debut vor.
Die beiden, im Übrigen auch exzellente Songwriter (sind an sämtlichen Nummern kompositorisch beteiligt – dazu gesellen sich auch viele arrivierte Schreiber wie u. a. Craig Wiseman, Shane Mc Anally, Casey Beathard, Ross Copperman, Sean McConnell, Jessi Alexander), gelten als einer der heißesten neuen, jungen Nashville-Acts. Mit Recht! Ihr abwechslungsreicher, zündender Country und New Country balanciert geschickt zwischen kerniger, alter Outlaw-Tradition und dem modernen Flair des jungen, „wilden“ Nashville.
Der Opener „Dirt Rich“ groovt schon richtig herrlich mit einer blechernen Banjo-Führung lässig vor sich hin, kurz aufheulende Fiddel und ein erdiges E-Solo machen direkt Appetit auf mehr. Und es folgt eine Ansammlung erstklassig inszenierter Nummern ohne jeden Ausfall, die den Zuhörer aufgrund ihrer Variabilität, exzellenten Strukturen und höchster musikalischer Kompetenz regelrecht in ihren Bann ziehen. Klassische Country-Traditionen und (southern) rockige Einflüsse kombinieren die Musiker in einem idealen Verhältnis. Dass die beiden darüber hinaus auch Sinn für tolle Melodien haben, beweist das nostalgisch angehauchte „21 Summer“.
Das bärenstarke Stück “Stay A Little Longer“ ist wohl mit der Auslöser für den derzeitigen Hype um die Brüder. Der Heartland-trächtige, schön rockige Song wartet am Ende mit einem für eine Single völlig überraschenden, ellenlangen, fast improvisiert wirkenden, kernigen, erdigen E-Gitarren-Solo (ungemein versiert, variabel und filigran von John gespielt) auf, wie man es sonst vielleicht nur bei Live-Konzerten von einem Keith Urban oder Brad Paisley geboten bekommt. Mutig, extravagant, fantastisch umgesetzt und umso schöner, dass solche Qualität auch mit entsprechendem Erfolg und Anerkennung von Experten und Fans belohnt wird. Das Lied befindet sich zur Zeit auf Platz 4 der Billboard-Charts und ist, verdientermaßen, sogar Grammy-nominiert.
Das humorvolle, dezent swampige Titelstück „Pawn Shop“ wird von einer markanten Dobro begleitet. Es erinnert ein wenig an Little Big Towns Megahit „Pontoon“, nur in einer etwas cooleren und introvertierteren Fassung. Wie schon einige Interpreten zuvor, haben auch die Brüder Osborne ihre Vorliebe zu Rum in einem relaxten, launigen Track („Rum“) verarbeitet. Lee Ann Womack assistiert mit Harmoniegesängen beim knackigen „Loving Me Back“.
Erneut Heartland-Rock-umweht, mit ein wenig unterschwelligem U2-Flair, kommt „American Crazy“ daher, toll auch hier wieder Johns brillantes E-Gitarrenspiel. Recht traditionell geht’s mit dem ganz feinen „Greener Pastures“ weiter, ein schöner Retro-Country-Schwofer, der sogar interessant für Line Dancer sein dürfte. Herrlich das frech, im Stile von The Cadillac Three gespielte und rotzig, mit viel Southern-Flair dahinstampfende „Down Home“ mit gurgelnder Orgel und starken Slide-Einlagen.
Ein wenig Cash-inspiriert und mit an Big & Rich zu Anfangstagen reminiszierenden Harmoniegesängen, überzeugt das introvertiert dargebotene „Heart Shaped Locket“. Zum Abschluss poltert das rhythmische und auch lyrisch sehr starke „It Ain’t My Fault“ in rauer Trace Adkins-Manier aus den Lautsprechern. Klasse hier auch die, von John mit seiner E-Gitarre eingebrachte, leicht psychedelische Note. Ein tolles Ende!
Die Brothers Osborne, alias T.J. und John Osborne begeistern mit ihrem Erstling „Pawn Shop“ auf ganzer Linie und legen direkt zu Beginn des Jahres die Messlatte in Nashville auf einen ordentlich hohes Niveau. Sie wirken zuweilen ein wenig wie eine erfrischende Kombination aus modernen Montgomery Gentry, Trace Adkins, Big & Rich und dem großartigen Eric Church mit einem Hauch von Radney Foster und Waylon Jennings. Produziert hat Jay Joyce (u. a. Eric Church, Little Big Town, Zac Brown Band, John Hiatt, und, und, und…). Ein prächtiges Album! Vielleicht mit das aufsehenerregendste Debüt seit dem von Chris Stapelton!
EMI Records Nashville (2016)
Stil: New Country
01. Dirt Rich
02. 21 Summer
03. Stay A Little Longer
04. Pawn Shop
05. Rum
06. Loving Me Back (feat. Lee Ann Womack)
07. American Crazy
08. Greener Pastures
09. Down Home
10. Heart Shaped Locket
11. It Ain’t My Fault
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