Savoy Brown – Blues All Around – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

“Blues All Around” heißt das neue Album der Band “Savoy Brown” und reflektiert die jahrzehntelange musikalische Lebenseinstellung und Erfahrung von Mastermind und Gitarrist Kim Simmonds. Alle Songs, wieder von Simmonds geschrieben, verbinden in ihrer energiegeladenen Ausstrahlung eine ansteckende Begeisterung mit genialer Spielkunst und setzen von Beginn an das Blues-Rock-Markenzeichen einer Studio-Live-Produktion: vorneweg mit “Black Heart” einer satten Nummer, die mit treibender Kraft die Initiative ergreift, gefolgt von “Going Down South”, angesiedelt in südstaatlichen ZZ Top-Gefilden und passenden Harmonica-Sounds, die Simmonds zu standesgemäßen E-Solo Parts serviert. Die stampfende Blues Power des “Gypsy Healer” verdient ebenso eine Top-Bewertung, wie der darauf folgende eigentliche Titel-Track in feiner Blues-Maßarbeit, eben “Blues All Around”.

Savoy Brown, die von Kim Simmonds 1965 im Alter von 18 Jahren gegründet wurden und bereits damals mit Meilenstein-Alben, wie “Blue Matter” (1969), “A Step Further” (1969) oder “Street Corner Talking” (1971) u.a. Klassiker der Blues-Rock-Szene herausbrachten, haben in stetig wechselnden Besetzungen über 40 Longplayer produziert. Kim Simmonds spielte als ständiges Mitglied seiner Band immer im Spitzenbereich internationaler Blues-Künstler und konnte so auch 2017 mit “Witchy Feelin” ein Nummer 1 Billboard-Album feiern.

Eine ähnliche Einstufung verdienen ebenfalls viele Songs auf “Blues All Around”. Der scheinbar von Stevie Ray Vaughan inspirierte Boogie “Texas Love”, der groovende Shuffle “Winning Hand”, sowie “Hurting Spell” als Best of Blues Rock bewahren ihre Simmonds typische Eigenständigkeit in der Einheit aus Songschreiber, Sänger, Gitarrist und Lebensinhalt: Blues All Around.

So ist auch das letzte Stück des Albums “Falling Through The Cracks” – vielleicht eine Hommage an John Lee Hookers zum Teil traurige Stilelemente – ein “Abschieds-Blues”. Ein musikalisch wieder in jeder Hinsicht ausdrucksstarker, aber im Text pessimistisch wirkender Simmonds: “Time I face the facts, ….it feels like I’m …falling through the cracks”. Das als Intro der Scheibe kurz angespielte Stück offenbart seine vollständige Wahrheit erst am Ende: scheitern und durch alle Raster fallen als Ergebnis aller Bemühungen.

Kim Simmonds ist am 13.12.2022 nach langer Krankheit verstorben. Einer der führenden britischen/US “Old School” Blues Gitarristen, in einer Reihe mit Peter Green, Mick Taylor und Eric Clapton wird in den Credits zum neuen Album zitiert: “Life is energy, Music is energy. I try to …play the music I’ve loved since I was a young teenager”. Ein Lebensmotto, das fast über zwei Generationen Blues-Fans immer neue Lebensfreude bereitet hat, ist auf der LP nochmal komprimiert allen gewidmet.

Das brillante Album “Blues All Around” generiert das breite Songspektrum aus Kim Simmonds leidenschaftlicher Blues-Seele, der seinen Antrieb bis ins hohe Alter und bis an die Grenze der Belastbarkeit schöpferisch ausgiebig nutzte. Als besondere Empfehlung sei auf den legendären “Savoy Brown Boogie” (22 Minuten live in Detroit, 1969) verwiesen, der natürlich nur ein atomares Bruchteil an bleibender Erinnerung ausgleichen kann. Thanks Kim!

Quarto Valley Records (2023)
Stil: Blues Rock

Tracklist:
01. Falling Through
02. Black Heart
03. Going Down South
04. Gypsy Healer
05. Blues All Around
06. Texas Love
07. Winning Hand
08. Hurting Spell
09. Can’t Go Back To My Hometown
10. California Days Gone By
11. My Baby
12. Falling Through The Cracks

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Savoy Brown – 01.04.2018, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

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Kein April-Scherz, Savoy Brown um ihren Mastermind und Blues Rock-Urgestein Kim Simmonds, traten gestern Abend am 01.04.2018 wahrhaftig im Dortmunder Musiktheater Piano auf. Dort sind sie schon diverse Male im Laufe der Zeit präsent gewesen, von daher durften sich die Geschäftsführer der Location, Jenny Dore und Thomas Falke, über einen sehr guten Besuch freuen.

Via Ruf Records war mir letztes Jahr ihr aktuelles Album „Witchy Feelin‘‚“ zugesandt worden. Es zählte für mich zu einer der großen positiven Überraschungen in 2017, da ich – Asche auf mein Haupt – die Band zwar kannte, aber nie mal intensive Berührungspunkte mit ihr hatte. Von daher war ich gespannt, wie die Studiosongs live auf der Bühne rüberkommen würden.

Der nach wie vor agile, mittlerweile 70-jährige Bandleader (manchmal ein bisschen sympathisch schusselig wirkend) spielte sich an der Seite seiner starken Mitwirker Pat DeSalvo am Bass und dem Kraftpaket Garnet Grimm am Schlagzeug, zum Einstieg erstmal mit dem Uralt-Instrumental „Getting To The Point“ seine, noch im weiteren Verlaufe, stark beanspruchten Finger ein wenig warm.

Kims Haupt-Arbeitsgerät bei diesem Gig war eine dunkelgrüne DBZ-Gitarre, die einen herrlichen schweren, knarzenden Sound bei seinen unzähligen, filigranen und quirligen Soli hervor brachte.

Mit „Why Did You Hoodoo Me“ und dem swampigen „Livin‘ On The Bayou“ gab es dann die ersten Tracks aus „Witchy Feelin‘, die live ebenfalls ein Genuss waren. Erinnerten mich in ihrer Art an den guten alten Tony Joe White. Mit dem grandiosen „Poor Girl“ (im Instrumentalteil dezent an „Jessica“ von den Allmans erinnernd) vom „Looking In“-Album (1970) ging es weit zurück in die Vergangenheit.

Das Instrumental „Cobra“ von der 2014er Ruf-Scheibe „Goin‘ Down To The Delta“ diente als Vorbote für „A Hard Way To Go“ und „Needle And Spoon“, zwei weitere Klassiker, die Simmonds dem damaligen Ursprungssänger der Stücke, Chris Youlden, widmete.

Leider war der anschließende „Memphis Blues“, bei dem der Protagonist, erstmals seine Slide-Künste offerierte, das einzige weitere neue Lied vom aktuellen Longpayer, der spielstarken Vorstellung des Trios tat es aber keinen Abbruch.

Der claptoneske wunderbare Slowblues „Where Has Your Heart Gone“ würdigte den ebenfalls anwesenden Thomas Ruf und seine  Verdienste um den zeitgenössischen Blues Rock,  bevor der atmosphärisch ratternde „Hellbound Train“ (Kim mit Harp-Einlage), „Wag Dang Doodle“ (launiger Boogie) und der herrliche Countryrock-Schunkler „Tell Mama“ (Simmonds zum einzigen Male eine Gibson Les Paul ‚beslidend‘) den wie im Fluge vergehenden Hauptteil ausklingen ließen.

Im Zugabenteil konnten zunächst vornehmlich DeSalvo und Grimm mit beeindruckenden Soli beim „Louisiana Blues“ (Simmonds guckte sich das Ganze genüsslich auf einem Hocker sitzend an) erneut ihr Können präsentieren, um beim finalen tempogeladenen „Boogie“ nochmals im Kollektiv zu glänzen.

Eine bärenstarke Vorstellung von Savoy Brown im Musiktheater Piano zu Dortmund. Ein krönender Abschluss einer intensiven und erlebnisreichen Woche für uns mit gleich vier Konzerten innerhalb von sechs Tagen!

Line-up:
Kim Simmonds (lead vocals, electric guitar, harp)
Pat DeSalvo (bass, vocals)
Garnet Grimm (drums, vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Ruf Records

Savoy Brown – Witchy Feelin‘ – CD-Review

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Manchmal ist es wie verhext. Da kennt man eine Band schon Urzeiten vom Namen her, hatte mit ihr aber irgendwie nie Berührungspunkte. So muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich von Savoy Brown nicht einen einzigen Tonträger in meiner nicht gerade kleinen Sammlung stehen habe, obwohl die Band um ihre einzige Konstante, Kim Simmonds, ja in Sachen Veröffentlichungen bereits seit 1965 zugange ist.

Jetzt hat mich Ruf Records unfreiwillig einfach mal zu meinem Glück gezwungen und mir den aktuellen Silberling „Witchy Feelin‘“ zugeschickt. Und der bereitet wirklich große Freude. Ganz spartanisch eingespielt im klassischen Trio mit Simmonds (vocals, guitars), Pat DeSalvo am Bass und Garnett Grimm am Schlagzeug, erhält man eine schön E-gitarrenlastige Blues Rock-Scheibe mit einem ganz eigenwilligen Charme.

Kreiert und auch produziert hat sämtliche Stücke natürlich Kim Simmonds, der auf dieser Scheibe auch ganz klar der Herr im Hause ist. Seine Rhythmusfraktion bietet hier die ledigliche, aber sehr gekonnte Grundlage für seinen dezent knöchrigen/kauzigen Gesang (ähnlich wie Tony Joe White) und seine exzellente und variable E-Gitarrenarbeit. Simmonds hat das Gespielte in einem sehr schön volumigen und transparenten Klangambiente eingefangen, sodass man beim Hören fast den Eindruck hat, die Band würde live im Wohnzimmer spielen.

Dass Simmonds ja schon ganz frühzeitig Amerika für das Wirken von Savoy Brown entdeckt hatte, erkennt man an Tracks wie dem swampingen „Livin‘ On The Bayou“ und der Bottleneck-bestimmten Phase des Albums mit den drei Songs „Vintage Man“, dem überragend relaxt vorgetragenen „Standing In The Doorway“ und „Memphis Blues“, wo ordentlich geslidet und gesurrt wird.

Ansonsten gibt es knackigen und eingängigen Blues Rock mit den typischen E-Gitarrenkomponenten. Vielleicht noch hervorhebenswert der längste Song der CD, „Thunder, Lighning & Rain“, mit ziemlich exzessivem Wah-Wah-Geniedel und das herrlich entspannte Instrumental „Close To Midnight“ als Finale, das mich ein wenig an eine Mischung aus Peter Greens damaligen „In The Skies“ und „Slabo Day“ erinnert.

Savoy Brown mit ihrem Gitarrenhexer Kim Simmonds legen mit „Witchy Feelin‘“ eines der 2017er-Highlight-Alben im Blues Rock-Genre hin. Klasse Stücke, toller Sound, dazu ein launiges Cover-Artwork. Und es hat in jedem Fall dazu geführt, dass ich die Truppe, in Zukunft intensiver im Auge behalten werde! Absolute Kaufempfehlung!

Ruf Records (2017)
Stil: Blues Rock

01. Why Did You Hoodoo Me
02. Livin‘ On The Bayou
03. I Can’t Stop The Blues
04. Witchy Feelin‘
05. Guitar Slinger
06. Vintage Man
07. Standing In A Doorway
08. Memphis Bluesd
09. Can’t Find Paradise
10. Thunder, Lightning & Rain
11. Close To Midnight

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