Mark McKinney – Get It On – CD-Review

Kin

Großartiger, dynamischer, würziger, „straight and rowdy rockin‘, Guitar-driven Outlaw Country and Southern-fueled Countryrock“ voller simpler und prächtig hängen bleibender Songs, die einfach nur einen Heidenspass bereiten. „He blends his musical tastes as easily as drinking beer and eating barbecue“, heißt es in einem texanischen Review – und besser kann man es kaum ausdrücken. Fast hätte der aus Big Spring, Texas stammende, mittlerweile aber in Austin lebende Mark McKinney (äußerlich ein Shooter Jennings-Typ), den die texanische Presse mittlerweile als „one of Texas Music’s hottest rising Country artists“ bezeichnet, seine Musikerkarriere aufgrund gesundheitlicher Probleme schon wieder aufgeben müssen, bevor sie erst richtig begonnen hatte.

Glücklicherweise jedoch bekam er seine Psyche und seine Physis wieder hundertprozentig in den Griff, wobei ihm sein guter Freund und Produzent des nun vorliegenden klasse Debuts, Rob Dennis (arbeitete u.a. bereits für Lynyrd Skynyrd und Cross Canadian Ragweed), nicht nur hilfreich zur Seite stand, sondern ihn auch für sein eigenes Label „Super Loud Music“ (ein herrlicher Name) verpflichtete. „Get it on“ ist ein klasse Album geworden! Die CD wurde in Nashville produziert, was sich für den Texaner McKinney aber keineswegs als Nachteil erwies, da Dennis stets eine unbeschwerte, „junge“, erdige und würzige Note beibehielt. McKinneys Intension liegt eher im Southern Rock inspirierten New Country, der hier herrlich „schonungsloser“ und geradeaus dargeboten wird.

Bei praktisch allen Stücken (bis auf den recht lustigen Abschlusstrack „The Myspace Song“, der rein akustisch instrumentiert ist) geht ordentlich die Post ab. Trotzdem bleiben die durchweg eingängigen Melodien, Strophen und Refrains nie auf der Strecke. Ganz im Gegenteil, man wird zum begeisterten Mitsummen, -singen und -wippen regelrecht animiert. Besonders bei Benutzung des Kopfhörers kommt der Klang der großartigen Produktion besonders zum Tragen. Zu seinen Einflüssen sagt McKinney: “Although I grew up listening to country legends like Willie Nelson and Charlie Daniels, I was also heavily influenced by rock and pop.” Und genau so sind die Songs auch gestrickt. Die Spuren Willies und Waylons sind deutlich erkennbar, aber auch die von Lynyrd Skynyrd und Montgomery Gentry.

Streut man noch eine Prise Reckless Kelly und jungen „Red Dirt“- und Southern orientierten Bryan Adams ein, dann passt die Mixtur in etwa. Das Album ist in den Worten Mark McKinneys “a journey through the mind of a Southern man“! Eingespielt haben die ausnahmslos von Mark geschriebenen Stücke höchst bekannte und fähige Nashville-Musiker wie u.a. Chad Chromwell, Russ Pahl, Troy Lancaster, Mike Rojas, Larry Beard und Steve Hinson. Mit dabei ist auch Background-Röhre Bekka Bramlett, die mit dem stark singenden Protagonisten hervorragend harmoniert. Einzelne Songs herauszunehmen fällt irgendwie schwer, da sie wirklich alle ihren Reiz und ihre Stärken haben. Es wird viel mit satten E-Gitarren und würzigen Slide-Linien gearbeitet, die die rhythmische Drum-, Bass- und Acoustic-Gitarren-Untermalung immer wieder bestens ergänzen.

Klavier (bei „Fall“), Orgel (bei „Get Your Country On“ und „Stranger Things“), Dobro (bei „Addicted“), Harmonika ( bei“Bonfire“) und Steelguitar (ebenfalls bei „Bonfire“ sowie „Reckless In Texas“) werden je nach Thematik des Songs harmonisch integriert. Troy Lancasters Gitarrenspiel bringt jede Menge Southern Rock-Feeling in die Stücke. Bei „Stompin’ Ground“ erinnert das Führungsriff klar an Lynyrd Skynyrd und bei „Fall“ das Break stark an alte 38 Special-Tage („Wild-Eyed Southern Boys“-Phase), „Party Fool“ hat einen swampigen Outlaw-Touch, „Get Your Country On“ könnte aus dem Repertoire eines Travis Tritt oder von Van Zant stammen. Toll auch das furios stampfende „Addicted“, das mit filigranen Dobro-Fills glänzt und vor allem die richtig dreckigen „Backs“ von Bekka Bramlett eine unerhört rotzige“ Note bekommt.

Ganz stark kommt der famose, voll im Saft stehende, dabei herrlich melodische, ass-kicking Southern-/Outlaw-Countryrocker „Bonfire“ mit seinen fetten E-Gitarren, den wunderbaren Steelguitar-Linien und der schön bluesigen Mundharmonika! Mark McKinney weiß aber auch auf reinem Country-Parkett zu gefallen: „Reckless in Texas“ ist ein schön traditionell dahingaloppierender Song mit viel Retro-Western-Flair, erzeugt durch tippelnde Drums, eine surrende Steel und eine typische Bariton-E-Gitarre. Sonst geht es aber wieder, wie bereits erwähnt, durchgehend knackig und dynamisch zur Sache, wie die Gute Laune verbreitenden Stücke „Story Of My Life“, „Deal Breaker“ (hat etwas von rockigen Sawyer Brown), „Stranger Things“ (dezentes Heartland-Flair,) oder „Are We Doing This“ (erinnert ein wenig an Bobby Pinson-Stücke).

Fazit: Mark McKinney startet mit seinem Debut gleich voll durch (passend dazu die Front- und Backcover-Photos, wo McKinney vor einem rasanten, PS-protzigen Trans-Am posiert) und mischt in seiner texanischen Heimat die Szene bereits ordentlich auf. Lustig im übrigen auch die „Warnung“ im Innen-Cover des Albums: „This CD contains Super Loud Music, Mark McKinney will not be held responsible for any damaged ear drums or audio equipment. Playing this CD at a high volume will lead you to Good times“. Quatsch – wer wird denn diesen Typen mit seiner temperamentvollen, Southern-getränkten New Country-Musik für irgendwelche Schäden verantwortlich machen? Nix da, das Zeug macht doch einfach nur Laune! Also: Schießen wir alle Warnhinweise in den Wind und empfehlen ganz einfach: „Get it on and play it loud!“

Super Loud Music (2007)
Stil: Country Rock

01. Comfortable In This Skin
02. Stompin‘ Ground
03. Party Foul
04. Fall
05. Story Of My Life
06. Bonfire
07. Get Your Country On
08. Reckless In Texas
09. Addicted
10. Deal Breaker
11. Stranger Things
12. Are We Doing This
13. The Myspace Song

Mark McKinney
Mark McKinney bei Facebook
Bärchen Records

Bo Bice – 3 – CD-Review

Bice

Drittes, saustarkes Album des zuletzt mit dem großartigen, von Henry Paul (Outlaws, Henry Paul Band, BlackHawk mit iniziierten Southern Rock-Projekt Brothers Of The Southland eindrucksvoll in Erscheinung getretenen Bo Bice. Was Bice uns hier anbietet, ist eine prächtige, kraftvolle, zündende Mischung aus kernigem Southern Rock, wie ihn eben die Brothers Of The Southland oder auch Blackberry Smoke zuletzt zelebrierten und wunderbarem, sehr melodischem, southern- und „spicy“ gewürztem New Country/Countryrock. Der einstige „American Idol“-Finalist, der sich seinerzeit mit der damaligen Gewinnerin Carrie Underwood bis zum Schluss ein packendes Kopf an Kopf-Rennen lieferte, ist in blendender Form.

Bewegte sich sein Major-Debüt nach der Staffel naturgemäß noch auf recht kommerziellen Pfaden, bekam man beim Nachfolger „See The Light“ (mittlerweile auf seinem eigenem Label) wieder den „wahren“, unverbogenen, erdigen Bo Bice zu hören – der musikalische Charakter, für den ihn seine Fans so geliebt hatten. Das war genau die richtige Richtung, denn Bice hat nicht nur den Country im Blut,. sondern vor allem auch den Southern Rock. Seitdem ist einige Zeit ins Land gestrichen. Bo hatte zum Teil mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Lediglich seine partielle Involvierung auf dem oben bereits erwähnten Album der Brothers Of The Southland (jenem Southern Rock-Allstar-Projekt mit so vielen arrivierten Leuten wie Jimmy Hall, Henry Paul, Dan Toler, etc.) diente als weiterer Beweis für seine inzwischen große Akzeptanz, auch unter den Musikern, in der Szene.

Mit „3“ knüpft Bo Bice jetzt nahtlos an das Vorgänger-Werk an, ja setzt qualitativ fast noch einen oben drauf. Wieder hat er sämtliche Tracks selbst geschrieben (teilweise in Kooperation mit bekannten Songwritern wie Greg Barnhill und Daryl Burgess), eine Klasse-Mannschaft an Musikern um sich versammelt (u. a. der starke Gitarrist Bart Walker, The Black Crowes-Drummer Steve Gorman, A. J. Croce, Sohn der Singer/Songwriter-Legende Jim Croce, James Pennebaker, Dan Kelly, Randy Leago) und für die produktionstechnische Zusammenarbeit D. Scott Miller eingebunden, der bereits in der Vergangenheit für so klingende Namen wie Trace Adkins, Patty Loveless oder Asleep At The Wheel gewirkt hat. Beim heißen, bärenstarken Opener „Keep On Rollin’“ spürt man deutlich den Einfluss und Eindruck, den ex-Wet Willie-Leader Jimmy Hall bei Bice hinterlassen hat.

Hier groovt, soult und funkt es, dass der Süden nur so kocht (dezenter Gospeltouch), schöne, passende Bläsereinsätze inbegriffen (Bläser, allerdings nie störend, sondern überaus zielführend eingesetzt, gibt es nur bei zwei Tracks zu hören). Doch im Mittelpunkt steht die E-Gitarre, inklusive eines dreckigen, scharfen Solos. Auch der satte Southern-/Countryrocker „Coming back home“ beinhaltet deutlich die Inspiration alter Southern Rock-Helden. Das kommt klasse! Höchst melodisch geht es bei den mit Greg Barnhill komponierten Songs zu: Das von dezenten Streichern und wunderschönen Akustikgitarren umgarnte „Different Shades Of Blue“ erinnert ein wenig an die balladesken Tracks von Lynyrd Skynyrds „First… And The Last“, das Country-/Outlaw-bluesige „Lonely, Broke And Wasted“ (schönes Piano, herrliche Steel-Fills) kommt mit einem tollen Power-Refrain daher. Beide Stücke sind dazu mit tollen E-Gitarren-Soli bestückt.

„Cold Hearted Woman“ überrascht danm zur Abwechslung mal mit einem leicht grassigen Einschlag (Fiddle, Mandoline, Banjo, Akustik-/Slidegitarre). Retro-Flair pur, das sich auch fast bei allen anderen Liedern immer wieder unterschwellig bemerkbar macht, bieten „Long Road Back“ (typischer The Marshall Tucker Band-Sound mit Fiddle, Piano, Mandoline, dezenter Querflöte) und das phantastische, wundervoll melodische „Wild Roses“, das wie eine Art Kombination der Stones-Ballade „Wild Horses“ und dem Band-Klassiker „The Weight“ erscheint (tolles Harmonika-Spiel von Bo), ohne dabei auch nur im Ansatz die Eigenständigkeit und Indikatoren eigener Bice’scher Songwriterqualität vermissen zu lassen. Traumhafter, genauso lockerer, wie kraftvoller, sprudelnder, erdiger, natürlicher, southern-fueled Countryrock.

Direkt in die Beine geht das satte, groovige und erneut mit Bläsern versetzte „Who Knows What“. Stark hier das flippige E-Gitarrenspiel (inkl. Solo) von Bart Walker. Ebenfalls richtig kräftig groovend und knallig (fettes Drumming von Gorman), mit einem leichten Psychedelic-Touch, geht es bei dem rockigen Kracher „Get On And Ride“ zu, Bice ähnelt hier mit aggressivem, rotzigem Gesang fast ein wenig Lenny Kravitz. Ein wuchtiger Song! Am Ende gibt es zum „Ausatmen“ mit „You Take Yourself With Me“ (zusammen mit Produzent D. Scott Miller geschrieben) wieder einen ruhigeren, sehr authentischen Track (schöne Steel-Fills, Fiddle, Harmonies), der die Zeit verarbeitet, als Bo noch in England lebend seine geschiedene Mutter zurückließ und wieder nach Amerika zurückkehrte, um seine musikalischen Avancen zu forcieren. Ein klasse Abschluss!

Bo Bice hat mit „3“ (drittes Album, drei Jahre Gesundheit am Stück, 3 Jahre nach seinem Vorgängeralbum „See The Light„, Geburt seines dritten Sohnes – soweit seine Motive zum Titel des Werkes) sein ohne Zweifel bislang bestes Album hingelegt, das von seinen kompositorischen und gesanglichen Qualitäten lebt und immer von einem herrlichen Southern-Retro-Feeling umgeben ist. Ja, „the smell of the deep south“ wabert einem zu jeder Minute dieser klasse Musik um die Nase. Er selbst hat die Scheibe, die er dem kürzlich verstorbenen Lynyrd Skynyrd-Bassisten Ean Evans widmete, als „like your favorite pair of jeans“ bezeichnet. Recht hat er! Ein tolles Teil, für das man sich sofort begeistert. In diesem Sinne ein 3-faches Hoch auf Bo Bice!

Saguaro Road Records (2010)
Stil: Southern Rock

01. Keep On Rollin‘
02. Different Shades Of Blue
03. Coming Back Home
04. Good Hearted Woman
05. Lonely, Broke & Wasted
06. Who Knows What
07. Long Road Back
08. Wild Roses
09. Get On & Ride
10. You Take Yourself With You

Bo Bice
Bo Bice bei Facebook
Bärchen Records

David Lee Kaiser – 12 – CD-Review

Kais

Pracht-Scheibe dieses großartigen Singer/Songwriters aus Southeast Texas! Bärenstarke Texas Roots-/Americana-/Alternate Country-Songs, betimmt von einem beeindruckenden Songwriting, verpackt in einem Gewand aus lauten, unwiderstehlich „saftigen“, kernigen E-Gitarren, schön rockig, dabei nicht unbedingt schnell, sondern meist im Midetmpo-Bereich angesiedelt, aber voller Energie, voller Feuer, voller Biß, wunderbar angeraut, voller Ecken und Kanten – und gleichzeitig voller herrlicher Melodien und harmonisch aufeinander abgestimmter Musikalität! Beeindruckend! Klasse! Es scheint, das die Perioden, in denen wir neue texanische Künstler im Countryrock-/Rootsrock-Bereich vorstellen, immer kürzer werden. Man hat manchmal wirklich das Gefühl, dass die dortigen Talente wie Pilze aus dem Boden schießen.

Klar gibt es darunter auch ein paar weniger interessante „Mitläufer“, die versuchen auf den Erfolgszug der Etablierten „Red Dirt“-Bands aufzuspringen, aber es gibt darüber hinaus offenbar unendlich viele kreative Köpfe, die mit umwerfenden Alben und mitreißenden Songs diesem Genre immer wieder neue Aspekte und Highlights herauskitzeln. Ein weiteres, diese These belegendes Beispiel ist eindeutig David Lee Kaiser, ein sehr vielseitiger Musiker (gelernter Drummer, spielt mittlerweile aber Gitarre) und Songschreiber, der jetzt sein Solo-Debüt vorlegt, nachdem er zunächst mit seinem Bruder Jimmy vor geraumer Zeit ein feines Duo-Album ablieferte.

Und was in dem jungen Burschen für ein Potential steckt, was er bereits für ein Standing genießt, beweist zudem die hochkarätige Musikerschar, die es sich nicht nehmen ließ, mit David die 12 Songs (+ 1 Hidden-Track), im übrigen alles Eigenkompositionen, einzuspielen: Mike McClure (ex-Great Divide-Frontmann, jetzt Mike McClure Band) hat das Album produziert (ist ja auch etatmäßiger Produzent für Cross Canadian Ragweed, was von der musikalischen Seelenverwandtschaft durchaus passt) und spielt Gitarre, Reckless Kellys Cody Brown bedient die Fiddle, Riley Osbourn, früheres Django Walker Band-Mitglied, spielt die B3-Orgel und Texas-„Guru“ Lloyd Maines, Vater der Dixie Chicks-Sängerin Natalie Maines, lässt die Pedal Steel Gitarre heulen.

Weiter dabei, so exzellente Könner wie Eric Hanson am Schlagzeug, Tom Skinner am Bass, der bärenstarke E-Gitarrist John Immon und die wirklich bezaubernd im Background singende Amanda Brown. All das bürgt für höchste Qualität – und die bekommen die Genre-Fans auch zu hundert Prozent geboten! Ein herrlich eigenständiges, sattes Midtempo Texas-Roots-/Americana-/Alternate Countryrock-Prunkstück, zuweilen von dezenten Blues- und Southernrock-Tendenzen berührt, aber auch eine ganze Menge Outlaw-Feeling versprühend, das an Kurzweiligkeit, Abwechslungsreichtum und spielerischer Klasse keine Wünsche offen lässt. Den Auftakt bildet das tolle, schön rockige „Running“, welches sich recht freizügig der Grundakkorde von Skynyrds „Sweet Home Alabama“ zu bedienen scheint, über die sich dann aber herrliche, feurig glühende, fette Slide-Einlagen ziehen, die dem Song nicht nur eine vollkommen eigene Note, sondern auch jede Menge Würze verleihen. Kaiser besticht mit einem kraftvollen, seinem großartigen Storytelling angepassten, hervorragenden, rootsigen Gesangsstil.

Es folgt eine prächtige Mischung aus rhythmisch rockigen Nummern wie „Psycho“ (dynamisches Texas „Red Dirt“-Countryrock-Flair, kräftige Drums), „California“ (locker dahin galoppierender Outlaw-Countryrock-Rhythmus, tolle E-Gitarrenarbeit), oder „High Maintenance Girl“ (erinnert gar an flotte Creedence Clearwater Revival-Nummern), aus traditionell angehauchten (Alternate) Country-Nummern, teils mit dezent grassigen Ansätzen, wie „George Dickel“ (klasse „Tanzschwofer“ mit feinen Fiddle- und Steeleinlagen) oder „Closer To My Dreams“ (sehr fröhliches Dahinmusizieren mit den countrytypischen Instrumenten), wie auch aus ein paar knackigen, satten, angerockten Balladen der Marke Reckless Kelly, Mike McClure Band, Django Walker Band & Co., die dank glühender E-Gitarren schon oft an der Grenze zum Southern Rock liegen.

Herausragend hier Songs wie „My Father’s Son“ (toller Text, satte E-Gitarrenarbeit der Marke Neil Young & Crazy Horse), „Walk“ (mehrfach ausgedehnte E-Passagen, klasse weibliche Harmonies von Amanda Brown), oder das sich emotional steigernde, im Tempo glänzend variierende „South Sage“. Ein weiteres absolutes Highlight ist die geradezu traumhaft melodische, ungemein frisch, saftig und sehr klar aus den Lautsprechern fließende, von Lloyd Maines wunderbaren Steelguitar-Klängen begleitete Texas Countryrock-Ballade „All I want“!

Die beiden recht introvertiert und entspannt wirkenden Stücke „Lost“ (mit schönen Double Leads-Ansätzen) und der nach einer guten Minute einsetzende Hiddentrack schließen ein beindruckendes, selbstbewusstes Werk (übrigens mit einer üppigen Spielzeit von über 56 Minuten ausgestattet) eines weiteren texanischen „Rohdiamanten“ ab, dem man in seinem Genre eine große Karriere zutrauen muß! Und wie es sich für einen Songwriter des Kalibers David Lee Kaiser gehört, sind natürlich auch alle Texte im Booklet abgedruckt, inklusive der Auflösung, warum sein Debüt mit der Zahl „12“ betitelt wurde. Überaus beeindruckendes, tolles Album!

Moon Tower Records (2006)
Stil: Country Rock

01. Running
02. Psycho
03. California
04. All I Want
05. My Father’s Son
06. George Dickel
07. High Maintenace Girl
08. Me
09. Walk
10. Closer To My Dreams
11. South Sage
12. Lost

David Lee Kaiser
Bärchen Records

Chris Cagle – My Life’s Been A Country Song – CD-Review

Cag

Chris Cagle zählt zu den New Country-Interpreten, die mittlerweile seit vielen Jahren mit konstant guten Leistungen und einer stetig wachsenden Fan-Basis ihren Status als Major-Kontraktinhaber wahren konnten. Selbst das Tal, das er mit einigen privaten Turbolenzen und auch gesundheitlichen (Stimm-) Problemen zu durchschreiten hatte, wurde mit dem guten 2005er-Album „Anywhere But Here“ ohne spürbare Qualitätsverluste gemeistert. Nun legt er jetzt mit „My Life’s Been A Country Song“ seinen nunmehr vierten Silberling vor, und auch der weiß wieder voll zu überzeugen. Vom musikalischen Stil her ist eigentlich, wie bei den erfolgreichen Vorgängern, alles beim Alten geblieben (warum auch nicht!).

Dennoch fallen einige markante Punkte auf, die dann doch ein wenig überraschen: Zum einen wurde Cagles Langzeitproduzent Robert Wright durch seinen Spezi und Förderer aus frühen Virgin-Tagen, Scott Hendricks, ausgewechselt, zum anderen hat sich die Musikermannschaft bis auf ganz wenige Ausnahmen komplett verändert und auch auf Kompositionen aus der eigenen Feder (zusammen mit seinem etatmäßigen Co-Writer Monty Powell) wurde diesmal komplett verzichtet. Trotzdem hat Capitol Records dafür mit Tom Bukovac, Kenny Greenberg, Troy Lancaster, Jonathan Yudkin, Greg Morrow, Jimmie Lee Sloas, B. James Lowry, Mike Johnson, Eric Darken und Gordon Mote, sowie diversen einschlägig bekannten Backgroundsängern und -sängerinnen ein Musiker-Starensemble aufgeboten, das seines Gleichen sucht.

Auch mit den Nashville-Paradeschreibern wie u.a. Brett James, Dave Berg, Craig Wiseman, Neil Thrasher, Tom Shapiro, George Teren, Monty Criswell wurde mal wieder „an nichts gespart“. Diese Qualität spürt man natürlich über die gesamte Distanz des Werkes. Die CD startet mit der ausgekoppelten Single „What Kinda Gone“ (schön rockig), die mit geflügelten Worten recht humorvoll und auch musikalisch recht frech, flott und spritzig dargeboten wird. Sie ist bereits mit stetigem Aufwärtstrend in Richtung Top-Ten der Billboard-Charts unterwegs. Nach dem im relaxten Sprechgesang dargebotenen, luftigen „No Love Songs“ folgt mit „Never Ever Gone“ ein erster Kracher, bei dem Chris in bewährt dynamischer Manier schön knackig aus sich herausgeht (auf einer Ebene mit Top-Nummern wie „Country By The Grace Of God“, „The Chicks Dig It“ oder „Hey Ya’ll“). Das Stück stammt übrigens aus der Feder von Andy Childs und Steve Mandile, Mitglieder einer in den Staaten mit viel Lob überschütteten Band namens Sixwire. Toller southern-infizierter Countryrock vom Feinsten.

Im weiteren Verlauf bietet der wie eh und je smart und cool wirkende Cagle dann den bewährten Mix aus sehr melodischen New Country-Songs, wobei das Pendel mal in Richtung Ballade („I Don’t Wanna Live“, „Keep Me From Loving You“) oder auch konträr in knackiges Midtempo („If It Isn’t One Thing“, „Little Sundress“) ausschlägt. Auffallend ist die gute E-Gitarren-Arbeit der beteiligten Gitarristen. Fast in jedem Stück wird neben toller Rhythmus- und Fill-Arbeit ein auf den Punkt gebrachtes, kleines Solo eingestreut.

Gegen Ende gibt es dann mit „My Heart Move On“ noch einen satten „Stampfer“ mit ganz dezentem Tex-Mex-Flair. Beim Titelsong schließlich wird sehr tief in die „emotionale Klamottenkiste“ gegriffen: Ein Stück voller country-typischer Begriffe, Zitate, Songtitel und Klischees, trotzdem wunderbar instrumentiert und von einem Cagle in Bestform dargeboten. Eines der absoluten Höhepunkte des Albums! Zum Abschluss serviert der Texaner dann mit „Change Me“ noch eine sehr modern strukturierte Power-Ballade, wie man sie beispielsweise auch von Rascal Flatts her kennt.

Fazit: Chris Cagle weiß auch mit „My Life’s Been A Countrysong“ wieder auf die bewährte Art und Weise voll und ganz zu überzeugen. Wo Cagle drauf steht, ist auch Cagle drin. Mit seinem vierten Album wird er sich unter den Ton angebenden Namen wie Tim McGraw, Kenny Chesney & Co. weiter etablieren. New-Country-Stoff in Top-Qualität.

Capitol Nashville (2008)
Stil: New Country

01. What Kinda Gone
02. No Love Songs
03. It’s Good To Be Back
04. I Don’t Wanna Live
05. Never Ever Gone
06. If It Isn’t One Thing
07. Keep Me From Loving You
08. Little Sundress
09. My Heart Move On
10. My Life’s Been A Country Song
11. Change Me

Chris Cagle
Chris Cagle bei Facebook
Bärchen Records

Hometown News – Same – CD-Review

HT

Es gibt gute Neuigkeiten in Sachen Hometown News! Obwohl ihr, sowohl von Kritikern als auch Käuferschaft so hochgelobtes Debütalbum „Wheels“ in kommerzieller Hinsicht floppte, hat sich mit „Quarterback Records“ ein weiteres, kleines Independant Label gefunden, das auf das höchst talentierten Duo Scott Whitehead (vocals, aoustic, electric, classical, slide and resonator guitar, stomps and claps) und Ron Kingery (vocals, acoustic and bass guitar, mandolin, dulcimer, drums, stomps and claps) setzt und ihm eine erneute Chance gewährt. Die beiden Multiinstrumentalisten und großartigen Sänger danken es mit einem tollen Silberling, der an Abwechslungsreichtum eine Menge zu bieten hat.

Wasser auf die Mühlen von Freunden des traditionellen Country, des New Country, des rootsigen Country, des klassischen Retro-Countryrocks und vor allem des Westcoast-Country, die in den Hometown News ihren gemeinsamen Nenner finden dürften. Ihre Musik klingt sehr frisch und klar, wunderbar locker, flockig und flüssig, sprudelt „sonnig“ aus den Lautsprechern, steckt voller toller Melodien und besticht in den Arrangements durch eine exzellente Kombination aus akustischen und elektrischen Instrumenten. Vergleiche zu der Nitty Gritty Dirt Band oder zu den O’Kanes sind nicht von der Hand zu weisen! In den Biografien von Whitehead und Kingery sind viele Gemeinsamkeiten zu entdecken.

Beide wurden auf Militärbasen geboren und saugten diszipliniertes Verhalten quasi mit der Muttermilch auf. Beider Eltern waren jeweils Armee-Angehörige. Ihrer patriotischen Einstellung zollten Sie mit zahlreichen Auslandseinsätzen, u. a. als Piloten im ersten Golfkrieg, Tribut, in musikalischer Hinsicht aber auch durch eine groß angelegte, 34 Tage andauernde „World-Tour“ mit Auftritten in diversen Auslandsstandorten der US-Forces. Sie wuchsen jeweils in ländlichen Gegenden auf und begeisterten sich frühzeitig fürs Schreiben, Auswählen und Aufnehmen von Songs!

Whitehead und Kingerly entdeckten 1996 ihre gemeinsamen Vorlieben auf einer der vielen Songwriter-Abende in Nashville und beschlossen fortan ihren Weg zusammen zu beschreiten. Gut so! Die beiden harmonieren prächtig zusammen, was diverse Awards-Nominierungen, ein Auftritt in der Grand Ole Opry, aber auch ein Sponsoring der „Ford Motor Company“ nachhaltig unterstreichen. Das große Potential der Hometown News ist längst kein Geheimnis mehr! Kommen wir zum großartigen, neuen Album: Los geht’s mit dem typischen Knistern einer alten, schon des öfteren abgespielten Vinyl-Platte. Das sich anschließende, wunderbare, knackige Retro-Country(rock)-Stück hat dann passenderweise auch den Titel „33, 45, 78“ (die Umdrehungszahlen pro Minute alter Plattenspieler) und wird im Arrangement dem Charme früherer Country(rock)-Nostalgie bestens gerecht.

Das anschließende „Brand New Me“ ist dann eine richtig flotte, schön rhythmische Nummer mit deftigen Harmoniegesängen und vielen Mandolinen- und E-Gitarren-Einlagen. Scott Whitehead ist ein Meister an den sechs Saiten. Zudem erinnert Kingery’s Stimme hier ein wenig an die von Reckless Kellys Cody Braun, was auc bei den Roots-/Americana Freunde gut ankommen dürfte. Gar ein wenig in der Tradition von Travis Tritts „Einfache-Leute-Balladen“ steht das feine „That’s Country To Me“, eine gemütliche, aber sehr emotional vorgetragene Ballade mit schönem Southern-E-Solo und netten Banjo- und Piano-Fills. Nach drei sehr lockeren und überaus melodischen, semi-akustisch vorgetragenen Nummern mit viel Westcoast-Flair (großartig beispielsweise das ein wenig an James Taylor erinnernde „About Caroline“ mit der schönen Mandoline und den klaren Gitarren), wird bei „Jumpin‘ Over Fences“ gar ein wenig im Stile von Tom Petty gerockt, wunderbare Slidegitarrenarbeit inbegriffen.

„Long Way Home“ hat dann wieder, dank der auch oft in anderen Stücken eingebauten, schönen Harmoniegesänge, das gewisse Westcoast-Flair der bereits erwähnten Nitty Gritty Dirt Band und auch von Poco. Ein weiterer Höhepunkt des Werkes besteht eigentlich aus zwei Songs: Das Instrumental „Navinim, Olé“ könnte eigentlich mit seiner wundervollen, spanischen Akustik-Gitarrenarbeit und diesen herrlichen Mandolinen-Ergänzungen als das perfekte Live-Intro zu dem Eagles-Klassiker „Hotel California“ durchgehen, doch just in dem Moment, wo man hier vielleicht eine Coverversion des Duos erwartet, wird man mit der ebenso starken, wie entspannten New-Country Outlaw Ballade „Ain’t That Just Like Love“ überrascht. Steel-Gitarren, „blecherne“ Banjountermalung, typisches Telecaster-Riff und sogar Kastanetten-Einlagen bestechen bei einem Lied, das sehr viel Ähnlichkeit mit Brooks & Dunn aufweist.

Das folgende, traumhaft lockere und melodische „The Sun Also Rises“ besticht dann aber tatsächlich mit einem herrlichen Eagles-Touch! „Good Dose Of You“ ist dann noch mal eine fröhliche, beschwingte, knackige Country-Tanznummer mit viel Akkordeon und einmal mehr einer prima Melodie! Durch und durch ein klasse-Album, das keine Wünsche offen lässt. Man kann nur hoffen, dass die Hometown News diesmal eine dem Werk gebührende Resonanz erhalten! Verdient hätten sie’s!

Quarterback Records (2005)
Stil: Country Rock

01. 33, 45, 78
02. Brand New Me
03. That’s Country To Me
04. Here I Go Again
05. About Caroline
06. Anyway
07. Jumpin’ Over Fences
08. Long Way Back Home
09. Navinim, Ole’
10. Ain’t That Just Like Love
11. The Sun Also Rises
12. Good Dose Of You
13. If I Could
14. Little Juju
15. Train Long Gone (featuring the Oak Ridge Boys)

Bärchen Records

Brian McComas – Back Up Again – CD-Review

Coma

Dass ein Wechsel von einem Major- zu einem unabhängigen Label nicht unbedingt von Nachteil sein muss, vor allem, was die musikalische Qualität betrifft, sieht man einmal mehr überdeutlich am Beispiel von Brian McComas. Trotz eines recht erfolgreichen Debüts bei Lyric Street Records, immerhin mit vier Songs, die unter den Top-40 landeten und mit „99,9% Sure (I’ve Never Been Here Before“ sogar einer unter den besten zehn, schien der in den Ozark Mountains aufgewachsene McComas nicht mehr zur strategischen Ausrichtung des Labels zu passen. Nach einer Periode intensiven Tourens (u.a. mit den Rascal Flatts und Chris Cagle) nahm er sich erstmal eine Auszeit und wartete einfach ab, wie lange er es wohl ohne Musik aushalten würde. Knapp ein Jahr später merkte er, dass es ‚Ohne‘ einfach nicht ging und die Arbeit an einem neuen Album begann.

Das Resultat liegt nun vor und zeigt McComas voller Aufbruchstimmung in einer exzellenten Verfassung! War das Debut schon klasse, so setzt er nun nochmal einen drauf! Knackiger, schnörkelloser, satt produzierter, saftiger, melodischer New Country in bester Tradition solcher Kollegen wie Brooks & Dunn, David Lee Murphy & Co.! „Back Up Again“, der Titelsong und Opener, kündigt nicht nur mittels des Textes eine Rückkehr, die es in sich hat an, nein, das wird auch musikalisch mit sprühender Eneregie perfekt umgesetzt. Ein toller, peppiger Countryrock-Song mit viel Drive, der einen enorm frisch wirkenden McComas präsentiert, der allen Ballast der Vergangenheit abgeschüttelt zu haben scheint. Unterstützt wird Brian von einem kleinen, aber umso exklusiveren Kreis erstklassiger Nashville-Studiogrößen, die einmal mehr ihr großes Können demonstrieren: Shannon Forrest – Drums, Biff Watson – Acoustic guitar, Tom Bukovac – Electric guitar, Jimmie Lee Sloas – Bass, Tim Akers – Keyboards, Dan Dugmore – Steel guitar, Wes Hightower – Background vocals. Produziert hat das Album McComas höchst selbst.

Ebenso hat er, bis auf einen (eine „scharfe“, abgehende, voller Pfeffer steckende, die Cowboys unweigerlich auf die Tanzfläche ziehende Version des alten Everly Brothers-Heulers „Wake Up Little Susie“) sämtliche Songs selbst komponiert. Dabei beträgt das Verhältnis der forschen Uptemponummern zu den etwas ruhigeren, balladesken Stücken beträgt bei insgesamt elf Songs, 7:4, wobei die Anordnung der Tracks klug ausgewählt wurde. „I’ll Believe It When I See It“ fängt zunächst recht relaxt und lässig an, entwickelt dann aber im Verlauf des Stückes einen herrlichen Groove und eine enorme Kraft. Als Sahnehäubchen gibt es ein klasse-E-Gitarren-Solo von Tom Bukovac. Die entspannteren Nummern geben dem Hörer geschickt Zeit zum Durchatmen, und bestechen erneut, wie schon auf dem Vorgängeralbum, mit großartigen Melodien.

Highlights sind hier zum einen „Off My Mind“, mit klarer Akustikgitarre untermalt und mit jeder Menge kleiner Tupfer der anderen Instrumentalisten sehr atmosphärisch in Szene gesetzt (McComas erinnert hier vokal stark an Ronnie Dunn von Brooks & Dunn), das feine „Too Far Gone“, bei dem, was man auch nicht alle Tage erlebt, Gitarrist Tom Bukovac mit im Songwriting involviert ist (der zieht aber hier nur im Hintergrund die Strippen und lässt weitgehend den Herren Dugmore und Akers mit grandiosem Steel- und Orgelspiel den Vorzug), und vor allen Dingen das überragende, von einer wunderschönen Melodie und einer entspannten, klaren Instrumentierung getragene, nachdenkliche und gleichermaßen engagierte „All Comes Floodin‘ Down“! Im Uptempobereich sind neben dem bereits erwähnten Titelsong vor allem die erste Single „Good, Good Lovin’“, sowie „Let Love Lead The Way“, (beides schön rhythmische, knackige Gute Laune Songs, garniert mit vielen countrytypischen Zutaten), das pfiffige „It’ll Be Alright“ und das abschließende, herrlich rockig und mit viel Power in Szene gesetzte “Addicted To You” mit seinem dezentem Southern-Touch zu erwähnen.

Die rund 3-jährige Pause zwischen seinem Debut und „Back Up Again“ hat Brian McComas sichtlich gut getan. Er ist zurück, und zwar mit einem fetten, musikalischen Ausrufezeichen! So klingt peppiger New Country! Extrem guter Job, Brian! Eine beeindruckende Rückkehr des Mannes aus dem Herzen der Ozarks!

Katapult Records (2006)
Stil: New Country

01. Back Up Again
02. I’ll Believe It When I See It
03. Off My Mind
04. Good, Good Lovin‘
05. Let Love Lead The Way
06. All Comes Floodin‘ – Down
07. It’ll Be Alright
08. That Won’t Ever Change
09. Wake Up Little Susie
10. Too Far Gone
11. Addicted To You

Brian McComas bei Facebook
Bärchen Records

Brett Eldredge – Illinois – CD-Review

91NIOKNtQoL._SS500_

Der „CMA New Artist Of The Year 2014“ mit seinem zweiten Album! Brett Eldredge hatte schon mit seinem Debütwerk „Bring You Back“ einen Traumstart in die Karriere hingelegt. Der Silberling erreichte Platz 2 der Country Billboard-Charts und verpasste nur knapp die Pole-Position. Zusätzlich gab es mit drei Singles unter den Top 10 (parallel auch Nr. 1 in den Airplay-Charts) weitere, große Erfolge. Das weckt, in Bezug auf den Nachfolger, natürlich Begehrlichkeiten. Was ihm beim Vorgänger um Haaresbreite verwehrt blieb, ist ihm jetzt mit seinem brandneuen Silberling „Illinois“ gelungen. Es ist amtlich: Brett Eldredge hat sein erstes Nr. 1 Album in den Billboard Country-Charts und on top noch Platz 3 in der genreübergreifenden Top 200-Notierung der Billboard Album-Charts erreicht.

Eldredge ist somit im Kreise der großen US-Künstler bereits frühzeitig angekommen. Denn ähnlich wie Luke Bryan (im Gegensatz zu ihm, dessen Gesang eigentlich immer recht „hölzern“ wirkt, kann Brett dazu noch mit einer „Mords“-Stimme aufwarten) und Taylor Swift zuvor, folgte der aus Paris, Illinois stammende Cousin von Chris Eldredge (The Grascals) dem derzeitigen Trend in Nashville, die Musik möglichst „zweigleisig“ anzulegen, d. h. auch über den Countrymarkt hinaus kompatibel zu gestalten. So verschwimmen auch auf „Illinois“ New Country- und Pop/Rock-Elemente fließend ineinander. Mitverantwortlich hierfür natürlich der für seine modernen Produktionen bekannte Russ Copperman, für den sich Brett jetzt schwerpunktmäßig entschieden hat, nachdem es beim Vorgänger noch einen Konglomerat aus verschiedensten Produzenten gegeben hatte. Vermutlich auch, weil zwischen beiden die Chemie beim Songwriting (sie haben den Großteil der Stücke geschrieben, Eldredge war sogar in allen Tracks kompositorisch involviert!) zu stimmen scheint.

Dementsprechend hat auch die erste Single des Albums, „Lose My Mind“ (schöne, markante Slide Gitarren-Führungslinie, rhythmischer Powersong) schon die Charts geentert und ist in die Top 10 eingestiegen. Tendenz Richtung Spitze! Die CD startet jedoch mit dem ruppigen Countryrocker „Fire“ (tolle Tempowechsel, starke E-Gitarren) fast in der Manier eines Pat Green. Ein starker Auftakt! Es folgt mit „You Can’t Stop Me“ ein grooviger, soulig angehauchter R&B-Track, den Brett im Duett mit Thomas Rhett performt, der in diesen Tagen auch sein neues Album „Tangled Up“ auf den Markt bringt. Beide werden auch zusammen in Kürze ihre „Suits & Boots“-Tour jeweils als Co-Headliner (Opening Act: Danielle Bradbery) in Angriff nehmen. Auf der ein wenig mit Will Hoge-Flair bedachten Ballade „Wanna Be That Song“ kann Brett dann seine stimmlichen Qualitäten (er „hängt“ sich spürbar immer richtig rein und geht nicht zu Unrecht so ein bisschen als der „Ray Charles des Country“ durch) richtig ausspielen. Klasse hier auch die Harmonie-Vocals gegen Ende von Stephanie Chapman.

Gute Laune verbreitet der Beach-taugliche Abhäng-Track „Time Well Spent“, gefolgt vom melodischen Countrypoplied „If You Were My Girl“. Centersong des Werkes ist das Piano-trächtige, mit einer schönen Southern-Brise umwehte Titelstück „Illinois“, zugleich eine Hommage an seinen Heimatstaat, aber auch vielleicht so etwas wie der legitime Nachfolger von Marc Cohns „Walking In Memphis“. Wunderbar! Geschrieben mit Brad Crisler, der hier, wie auch beim schönen „Lose It All“ (Akustikgitarre, Steeltupfer, kurzes E-Gitarren-Solo) mit an den Reglerknöpfen saß (bei allen anderen Tracks dann Russ Copperman).

Das ein wenig an Marc Broussard erinnernde, atmosphärische „Just A Taste“ und das mit Akkordeon- und Mandolinentupfern bestückte „Drunk On Your Love“ warten ebenfalls mit klaren Chart-Ambitionen auf. Auf „Shadow“ zeigt sich Brett Eldredge recht experimentierfreudig und mutig zugleich. Ein rockiges, sehr „asymmetrisch“ strukturiertes Stück, das ziemlich polarisieren dürfte und man eher im Repertoire von Bands wie Nickelback, Hinder & Co erwarten würde. Ein Klasselied, aber in diesen Sphären doch sehr ungewöhnlich. Dafür wird man zum Schluss mit dem flockigen, eingängigen New Country-Stück „Going Away For A While“ mit einem launigen „Sing-A-Long“-Refrain zurück in die Spur gebracht.

Fazit: „Illinois“ ist bester, moderner New Country mit leichten Pop-Tendenzen, wie er momentan in Nashville richtig angesagt ist. Eingespielt natürlich vom Who-Is Who der Nashville Garde-Studio-Musiker. Brett Eldredge ist nicht zuletzt dank seiner enormen Charakterstimme und dem Gespür für die richtigen Songs vollkommen zu Recht zur richtigen Zeit im Reigen der momentan populären US-Interpreten (aller Genres) angekommen. Chapeau Mr. Eldredge!

Atlantic Records (2015)
Stil: New Country

01. Fire
02. You Can’t Stop Me (feat. Thomas Rhett)
03. Lose My Mind
04. Wanna Be That Song
05. Time Well Spent
06. If You Were My Girl
07. Illinois
08. Just A Taste
09. Drunk On Your Love
10. Lose It All
11. Shadow
12. Going Away For A While

Brett Eldredge
Brett Eldredge bei Facebook
Bärchen Records

Alabama – Southern Drawl – CD-Review

Alab

Jawohl! Da sind sie wieder! Endlich ein brandneues Album von Alabama! Ganze 14 Jahre hat sich das beliebte Trio, bestehend aus Leader Randy Owen, Teddy Gentry und Jeff Cook seit ihrer letzten ‚echten‘ Studioveröffentlichung „When It All Goes South“ Zeit gelassen, ihre immer noch immens große Fan-Schar, mit neuem Songmaterial zu beglücken. Wer befürchtet, dass die Herren Rost angesetzt haben oder mit dem Zug der Zeit nicht mehr standhalten können, dem sei versichert, dass hier genau das Gegenteil der Fall ist. Mit ihrem neuen Werk „Southern Drawl“ beweisen die drei Recken vorzüglich, wie man sich zeitgenössisch geben kann, ohne dabei in die eigene musikalische DNA allzu stark einzugreifen. Die legendäre, mega-erfolgreiche Band (41 Nr. 1- Hits, unzählige Auszeichnungen, über 65 Millionen verkaufte Tonträger!) beeindruckt mit 13 neuen Songs, die, wie man es von früher kennt, zum Teil gut rocken und zum Teil in wunderbaren Balladen vorgetragen werden. Alles kommt, wie der Titel der CD es schon suggeriert, mit viel Southern-Esprit rüber!

Herrlich, wie die exzellenten E-Gitarristen der Nashville-Studiomusiker-Garde (Danny Radar, Adam Shoenveld, JT Corenflos, Tom Bukovac, Kenny Greenberg, Charles English), direkt beim eröffnenden Titelstück die Slide-Gitarre raunen lassen , um dann, nach Owens brunftartigem Eingangs-Statement „Life gets better with a Southern drawl“, in einen schwer stampfenden Southern Countryrock-Swamper im Stile von Montgomery Gentry zu münden. Sofort eine bärenstarke Nummer, klasse vor allem das E-Gitarren-Solo und das Honky Tonk-Piano-Geklimper von dem auch insgesamt überragend agierenden Gordon Mote (Piano, Wurlitzer, B3). Das Alabama auch wegen ihrer, immer wieder mit tollen Harmoniegesängen bestückten Balladen geliebt werden, ist kein wohl behütetes Geheimnis mehr. Mit „Wasn’t Through Lovin‘ You Yet“ (tolles Bruce Hornsby-mäßiges Piano, starkes E-Gitarren Kurz-Solo), „This Ain’t Just A Song“ (klasse Harmonies und feines Violinenspiel von Gaststar Alison Krauss) und „As Long As There’s Love“ (mit orchestralen Streicher- und Crowd Gesangs-Passagen) bekommt man anschließend gleich drei hochemotionale Musterbeispiele dafür serviert (z. T. bitte die „Tempos“ in Griffweite halten – kleiner Scherz am Rande).

Vor allem beim später folgenden Liebeslied „One On One“, wo Randy das Intro sprechend, mit belegter Stimme und voller Pathos dahinseufzt, muss man ganz tief durchatmen. Dank der tollen Musiker und ihrer vielen, instrumentell eingestreuten Feinheiten, sowie der perfekt sitzenden Harmoniegesänge, driften diese allerdings nie wirklich in den Kitsch ab. Zudem werden sie meist zum richtigen Zeitpunkt von satt rocken Southern Country-Tracks abgelöst, die jede aufkommende Melancholie wieder in südstaatliche Musikfreude umschlagen lassen. Herrlich das mit „Ghost Riders In The Sky“-Western-Flair umwobene „Back To The Country“ (großartige Banjo-, Dobro-, Fiddle-Einlagen) oder das mit launigem Text und viel Southern Blues/Soul versehene „Hillbilly Wins The Lotto Money“, das aufgrund der fulminanten Orgel, den prickelnden E-Gitarren sowohl der Skynyrd-/Montgomery Gentry-Klientel, als auch, dank der von Charlie Judge simulierten, deftigen Bläsereinsätze, Freunden der legendären Blues Brothers große Freude bereiten würde.

Grandios auch das von einer interessant zusammengesetzten Armada von Songschreibern und arrivierten Interpreten/Musikern (Django Walker, James Slater, Ray Johnston, Patrick Davis, James Otto, Jeff Cook, der dieses Stück auch singt) kreierte „No Bad Days“ (das Original dieser tollen Nummer findet sich im übrigen auf dem gleichnamigen, bärenstarken Album der texanischen Ray Johnston Band), das wunderbar soulig wärmend dahin groovt. Man merkt, dass hier ein James Otto, dem das Stück auch auf den Leib geschrieben wäre, mit bei der Komposition involviert ist. Typische Alabama-Country Rock-Nummern wie das patriotische „American Farmer“ (Heartland-mäßige E-Gitarrenführung) und der Mitgröl-taugliche, dem Titel alle Ehre machende Stampfer „Footstompin‘ Music“ (fettes Drumpoltern von Greg Morrow, klasse Rede-/Antwort-Gesang im Refrain, furioses Fiddle-Finale im Stile von Charlie Daniels‘ „Orange Blossom Special“) dürften vor allem im Live-Programm so richtig gefeiert werden.

Famos auch das fast schon episch/progressiv und sehr atmosphärisch anmutende „It’s About Time“ (klasse die markante E-Gitarrenlinie von Charles English und wieder mal das feinfühlige Pianospiel von Mote), das man von Alabama so nicht erwartet hätte, aber für ihre Flexibilität spricht. Am Ende ziehen Owen, Gentry und Cook mit dem kammermusikartigen „I Wanna Be There“ nochmals voller Inbrunst alle Balladenregister und beenden ein hochunterhaltsames, instrumentell versiertes und eingängiges Musikerlebnis (fast alle Tracks bleiben schon nach einem Hördurchgang im Gedächtnis hängen). Sie haben wirklich nichts von ihrer Klasse eingebüßt – im Gegenteil. Alabama präsentieren sich auf der Höhe der Zeit. Bester Country Alabama-Style! Absolut kein Zweifel: „Life gets better – with their ‚Southern Drawl'“! Große Klasse!

BMG (2015)
Stil: Country Rock

01. Southern Drawl
02. Wasn’t Through Lovin‘ You Yet
03. This Ain’t Just A Song
04. As Long As There’s Love
05. Back To The Country
06. Hillbilly Wins The Lotto Money
07. Come Find Me
08. No Bad Days
09. One On One
10. American Farmer
11. It’s About Time
12. Footstompin‘ Music
13. I Wanna Be There

Alabama
Alabama bei Facebook
Bärchen Records

Thomas Rhett – Tangled Up – CD-Review

trhett

Zweites Album von einem der neuen, jungen Stars in Nashville, Thomas Rhett, dem Sohn von Rhett Akins. Thomas Rhett hatte bereits auf seinem Debüt „It Goes Like This“ angedeutet, was für ein immenses Potential in ihm steckt. Die eigenen Fähigkeiten, ein starkes, zahlungskräftiges Label und dazu noch die Erfahrung seines Vaters (auch als Berater und Mitkomponist) im Rücken, sind beste Voraussetzungen, um mit seinem neuen Album „Tangled Up“ zum großen Wurf auszuholen. Und so folgt auch Thomas Rhett dem aktuellen Trend in Nashville konsequent, seine Musik auf eine duale Basis zu stellen, um eine möglichst große Käuferschicht zu animieren.

Wie schon bei Taylor Swift, die diesen Trend förmlich einleitete, Lee Brice, Luke Bryan oder auch Brett Eldredge zuvor, mit dem er nicht rein zufällig in den nächsten Tagen eine große Tour beginnt, hat Rhett den Country-Anteil zugunsten eines breitgefächerten Spektrums an Musikstilen (vor allem im Vergleich zum Vorgänger) deutlich zurückgefahren. Auch hier zielt der Blick deutlich in Richtung allgemeine Billboard Charts. Platzierungen in der Countrysparte, wie zum Beispiel die schöne erste Single „Crash And Burn“ (melodischer Countrypop, Platz 2 in den Single-Charts) werden als Synergieeffekte natürlich gerne mitgenommen. Nicht auch zuletzt dank der starken Nashville-Studiomusiker, die immer wieder mal mit klasse gesetzten Banjo-, Mandolinen-, oder Steeltupfern versuchen,’ihr‘ Genre halbwegs präsent halten. Um eines klarzustellen: „Tangled Up“ ist ein großartiges Album geworden, vielleicht sogar eines der besten Pop-Alben der Neuzeit, aber man muss als New Countryfan halt größtmögliche Kompromissbereitschaft zeigen. Das tolle Banjo-Intro zum eröffnenden „Anthem“ wird ganz schnell von einer hymnischen Powerpopnummer (toller Refrain) übertüncht.

„South Side“ wird mit seinem „shaky“ Soul Groove eher die Hüften so mancher dunkelhäutigen Schönheit zum Kreisen , als die Cowboystiefel des gemeinen Countryverfechters zum Wippen zu bringen. Trotzdem ist auch das wieder eine sau-cooles Stück. Mit „Die A Happy Man“ gibt es zum ersten Mal Versöhnliches für den geneigten Countryfan. Eine wunderbare, melodische Countryballade mit viel Southern Soul-Flair und herrlicher E-Gitarrenbegleitung (inkl. Solo). Gänsehautgarantie! „Vacation“ funkt und soult in einem Tempo, dass einem regelrecht schwindelig wird, die New Country Powerballade „Like It’s The Last Time“ im Stile von Jason Aldean (für den Thomas ja schon zu früheren Zeiten Songs komponiert hatte) gibt Gelegenheit zum Durchatmen.

„T-Shirt“ ist dann auch wieder so ein toller Popsong, mit einem herrlich rhythmischen E-Gitarrengroove, der durch Mark und Bein geht, dürfte live von Tanzeinlagen begleitet werden. Das folgende „Single Girl“ kommt im Stile der 90er New Countryballaden daher, tolles E-Gitarren-Solo von Dann Huff. Apropos Dann Huff: Der hat dieses Werk zu Großteilen mit Dan Frasure produziert, lediglich die letzten drei Tracks wurden durch Chris DeStefanno als auch Joe London begleitet. Das wohl Country-konformste Stück des Silberlings ist „The Day You Stopped Lookin‘ Back“ (mit schöner Akustikgitarre) aus der Feder von Cadillac Three-Frontmann Jaren Johnston und Saitenvirtuose Luke Laird. Klasse hier das schöne E-Gitarren-Slide-Solo.

Das erneut soulig groovende Titelstück „Tangled“ würde man eher im Repetoire von den Commodors erwarten, als eigentlich auf der Scheibe eines aufstrebenden New Country-Künstlers, aber so ist halt die aktuelle Zeit. Getoppt wird das Ganze noch durch „I Feel Good“, bei dem sogar der Rapper Lunchmoney Lewis, eine Sprecheinlage abliefern darf. Die Blockbuster-taugliche Ballade “ Playing With Fire“ würde sich als Titellied einer Titanic-Fortsetzung bestens eignen. Diese wickelt Thomas im Duett mit der vorzüglich singenden Jordin Sparks ab. Absolute Hitgarantie!

Das melodische „Heard It From The Radio“ (dezente Steel-Einlagen), eines von ein paar Liedern, das in Kooperation mit Papa Akins entstand, lässt ein Album ausklingen, das ausnahmslos tolle, abwechslungsreiche Musik bietet (wie bereits erwähnt, die grandios aufspielenden Nashville-Musiker sind allein das Geld wert), allerdings das Countryfeuer auf niedriger Flamme hält.

Thomas Rhett folgt mit „Tangled Up“ dem aktuellen Trend (möge der nicht noch weiter ausufern…), nicht nur von der Countryklientel wahrgenommen zu werden, sondern eine möglichst breite Schicht an Hörerschaft zu gewinnen. Insgesamt ein richtig starkes (Country) Pop-Album, der gemeine New Countryfan muss allerdings ein Höchstmaß an Toleranz mitbringen. Wer mit den letzten Sachen von Sam Hunt, Canaan Smith, Chase Rice, Brett Eldredge & Co. klarkommt, ist hier an der richtigen Stelle.

Valory Records (2015)
Stil: New Country / Pop

01. Anthem
02. Crash And Burn
03. South Side
04. Die A Happy Man
05. Vacation
06. Like It’s The Last Time
07. T-Shirt
08. Single Girl
09. The Day You Stop Lookin‘ Back
10. Tangled
11. Playing With Fire (feat. Jordin Sparks)
12. I Feel Good (feat. LunchMoney Lewis)
13. Learned It From The Radio

Thomas Rhett
Thomas Rhett bei Facebook
Bärchen Records

Mike And The Moonpies – Mockingbird – CD-Review

810LeIQZdXL._SS500_

Es bleibt dabei: Die Countrymusic aus Texas ist der aus Nashville in Puncto Authentizität und und Genretreue um Längen voraus. Ein weiteres, herausragendes Beispiel dafür: Mike And The Moonpies, ein klasse Sextett aus Austin/Texas, das mit einer wunderbaren Mischung aus traditionellem Country, Honkytonk, Outlaw Country und Countryrock, gepaart mit ein wenig Americana-Einflüssen und dem, der Heimat der Truppe geschuldeten, herrlichen Red Dirt-Flair ganz groß auftrumpft.

Kopf von Mike And The Moonpies ist Mike Harmeier, der sämtliche Stücke geschrieben hat, singt (klasse Stimme, erinnert ein wenig an Phil Hamilton) und Gitarre spielt. Ihm assistieren auf dem bereits dritten Album der Band, „Mockingbird“ (es handelt sich um die besonders in Texas weit verbreitete, sogenannte Spottdrossel, bei Ornithologen beliebt wegen ihres lauten, komplexen und lang anhaltenden Gesangs), Kyle Ponder (drums, percussion), Preston Rhone (bass), Catlin Rutherford (guitar), Zachary Moulton (steel guitar) und John Carbone (piano, organ). Produziert hat Harmeier dieses feine Werk zusammen mit Michael Kincaid, Bandleader der hochgehandelten, texanischen Insidercombo What Made Milwaukee Famous.

Aufgenommen wurde das Ganze in den legendären Cedar Creek Studios in Austin, das Engineering übernahm John Silva, der für seine Zusammenarbeit mit The Trishas bekannt ist. „Mockingbird“ ist ein ganz wunderbares, erfrischendes, unbekümmertes,. ja ganz hinreissendes, von immenser musikalischer Qualität geürgtes zehn Stücke umfassendes Kleinod, das mit einer ungeheuren Leichtigkeit und Komplexität aufwartet. Sämtliche Tracks bewegen sich im Drei- bis Vier-Minuten-Bereich, sind aber mit sehr vielen, auf den Punkt gebrachten instrumentellen Feinheiten gespickt. Freunde schöner Bariton-E-Gitarren im Zusammenspiel mit reichhaltig eingesetzter Pedal Steel und schöner Klavierbegleitung, garniert mit etwas Fiddle und Mandoline, werden hier ihre helle Freude haben.

Die Band hat sich von der Basis her eher der traditionellen Country-Schiene verschrieben, aber dies mit unerhörtem Facettenreichtum. Die CD beginnt mit der ersten Single, „Smoke ‚Em If You Got ‚Em“, ein flockiger, dehr melodischer Midtempo-Countrysong, der auch ganz gut bei traditioneller ausgerichteten Red Dirt Acts wie Wade Bowen, John D. Hale oder der Casey Donahew Band ins Repertoire passen würde. Mit „Say It Simply“ folgt ein lupenreiner Honky Tonker. Herrlich rein, herrlich „echt“! Hier heult die Steelgitarre, surrt die Fiddle und klimpert das Piano, dass es eine wahre Freude ist – dazu eine wunderbare, schön „old school“ klingende Country-E-Gitarre. Die melancholisch anmutende Ballade „I Don’t Love You“ kommt danach in einem Duett. Hier singt die von Ray Wylie Hubbard in höchsten Tönen gelobte Singer/Songwriterin Carson McHone die zweite Strophe und bildet im weiteren Verlauf einen tollen Kontrast zu Harmeier.

Der knackige, rhythmische Titelsong „Mockingbird“ (Reminiszenzen zu Steve Earles „Guitar Town“ kommen in den Sinn) wird durch eine tolle Mandoline getragen, gespielt vom hier ebenfalls viele Akzente setzenden Gastmusiker Wesley Holtsford (fiddle, mandolin). Klasse vor allem die Steel-/Mandolinen-/E-Gitarren-Kombination im schmucken Soloteil. „Never Leaving Texas“ ist ein humorvoller, textlich mit schöner Selbstironie versehener, sowie erneut urig instrumentierter „Lonestar-Schwofer“. Der wohl markanteste Track „South First Blvd“ wird von herrlich entspanntem Southern-Esprit durchzogen, wie man es von der anfänglichen The Marshall Tucker Band kannte (tolle, typische E-Gitarren). Grandios hier, die nach dem E-Gitarren-Solo-Part völlig überraschend einsetzende, fantastische Saxofon-Einlage von einem weiteren Gast, Joseph Serrato. Herrlich!

Das Alkohol-geschwängerte und voller Selbstmitleid besungene Klagelied „One Is The Whiskey“ wird von einer dazu passenden, weinenden Steelgitarre und sanften Streichereinheiten „melancholisiert“.“Delilah“ nimmt dann nochmals Fahrt auf. Fiddle, Honkytonk-Piano und Bariton-E-Gitarre (kurze Twin Einlage) geben sich in rhythmischer Bakersfield-Manier die Klinke in die Hand. Klasse! Die beiden wieder sehr ruhig gehaltenen Balladen „A Song In Here“ (herrliches Mandolinengezirpe, inkl. Solo) und traurige „Miserable Man“ (schöne, bedrückende Piano Moll-Töne, stöhnende Trompeten am Ende) zum Ausklang, lassen den Hörer mit Harmeier förmlich mitleiden.

Man merkt, dass die Band durch zahlreiche Auftritte, wie unter anderem in bekannten Locations wie der Gruene Hall in New Braunfels oder dem Billy Bob’s in Fort Worth, zu einem sehr versiert spielendem Gefüge zusammengewachsen und gereift ist, das mit relativ unspektakulär wirkenden Mitteln, ein Höchstmaß an musikalischer Effizienz zu Stande bringt. Eine Truppe, die man schon nach wenigen Liedern in sein Herz eingeschlossen hat. Vor allem, wie gesagt, auch ein willkommener Gegenpart zum mittlerweile unsäglichen Trend in Nashville, Country zugunsten kommerzieller Interessen immer mehr von der Popmusik vereinnahmen zu lassen. Harmeier & Co. zeigen mit ihrem „Mockingbird“ solchem Ungebahren völlig die kalte Schulter und verteidigen, ähnlich wie es dem besungen Vogel nachgesagt wird, vehement und furchtlos ihr Country-Revier.

Jason Boland & The Stragglers oder Eleven Hundred Springs lassen sich von einer ähnlichen Philosophie leiten. Hier dürfen Countrymusic-Liebhaber (aller Couleurs) noch in reinstem, mit allen typischen instrumentellen Zutaten, vertonten Liedgut baden, wie es so authentisch wohl nur noch in texanischen Gefilden möglich ist. Mike And The Moonpies, eine Band, die es zu entdecken gilt und von der man dann nicht mehr loskommt. Großartige Red Dirt Countrymusic, regelrechte Suchtgefahr!

Eigenproduktion (2015)
Stil: Country (Rock) / Red Dirt

1. Smoke ‚Em If You Got ‚Em
2. Say It Simply
3. I Don’t Love You
4. Mockingbird
5. Never Leaving Texas
6. South First Blvd
7. One Is The Whiskey
8. Delilah
9. Song In Here
10. Miserable Man

Mike And The Moonpies
Mike And The Moonpies bei Facebook
Bärchen Records