SOUND OF NASHVILLE feat. Lindsay Ell, Twinnie & James Barker Band – 06.03.2019, Blue Shell, Köln – Konzertbericht

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Countryfieber in Deutschland! Nachdem am vergangenen Wochenende das Country2Country-Spektakel mit großem Erfolg auch hierzulande erstmals den hiesigen Fans in Berlin zugänglich gemacht wurde, gab es in vier weiteren deutschen Metropolen noch einmal einen kleinen, aber sehr feinen Nachschlag.

Unter der Regie der Semmel Concerts Entertainment GmbH wurden in Frankfurt, Hamburg, München und Köln unter dem Slogan ‚SOUND OF NASHVILLE‘, jeweils in zwei Dreier-Konstellationen, Live-Akustik-Sets in kleinerem Rahmen angeschlossen, um auch jüngeren, vielleicht noch nicht so populären Acts, eine Präsentationsplattform für sich zu gewähren.

In Frankfurt und Hamburg konnte man sich über das Wirken von Logan Mize, Lauren Jenkins und Craig Campbell informieren, in München und Köln standen die Künstler Twinnie, die James Barker Band und Lindsay Ell auf dem Programm.

Wir haben uns aufgrund der geografischen Nähe natürlich für den Gig in der Domstadt entschieden.

Unsere frühe Anreise hatte sich angesichts des proppevollen Blue Shells als richtig erwiesen, so konnten wir uns einen Platz im vorderen, sehr beengten Bühnenbereich sichern, die Sichtverhältnisse erwiesen sich aufgrund der tiefliegenden, recht dunkel und monoton ausgeleuchteten kleinen Bühne, besonders für die Zuschauer ab ca. der 5. Reihe, in dem ansonsten eigentlich sehr schönen Club, als suboptimal. Gut, das ganze sollte Wohnzimmercharakter haben, aber bei wem stehen schon über 100 Leute in der Bude rum (ok, die Kölner Studenten-WGs mal ausgenommen)?

Pünktlich um 20:00 Uhr betrat dann die vom Rolling Stone hoch gelobte, vielseitige Britin Twinnie (auch schon schauspielerisch aktiv gewesen) mit ihrem Kompagnon Joel Peat, in einem zart-rosafarbenen Hosenanzug mit weißen Stiefeletten bekleidet, das kleine Bühnenrechteck. Die kommunikative Fronterin entpuppte sich als wahre Quasselstrippe und nahm sich direkt mal selbst auf die Schippe, als sie preisgab, dass sie sich beim Blick in den Spiegel, angesichts ihres Outfits, wie ein Flamingo vorkam.

Ihre Performance und Art zu singen bewegte sich im Stile der klassischen Countrydiven der alten Schule, allerdings mit etwas poppigerem Einschlag. Sie wechselte zwischen Gesang, mit und ohne Akustikgitarre, während sich Joel für’s Akustikgitarrenspiel, Harmoniegesänge und rhythmusgebende Fußclaps auf einem eigens dafür vorgesehenen Board, verantwortlich zeigte.

Stücke wie u. a. „Type Of Girl“, „Daddy Issues“, „Bad Bitch“, „Hollywood Gypsy“ (nach einem Tattoo auf ihrem Finger betitelt), „Lie To Me“ oder „Better When I’m Drunk“ (ihre erste Nr. 1 der Country-i-tunes-Charts), wo sie mit einem Besucher eine spontane Tanzeinlage gab, dienten dazu, ihren Bekanntheitsgrad bei uns zu pushen, als auch die Mini-EP gleichen Titels zu protegieren. Eine sehr sympathische und angenehme Einstimmung auf die beiden folgenden Acts, sowie vielleicht der Country-trächtigste Auftritt des Abends.

Line-up Twinnie:
Twinnie (lead vocals, acoustic guitar)
Joel Peat (acoustic guitar, vocals, percussion)

Bei der kanadischen James Barker Band, die als Quintett auflief, wurde es richtig eng, sodass leider der Perkussionist Connor Stephen und der heimliche Star des Fünfers, Dobrospieler Mike Eckert, so ziemlich im dunklen Hintergrund blieben. Eckert war, was das Instrumentelle betrifft, mit herrlich knarzigen Fills und Soli, der überragende Mann im Team.

Bandleader James Barker ist wirklich ein wahres Entertainment-Wunder. Er hatte mit seinen vielen lustigen Anekdoten zu den Tracks (bzgl. seinen Eltern – z. B. bei „Living The Dream“; Biertrinken und mit Freunden abhängen – „Lawn Chair Lazy“, etc.), kleinen Wortgefechten mit seinen beiden Nebenleuten Taylor Abram und Bobby Martin und einem amüsanten Intermezzo als Auktionator (es ging darum, Gebote für eine 24-stündige Buchung von Mike Eckert einzuholen), zur Einleitung des Songs „Sold“, bei dem er sich im Anpreisen förmlich überschlug, erheblichen Anteil daran, dass auch hier eine sehr lockere und heitere Stimmung vorherrschte.

In ihrer 11 Stücke umfassenden Setliste wussten launige Sachen wie u. a. der Opener „Just Sayin'“, der Georgia Satellites-Klassiker „Keep Your Hands To Yourself“ oder „It’s Working“, aber auch radiotaugliche Lieder wie ihr Nr. 1-Hit in Kanada, „Chills“, dann mein Favorit, das laid-back groovende „Keep It Simple“, als auch das finale „Good Together“, beim teilweise mitsingenden und -klatschenden Publikum zu punkten. Die Jungs haben das Zeug neben Doc Walker, zu einer meiner kanadischen Lieblingsbands im New Country-Genre zu avancieren. Toller Gig!

Line-up James Barker Band:
James Barker (lead vocals, acoustic guitar)
Taylor Abram (acoustic guitar, vocals)
Bobby Martin (bass)
Connor Stephen (clapbox)
Mike Eckert (dobro)

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Das ebenfalls aus Kanada stammende ‚Sternchen‘ Lindsay Ell konnten wir bereits vor knapp 1 1/2 Jahren an gleicher Stelle beleuchten. Sie bewältigte ihr Programm erneut im Alleingang und bediente sich, nebem ihrem wieder sehr starken Gesang und Gitarrenspiel auf einer diesmal semiakustischen Fender, mit Samplingeffekten zur Rhythmusunterstützung.

Ihre Performance war nur in Nuancen dem Countrysektor zugetan, im Großen und Ganzen, war die zierliche Protagonistin in pop-umwehten Blues Rock-Gefilden unterwegs. Ob dies die Ursache dafür war, oder die Tatsache, dass sie vom Gros der Zuschauer vermutlich auf der Bühne, größenbedingt, fast nicht zu sehen war, dass gegen Ende ihres wahrlich tollen Gigs, schon ca. ein Viertel der Leute nicht mehr anwesend war, gilt es im Nachgang zu analysieren. Eine höher liegendere und etwas flexibler ausgeleuchtete Bühne wäre der Sache sicherlich deutlich zuträglicher gewesen.

Sie konzentrierte sich neben dem starken Otis Redding-Cover „Sittin‘ On The Dog Of The Bay“, den John Mayer-Adaptionen „Vultures“ und „I Don’t Trust Myself (With Loving You)“ und zwei brandneuen Titeln („Go To“ und „Get Over You“), auf die Key-Tracks ihres Paradealbums „The Project“ wie „Waiting On You“, „Mint“, „Good“, dem, mit Travis Meadows kreierten „Worth To Wait“, „Champagne“, „Space“, „Castle“ und dem grandios gebrachten Rausschmeißer „Criminal“.

Eine Klasse für sich war ihr sich immer wieder emotional ‚reinhängender‘ Gesang sowie ihre vielen quirligen Gitarrensoli. Interessant wäre allerdings, mal ihr Können in einem konventionellen Bandgefüge zu erleben. Auch die von Randy Bachman (Bachman Turner Overdrive) entdeckte und von Kristian Bush (Sugarland) geförderte Lindsay Ell glänzte mit einer Top-Leistung.

Line-up Lindsay Ell:
Lindsay Ell (lead vocals, semi acoustic guitar, sample percussion)

Fazit: Mit kleinen Abstrichen (die in dieser Form nicht besonders gut geeignete Location für Zuschauer bei voller Hütte), ein absolut geglückter kurzweiliger Auftakt der neu formierten SOUND OF NASHVILLE-Serie! Die drei Interpreten Twinnie, die James Barker Band und Lindsay Ell ergänzten sich trotz ihrer unterschiedlichen Charaktere perfekt und sorgten mit ihrer unterhaltsamen kommunikativen Art, sowie toller Musik, für eine prächtige Stimmung. Dazu verging die Zeit, nicht zuletzt auch durch die straffe, bestens funktionierende Organisation, wie im Fluge. Eine Fortführung in dieser Konstellation mit ein paar marginalen Verbesserungen wäre aus unserer Sicht absolut begrüßenswert!

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Semmel Concerts Entertainment
Blue Shell Köln

Steve Young – A Little North Of Nowhere – CD-Review

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Um in einer Sache erfolgreich zu sein, gehören – man kennt es aus dem eigenen Beruf, bei mir z. B. auch aus meiner langjährigen Sportlerkarriere –  neben einer guten Idee und Gespür für die Zeit, sicherlich  auch Attribute wie u. a. Talent, Fleiß, Selbstbewusstsein als auch eine gewisse Hartnäckigkeit dazu.

In meinem Review zu Steve Youngs EP „The Great North Road“ konnten Leser meiner Ausführungen vermutlich herausinterpretieren, dass  ich nicht gerade zu Begeisterungsstürmen hingerissen war.  Ich bin halt kein Freund bardenhafter, folkiger, wenn auch, wie in diesem Fall durchaus countryfizierter Musik, die dann noch mit diesen typisch hellen Stimmen vorgetragen wird.

Jetzt lag erneut ein Werk des Künstlers, wieder im Rahmen einer Crowd Funding Kampagne entstanden, in meinem Briefkasten. Diesmal direkt eine Doppel-CD, die in Kombination mit ein paar neuen Stücken allerdings auch sämtliche Tracks der EP enthält. Dazu kommen auf der Bonus-CD ein gesprochenes Intro, zwei Remixe, drei Live-Stücke und am Ende ein paar Hintergrund-Kommentare des Protagonisten zu einzelnen Stücken (u. a. über seine Beziehung zu seinem Vater, thematisiert in „My Son“).

Die neuen Stücke führen den eingeschlagenen Weg von „The Great North Road“ in gleicher Weise fort. Bei den Live-Tracks werden seine guten Fertigkeiten im Akustikgitarrenspiel mit ein paar furiosen Passagen herausgestellt.

Die kammermusikartige Umsetzung eines solch epochalen Klassikers wie „Shine On You Crazy Diamound“ in einer Kurzversion im akustischen Gewand, halte ich für unglücklich. Diesen Song kann man nicht besser als Pink Floyd seiner Zeit performen, von daher sollte man es eigentlich gleich sein lassen.

Trotzdem – wer Spaß an absolut ehrlicher und authentischer Musik im beschrieben Segment (Richtung Simon Garfunkel, Donavan, America, David Crosby & Co.) hat, der darf dem von der Isle Of Wight stammenden Steve Young gerne mal eine Chance gewähren. Bei mir beißt er aber auf diese Art nach wie vor noch auf Granit.

Eigenproduktion (2018)
Stil: New Country

Disc 1:
01. A Fools Dream
02. Trembling Heart
03. It’s A Good Thing (Piccolo Solo)
04. Guilty By My Eyes
05. The Great North Road
06. Waiting For My Heart (The Catch Up With My Head)
07. Whiskey & Wine
08. Hard Times In A Beautiful Place
09. The Greatest Love Song (Of All Time)
10. Beautiful Tonight
11. My Son

Bonus Disc:
01. Introduction
02. Nature
03. Garden Of Love
04. Shine On You Crazy Diamond (live)
05. Back To Mine (live)
06. My Son (live)
07. Audio Commentary

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Steve Young – The Great North Road – EP-Review

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New Country-Musik erlebt ja derzeit auch bei unseren EU-abwanderungsfreudigen Briten einen regelrechten Boom, nicht zuletzt entstanden durch das aufsehenerregende mehrtägige Country2Country-Festival u. a. in der Londoner O2-Arena, in Dublin und Glasgow, bei dem sich die großen Stars der Nashville-Zunft, seit einigen Jahren, die Klinke allesamt in die Hand reichen.

So haben für 2018 z. B. auch schon wieder Tim McGraw und Ehefrau Faith Hill ihr Kommen avisiert. Es wird sogar an einer Expansion auf weitere Städte in Europa hingearbeitet. Wäre ja klasse, wenn so ein New Country-Spektakel auf höchstem Niveau auch bei uns mal ermöglicht würde.

Der hier zu besprechende Künstler Steve Young ist ein weit gereister Musiker, der 2016 das Vergnügen hatte, in London mit dabei gewesen zu sein.  Seine von Justin Johnson produzierte EP „The Great North Road“ wurde mir jetzt mal so einfach zugesendet. Laut der beigefügten Bio hatte er bisher musikalische Berührungspunkte u. a. mit Lionel Richie, Peter Andre und dem Ex-Savage Garden-Frontmann Harren Hayes, der Steve als Touring-Gitarrist mit um die Welt nahm und auch an seinem letzten Album partizipieren ließ.

Unter Mithilfe von Insel-Musikern wie Scott Poley, Ollie Collins, Chris Howard, Justin Johnson, Toby Shear, Kris Alexander, Joe Topping, Laura Oakes, Thorne Hill gibt er sechs selbst-komponierte Stücke zum Besten, wobei das erste mit 37 Sekunden Länge (ein bisschen Piano-Geklimper und Basstöne) nur als Intro für den Opener „Trembling Heart“ gewertet werden kann.

Youngs Songs lassen sich durchaus dem New Country-Genre zuordnen (fast in allen Tracks ist z. B die Pedal Steel präsent), klingen aber allesamt sehr bardenhaft. Überwiegend fühle ich mich mehr an die Zeiten der Donavans und Art Garfunkels & Co.  in den Flower-Folk-Pop-umwehten 70er-Jahren erinnert.

Alles ist sehr melodisch gehalten, „Beautiful Tonight“ ist aufgrund schöner Mandolinenklänge, integrierter Fiddle und einem zünftigen E-Gitarren-Solo mein Favorit des Werkes.

Der Rest von Steve Youngs EP „The Great North Road“ geht, genau wie seine Stimme, schön, meist samtweich, aber auch relativ unspektakulär ins Ohr. Was britische Musik angeht, bleiben hier wohl erst mal Blues- und Hard Rock doch meine dominierenden Präferenzen.

Eigenproduktion (2017)
Stil: New Country

01. Intro
02. Trembling Heart
03. Hard Times In A Beautiful Place
04. The Great North Road
05. Beautiful Tonight
06. The Greatest Love Song (Of All Time)

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