
Schade, schade. Es scheint sich immer noch nicht genug herumgesprochen zu haben, dass es abseits der inflationär auftretenden, üblichen Verdächtigen, auch noch jede Menge anderer Musik im Blues Rock-Genre gibt, die man mal live erlebt haben sollte.
So fanden sich auch diesmal wieder nur gut 40 Leute im Dortmunder Blue Notez Club zur Scott Weis Band ein, obwohl das Trio bereits zwei Jahre zuvor einen grandiosen Gig an gleicher Stelle und demnach eine exzellente Visitenkarte abgeliefert hatte.
Das Schöne an der Band aus Pennsylvania ist, dass sie neben ihres sympathischen Erscheinungsbildes auch mit absoluten Könnern durchsetzt ist und zudem jede Menge Southern Rock (und mehr) im Blut zu haben scheint.
Anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens hatten Scott & Co. ihre neue Studio CD „XX“ mit im Gepäck, die auch fast durchgängig im Konzert vorgestellt wurde (Besprechung demnächst ebenfalls im SoS). Es wurde wieder in zwei Sets performt.
Die erste Hälfte stand ganz klar im Zeichen von „XX“. Mit „My My Love“, „Looking For The Preacher“, „Stand“, „White Crow“ und „Gimme Gimme“ gab es sofort ein Fünfer-Pack vom neuen Album, mit der nachfolgenden Killerversion von „Have You Ever Loved A Woman“ (Scott mit Harp- und E-Gitarren-Parallelspiel) wurde dann eine Coverphase mit Tracks wie Chris Stapletons „Tennessee Whiskey“ (auch auf XX als Studioversion), „Just Got Paid“/“Jesus Left Chicago“ und „With A Little Help From My Friends“, jeweils mit eigenem SWB-Stempel, eingeläutet.
Zwischendurch wurden noch „Helpless“ und das flockige „Wheels Are Turning“ (auch von „XX“) eingeschoben.
Der zweite Durchgang begann mit einem Akustik-Set, bei dem Robert Kopec vom E-Bass-Sechssaiter zum imposanten Contrabass wechselte. Als Einstieg gab es erstmal mit „Born Again“ einen herrlichen Ohrwurm. „Simmer Me Down“ mit dezentem JJ_Cale-Flair (inklusiv Harp-Solo) zündete auch in der zurückgenommenen Variante.
Dann folgte der große Solo-Auftritt von Robert Kopec. Nach einem psychedelischen Intro folgte eine Lehrstunde an klassischer Streichermusik, hier am Contrabass. Keine Ahnung wie man das benennt, was folgte, ich bin als typischer und bekennender Kulturbanause die falsche Person.
Sonate, Arie, Requiem, absolut keine Ahnung, wie da der Fachbegriff aussieht. Mein früherer Nachbar, ein ehemaliger Rechtsanwalt, seit ungefähr fünf Jahren verstorben (Gott hab ihn selig), der regelmäßig unser Haus mit dieser Musik lautstark nachts um halb Zwei zu beglücken gedachte, wenn er sturztrunken nach Hause getorkelt kam, hätte da sicherlich kompetent Auskunft geben können, aber am Ende waren Stress, Alimente sowie exzessiver Alkohol-. und Zigaretten-Konsum irgendwann zu viel des Guten… An diesem Abend eine gelungene kurzweilige und extravagante Showeinlage im E-Gitarrenlastigen Blues Rock-Ambiente.
Klasse fand ich die gelungene Balance zwischen ruhigeren Stücken und dann wieder straight rockenden und groovenden Tracks, bei denen sich der Leader mit seiner tollen anpassungsfähigen Stimme und zum Teil Schwindel erregenden Soli auszeichnete.
Mit Stücken wie u. a. „Pride And Soul“, „All Over Again“, meinem Lieblingsstück des Abends, „When Something Is Wrong With My Baby“ (herrliche Ballade mit grandiosen E-Soli), „Raise Your Hands“ (Southern Rock pur), „Right Where It Belongs“, „Promise Land“ (wieder von „XX“) und „Little Child“ (inklusiv Drum-Solo von Roger Voss und spacigem E-Bass-Solo von Kopec), war auch die zweite Hälfte ein absoluter Kracher.
Die eigeforderte Zugabe wurde wieder, wie vor zwei Jahren, mit dem launigen „Angelina“ erfüllt, der Unterschied war diesmal die ausschließlich männliche Präsenz auf der Bühne bei der Harmoniegesangsinteraktion. Am Ende gab es noch das obligatorische Bild mit unserem SoS-Schild, netten Smalltalk und das Zeichnen der neuen CD.
Ein Zuschauer (alles andere als gottesfürchtig aussehend) neben mir sagte, dass er sich innerlich beim lieben Gott bedankte, dass er ihn zu diesem Konzertabend bewogen hatte. Ich denke, damit pst alles zum furiosen Auftreten der Scott Weis Band gesagt.
Line-up:
Scott Weis (lead vocals, electric guitar, harp)
Robert Kopec (E-bass, contra bass, bgv)
Roger Voss (drums, bgv)
Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus
Scott Weis Band
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Blue Notez Club Dortmund



