Ghost Riders – Fortune Teller – CD-Review

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Was passiert wohl, wenn sich zwei Musiker von ehemals etablierten Southern-Bands wie Outlaws und der Henry Paul Band zusammentun? Klar doch, sie machen natürlich Südstaaten-Rock! Steve Grisham war zu „Soldiers Of Fortune“ Zeiten Gitarrist an der Seite von Henry Paul und Hughie Thomasson und Barry Rapp begleitete den heutigen Blackhawk-Chef auf den ersten drei Solo-Alben und tat sich bei so starken Stücken wie „Grey Ghost, Whiskey Talkin'“ oder „Turn It Up“ als Co-Writer hervor.

Die CD der Ghost Riders kommt mir vor wie eine einzige Liebeserklärung an die großen Gruppen des Genres. Auch wenn mit „There Goes Another Love Song“ nur eine Nummer relativ originalgetreu gecovert wird, wirkt das Gesamtwerk wie ein Medley durch die Geschichte des Southern Rock. Der Opener „Gone South“ lässt sofort Good Time Feeling a la Dickey Betts & Great Southern aufkommen. Knackige Slides, Honky-Tonk-Piano, ein paar Allman Brothers-typische Organ-Breaks, ein bisschen Charlie Daniels-Gesang, sowie eine Brise Drivin‘ Sideways, und fertig ist ein Song, den man blind auf die berühmten NASCAR-Sampler packen könnte.

Bei „Roots“ denkt man an Stücke wie „Tashauna“ oder „One Known Soldier“ aus der Rossington/Collins-Zeit, als man nach dem Flugzeugabsturz wieder so langsam versuchte, musikalischen Boden unter die Füße zu bekommen. Für mich ein Highlight des Albums! Ein Stück mit viel Herzblut und Atmosphäre, sowie furiosem kurzem Gitarrenfinish.

„G.R.I.T.S.“ ist ein Honky-Tonk-Kracher der Marke Lynyrd Skynyrd, natürlich mit unnachahmlichem Billy Powell-Piano-Geklimper. „Good Lovin’s Hard To Find“, „Outta Hell In My Dodge“, „G.W.T.G.G.“ oder „FLA“ schlagen in die gleiche Kerbe. Das Titelstück macht der Atlanta Rhythm Section alle Ehre. „Champagne Jam“, „Doraville“ etc. könnten hier Pate gestanden haben.

„Shotgun Run“ enthält diverse Elemente von Bands wie Blackfoot und der Marshall Tucker Band, von den Gitarren her ziemlich deutliche Molly Hatchet-Anteile. Bei „The Ballad Of Ghost Riders“ geht einem zunächst die unverkennbar dünne Stimme von Barry Rapp ins Gehör, wie sie zum Teil sporadisch mal auch auf den Henry Paul-Alben zum Einsatz kam. Eine tolle Nummer mit einem Touch von „Hotel California“, aber sonst deutlich der Henry Paul Band nachempfunden.

Der Honky-Tonk-Blues „Handy Man“ gibt sich in der Tradition der Gregg Allman Band. Reißende Soli von Jimmy Bennett im Stile von Dan Toler bei Songs wie „Just Before The Bullets Fly“ oder „Can’t Get Over You“ mit einem kurzen Break wie bei „T For Texas“. Starke Gitarrenarbeit! „Song For The Angels“ ist das einzige Stück ohne Gesang. Reminiszenzen an Dickey Betts-Instrumentals der Marke „Pegasus“ und „Robin Hood“ von 38 Special oder „Both Sides“ von Molly Hatchet kommen einem in den Sinn.

Ein Hauch von Doc Holliday ist beim dahinplätschernden „Whiskey Drinkin‘ Woman“ zu spüren. „I Want The Blues Tonight“, eine ein wenig countryinfizierte Ballade im Stile der ganz frühen 38 Special-Platten („Take Me Back“) beschließt dann die Fahrt durch die Southern-Rock-Historie.

Mein Fazit. Ein sympathisches Album mit leider etwas schwachen Gesangsleistungen (da wäre ein charismatischer Frontmann angebracht gewesen) und spärlichem Cover (ein Blatt), aber jeder Menge Südstaaten-Flair und tollen Gitarren. Absolut empfehlenswert für Sammler, Puristen und Nostalgiker! Die limitierte erste Auflage kam durch Kontakt von Bärchen-Mann Jürgen Thomä und Steve Grisham persönlich zustande und ist relativ schnell vergriffen gewesen. Vielleicht mal anklingeln und nachfragen, ob noch mal Nachschub organisiert werden kann.

Mira Vista Records (2003)
Stil:  Southern Rock

01. Gone South
02. Roots
03. G.R.I.T.S.
04. Fortune Teller
05. Shotgun Run
06. Ballad Of The Ghost Rider
07. Handy Man
08. Song For The Angels
09. There Goes Another Love Song
10. Whiskey Drinkin‘ Woman
11. I Want The Blues Tonight

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