Colin James – 19.09.2025 – Ratinger Hof, Düsseldorf – Konzertbericht

An einem der vermutlich letzten und warmen Spätsommerabende hieß das Stichwort für mich ‚Premiere‘. Zum einen wurde mir erstmalig beim Parken das schöne Panorama und bunte Treiben um die Rheinterrassen in Düsseldorf so richtig bewusst, dann gab es eine neue Zusammenarbeit mit dem belgischen Fotografen Fer Vanreyten (der den etatmäßigen Kollegen Mangold spontan ersetzte), eine bisher unbesuchte Location mit dem Ratinger Hof, in Verbindung mit dem concertteam NRW (danke für die unkomplizierte Akkreditierung!), als auch mit dem Protagonisten, den bis dato noch nie live erlebten Colin James. 

Der Ratinger Hof, mitten in der Düsseldorfer Altstadt gelegen, erinnerte mich mit seinem schlauchförmigen, erhöht gelegenen Thekenbereich und dem vertieften Publikumssektor- sowie der quasi ebenerdigen Bühne an das Luxor in Köln, nur irgendwie ‚alles in Schön‘.

Fotograf Fer Vanreyten konnte einem aufgrund der dunkelkammerähnlichen Bedingungen (dominantes Rot- und Weißlicht) und der beengten Verhältnisse vor und auf der Bühne leid tun, nicht die besten Voraussetzungen für einen Knipser um gute Bilder zu schießen.

Kommen wir zu dem aus Vancouver, Kanada stammenden Protagonisten Colin James, der trotz seiner beeindruckenden Vita (er ist mittlerweile 35 Jahre im Business tätig, hat mit unzähligen Größen zusammen performt und schon 21 Alben herausgebracht), für viele Musikfans hierzulande, wie auch letztendlich für mich, eher mit Insiderstatus bedacht ist.

Ich besitze nur zwei CDs von ihm, die beide in ihrer Art musikalisch ziemlich konträr erscheinen und lange auseinander liegen. Zum einen, das schon 25 Jahre alte „Fuse“, damals noch unter der Regie des mittlerweile verstorbenen Joe Hardy (ZZ Top) und Warner Brothers-Major-Fahne, ein soul-poppiges, als auch rockiges Werk (Lenny Kravitz lässt grüßen), demnach sehr kommerziell ausgerichtet, und die 2018er Scheibe „Miles To Go“ mit klassischem Blues-/Blues Rock, die auch hier besprochen ist. Mein Bauchgefühl sagte mir trotzdem, da muss ich in jedem Fall hin!

Allein schon das tolle Line-up nebst James in der Vorankündigung, mit der illustren Rhytmussektion, bestehend aus dem umtriebigen Tour-Drummer Geoff Hicks und dem Multiinstrumentalisten Steve Marriner (bass, harmonica, bgv), ein Kerl mit der Statur eines kanadischen Holzfällers, als auch dem talentierten ‚Nachwuchs‘-Gitarristen, Chris Caddell, der uns bereits durch seine Mitwirkung bei Sass Jordan Konzerten bestens bekannt ist, erzeugten eine ungemeine Vorfreude.

Die knapp 100-120 Leute, die sich letztendlich zum einzigen Deutschland-Gig im Ratinger Hof eingefunden hatten, sollten ihr Kommen dann auch wahrlich nicht bereuen. Die äußerst sympathische Combo ließ es beim Instrumentalintro (Bassist Marriner plusterte parallel in seine an einem Mikroständer installierte Harp – da soll noch jemand behaupten, Männer wären nicht multi-tasking-fähig!) direkt ZZ Top-mäßig knarzen und krachen.

Colin James war natürlich auf dem engen Terrain nicht nur zentral positioniert, sondern als Leader auch eindeutig musikalisch der ‚Herr im Hause‘. Er begeisterte durch eine klasse Stimme, unzählige fulminante E-Gitarrensoli (auf unterschiedlichsten Modellen), variable Spielarten (konventionell, Slide, Twin) und seine sympathische, kommunikative, humorvolle und mitnehmende Art, aber auch seine generöse Art, sein Kollektiv mit einzubinden (auch wenn, besonders Caddell, seine Klasse hier nur partiell andeuten konnte).

An Songs wurde ein bunter Reigen durch James‘ lange Karriere geboten (‚mein‘ Fuse-Album wurde allerdings komplett Außen vor gelassen), bei dem klassisch- und texanisch geprägter Blues Rock („Man’s Gotta Be Stone“) eindeutig den Schwerpunkt bildeten, aber auch einige slowbluesige (u. a. „Bad Habbit“, „Whyd You Lie“, That’s Why I’m Crying“ ) und mainstreamigere Tracks (u. a. der Ohrwurm „Crystal Ball“, der Hit „Five Long Years“ und das herrliche „Freedom“ samt Publikumsinteraktion) zum Tragen kamen.

Unglaublich wie das Quartett den Fleetwood Mac-Klassiker „Oh Well“ mit einer furiosen Version, regelrecht ins Statisten-Dasein beförderte. Was für eine brachiale E-Gitarrenwucht, die einem da entgegen schlug!

Mit dem erneut ZZ Top-umwobenen „Keep On Loving Me Baby“ (samt eines integrierten „Fever“-Intermezzos“) wurde die geplante Setlist launig beendet, die zwei Zugaben „Into the Mystic“ (Van Morrison) und dem Schunkler „Ain’t You Can Do“ (dezentes Bryan Adams-Flair) bildeten die logischen, lautstark eingeforderten Zugaben zum endgültigen Abschluss.

Ein toller Abend mit Colin James und seiner starken Mannschaft, der bei mir in meinem langen Konzertleben sicherlich einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Und schön, dass ich mich noch immer auf mein Bauchgefühl verlassen kann…

Line-up:
Colin James (lead vocals, guitars)
Chris Caddell (guitars, bgv)
Steve Marriner (bass, harmonica, bgv)
Geoff Hicks (drums)

Bilder: Fer Vanreyten
Text: Daniel Daus

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concertteam NRW
Ratinger Hof, Düsseldorf
Fer Vanreyten Photography

Colin James – Miles To Go – CD-Review

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Von Colin James besaß ich bis dato genau eine Scheibe und zwar „Fuse“ aus dem Jahr 2000. Ein heute immer noch zeitloses, durchgehend starkes Rock-Album, mit u. a. den zwei Killerballaden „Hated When I See You Cry“ und „Of All The Things To Throw Away“, das ich auch heute noch jedem Hörer guter Musik nur wärmstens empfehlen kann.

Warum ich mich mit dem aus Regina, Sasketchawan, stammenden Kanadier danach nicht weiter beschäftigt habe, ist mir teilweise selbst ein Rätsel, aber wohl größtenteils meinem schnelllebigen Rezensenten-Leben geschuldet. Wenn man aus irgendwelchen Gründen mit so manchen Künstler nicht wieder direkt konfrontiert wird, fällt er im Wust der ganzen heutigen Veröffentlichungen manchmal einfach durchs Raster, sollte er auch noch so einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben.

Mittlerweile sind jetzt fast 20 Jahre vergangen und da liegt vor kurzem tatsächlich ein neues Werk, des umtriebigen und vielseitigen Musikers in meinem Briefkasten. Der Beipackzettel offeriert mir, dass Colin sich in letzter Zeit altbekannter Blues-Recken verschrieben hat und dies schon auf seinem letzten Silberling „Blue Highways“, als auch jetzt, mit „Miles To Go“ ‚dokumentiert‘ hat.

Und so stammen „One More Mile“, das quasi als Center-Stück, den Longplayer in einer elektrischen und akustischen Version zu Anfang und Ende einrahmt, sowie „Still A Fool“  von einem gewissen McKinley Morganfield, Blues-Anhängern natürlich als Muddy Waters in Haut und Haare übergegangen.

Für die Instrumentierung auf seinem 19. Longplayer hat sich James, der natürlich singt und die elektrischen Gitarrenparts vornehmlich auf einer Gibson ES-335 eingespielt hat, Leute wie Geoff Hicks, Steve Pelletier, Jesse O’Brien, Chris Cadell, Steve Mariner (mit markanter Harmonica-Präsens), Jerry Cook, Rod Murray, The Sojourners (BGV), Colleen Rennison und Colin Nairne ins Studio geholt. Aus alten „Fuse“-Zeiten halten ihm auch heute noch Simon Kendall (Hammond Organ) und Steve Hiliam (Tenor Saxophone) die Treue.

Die neu arrangierten Tracks von damaligen Größen wie u. a. Howlin‘ Wolf, Blind Willie Johnson, John Mertis und Little Willie John (mit dem Southern Rock-Fans auch durch die Allman Brothers bestens bekannten „Need Your Love So Bad“)  oder Robert Johnson, haben ihren besonderen Reiz durch die wesentlich modernere und kräftigere Umsetzung  (teilweise mit zünftig plusternder Bläserfraktion) und Wirkung, auch natürlich dank heutiger technischer Aufnahmestandards.

Highlights für mich persönlich sind allerdings die beiden Stücke aus James‘ eigener Feder. Das slow-bluesige „I Will Remain“ eröffnet sofort Assoziationen an Peter Greens „In The Sky“-Comeback-Zeiten und „40 Light Years“ groovt leicht und lässig in bester J.J. Cale-Manier zu Stratocaster-Klängen vor sich hin.

Auch wenn mir persönlich, ehrlich gesagt, ein Colin James im „Fuse“-Stil etwas mehr zusagt, ist „Miles To Go“ doch ein Album, das im Blues-Kontext für sich gesehen, natürlich ein Klasse-Teil geworden ist und der geneigten Klientel bestens gefallen sollte. Bleibt zu hoffen, dass der Weg des Kanadiers noch viele musikalische Meilen beinhalten wird, und, sofern man mich hoffentlich mit der Nase drauf stößt, gerne dann auch wieder mit der einen oder anderen zukünftigen Rezension…

True North Records (2018)
Stil: Blues Rock

01. Miles To Go
02. Still A Fool
03. Dig Myself A Hole
04. I Will Remain
05. 40 Light Yeras
06. Ooh Baby Hold Me
07. Black Night
08. Soul Of A Man
09. See That My Grave Is Kept Clean
10. I Need Your Love So Bad
11. Miles To Go (Acoustic version)

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Keith Urban – Fuse – Deluxe Edition – CD-Review

Auch wenn Keith Urbans Alben der letzten Jahre immer von Erfolg und Qualität gekrönt waren (das letzte „Get Closer“ beinhaltete immerhin auch wieder drei Nr. 1-Hits), hatte man ein bisschen das Gefühl, dass sich, selbst in der Zusammenarbeit mit Produzent Dan Huff, ein wenig so etwas wie Routine eingeschlichen hatten. Folgerichtig hat Urban mit einer ganzen Armada von neuen, teilweise sogar richtig überraschenden Produzenten (u.a. Butch Walker, Jay Joyce, Russ Copperman, Mike Elizondo, Nathan Chapman, dem norwegischen Duo Stargate und natürlich auch Dan Huff) für seinen aktuellen Silberling „Fuse“ einen ganz neuen Weg beschritten.

Wer jetzt ein wildes Sammelsurium nach dem Motto „Zuviele Köche verderben den Brei“ befürchtet, dem sei vorweggenommen, das es eine gute Entscheidung war. Das Ganze hat blendend funktioniert und wir erleben einen Keith Urban, der selten so motiviert und ambitioniert zur Sache ging, wie hier auf „Fuse“. Besonders seine E-Gitarren- und berühmten Ganjo-Darbietungen sind teilweise atemberaubend. Alle Produzenten brachten ihr 1A-(Song) Material ein (von arrivierten Schreibern), dazu ein paar moderne Loops und Programmings, die aber nicht wirklich störend sind. Im Gegenteil, sämtliche Tracks verlaufen äußerst harmonisch ineinander (sehr gute Songanordnung), ohne dabei auch nur einen Moment das typische Urban-Flair zu verlieren.

Die erste Single „A Little Bit of Everything“ (auch untypisch erst an elfter Stelle des Albums platziert) marschiert seit ihrer Auskoppelung bereits in Richtung Spitze. Ein schöner, melodischer Countrypop-Song mit eingängigem Refrain, Urbans altbewährter Ganjo-Untermalung und tollem E-Gitarren-Solo. Markant hier auch die stotternd eingeflochtene E-Ukulele. Dan Huff, scheinbar bei der Ehre gepackt, liefert sich mit Urban beim voller Power aufwartenden Opener mit Heartland-Countryflair, „Somewhere In My Car“, packende Gitarrenduelle (grandioses E-Gitarren-Solo von Keith, stark Huffs an U2 erinnerndes Rhythmus-E-Gitarrenspiel). Autos sind ja schon immer ein beliebtes Urban-Thema: Auch hier gibt es mit „Cop Car“ (angehme Powerballade) und dem fluffigen Gute-Laune-Song „Red Camaro“ noch weitere Stücke dieser Art.

Selbst die Arbeit mit dem norwegischen Pop-Duo Stargate funkioniert bei „Shame“ (ruhiger Unterton, aber mit Powerrefrain, dezente Ganjountermalung) perfekt. Auf „Good Thing“ erleben wir den wohl am härtesten rockenden Keith Urban der letzten Jahre. Was für ein fettes E-Führungsriff und ein ebenso fettes E-Gitarren-Solo, das man gut und gerne als Southern Rock-tauglich bezeichnen kann. Klasse. Auch auf „Love’s Poster Child“ gibt es richtig Redneck-verdächtigen Countryrock. Chris Cagles „The Chicks Dig It“ oder Brantley Gilberts „Kick It In The Sticks“ lassen grüßen. Klasse! Kein Major-Album zur Zeit ohne schillernde Gaststars! Und auf dem Niveau hilft man sich scheinbar gerne aus.

Für „We Were Us“ (als zweite Single auserwählt) holte sich Keith die Ehefrau Blake Sheltons, die ebenfalls zur Zeit groß auftrumpfende Miranda Lambert (solo, Pistol Annies) zum Duett mit ins Boot, bei „Raise ‚Em Up“ sorgte Produzent Jay Joyce für das Aufeinandertreffen mit seinem Spezi Eric Church, wobei sich beide gesanglich auf Augenhöhe begegnen. Die schöne Pianoballade „Heart Like Mine“ (sehr angenehm mit Strings und Mandolinenklängen verziert) bildet einen schönen Abschluss des Haupteils. Die drei zusätzlichen Lieder der von uns angebotenen Deluxe-Ausgabe (alles andere macht auch keinen Sinn), stehen dem Rest wirklich in nichts nach! Tolles, neues Album des New Country-Superstars, der sich auch damit wieder selbst treu bleibt und mit 16 (!) prächtigen Songs für Begeisterung sorgt.

Da werden wieder etliche Hits abfallen. Schwungvoll, melodisch, wenn’s drauf ankommt, rockig, hin und wieder emotional balladesk, gesanglich top, gitarrentechnisch ebenso – „Fuse“ zeigt Keith in blendender Verfassung! Wunderbar auch das mit skurrilen Lichteffekten in Szene gesetzte und bebilderte Coverartwork mit allen Texten und Infos. Ein überaus gelungenes Werk, das in seiner Gesamtheit wieder an die großen „Golden Road“- und „Be Here“-Zeiten des Australiers erinnert. Alles richtig gemacht, Keith Urban!

Capitol Nashville (2013)
Stil: New Country

01. Somewhere in My Car
02. Even the Stars Fall 4 U
03. Cop Car
04. Shame
05. Good Thing
06. We Were Us
07. Love’s Poster Child
08. She’s My
09. Come Back to Me
10. Red Camaro
11. Little Bit of Everything
12. Raise ‚Em Up
13. Heart Like Mine
14. Black Leather Jacket
15. Gonna B Good
16. Lucky Charm

Keith Urban
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Bärchen Records