Emory Quinn – The Road Company – CD-Review

Auch wenn die Amis ja nicht viel Gutes auf dieser Welt zustande bringen, eines muss man ihnen aber lassen. Musik machen können sie und der Nachwuchs an wirklich talentierten Interpreten scheint, anders als in unseren Gefilden, schier unerschöpflich zu sein. Fast fragt man sich, ob die meisten Kinder nicht schon im Kreissaal mit einem Saiteninstrument in den Händen aus dem Geburtskanal geschossen kommen…

Auch die in San Antonio, Texas ansässigen Emory Quinn sind wieder so eine Truppe. Dort haben sich drei hochbegabte Multiinstrumentalisten zusammengefunden, die im letzten Jahr ihr zweites Werk, „The Road Company“, in Eigenregie veröffentlicht haben, nachdem bereits ihr Debüt „Letting Go“ die Kritiker beeindrucken konnte. Der Bandname setzt sich aus den Mittelnamen der Herren Nathan (Emory) Rigney und Clint (Quinn) Bracher zusammen. Dazu gesellt sich noch als Dritter im Bunde Case Bell.

Die drei spielen bis aufs Schlagzeug (da sind dann noch Drummer Adam Littman, Ernie Durawa und Dan Dreben mit involviert) auf dem Album eigentlich so alles, womit man im Roots-/Country-Gewerbe genre-typische Klänge erzeugen kann. Clint Bracher, der auch sämtliche Stücke bis auf eines komponiert hat, bedient dazu mit sanft rauer Stimme das Mikro und erinnert an einen Wade Bowen.

Eine wunderbare Synthese aus Country, Rock, Southern Rock und Bluegrass lässt da mal wieder den Oberbegriff Americana durch den Raum schweben. Klasse Texte, grandiose Melodien und eine filigrane instrumentelle Umsetzung lösen unweigerliche Begeisterung aus. Ein entscheidendes Trademark der Band sind dabei die Stück-intern eingeflochtenen Überraschungseffekte und die Vielseitigkeit in der Songpräsentation, ohne aber den berühmten roten Faden auch nur eine Sekunde aus dem Auge zu verlieren.

So bekommt das eigentlich entspannt verlaufende „Highways Of Gold“ plötzlich eine superschnelles Instrumental-Bridge verpasst, „Ships And Planes“ einen Reggae-Rhythmus integriert (dazu noch ein Mandolinen-Solo und eine Organ-Passage) , „Blue Gone“ und das mit Westernflair behaftete „Idabel“ eine Southern Rock-kompatible E-Gitarrenphase (sogar z.T. mit Double-Leads) und „Dear London“, schon dem Titel entsprechend einen britisch anmutenden Ausklang (dezent U2-mäßig). Dazu wurde noch die einzige Fremdkomposition „Phone Went West“ von der amerikanischen Rockband Mr. Morning Jacket in eine höchst unterhaltsame Bluegrass-Fassung der Extraklasse verwandelt (mit Banjo, Fiddle, Mandoline).

Insgesamt gesehen ist „The Road Company“ von Emory Quinn ein Freudenfest für jeden Liebhaber der Roots- und modernen Country-Schiene. Nach The Band Of Heathens und Driveway für mich mit das beste, was so in letzter Zeit in meinen CD-Player gewandert ist. Man fragt sich danach unweigerlich, warum noch keine Plattenfirma ihre Fühler nach dem Trio ausgestreckt hat. Wäre sicherlich ein idealer Übernahmekandidat für ein auf diesem Gebiet in unserem Lande emsiges und beliebtes Label, das nach einer blaufarbigen, dornigen Pflanze benannt ist…

Eigenproduktion (2008)
Stil:  Americana

01. Highway’s Of Gold
02. Dance With Me
03. Straight Through Me
04. No In Between
05. Ships And Planes
06. Blue Gone
07. Magnolia
08. Devil’s Disguise
09. Idabel
10. Better Next Year
11. Dear London
12. Phone Went West

Shannon Curfman
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Bärchen Records

Emory Quinn – See You At The Next Light – CD-Review

Das hochtalentierte Trio aus San Antonio/Texas legt seinen dritten Studio-Longplayer vor und erbringt erneut eine grandiose Leistung. Schon mit ihrem meisterhaften Vorgänger „The Road Company“ hatten die drei großartigen Multiinstrumentalisten Clint Bracher (Lead vocals, Guitars), Nathan Rigney (Vocals, Guitars, Mandolin, Banjo, Violin, Viola, Cello, Pedal Steel, Omnichord) und Case Bell (Vocals, Bass, Keyboards) ein absolutes Ausrufezeichen in Sachen Rootsrock, Americana, Alternate Country und klassischem Countryrock gesetzt, was sie nun mit ihrem neuen Werk überaus eindrucksvoll untermauern.

Traumhafte Melodien, wunderbares, variantenreiches E-Gitarrenspiel, lockere, dennoch knackige, flockig flüssige, jedoch immer mit der nötigen Portion erdigem „Red Dirt“-Staub versehene Arrangements – diese Truppe ist eine Klasse für sich, der man in der Szene eine sich wohltuend hervorhebende Ausnahmestellung bescheinigen darf. Der Bandname ergibt sich übrigens aus den Mittelnamen von Nathan (Emory) Rigby und Clint (Quinn) Bracher. Trotz des hochqualifizierten Könnens der einzelnen Musiker ist in diesem hervorragend funktionierendem Bandgefüge kein Platz für individuelle Eitelkeiten.

Der Star ist immer der Song und dies macht letztendlich eine der Stärken des Trios aus. Auf ihrem neuen Album „See You At The Next Light“ liefern die Texaner zehn ganz wunderbare, sehr angenehm ins Ohr fließende, melodische Songs ab, die genüßlich die Grenzen zwischen Roots, Americana, Alternate Country, „Red Dirt“-Countryrock und zeitlosem Retro-Countryrock überschreiten. Dazu kommen Einflüsse aus dem Singer/Songwriter-Stroytelling, aus dem Folk, aber auch vom Southern Rock. Und das beste. Mit jedem weiteren Hördurchgang scheinen die Songs, da ihre vielen kleinen, exzellenten Feinheiten oft erst dann offenbaren, immer stärker zu werden. Ein Indiz für die große Substanz dieser Musik.

Im weitesten Sinne spannen Emory Quinn auf ihrem neuen Werk einen Bogen von solchen Bands wie Micky & The Motorcars bis hin zu der jetzt schon kultigen The Band Of Heathens. Aber ihre Einflüsse beinhalten auch solche Namen wie Poco, die guten alten Byrds, Steve Earle, Robert Earl Keen, Josh Ritter, Blue Mountain und, nach eigenen Angaben, sogar Widespread Panic. Sämtliche Kompositionen stammen wieder aus der Feder von Frontmann Clint Quinn Bracher. Den hervorragenden Auftakt bildet das mit einem schön dominant pumpenden Bass versehene, wunderbare „Hand in Hand“. Ein sehr prägnanter, ins Ohr gehender Refrain mit schönem Harmoniegesang, eine prächtig gezupfte E-Gitarre, dazu im weiteren Verlauf ein kerniges, zündendes Solo, sehr klangvolle Akustikgitarren und natürlich Brachers überaus angenehmer Gesang lassen sofort eine vertraute „Wohlfühlatmosphäre“ der Marke Emory Quinn aufkommen.

Das folgende, bärenstarke „Moving On“ beweist dann, dass die Jungs auch ordentlich Dampf machen können. Ein erdiger, gitarrenbetonter, knackiger, schwungvoller „Red Dirt“-Country-Rootsrocker par excellance, der mit seinen prächtigen, transparenten Twin-E-Gitarren eine Menge Southern-Espirit beinhaltet. Einfach toll! Mit „Heart In Mind“ wird der Puls dann wieder etwas heruntergefahren. Ein sehr entspannter, leicht folkig angehauchter Track, bei dem die Mandoline regelrecht verzaubert. Rigneys dezente Streicherzugaben und die hintergründigen Harmony Vocals von Gastmusikerin Melissa Ludwig wirken einfach betörend. Neben Melissa fungiert im übrigen mit Bobby Jarzombek lediglich noch ein weiterer Gastmusiker, der bei allen Tracks in entsprechend hervorragender Manier das Schlagzeug bedient.

Das flockige „Finds Danger“ pendelt herrlich melodisch irgendwo zwischen Bob Dylan und Tom Petty. Eine markante Mandoline, synchron zur Akustikgitarre, und filigrane E-Gitarren-Parts von Rigney bilden hier die Highlights. Der einen textlich mitnehmenste Song ist „Holes Through The Windows“. Der Protagonist drückt auf den Abzug und streckt den Lover seiner Geliebten nieder. Thematik und auch die musikalische Umsetzung kommen in der Tradition von Bleu Edmondson und seinen Stücken „Finger On The Trigger“ oder „No Room For Mercy“. Packender, dramatischer Stoff!

Eine wunderbar integrierte Pedal Steel Guitar heult beim Country-angehauchten „Tear Down The Walls“, einem Stück irgendwo zwichen Robert Earl Keen, Chris Knight und den Drive-By Truckers. „Be Here Now“ bietet ein weiteres Mal ein gewisses Tom Petty-Flair. Klasse hier erneut die Harmonies von Melissa Ludwig. Einen tollen Text gibt es wieder bei „When I Dream“. Bracher singt „When I dream I never sleep“, welch poetische Zeile! Stark hier das E-Piano von Case Bell und sein „gluckerndes“ Solo.

An die goldenen Jahre der The Allman Brothers Band erinnert das von einer markanten Akustikgitarre und relaxtem E-Gitarren-Spiel (grandioses Solo) umgarnte „Calling Your Name“. So etwas wie das „Melissa“ des neuen Jahrtausends, diesmal allerdings von Emory Quinn kreiert! Große Musik! Das fröhliche, von einem quirligen Banjo geführte, countrylastige „Falling Down“ (dezent grassig, Brachers Gesang in kauziger Art eines Bob Dylan) bildet einen ähnlichen Abschluss wie schon „Phone went west“ bei „The Road Company“. Ein prächtiges Album ohne jede Schwächen, mit dem man sofort „warm“ wird.

Immer wieder schimmert, wie bereits erwäht, auch The Band Of Heathens ein wenig durch. Emory Quinn ziehen auf „See You At The Next Light“ ihr Ding konsequent weiter durch. Hohes spielerisches Niveau statt kommerzieller Erfolg (den sie zweifellos verdient hätten) bleibt dabei wohl ein Grundprinzip der Texaner. Das macht das Trio umso sympathischer. Roots-/Americana-/Countryrock-Stoff vom Allerfeinsten! Wann entdecken sowas endlich die Radiostationen?

Texas Ent. Group (2010)
Stil:  Roots Rock

01. Hand In Hand
02. Moving On
03. Heart In Mind
04. Finds Danger
05. Holes Through The Windows
06. Tear Down The Walls
07. Be Here Now
08. When I Dream
09. Calling Your Name
10. Falling Down Again

Emory Quinn
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