Colin Moore – Leaving Home – CD-Review

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Kanada hat doch immer wieder schöne musikalische Überraschungen zu bieten. Nach Melanie Dekker, Driveway und Johnny Reid, den ich erst vor geraumer Zeit mal so auf Umwegen entdeckt habe, darf ich mich jetzt auch an Colin Moore erfreuen, für dessen Solo-Erstwerk „Leaving Home“ ich mich kürzlich intuitiv gemeldet habe.

Ein interessanter Mann aus Montreal, 29 Jahre alt, der, seitdem er mit Vierzehn eine Gitarre geschenkt bekam, bis vor einigen Jahren in Punkbands wie Suburban Trash und deren Nachfolgecombo Roadbones musiziert hat. Irgendwann muss Colin wohl bemerkt haben, dass etwas mehr Potential in ihm steckt, als nur diese recht simpel gestrickten Krawallakkorde. Er hat sich mittlerweile in einer Art 180 Grad-Wende extrem verändert und jetzt dem folk-rockig/Americana-angehauchten Singer/Songwriter-Metier zugewendet.

Eine gute Entscheidung meiner Ansicht nach. Er hat eine sehr angenehme, leicht whiskeygetränkte Stimme (sehr variabel eingesetzt von feinfühlig bis rotzig frech), schreibt hochmelodische Songs, die trotz recht überschaubarer Instrumentierung (vorwiegend Akustik- und E-Gitarre, mal gesellen sich Drums, Bass, Piano, Orgel, Harmonika, Banjo, Mandoline, Steel oder Cello sporadisch dazu), doch sehr viel an Intensität und Abwechslungsreichtum (teilweise mit Straßenmusikermentalität) zu bieten haben. Sein starker Gesang steht allerdings zurecht eindeutig im Mittelpunkt.

Da kommen einem beim mit sehr schönen Tempo- und Atmosphärenwechseln bestückten Opener „Broken English“ Interpreten wie Sister Hazel oder David Fenley in den Sinn. Bei Liedern wie „Friends Of Mine“ (für die in Kanada und Frankreich ausgestrahlte TV-Serie „Family Biz“ lizensiert), „Paint Me A Picture“, „Precious Time“ und „Writers Block“ liegt er mit Will Hoge auf einer qualitativen Wellenlänge (und das heißt doch wohl schon was). „3 Fat Pills“ und „20 Years“ erinnern in ihrer kauzigen Art an einen, nochmal dem Jungbrunnen entsprungenen J.J. Cale, bei „Off The Rails“ und „Leaving Home“ lässt Tom Petty dezent grüßen – alles wahrlich keine schlechten Adressen, wie ich finde.

Wenn sein Kompagnon Ryan Battistuzzi mit seinen schönen, wohl dosierten E-Einlagen bei „River“ Skynyrdsche „Tuedays’s Gone“-Atmosphäre (dazu schöne Orgelhall-Klänge) aufkommen lässt und Moore beim abschließenden „Red Headed Girls“, seinen Wurzeln entsprechend, den Countrypunk raushängen lässt, gibt es kein Halten mehr! „Leaving Home“ – ein tolles Album von vorn bis hinten. Ich werde, wenn er, wie angekündigt, im Herbst seine Heimat wieder verlassen und in Deutschland (hoffentlich in meiner Gegend – im Weseler Karo oder Kamp-Lintforter ABC-Keller wäre perfekt) für einige Live-Auftritte vorbeischauen sollte, dann sicher auch als Gast zugegen sein. Klasse, der Bursche!

Indica Records (2010)
Stil: Singer/Songwriter

01. Broken English
02. Friends Of Mine
03. Disease
04. 3 Fat Pills
05. Off The Rails
06. Paint Me A Picture
07. 20 Years
08. Writers Block
09. Dusty Cadillac
10. Precious Time
11. River
12. Leaving Home
13. Spirits
14. Red Headed Girls

Colin Moore
Gordeon Music