Chase Rice – I Hate Cowboys & All Dogs Go To Hell – CD-Review

Review: Michael Segets

Der Legende nach sollen Cliff Barnes And The Fear Of Winning aufgrund des Songs „No One’s Got An Asshole Like A Cowboy“ als Vortruppe von Willie Nelson der Bühne verwiesen worden sein. Nun dürfte auch der Titel des neuen Albums von Chase Rice „I Hate Cowboys & All Dogs Go To Hell“ nicht zu unmittelbarem Beifall großer Teile der Country-Gemeinde führen. Allerdings hat Rice einen anderen Status im Musikbusiness als die ehemalige Independent-Combo. Millionenfache Albumverkäufe und milliardenfache Streams lassen die Vermutung zu, dass er auf eine breite Fanbasis zählen kann, die vieles mitmacht. Wenn der gutaussehende Ex-Footballer von der Bühne gezerrt werden sollte, dürfte das wohl andere Gründe haben.

Die Provokation, die der Albumtitel nahelegt, relativiert sich, wenn man die Lyrics der beiden dazugehörigen Songs wahrnimmt. Mit den verhassten Cowboys sind die oberflächlichen Typen gemeint, die in der Konkurrenz bei der Partnersuche die Nase vorn haben. Der Text dürfte also auch für eine Vielzahl von Country-Anhängern Identifikationspotential besitzen. Mit den Hunden, die zur Hölle fahren, sind eher nicht die Tiere gemeint. Rice nimmt bei „Bench Seat“ sogar die Perspektive eines Hundes ein, was literarisch interessant ist. In dem dazugehörigen Video outet sich Rice zudem als Hundeliebhaber. Den Hintergrund des Songs bildet wohl die Geschichte eines Freundes, der durch seinen Hund vom Selbstmord abgehalten wurde.

Rice hält letztlich die traditionellen Werte hoch. Zu diesen zählt die Familie. So widmet er „Sorry Momma“ seiner Mutter, die drei Söhne nach dem frühen Tod ihres Mannes großzog. Das Cover ziert ein Foto seines verstorbenen Vaters. In einem Kommentar gibt Rice an, dass „I Hate Cowboys & All Dogs Go To Hell“ bislang sein persönlichstes Album sei.

Die meisten Songs schlagen ein gemäßigtes Tempo an, sind eingängig und glatt arrangiert. Rice hat eine angenehme Stimme, der man gerne zuhört. Vor allem der poppig angehauchte, mainstreamtaugliche Opener „Walk That Easy“ könnte die Liste seiner Hits fortführen. Die Orientierung am klassischen Country steht nicht im Zentrum seiner Kompositionen. Am deutlichsten tritt sie bei „If I Were Rock & Roll“ zutage.

„Goodnight Nancy“, das Rice zusammen mit Boy Named Banjo spielt, nimmt in seinem Verlauf ordentlich an Fahrt auf. Ebenso semi-akustisch gehalten ist „I Walk Alone“. Das Stück mündet in einem explosiven Finale. Gemeinsam mit der Read Southall Band performt Rice „Oklahoma“. Der hymnische Track weist eine längere, gitarrengetriebene Instrumentalpassage auf, die einzige auf dem Longplayer. Zusammen mit der Gute-Laune-Nummer „Bad Day To Be A Cold Beer“ gehören die drei Songs zu den Highlights, da der Sound bei diesen erdiger erscheint als bei den anderen.

Der Top-Track des Albums ist „Way Down Yonder“. Am Anfang mutet er zirzensisch an, versprüht dann aber mit kräftigem Rhythmus und gelungener Gitarrenbegleitung Energie. Hier zeigt Rice, der lange Zeit unschlüssig war, ob das Stück einen Platz auf der CD erhält, mal ein paar rauere Ecken und Kanten, von denen ich mir mehr gewünscht hätte. Der Mut, den Rice bei der Wahl des Albumnamens beweist, hätte den Songarrangements nicht geschadet. Dennoch weist „I Hate Cowboys & All Dogs Go To Hell“ in die richtige Richtung.

„I Hate Cowboys & All Dogs Go To Hell“ ist nicht ganz so polarisierend, wie der Titel vermuten lässt. Gut hörbare, radiotaugliche und sorgsam produzierte Songs, mit denen Chase Rice auf Sicherheit spielt, dominieren das Album. Daneben blitzt in manchen Texten und bei einigen Tracks das Potential von ihm als Songwriter und Musiker auf. Insgesamt gelingt Rice ein sauberer Touchdown ohne sich allzu weit von dem bewährten Play Book zu entfernen.

Broken Bow Records – BMG (2023)
Stil: New Country

Tracks:
01. Walk That Easy
02. All Dogs Go To Hell
03. Way Down Yonder
04. Key West & Colorado
05. Bench Seat
06. Life Part Of Livin’
07. Bad Day To Be A Cold Beer
08. Oklahoma (feat. Read Southall Band)
09. I Walk Alone
10. Sorry Momma
11. If I Were Rock & Roll
12. Goodnight Nancy (feat. Boy Named Banjo)
13. I Hate Cowboys

Chase Rice
Chase Rice bei Facebook
Networking Media

Chase Rice – Lambs & Lions – CD-Review

Rice_300

Im Musikbusiness muss man wirklich oft nicht alles verstehen. Warum der bereits 2017 erschienene Longplayer „Lambs & Lions“ jetzt erst zwei Jahre später hier in Deutschland (als Worldwide Deluxe Edition) neu veröffentlicht wird, bleibt das Geheimnis der Entscheider.

Ok, man könnte eventuell darüber spekulieren, dass es etwas damit zu tun hat, dass der ehemalige Football-Profi, NASCAR Pit Crew-Arbeiter, Fernseh-Survivor–Reality-Show-Teilnehmer und mittlerweile erfolgreiche Countrymusiker demnächst für einige Termine 2020 auf den Bühnen unseres Landes (u. a. am 22.01.2020 im Luxor in Köln) präsent sein wird.

Und das oben angeführte Werk ist zumindest in Sachen Mehrwert um vier Tracks erweitert worden. Dazu sollen auf der Tour bereits Stücke seines neuen, sich zur Zeit in der Entstehung befindlichen Albums vorgestellt werden.

Der für Countryfans eher gewöhnungsbedürftige, episch anmutende Opener „Lions“ mit inkludierten „The Lord’s Prayer“ offeriert die eher rauere und kräftige Seite des Protagonisten, während im weiteren Verlauf mit Sachen wie „Unforgettable“, „One Love, One Kiss, One Drink, One Song“, oder „Amen“ auch das Lamm im Löwenpelz des Künstlers zu Tage tritt.

Rice, der bis auf einen Song, bei allen Liedern kompositorisch involviert war (übrigens ebnete ihm der Mehrfach-Platin-Megahit „Cruise“ von Florida Georgia Line, den er mitgeschrieben hat, den Weg ins Majorlabel-Countrybusiness), setzt auf diesem Werk schwerpunktmäßig auf die Popkarte, beziehungsweise ähnlich wie die Kollegen Rhett, Swift, Urban, Young & Co. auf das zweigleisige Geschäft, wobei der Countryanteil doch mehr Alibifunktion inne hat.

Lediglich „Jack Daniels Showed Me Up”, die Hommage an die guten Musikklassiker der längst vergangenen Zeit „Three Chords & The Truth“ (hier werden Stücke wie unter anderem „Sweet Home Alabama, „Copperhead Road“, etc. gehuldigt) und “This Cowboy’s Hat“ (feat. Ned LeDoux), dürften bei dieser Klientel für etwas Genugtuung sorgen.

Mich nerven über die gesamte Dauer die eingeflochtenen, oft choralen Harmoniegesänge und teilweise orientalischen Klänge, Synthie und Loop-Effekte, die diverse gute Countrysongansätze wie bei „25 Wexford St.“ (da meint man zunächst im China-Restaurant bei ‚Ente süß-sauer‘ zu sitzen…) zunichte machen.

Fazit: Chase Rice untermauert auf dem Album „Lambs & Lions“ seine Gabe, melodische Songs mit eingängigen und einprägsamen Refrains zu kreieren, die ohne Zweifel massenkompatibel vermarktet werden können. Für den gemeinen Country-Liebhaber müsste sich die musikalische Grundausrichtung aber in Zukunft deutlich ändern. Das Ganze ist dann doch eher was für Popfans, die mit ein bisschen Country ganz gut leben können. Deshalb trägt Rice auf dem Cover auch zurecht Basecap statt Cowboyhut.

Broken Bow Records (2019)
Stil: New Country

01. Lions
02. On Tonight
03. Unforgettable
04. Eyes On You
05. Saved Me
06. One Love, One Kiss, One Drink, One Song
07. Jack Daniels Showed Me Up
08. Three Chords & The Truth
09. Amen
10. This Cowboy’s Hat (feat. Ned LeDoux)
11. On Tonight (UK Edition)
12. 25 Wexford St.
13. Eyes On You (Acoustic)
14. Love Me Like You Don’t

Chase Rice
Chase Rice bei Facebook
Networking Media