
Review: Michael Segets
Nach eigener Aussage ist „Dark Country“ ein Liebesbrief an seine Frau und sein bislang persönlichstes Werk. Der Frontmann von The Jayhawks wandelt auf seiner dritten Solo-Veröffentlichung auf Singer/Songwriter-Pfaden und legt ein reduziert instrumentalisiertes Werk vor, bei dem die poppigen Elemente, die zuletzt auf „XOXO“ (2020) der Jayhawks deutlich hervortraten, keinen Platz finden. In Gänze wirkt das neue Album deutlich dunkler, als man es von einer Liebeserklärung erwarten würde. Inhaltlich drehen sich die Songs um Beziehungen und deren Krisen. „Dark Country“ erscheint dabei weniger eingängig als das vorangegangene Solo-Werk „Jump For Joy“ (2021).
Die akustische Gitarre ist das bevorzugte Instrument, mit dem Louris seine Songs begleitet („Redefining Love“, „Better To Walk Than To Run“). Manche Titel sind etwas sperrig („Dead Porcupine”). Bei anderen zeigt sich Louris von einer sanfteren Seite („Living On My Phone“, „Listening To Bobby Charles”, „Helping Hand“). Insgesamt verläuft das Album in ruhigen Bahnen, wobei nur vereinzelt – wie bei „Two Birds“ – etwas mehr Schwung hineinkommt.
Der in Ohio aufgewachsene und mittlerweile in der Nähe von Montreal lebende Songwriter läuft zur Hochform auf, wenn er Klavier und Mundharmonika einsetzt. Das erste Highlight „Getting Older“ eröffnet den Longplayer. Die Single erinnert stellenweise an Neil Young zu „Harvest“-Zeiten. Diese Assoziation kommt auch später bei „Blow’ Em Away” auf. Das zweite Highlight stellt „By Your Side” dar. Hier gelingt es Louris, viel Gefühl zu transportieren, was durch das Streicher-Arrangement von Eleanor Whitmore (The Mastersons) unterstützt wird. Hingegen sind die Streicher auf dem von Pathos getragenen Abschluss des Albums „Perfect Day“ für meine Verhältnisse zu dominant.
Louris hat sich in den letzten Jahrzehnten ein beachtliches Renommee als Songwriter – sei es mit den Jayhawks, mit Golden Smog oder auch solo – erarbeitet. Er schrieb Stücke für The Chicks und die Tedeschi Trucks Band und kollaborierte mit einer Vielzahl von Musikerinnen und Musikern. Das aktuelle Werk ist stringenter als seine letzte Arbeit mit den Jayhawks, reicht aber an sein vorheriges, hoch gelobtes Solo-Werk nicht heran.
Auf „Dark Country“ gibt es ein paar Titel, die das Ansehen, das Gary Louris als Songwriter genießt, rechtfertigen. Nach mehrmaligem Hören des Gesamtwerks springt der Funke aber nicht durchgängig über. Die meisten Titel bleiben nicht länger im Gedächtnis. Das Album bietet sich dafür an, die Sahnehäubchen herauszupicken.
Sham – Thirty Tigers/Membran (2025)
Stil: Singer/Songwriter
Tracks:
01. Getting Older
02. Couldnt Live A Day Without You
03. Dead Porcupine
04. By Your Side
05. Living On My Phone
06. Blow’ Em Away
07. Redefining Love
08. Better To Walk Than To Run
09. Listening To Bobby Charles
10. Two Birds
11. Helping Hand
12. Perfect Day
Gary Louris
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