J.P. Harris & The Tough Choices – Support: Miss Tess – 05.11.2018, Krefeld, Kulturrampe – Konzertbericht

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It’s Country-Time again! Zum dritten Mal stand J. P. Harris mit seinen Tough Choices auf der Bühne der Kulturrampe. Wie im Vorjahr brachte er Miss Tess als Support mit.

Das Miss Tess Duo, bestehend aus der Protagonistin und Thomas Bryan Eaton, eröffnete den Abend mit zwei Stücken des Albums „Sweet Talk“ (2014). Sowohl „If You Wanna Be My Man“ als auch „Everybody’s Darling“ kamen mit einer gehörigen Portion Swing daher. Das feine, beinah schon entspannte, E-Gitarrenspiel von Eaton ergänzte die klare Stimme von Miss Tess prima.

Danach folgten „Moonshiner“, eine stimmungsvolle, countryfizierte Ballade, sowie „Little Lola“ mit einem schönen Gitarrensolo von Eaton. Beide Titel stammen von Miss Tess‘ letzten Veröffentlichung „Baby, We All Know“ (2016). Auf ihr nächstes Album soll „The Moon Is An Ashtray“ kommen, das sich anschloss.

Eaton übernahm den Lead Gesang bei dem Stück „Days Will Come“ seiner CD „We All Want To Be Love“ (2014). Er animierte das Publikum zum Mitsingen und der Song lädt sowieso zum Schunkeln ein. Bei den Harmoniegesängen zeigten sich Miss Tess und Eaton durchweg perfekt aufeinander abgestimmt. Zum Abschluss des Sets drückte Miss Tess mit „Ride That Train“ auf die Tube. Ihr Gitarrensolo veredelte den Höhepunkt des Vorprogramms.

Miss Tess bedauerte, dass Sie den Sprung über den Atlantik noch nicht mit Band geschafft hat. Mit der gut halbstündigen Kostprobe ihres Programms hat sie aber auf alle Fälle Werbung für ihre CDs und für mögliche Konzerte in der Zukunft gemacht.

Line-Up:
Miss Tess (lead vocals, electric guitar, vocals)
Thomas Bryan Eaton (lead vocals, electric guitar, vocals)

Die circa fünfzig Gäste der Kulturrampe hielten während des Support-Acts einen deutlichen Abstand zur Bühne und auch als J. P. Harris mit seinen Tough Choises, zu denen Miss Tess und Eaton dazu stießen, die Bühne betrat, rückten sie nur etwas näher. Die Kulturrampe glich daher nicht dem Hexenkessel der „Southern“-Woche. Die Stimmung vor und auf der Bühne war aber dennoch gut. Harris zollte den Besuchern durchaus Respekt, da er selbst montags nie aus ginge. Allerdings sei er ja auch 7000 Meilen angereist …

Bereits zu Beginn zeigte J. P. seinen Sinn für Humor. Dem sympathischen Mann mit der beeindruckenden Gesichtsbehaarung sitzt der Schalk im Nacken. Während des Konzerts erzählte er einige Anekdoten aus seinem bewegten Leben und kommentierte viele Songs. Bei der ausführlichen Bandvorstellung vermischten sich wohl Wahrheit und Legende.

Die Setlist unterschied sich dadurch erheblich von denen der beiden vorangegangenen Konzerte in der Rampe, dass er mit „Sometimes Dogs Bark At Nothing“ ein brandaktuelles Album am Start hat. Die Titel des Albums, für das er sich vier Jahre Zeit ließ, machten mehr als die Hälfte des Konzerts aus.

J. P. Harris greift zudem gerne in die Schatzkiste seiner geliebten Country-Musik und streute daher einzelne Coverversionen, wie vom Vorreiter des Outlaw- oder Alternative-Genres Terry Allen, ein. Gerahmt wurde das Konzert von David Allan Coes „California Turnarounds“ und Mickey Newburys „Why You Been Gone So Long“, das Harris als Zugabe spielte.

Nach „Two For The Road“ und „South Oklahoma“ von seinen ersten beiden Alben, standen dann bis zum fulminanten Abschluss des Hauptsets durch „Gear Jammin‘ Daddy“ durchweg seine neuen Eigenkompositionen im Fokus.

Nach seinem autobiographisch beeinflussten „When I Quit Drinking“ setzte der wuchtige Einstieg und das kräftige Schlagzeug von Ryan Elwell bei „JP’s Florida Blues #1“ ein erstes Ausrufezeichen. Danach folgten einige ruhigere Stücke. Bei „Badly Bent“ harmonierte das Zusammenspiel von wimmernder Pedal Steel, die von Thomas Bryan Eaton gezupft wurde, und der viel Twang transportierenden E-Gitarre von Justin Mahoney. Beide sorgten während des Konzerts durchgängig für den richtigen Country-Flair.

Als Feminist entpuppte sich Harris mit „Lady In The Spotlight“. Miss Tess, die sonst als Bassistin agierte, griff hier zur akustischen Gitarre und Elwell unterlegte den Song zusätzlich mit stimmungsvoller Percussion. Für „I Only Drink Alone“ wechselte Eaton zu den Keys. Gänsehautfeeling erzeugte der harmonische Begleitgesang von Miss Tess bei „Runaway“.

Die Balladen unterschieden sich durch die abwechslungsreiche Instrumentalisierung deutlich voneinander, sodass Monotonie – wie sie dem Country gelegentlich angelastet wird – nicht aufkam.

Hervorragend performte Harris das Titelstück des neuen Albums „Sometimes Dogs Bark At Nothing“. Seine tiefe Stimme wurde zunächst nur von der klagenden Pedal Steel Eatons untermalt, später setzte Mahoney mit seiner E-Gitarre dezent ein. Die Rhythmusgruppe konnte dabei pausieren und Kraft für das temporeiche Finale schöpfen. „Hard Road“, „Jimmy’s Dead And Gone“ sowie das schon erwähnte „Gear Jammin‘ Daddy“ haben mein Country-Rock-Herz höher schlagen lassen.

Nach gut achtzig Minuten verließen J. P. Harris und seine Tough Choices das Podest und ließen den Abend gemütlich im Plausch mit den Gästen ausklingen, bevor es für die Truppe in Richtung Holland und England ging.

Line-up:
JP Harris (lead vocals, electric guitar)
Justin Mahoney (electric guitar, vocals)
Miss Tess (bass, acoustic guitar, vocals)
Ryan Elwell (drums, percussion)
Thomas Bryan Eaton (pedal steel, keys, vocals)

Text und Bilder: Michael Segets

J.P. Harris & The Tough Choices
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Kulturrampe Krefeld

J.P. Harris – Sometimes Dogs Bark At Nothing – CD-Review

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Review. Michael Segets

J.P. Harris sagte einmal, er mache Countrymusik – nicht mehr und nicht weniger. Mit diesem Statement grenzt sich Harris gegen diejenigen ab, die im Country mehr sehen wollen als Musik. Selbstbewusst wendet er sich aber auch gegen diejenigen, die versuchen, dem Country – da er unter dem Generalverdacht steht, wenig originell zu sein – eine besondere künstlerische Note zu geben.

Festzuhalten bleibt: Per se ist Country weder moralisch noch musikalisch minderwertig. J.P. Harris spielt Country und das macht er auf „Sometimes Dogs Bark At Nothing“ wieder konsequent und gut.

Mit dem Titelstück zelebriert J.P. Harris – der hier streckenweise eine gehörige Portion Vibration in seine Stimme legt – eine akustische Country-Ballade, die im wesentlichen vom Slide einer Pedal-Steel getragen wird. Auf „Miss Jeanne-Marie“ geben kräftige Klavier-Akkorde den Rhythmus vor. Der Track ist ziemlich stark, aber das akzentuierte Schlagzeug, die kurzen Gitarrenpassagen und die harmonische weibliche Begleitstimme machen das rootsige „Runaway“ zu meinem Favoriten unter den langsameren Songs.

Hier lässt Harris, der als Jugendlicher von zuhause fortgelaufen ist, autobiographische Erfahrungen einfließen. Diese scheinen auch bei „When I Quit Drinking” und „I Only Drink Alone” durch. Der zweitgenannte Titel versetzt atmosphärisch ebenso wie „Long Ways Back“ in einen Nachtclub, in dem die letzten Gäste in den frühen Morgenstunden über den Lauf der Dinge sinnieren.

Westcoast-Feeling versprüht „Lady In The Spotlight“. Dabei rechnet Harris im Text mit den Teilen der Musikindustrie ab, die vor allem bei Frauen mehr Wert auf Äußerlichkeiten legen als auf musikalisches Talent.

Harris_VIPNeben den unterschiedlich angelegten Balladen finden sich drei Country Rock-Songs auf dem Longplayer, die zusätzlich für Abwechslung sorgen. So startet das Album mit „JP’s Florida Blues #1“. Das Video zeigt, dass eine gute Idee und kein großer Aufwand oder High-Tech benötigt wird, damit es unterhaltsam ist. In der Mitte der CD nimmt „Hard Road“ Fahrt auf. Den Schlusspunkt des Werks setzt das rumpelnde „Jimmy’s Dead And Gone“. Alle drei Stücke stellen sehr gelungene Genrebeiträge dar.

Musikalisch bleibt sich J.P. Harris treu. Allerdings ging er bei der Produktion von „Sometimes Dogs Bark At Nothing“ neue Wege. Er spielte das Album nicht mit seiner Begleitband The Tough Choices ein, sondern schickte ausgewählten Musikern Demo-Tapes mit der Bitte, ihre Ideen bis zum Studiobesuch für sich zu behalten.

Erst im Studio trafen die Musiker aufeinander und dort entstanden dann die vorliegenden Versionen ohne große Probenzeit. Obwohl manche Songs schon etwas älter sind – der letzte Longplayer von J.P. Harris wurde vor vier Jahre veröffentlicht – entwickelten sie sich bei der Aufnahme spontan.

J.P. Harris steht in der Tradition des Country und sein aktueller Tonträger beweist, dass es lohnt, diese fortzuführen. Nicht auf Hochglanz poliert, sondern ehrlich und ungeschliffen wirkt auch sein Auftreten.

Er geht mit „Sometimes Dogs Bark At Nothing” auf Tour und kommt für drei Konzerte nach Deutschland. Nach den umjubelten Auftritten in der Kulturrampe in den beiden vergangenen Jahren besucht Harris die Krefelder Kultstätte erneut am 05.11. In Hamburg und Altlandsberg steht er am 23. und 24. November auf der Bühne.

Free Dirt Records/Galileo Music (2018)
Stil: Country

Tracks:
01. JP’s Florida Blues #1
02. Lady in the Spotlight
03. When I Quit Drinking
04. Long Ways Back
05. Sometimes Dogs Bark at Nothing
06. Hard Road
07. I Only Drink Alone
08. Runaway
09. Miss Jeanne-Marie
10. Jimmy’s Dead and Gone

J. P. Harris
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