Ally Venable – Heart Of Fire – CD-Review

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Ach, waren das noch Zeiten, als Ally Venable im Rahmen des Rufschen Blues Caravans in knappem Minifummel (zu sehen auch noch mal in gleicher Montur im Innenteil der CD) gerade mal ein Meter auf der Bühne im Dortmunder Musiktheater Piano von mir entfernt stand und der Audienz ihre vielen quirligen E-Gitarren-Soli um die Ohren fegte.

Jetzt bringt die gerade mal im April, 22 Jahre alt werdende Texanerin mit „Heart Of Fire“, ihr viertes offizielles Album heraus. Wie schon auf dem Vorgänger „Texas Honey“ gibt es wieder elf Lieders, diesmal aber produziert von Jim Gaines (John Lee Hooker, George Thorogood, Albert Cummings, Devon Allman, Royal Southern Brotherhood).

AQ2A9840-1024x683In fast allen Tracks, vielleicht bis auf das swampig-delta-bluesige „Played The Game“ (mit herrlichem Akustik-Slide-Spiel), ist die Verehrung ihres großen Vorbildes, Stevie Ray Vaughan, unverkennbar. Wer es bis zum Ende der CD dann noch immer nicht vernommen haben sollte, bekommt den endgültigen Beweis mit dem knapp neun-minütigen Instrumental „Tribute To SRV“, bei der sich ruhige Grundphasen, die mich so ein wenig an Peter Greens „Albatross“ erinnern, immer wieder von langen, euphorisch und quirlig gespielten E-Gitarren-Soli im Stil des einstigen texanischen Guitar Slingers durchbrochen werden.

Für schöne Farbtupfer zwischendurch sorgen Gastpräsenzen von Devon Allman bei „Road To Nowhere“ mit prägnantem Harmoniegesang und furiosem E-Gitarrensolo sowie Kenny Wayne Shepherd, der auf „Bring On The Pain“ bei seinen rasanten Saitenkünsten bis an die Schmerzgrenze geht.

Mein persönlicher Favorit ist jedoch das Southern-trächtige „Do It In Heels“, das ein wenig in der grimmigen  Art von Skynyrds „Gimme Back My Bullets“ daherkommt. Klasse! Da kann ich nur begeistert zu sagen: „Yes, do it in heels, Ally!“

Keine Frage, auch dieses vierte Werk verdeutlicht eindrucksvoll, dass in Ally Venables Herz das Blues Rock-Feuer lichterloh am brennen ist. Die blutjunge Texanerin zählt weiterhin zu den ganz großen Hoffnungsträgern der weiblichen Szene des Genres.

Ruf Records (2021)
Stil: Blues Rock

01. Heart Of Fire
02. Played The Game
03. Hateful Blues
04. Road To Nowhere
05. Bring On The Pain
06. Hard Change
07. Do It In Heels
08. Sad Situation
09. Use Me
10. Tribute To SRV
11. What Do You Want From Me

Ally Venable
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Ruf Records

Rachel Wise – Southern Life – CD-Review

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Ich muss in der Tat doch ein wenig überlegen, welche Southern Rock-Acts durch weibliche Personen dominiert werden. Spontan fallen mir da eigentlich nur Damen wie natürlich Dale Krantz-Rossington (Rossington Collins Band, Rossington), Carol Chase (solo) oder Susan Marshall (vor vielen Jahren bei The Motherstation) ein, alles Backgroundsängerinnen aus dem Lynyrd Skynyrd-Dunstkreis, die dann auch mal in eigener Sache etwas Werbung betreiben konnten.

Die meisten wie u. a. Gretchen Wilson, Stacie Collins & Co., die man im weitesten Sinne vielleicht dem Genre noch wage zuordnen kann, haben aber eher dann doch den Blick schwerpunktmäßig in Richtung Nashville gerichtet. Viele talentierte Damen suchen ihr Glück meist auch in der zeitgenössischen Blues Rock-Sparte.

Zu eine der wenigen Ausnahmen, die ihren Fokus tatsächlich auf unsere beliebte Gattung gelegt hat, zählt Rachel Wise, aus Mississippi stammend, deren Debüt (schon 2015 erstmalig veröffentlicht) zwecks Besprechung jetzt vor kurzem zu mir gelangt ist.

Wie so oft ist auch diese junge Interpretin von frühster Kindheit an, im familiären Kreis und Umfeld musikalisch groß gezogen worden. Dynamik kam jedoch erst in Leben, als sie sich der Szene in Memphis zuwendete und mit Steve Corbett und Bernard De Seck als Songwriting-Team begann, zusammen zu arbeiten.

Für ihr Debüt konnten sie schließlich noch den bekannten Producer Jim Gaines (Santana, Journey, Devon Allman, George Thorogood, u.v.m.) gewinnen. Oben angeführte Susan Marshall partipiziert übrigens auf diesem Werk als Backgroundsängerin.

Der autobiografische Opener und Titelstück zugleich, „Southern Life“ gibt dann mit zünftigem Southern Rock und typischen E-Gitarren (tolle Arbeit von Steve Corbett auch insgesamt) die Marschroute des Albums vor. Natürlich erhält auch eine gewisse Countrynote Einzug in den weiteren Verlauf, der in erster Linie durch eine sägende Fiddle von Tommy Burroughs (auch an der Mandoline – klasse bei „Shoulda Known Better“) und jammernde Steel-Einlagen von Richard Ford (dazu auch Banjo) zum Ausdruck kommt. Alles aber sehr rootsig und natürlich eingeflochten.

Klasse ist es immer, wenn bei Stücken wie „American Dream“, „Come On Home“, „Dreams“ oder „Washed“ das südstaatliche Rockflair deutlich Überhand gewinnt, nicht zuletzt, weil Steve Corbett seine E-Gitarre in typischer Manier jaulen lässt und auch Adam Heart Memphis seine B3 Orgel sehr variabel ins Spiel bringt.

Dass Rachel es auch gefühlvoll kann, legt sie überzeugend beim Countryschwofer „Bye Bye Bye“ in Manier der großen Szene-Diven dar und auch beim kammermusikartig gebrachten, Gänsehaut erzeugenden „Unknown Stranger“. Das gospelige Schlusstück „Above The Clouds“ mit choralen gospeligen Gesängen zollt dann noch ihrem dortig typischen, fest verankerten Glauben an den lieben Gott Tribut.

Ob die Entscheidung von Rachel Wise, sich zunächst dem Southern Rock zu widmen, von Weisheit geprägt war, wird sich noch zeigen. Eine mutige ist es in jedem Fall und drauf hat sie es. Eine unbekümmerte, frische Bereicherung für’s Genre, ohne jeden Zweifel! Da diese Scheibe ja aus 2015 stammt, könnte eigentlich jetzt bald mal die Zeit für neuen Stoff gekommen sein. Wir sind jedenfalls ziemlich gespannt, wie und ob das musikalische ‚Southern Life‘ von Rachel Wise weitergeht.

Eigenproduktion (2015)
Stil: Southern Rock / Country

01. Southern Life
02. Shoulda Known Better
03. American Dream
04. Come On Home
05. Crazy Over Him
06. Dreams
07. Baby Bye Bye
08. Unknown Stranger
09. Washed
10. Above The Clouds

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Glass Onyon PR