Bobby Pinson – Songs For Somebody – CD-Review

Zweitwerk des sympathischen Blondschopfes! Die Major-Ehe RCA/Pinson war trotz eines überragenden Debüts leider nur von kurzer Dauer. Daher erscheint der Nachfolger „Songs For Somebody“ konsequenterweise jetzt auf dem Independent Label „Cash Daddy Records“ (die Vermutung liegt nahe, dass es Pinsons eigenes Label ist, denn sein gerade geborener Sohn heißt „Cash“). Als Songwriter nach wie vor in Nashville überaus gerne gesehen (Pinson hat unzählige Songs für etablierte Interpreten wie Sugarland, Toby Keith, LeAnn Rimes, Trent Tomlinson und viele andere geschrieben), erschien er in den Augen der Major-Bosse als Musiker mit seiner kantigen Art offensichtlich zu wenig massenkompatibel.

Der Vergleich mit einer ähnlichen Entwicklung wie seiner Zeit der eines Steve Earle in Nashville liegt nahe, mit dem Pinson u. a. auch immer wieder in einem Atemzug genannt wird, wenn es um die Charakterisierung seiner Musik geht. Die gute Nachricht in jedem Fall: Der gebürtige Texaner geht weiterhin konsequent seinen Weg, seine zweite CD steht dem Vorgänger in nichts nach. Marginale Änderungen wie das äußere Erscheinungsbild (jetzt im „modischen“ Kurz-Haarschnitt, die strohig herabhängenden Haare und der Cowboyhut sind verschwunden), die Produktion (diesmal in Eigenregie, vormals zusammen mit Joe Scaife), sowie die leicht abgespeckte Musiker-Mannschaft (der Korpus vom Debüt mit Troy Lancester, Billy Panda, Mark Hill, Mike Rojas, Russ Pahl und Brian Pruitt ist aber erhalten geblieben), sind ein Zeichen für Frische in Kombination mit Kontinuität, bei weiterhin hohem Qualitätsanspruch.

Und so verbindet Pinson erneut seine intelligenten und lebensnahen Texte (“I put myself into the character of that guy who’s made some mistakes but lived to learn from them. My music allows me to carry other peoples pain on my shoulders with hopes that the weight of their world might get a little lighter three minutes and twenty seconds at a time.”) mit einer auf Country-Traditionen befindlichen, rockig rootsigen Americana-nahen New Country-Basis. Ruhige Storytelling-Songs („Back In My Drinkin’ Days“, das melancholische „If I Met God Tonight“, „This Close To Heaven“ oder das traurige „If I Don’t Make It Back“, welches auch von Tracy Lawrence auf seinem letzten Werk interpretiert wurde), bei denen Bobbys rauchig kratziges Stimmorgan bei wunderschön zurückhaltender Instrumentierung mit Akustik- und E-Gitarre, ganz dezent Piano, Orgel, Steel oder Mandoline (diesmal komplett ohne Streicher) unnachahmlich zur Geltung kommt, wechseln in gut dosierter Form mit rockigeren und etwas temperamentvolleren Liedern, die dann meist von Pinson’s eigenwilligem Humor begleitet werden.

Das an Jack Ingram erinnernde „Just To Prove I Could“, das von einem dezenten U2-E-Riff getragene „Don’t Think I Don’t Think About It“, das southern-swampige „Right To Be Wrong“ (fast wie für Van Zant auf den Leib geschrieben), das poppige, mit einer Prise Heartland-Touch versehene „I Probably Will“, das recht flotte, ein wenig an Big & Rich angelehnte „Past Comin’ Back“ oder das von den Van Zant-Brüdern bereits auf ihrem New-Country-Debüt-gecoverte „Takin’ Up Space“ beweisen, dass Bobby auch bei flotteren Nummern eine gute Figur abgibt. Hervorragend, wie bereits erwähnt, die Instrumentierung auf höchstem Niveau, bei der es einfach Spaß macht zuzuhören. Mit „Songs For Somebody“ hat Bobby Pinson in einer schwierigen Situation einen exzellenten Nachfolger hingelegt. Das spricht schon für sich. Leute mit Vorliebe für eine gewisse musikalische Eigenständigkeit werden erneut voll auf ihre Kosten kommen. Der John Deere-Traktor mit dem Flugzeug-Motor (mit dem sich Pinson einst verglich) läuft weiter auf vollen Touren…

Cash Daddy Records (2007)
Stil: New Country

01. Back In My Drinkin‘ Days
02. Just To Prove I Could
03. Don’t Think I Don’t Think About It
04. Right To Be Wrong
05. If I Met God Tonight
06. I Probably Will
07. This Close To Heaven
08. Past Comin‘ Back
09. Takin‘ Up Space
10. If I Don’t Make It Back
11. The Miles

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Bobby Pinson – Man Like Me – CD-Review

Bobby Pinson galt lange Zeit als ‚Nashville’s best gehütetes Geheimnis‘. Denn trotz höchster musikalischer und auch kompositorischer Begabung erwies sich sein Gang nach Music City zunächst als großer Flop. Statt Musik machen war lange Zeit nach Beendigung seines Militärdienstes hartes Arbeiten in diversen Gelegenheitsjobs angesagt, bis eines Tages zumindest die Labels Sony/ATV Music und Stage Three Music sich seiner Dienste als Songwriter annahmen, und ihn jeweils für einige Zeit verpflichteten (Ergebnis u. a. . Stücke wie „Takin‘ Up Space“ für Van Zant, für „Everywhere But Hollywood“ Tracy Lawrence, Blake Shelton, Trent Willmon oder LeAnn Rimes).

Aber wer ist dieser Bobby Pinson überhaupt? Aufgewachsen im texanischen Niemandsland schnappte er sich schon als junger Bursche mangels anderer Gelegenheiten die Gitarre seines Vaters und begeisterte sich nebenbei auch noch für prosaische Werke des Dichters Shel Silverstein. Erste Auftrittserfahrungen sammelte er bei Geschichtenerzählwettbewerben. Seine musikalischen Neigungen erstreckten sich von Bruce Sprinsteen, Steve Earle bis zu Countryikonen wie Willie Nelson oder Johnny Cash.

Die große Wende in seinem Leben leitete wohl Produzent Joe Scaife ein, der auch sein Debütalbum „Man Like Me“ mitbetreute. Dieser hatte kurz zuvor mit Gretchen Wilson einen unerwarteten Riesen-Coup gelandet, und das Label RCA bat um weitere Geistesblitze dieser Art. Scaife hatte Bobby mehrfach live gesehen und witterte hier weiteres unentdecktes Potential. Wie recht er hatte, wenn es bisher auch nicht ganz so durchschlagend klappte wie bei der vorangehend erwähnten Interpretin. Immerhin knackten das Album und auch die erste Single „Don’t Ask Me How I Know“ für einige Zeit die Billboard-Top-Twenty.

Die CD bewegt sich zwischen New-Country („Man Like Me“, vielleicht die Antwort auf Tim McGraws Hit „Live Like You Were Dying“) der eher trockeneren Sorte mit dezentem Southern-Feeling (I’m Fine Either Way“, tolle Mundorgel, klasse Double Leads), trotzdem knackig und klar produziert, und einer gehörigen Portion Roots-Rock („One More Believer“, „Way Down“) mit jede Menge Heartland-Flair („Nothin‘ Happened In This Town“, ähnelt eine wenig „Small Town“, „Ford Fairlane“ und „Shadows Of The Heartland“), wie er für John Mellencamp typisch ist. Für den Spaß-Faktor sorgt der flotte, rhythmische Gute-Laune-Song „Started A Band“ im Stile von Dr. Hook auf Countrypfaden.

Das Resultat lebt natürlich auch von Bobbies unglaublich erwärmender Kratzstimme, die aber sehr variabel eingesetzt wird. Vieles erinnert an Steve Earle, John Mellencamp, Tom Waits und, wenn der Gute das Reibeisen mal in die Ecke geworfen hat, an Johnny Van Zant, Eddie Montgomery (Montgomery Gentry) oder auch Tim McGraw, gerade, wenn sich die Stücke in emotionaler Richtung bewegen. Ich würde einiges darauf verwetten, dass letztgenannter Herr McGraw sich in Zukunft auch mal eines Pinson-Songs bedienen wird. Grandios natürlich auch die beteiligten Klasse-Instrumentalisten, wobei Bill Panda (Akustikgitarre und Mandoline), sowie die exzellenten E-Gitarristen Troy Lancaster und David Grissom (Ex-Mellencamp, Storyville) unaufdringliche Glanzarbeit leisten. Toll wie bei einigen Balladen, statt wie sooft verwendeter schmalziger Violinen und bombastischer Keyboards, hier ein dumpf klingendes Cello (John Catchings) eingebracht wurde, und einem Stück wie „Time Well Spent“ bei seinem dramatischen E-Gitarren-Finale noch weitere Tiefe vermittelt.

Die Botschaften in Pinsons Texten sind ähnlich wie bei Johnny Van Zants Songwriting nicht gerade spektakulär (don’t quit your High School football team halfway through the season, don’t drink the water in Mexico…), zum Teil religiös (Jesus loves me – Hidden Track) und autobiographisch (nothin‘ happens in this town) geprägt, aber teilweise auch mit hintergründigem Humor versehen (makin‘ plans that didn’t make sense, wastin‘ time, wastin‘ time well spent).

Insgesamt eine ansprechende Dreiviertelstunde, die ich persönlich nur jedem empfehlen kann. Bobby Pinson erscheint mir als gerade entdeckter hochtalentierter Künstler mit einer phantastischen Stimme, den es gilt, einer noch breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Man darf sich schon jetzt auf seine nächsten Ideen, Lieder oder Alben freuen. Wie bereits anfangs erwähnt, gut dass manche Geheimnisse auch schon mal gelüftet werden…

RCA Records BMG Music (2005)
Stil: New Country

01. I’m Fine Either Way
02. Nothin‘ Happens In This Town
03. One More Believer
04. Don’t Ask Me How I Know
05. Man Like Me
06. Started A Band
07. Ford Fairlane
08. Shadows Of The Heartland
09. Way Down
10. I Thought That’s Who I Was
11. Time Well Spent
12. Jesus Loves Me (Hidden Track)

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