Billy Ray Cyrus – Wanna Be Your Joe – CD-Review

Nach dreijähriger Auszeit, die unter anderem mit recht erfolgreicher Schauspieltätigkeit überbrückt wurde, hat Billy Ray Cyrus musikalisch nun endlich wieder richtig Feuer gefangen und die Fans, deren Liebe zwischen traditionell fundamentiertem, aber auch modernem New Country und fetten southern-würzigen Countryrockern hin und her pendelt, dürfen sich die Hände reiben: Sie erleben einen Billy Ray Cyrus, dem es gelingt, seine ohnehin schon beeindruckenden Werke von 2003 „Time Flies“ und „The Other Side“ sogar noch einmal zu toppen.

Das Cyrus-typische Grundrezept aus wohltuenden, zum Teil mit emotionalem Teint behafteten Balladen, melodischen, flotten Midtemposongs und einigen kraftvollen, stampfenden Rockern mit den schon erwähnten Southern- und Honkytonk-Attitüden ist dabei erhalten geblieben. Unglaublich gute Instrumentalisten (herausragend vor allem die Gitarren-Spieler Terry Shelton, Brent Mason und Pat Buchanan), kleinere, musikalische Experimente, wie das Einbinden von dezenten Saxophon-Parts (glänzend hier Max Abrams), sowie Kombinationsgesang mit legendären Größen wie George Jones und Loretta Lynn („Country Music Has The Blues“; schöner, stampfender, traditioneller Country-Blues) oder mit seiner Tochter Miley (bei „Stand“, einem geradlinigen, melodischen Rocker), sorgen noch mal für das Tüpfelchen ‚on top’. Die Produktion, für die sich Billy mit diversen Co-Produzenten verantwortlich zeigt, ist wunderbar knackig, klar und sehr modern gehalten.

Apropos modern: Bei „I Want My Mullet Back“ (starker, fett Gitarren-lastiger Countryrocker mit viel Southern-Flair) wird der legendären 80iger-Frisur (vorne kurz, mit langer Hintermatte), die einem mittlerweile modischen Haarschnitt gewichen ist, humorvoll hinterhergetrauert. Seine eigentliche Kraft für dieses Album scheint Billy Ray im übrigen aus der Trauer um seinen Vater zu schöpfen, der im Februar dieses Jahres an Krebs verstorben ist. So ist es keine Überraschung, daß er ihm dieses Album in großer Dankbarkeit widmet, insbesondere aber den Song „Hey Daddy“.

Doch auch Rennfahrer-Legende Dale Earnhardt und Billy Rays musikalischer Held, Lynyrd Skynyrds Ronnie Van Zant werden bei „The Man“ (Akustikgitarren-, Mandolinen-,Steel-betonter Midtemposong) und „The Freebird Fell“ mit emotional berührenden Texten gewürdigt. Gerade das zweitgenannte Stück (übrigens eine Gemeinschafts-Komposition von Cyrus und den ex-Lynyrd Skynyrd-Mitgliedern Ed King und Artimus Pyle) ist eines der absoluten Highlight dieses Werkes. Ein lang gezogenes E-Gitarren-Riff, klasse Akustikgitarre, ein sehr emotionales Organ von Billy Ray, sowie herrliche, weibliche Backgrounds im Refrain erzeugen eine dieser mitreißenden, country-infizierten Southern-Hymnen, wie man sie leider viel zu selten zu hören bekommt. Und wenn die Nashville-E-Gitarren-Asse Brent Mason und Pat Buchanan dann so richtig Southern-typisch in die Saiten greifen, läuft einem auch nach so vielen Jahren noch ein Gänsehaut-erzeugender Schauer den Rücken herunter. Der Song ist ein klares Muss für jeden Südstaaten-Fan!

Aber auch „Ole What’s Your Name“ besitzt mit seinem straighten Rhythmus (Kuhglocken-mäßiges Klackern im Drumming, klasse hier Greg Morrow) und seinen Skynyrd-typischen E-Riffs enormes Spaßpotential für diese Klientel, wie auch für die Freunde des angerockten New Countrys der Sorte Van Zant oder Montgomery Gentry. Das partytaugliche „Lonely Wins“ mit seinem stampfenden Slide-Rhythmus und den forschen Saxophon-Einlagen dürfte selbst so manchen Tanzmuffel aufs Parkett treiben. Natürlich präsentiert Cyrus auch seine sanftere Seite. So fließt uns das wunderbare, etwas poppige (wirkt hier überaus angenehm) Titelstück „Wanna be your Joe“ bei exzellenter Instrumentierung (tolle Gitarren von Terry Shelton und brillantes Lap Steel-Spiel von Dan Dugmore) und einer tollen Melodie völlig locker und flockig ins Ohr, „Wouldn’t Be Me“ kommt bluesig balladesk rüber (klasse hier die integrierten Sax-Fills und ein tolles E-Gitarren-Solo) und bei „How’ve Ya Been“ handelt es sich um einen nachdenklichen Love-Song (Slide/Steel/Piano) ohne jeglichen Kitsch-Faktor.

Beim Bonustrack „A Pain In The Gas“ gibt sich Billy zum Abschluss im Stil eines „Straßenmusikers“. Dabei demonstriert er gekonnt seine Qualitäten an der Akustikgitarre und gibt sogar noch eine kleine Pfeif-Einlage zum Besten. Das 20-seitige Booklet enthält im übrigen sämtlich Texte der ausnahmslos von Cyrus komponierten, bzw. co-komponierten Songs! Der Mann ist in einer blendenden Verfassung und scheint, obwohl ihm der große kommerzielle Erfolg der frühen „Achy Breaky Heart“-Tage schon länger versagt bleibt, immer besser zu werden. Eine absolute Top-Leistung, Mr. Cyrus!

New Door Records (2006)
Stil:  New Country

01. Wanna Be Your Joe
02. I Want My Mullet Back
03. Man (Tribute To Dale Earnhardt)
04. I Wouldn’t Be Me
05. What About Us
06. Country Music Has The Blues
07. Freebird Fell
08. I Wonder
09. Lonely Wins
10. How’ve Ya Been
11. Ole What’s Her Name
12. Hey Daddy
13. Stand
14. Pain In The Gas (Bonus Track)

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