Mary Gauthier – Rifles & Rosary Beads – CD-Review

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Puh, schwermütiger Stoff. Die hoch angesehene Singer/Songwriterin Mary Gauthier (von der Los Angeles Times mittlerweile auf eine Stufe mit Musikern wie Kris Kristofferson, John Prine und Bob Dylan gehievt) hat sich mit auserwählten Kriegsveteranen zusammengefunden und sie, zwecks Aufbereitung ihrer Traumata, an den Liedern ihres neuen Werkes „Rifles & Rosary Beads“ mitarbeiten lassen, um quasi ihren Schicksalen und Erlebnissen eine Stimme zu verleihen. In der Intention zunächst mal sehr ehrenrührig und sicherlich wichtig.  Irgendwo hält sich, ehrlich gesagt, mein Mitleid für Berufssoldaten allerdings auch in Grenzen.

Gut, ich, der Dank seiner Aufnahme in die Sportkompanie, damals wie heute, unser Land eher mit dem Tischtennis-Schläger hätte verteidigen können (ich musste aber halt auch in den drei Monaten Grundausbildung mit Pistole, G3 und Panzerfaust hantieren und als Kanonier on top mit Flugabwehrraketen schießen – allerdings mit äußerstem Unbehagen), kann leicht reden. Trotzdem war dank dieser Erfahrungen recht schnell klar, dass sich meine nachfolgenden Kampfeinsätze, höchstens noch auf ungeliebte Insekten in den eigenen heimischen vier Wänden beschränken würden. Immerhin war es aus der Retrospektive irgendwo eine heilsame, als auch abhärtende Erfahrung.

Aber Menschen, die das Soldatentum zu ihrer Berufspassion machen und dann noch aus einem Land kommen, das sich als der Welt größter Kriegstreiber und Destabilisator gibt, brauchen sich dann im Prinzip nicht zu wundern, wenn es nicht bei Orientierungsmärschen in den Rocky Mountains bleibt, sondern zwecks monitärer und geopolitischer Interessenvertretung ihrer sogenannten Eliten, an den Hindukusch, in den Irak, nach Mali oder sonstige unkalkulierbare Krisengebiete geht, um den Kopf, mit all den potentiellen schlimmen Folgen (hier in den Songs schwerpunktmäßig thematisiert), hin zu halten. Ok, am Ende ist man immer schlauer.

Das elf Stücke umfassende Werk ist ein relativ schwermütiges Konglomerat aus allerdings sehr einfühlsam und fein instrumentierten (E-, Akustikgitarren, Fiddle, Cello, Harp, Piano, Akkordeon, Mandoline) sowie emotional besungenen Stücken geworden, die sich zwischen Singer/Songwriter-, Country- und Folk-Stoff, meist in bedrückender Form, gekonnt ihren Weg bahnen.

Wahrlich kein Stoff, der aufmuntert. Mehr was für innerlich stabile oder rein musikalisch interessierte Leute. Depressiv veranlagte Menschen, sollten, zumindest meiner Ansicht nach, gerade in diesen düsteren und ungemütlichen Tagen, wohl besser eine andere Musik wählen.

Eigentlich hat das Werk aus meiner Sicht eher präventiven, anklagenden Charakter und dient mehr als Wasser auf die Mühlen von intellektuellen Mahnern, Pazifisten, Friedensaktivisten & Co., die dem globalen Treiben ihres Landes (zurecht) kritisch gegenüberstehen.

So bleibt Mary Gauthiers „Rifles & Rosary Beads“ (produziert von Singer/Songwriter-Kollege Neilson Hubbard) ein gut gemeinter und auch durchaus richtiger Fingerzeig an Leute, die mit dem Gedanken spielen, aus verklärtem Patriotismus, sich in entsprechende Gefilde zu begeben, sowie als etwas Seelenmassage für die hier Involvierten, samt der unzähligen sonstigen betroffenen Leidensgenossen. Ändern muss sich allerdings in erster Linie vor allem die Politik und Selbsteinschätzung ihres Landes. In diesem Sinne – make music and love, not war!

Thirty Tigers (2018)
Stil: Singer/Songwriter

01. Soldering One
02. Got Your Six
03. The War After The war
04. Still On The Ride
05. Bullet Holes In The Sky
06. Brothers
07. Rifles And Rosary Beads
08. Morphine 1-2
09. It’s Her Love
10. Iraq
11. Stronger Together

Mary Gauthier
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