Thunder – 23.01.2018, Kantine, Köln – Konzertbericht

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Ich kenne eigentlich niemanden in meinem Southern Rock-Bekanntschaftskreis, der nicht auch irgendwie Sympathien für die britische Hard Rock-Band Thunder empfindet. Gutes, melodisches, niveauvolles und auch viel launiges, biersüffiges Songmaterial, charismatischer Leadgesang samt starker Band-Persönlichkeiten, hervorragende Gitarrenarbeit, sind allesamt, auch in ‚unseren‘ Kreisen, gern registrierte Attribute.

So bin ich seit Anfangstagen in Besitz aller ihrer eigentlich ausnahmslos gelungenen Studioalben und auch einiger Live-Tonträger. In unseren Landen war die Band um Luke Morley und Danny Bowes nie die ganz große Nummer, sondern eher immer ein gern gebuchter und angesehener Anheizer für Festivals und die ganz großen Acts der Hard Rock und Heavy Metal-Szene. Es reichte als Headliner meist, wenn überhaupt, leider höchstens für Hallen der mittleren Kategorie.

Seitenprojekte, nach sporadischen Trennungen und Reunion der Band, ihrer beiden Leader (Bowes & Morley) und auch von Chris Childs und Harry James (wieder mit herrlich kauziger Erscheinung) bei Shadowman, waren stets von gewohnt ordentlicher Qualität, fanden aber kommerziell gesehen, lediglich überschaubare Beachtung.

Live habe ich die Briten bisher zweimal erlebt, einmal 1995 in der proppevollen Bochumer Zeche (mit Lee Aaron als Support) am vermeintlichen Zenit ihrer Karriere und viele Jahre später auch nochmals an gleicher Stelle, was aber auch schon weit über zehn Jahre her ist. Schön, dass sich jetzt wieder im Rahmen ihrer aktuellen „Rip It Up“-Tour, in der Kölner Kantine, erneut die Gelegenheit, diesmal sogar im Rahmen eines Konzertberichts ergab. Nur enttäuschende, knapp etwas über 300 Zuschauer, hatten letztendlich an einem Dienstag in der Woche die gleiche Intention wie wir.

Zunächst hatte die Dortmunder Band Markk 13 mit Eigenkompositionen im Dunstkreis klassischen 90er Hard Rocks a la Bonfire und Konsorten wie u. a. „Dead Widow“, Girls Gone Wild“ und „Bad Side Of The City“ für eine halbe Stunde den Support-Act gegeben, wobei Gitarrist Roman Rakete mit einigen quirligen E-Soli punkten konnte. Eine ganz passable Vorstellung.

Nach 30 Minuten Umbaupause betraten um 21:00 Uhr Bowes, Morley, James, Childs und Ben Matthews die Bühne, um mit „Wonder Days“, dem Titelstück ihres vorletzten Albums, sofort den Stimmungspegel auf ein beträchtliches Maß anzuheben (und auch bis zuletzt zu halten). Über „The Enemy Inside“, „Serpentine“ ging es zu „Ressurection Day“, das die überstandene Krebserkrankung mit den damit verbundenen Unannehmlichkeiten von Ben Matthews reflektiert.

Mit „Right From The Start“ folgte das erste Stück des neuen Werkes „Rip It Up“ und zugleich die erste der berühmten Thunder-Semi-(Akustik) Balladen, bei der Danny mit emotionalem Gesang und Luke mit seinen filigranen Soli (hier an der Stratocaster) glänzten. Die beiden Thunder-Klassiker „Backstreet Symphony“ und „Higher Ground“ führten zum ersten Siedepunkt des Gigs.

Überhaupt trug der nicht zu bremsende, stetige Unruheherd, Danny Bowes, wie immer, seinen erheblichen Teil dazu bei, dass der beträchtliche Unterhaltungswert garantiert war. Er sang in seiner unnachahmlichen Art, kreischte, wirbelte über die Bühne, hüpfte und animierte die Zuhörerschaft immer wieder zur Interaktion. Das war durchgehend 120% pure Energie, obwohl der Mann mittlerweile ja auch schon stramm auf die Sechzig zugeht.

Das starke atmosphärische „In Another Life“ (hymnisch anmutendes Solo von Morley am Ende), das stoneske „The Thing I Want“ und die Killerballade „Don’t Wait For Me“ (Highlight!) waren die Vorboten für ein furioses Finish-Trio mit Tracks wie „She Likes The Cocaine“, dem 90er-Hit „Love Walked In“ und dem zünftigen „I Love You More Than Rock’n’Roll“ zum Ende des Hauptteils.

Die stürmischen Zugabeforderungen des begeistert und frenetisch mitgehenden Publikums wurden mit dem launigen Who-Evergreen „Substitute“ (sprichwörtlich als Ersatz für das eigentlich geplante „River Of Pain“) und „Dirty Love“ (Bowes zelebrierender Auftritt beim Intro war schon allein das Eintrittsgeld wert) bestens gewürdigt, bei dem das Quintett der diesmal, auch mit vielen jüngeren Menschen durchsetzten Audienz, wie so oft bewies, dass Männer unseres Alters immer noch höllisch intensiv abrocken können. Unterhaltung pur, ein absolut starker und kurzweiliger Abend mit Thunder in der Kölner Kantine – natürlich auch für Southern Rock-Freaks wie uns!

Danke an Marcus Neu (Kantine) für die Akkreditierung!

Line-up:
Danny Bowes (Lead vocals)
Luke Morley (Electric and acoustic guitars, vocals)
Ben Matthews (Keyboards, electric guitar, vocals)
Chris Childs (Bass, vocals)
Harry James (Drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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