Kevin Costner & Modern West – Turn It On – CD-Review

Wenn Schauspieler ins (Rock-) Musikfach wechseln (vor allem die aus dem vermeintlich glamourösen Stadtteil einer kalifornischen Metropole) gilt das in der Regel als eine weitere Option, ihre Kontostände (die sich eh meist schon jenseits von Gut und Böse befinden) aufzubessern oder ihre vermutlich schon von Geburt an verankerte Profilneurose noch intensiver ausleben zu können. Ein halbwegs positives Beispiel war mal vor einer gefühlten Ewigkeit für kurze Zeit Don Johnson (mittlerweile natürlich auch in der Versenkung verschwunden), der mit seinen zwei Alben „Heartbeat“ und „Let It Roll“ die Gunst der Stunde von Miami Vice nutzen konnte und dabei eine ganz akzeptable Figur abgab. Was viele vielleicht nicht wissen, er ist auch Co-Writer des schönen Dickey Betts & Great Southern-Stückes „Bougainvillea“.

Eine wirklich erfreuliche und sehr ernst zu nehmende Ausnahme bahnt sich hier seit geraumer Zeit auch im Fall von Kevin Costner an. Der scheint auf jeden Fall den Vorteil zu haben, auf eine recht fundierte musikalische Grundausbildung verweisen zu können (er musiziert schon über zwanzig Jahre). Dazu legt er, was seine Person und seine Möglichkeiten betrifft, eine für Schauspieler seines Levels ungewöhnlich gesunde Portion Realismus an den Tag. Mit seinem Debüt „Untold Truth“ verbuchte er bereits viele positive Kritiken und auch die Live-Auftritte mit seiner Band Modern West ernteten Lob von fast allen Seiten.

Sein zweites Werk „Turn It On“ untermauert sein Bestreben, auf musikalischem Terrain kontinuierlich sesshaft zu werden, nachhaltig. Um es vorwegzunehmen. Costner und seine Modern West-Crew (John Coinman, Teddy Morgan, Park Chisolm, Blair Forward, Larry Cobb) haben erneut ein kurzweiliges Americana-Häppchen (von Roots Rock bis New Country sind alle damit verbundenen Ingredienzien verarbeitet) kreiert, das sich vor bereits etablierten Vertretern in diesen Genre-Sphären keineswegs zu verstecken braucht.

Ein gutes Händchen bewies der aus dem beschaulichen Compton stammende Kalifornier bei der Auswahl der Songs, die laut eigener Aussage ohne Rücksicht auf eventuell verletzte Eitelkeiten (auch bei sich selbst) einer strengen Qualitätskontrolle standhalten mussten, um letztendlich den Platz auf dem Silberling zu ergattern. Bis auf ein sehr gelungenes, fetziges Cover des BoDeans-Stückes „Red River“ (mit klasse Fiddle-E-Gitarrenduell) setzten sich, soweit ich es beurteilen kann, ausnahmslos Eigenkompositionen aus dem bandintern geschaffenen Fundus durch.

Produzent und Mitmusiker Teddy Morgan hat gute Arbeit geleistet. Costners angenehmes Stimmorgan mit teilweise recht markantem Timbre wurde optimal mit den klar ausgesteuerten Instrumentalzutaten (E- und Akustikgitarren, Fiddle und dezente Keyboards spielen die zentrale Rolle) in Einklang gebracht, wobei im Aufbau der Tracklist als auch innerhalb der Songs auf Tempovariationen Wert gelegt wurde, was dem Ganzen eine große Portion Kurzweiligkeit beschert. Die knapp 45 Minuten vergehen daher wie im Flug.

Zu meinen Favorites des Albums zählen der flockige Opener „Turn It On“ (Mischung aus Bruce Springsteen und John Hiatt, klasse Slide-Solo), „Ashes Turn To Stone“ (wiehernde Fiddle, kreischendes E-Solo, sehr dynamischer Verlauf), „The Way You Love Me“ (rauchige Stimme Costners, weibliche Harmonies, ruhige Slidepassage, entspannte Atmosphäre) und der Gute Laune-Country-Stomper „Saturday Night“ (Marke Billy Ray Cyrus, wieder recht Slide-betont). Wenn es was zu beanstanden gibt, ist es höchstens das vielleicht etwas statische Drumming von Larry Cobb und ein marginales Absacken des Niveaus gegen Ende.

Insgesamt ist „Turn It On“ von Kevin Costner & Modern West in jedem Fall eine gelungene Sache. Und dann kommt das aber doch noch mit der Popularität. Auch wenn Costner die Gunst seines Bekanntheitsgrades als Support für sein musikalisches Treiben relativiert und auch berechtigt auf seine bisherigen Leistungen verweist, ein Todd Thibaud z.B. kann halt sein neues Album (leider) nicht mal eben in einer bekannten deutschen Fernseh-Unterhaltungsshow vorstellen. Denn dazu erhält der gute Kevin nämlich prompt am kommenden Samstag die Gelegenheit, wenn er seine Single „Let Me Be The One“ (hoffentlich wie hier auf dem Album im Duett mit der vorzüglich singenden Sara Beck) am Samstag präsentieren wird und dazu noch als Wettpate neben unserem allseits bekannten Star-Talkmaster (mit seinem ansonsten fürchterlich klischeehaften Musikgeschmack) auf der Couch Platz nehmen kann…

earMUSIC (Edel) (2010)
Stil:  Country Rock

01. Turn It On
02. Ashes Turn To Stone
03. Moon So High
04. Maria Nay
05. Let Me Be The One
06. Top Down
07. Red River
08. Palisades
09. The Way You Love Me
10. Saturday Night
11. All I Want From You

Kevin Costner & Modern West
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