Kai Strauss & The Electric Blues All Stars – 02.08.2021, Schlachtgarten, Krefeld – Konzertbericht

Nachholtermin des am 04. Juli ausgefallenen Konzerts. Als wenn die Veranstalter und Clubbesitzer durch die Pandemie nicht schon genug gebeutelt wären, musste der für den Termin geplante Kai Strauss & The Electric Blues All Stars-Gig dann auch noch wegen massiver Wasserschäden in Folge der sintflutartigen Regenfälle dieser Tage abgesagt werden.

Dazu fällt mir spontan der nahezu philosophisch tiefgründig anmutende Spruch von Rot-Weiss Essen-Mittelstürmer-Legende Jürgen ‚Kobra‘ Wegmann ein: „Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu…“

Mittlerweile ist der Schlachtgarten dank großen Engagements der Betreiber und Helfer in die bekannt heimelige Location zurück verwandelt, erste Konzerte haben schon wieder stattgefunden und auch der Kai Strauss-Auftritt sollte an diesem Abend jetzt realisiert werden. Immerhin spielte diesmal wenigstens das Wetter mit (auch wenn für einen Abend Anfang August recht kühl).

Zu Beginn betraten nach der Ansage von Mitveranstalter Markus ‚Pille‘ Peerlings zunächst die schick in Schwarz gekleideten Electric Blues All Stars die Bühne und spielten sich mittels eines Instrumentals in ihren Rhythmus. Hier ließ Mit-‚Alpha‘-Musiker Tommy Schneller, der sich aber im weiteren Verlauf ganz uneigennützig in den Dienst des Gesamtensembles stellte, ein erstes starkes Saxofon-Solo ab. Zum Ausklang stieß dann der Protagonist mit seiner blitzeblanken silber-weißen Stratocaster und einem End-Solo mit in den Gig ein.

Was mir direkt gut gefiel, war, dass Strauss sich insgesamt sehr kommunikativ gab und fast vor allen Stücken kleine kurze (bluestypische…) Anekdoten zum Besten gab. Das trug neben der engagierten musikalischen Gesamtleistung auch zur guten Stimmung erheblich bei.

Während seine Rhythmus-Fraktion, bestehend aus dem ultra-cool zupfenden Kevin DuVernay am Bass und Alex Lex am Schlagzeug sich konzentriert der Taktgebung widmete, hatten die drei restlichen Musiker Jens Buschenlange an der Trompete, Keyboarder Nico Dreier (bekannt auch für seine Mitwirkung bei den Bluesanovas – überwiegend mit Orgel- und punktuell mit Piano-Einlagen) und Schneller viele Gelegenheiten, ihre Solo-Künste feil zu bieten. Strauss, sich hier dann aber doch ganz als Platzhirsch zeigend, konterte im direkten Anschluss, so gut wie immer mit seinen quirligen Soli an seinem Paradegerät.

Das Kollektiv spielte im Verlauf ein zweiteiliges Set, inklusiv Tracks aus Kais eigener Feder (mit Hauptaugenmerk auf seinem aktuellen Album „In My Prime“) und diversen Stücken bekannter Blues-Ikonen, zu denen der mit fünf gewonnenen German Blues Awards dekorierte Westfale im Laufe seiner 30-jährigen Karriere eine besondere Beziehung entwickelt hat. Auch wenn sich Strauss als bekennender Fan des Texas Blues outete, und seine Stimme der von Devon Allman sehr ähnelte, stand der Haupt-Fokus doch eher auf den Bläser- und traditionell-ausgelegten Spielarten des Genres (Chicago- und Rhythm And Blues) , die man eher in den etwas nördlicheren und östlicheren Teilen der Staaten präferiert.

Die gute Stimmung im Publikum erreichte dann ihren Höhepunkt, als Strauss beim wahnsinnig starken Slowblues „Hard Life“ für’s ausgedehnte Solo ins Kiesbett vor der Bühne des Schlachtgartens wanderte, im Willie Dixon-Klassiker zu Ehren von Buddy Guys 85. Geburtstag „Let Me Love You Baby“ ein Solo mit der Gitarre hinter seinem Hintern als Showeinlage darbot und beim finalen, furios den Hauptteil abschließenden „Got To Be Some Changes Made“ (aus der Feder von Albert King), auch noch claptoneske Talente offenbarte.

Klar, dass diese letzte Klasse-Nummer den Wunsch im Publikum auslöste, lautstark nach einem Nachschlag zu verlangen. Da ließ sich das Sextett natürlich nicht lange bitten und erfüllte diesen mit einem schönen schunkeligen Instrumental , bei dem sich alle vier nochmals an ihren Instrumenten in eigener Sache ‚zeigen‘ konnten.

Insgesamt somit ein unterhaltsamer und kurzweiliger Abend im Krefelder Schlachtgarten, der eindeutig untermauerte, warum Kai Strauss in der nationalen und internationalen Bluesszene großes Renommee genießt. Ein tolle, mitnehmende und sehr sympathische Werbung für den Blues und den Schlachtgarten als erlebenswerte Live-Open-Air-Location! Vielen Dank an die Organisatoren Kolja und Pille samt Helferschaft, wobei auch der tolle Sound und die hervorragende Bühnenbeleuchtung nicht unerwähnt bleiben sollten.

Line-up:
Kai Strauss – lead vocals, electric guitar
Tommy Schneller – saxophone
Nico Dreier – keys
Jens Buschenlange – trumpet
Kevin DuVernay – bass
Alex Lex – drums

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Kai Strauss & The Electric Blues All Stars
Kai Strauss & The Electric Blues All Stars bei Facebook
Schlachtgarten Krefeld
Kulturrampe Krefeld

Kai Strauss & The Electric Blues All Stars – Live In Concert – CD-Review

Str_300

Review: Jörg Schneider

Kai Strauss zählt zum kleinen Kreis europäischer Bluesmusiker, denen auch amerikanische Kollegen und Kritiker einen authentischen Stil attestieren. Seit 2010 tritt Kai Strauss unter eigenem Namen auf, zuvor tourte er mit seiner Band „The Bluescasters“ und Memo Gonzales, einem texanischen Sänger und Bluesharp-Spieler quer durch Europa. In 2014 gründete er die Band „Kai Strauss & The Electric Blues All Stars“ mit der er bisher u. a. vier CDs veröffentlichte.

Inzwischen wird Kai als einer der großen europäischen Blueser gehandelt, immerhin heimste er seit 2014 schon vier deutsche Blues Awards ein. Zusätzlich spielt Strauss auch auf zahlreichen Veröffentlichungen bekannter Musiker wie z. B. Tommy Schneller oder Bid Daddy Wilson als Gastmusiker mit.

Auf dem neuen Livealbum, bestehend aus zwei Silberlingen in einem ansprechend gestalteten Cover, liefert der Protagonist mit seiner Truppe insgesamt 14 starke Tracks im typischen Chicagoblues-Stil der späten 60er Jahre mit insgesamt rund 1 1/2 Stunden Spieldauer ab. Schade ist allerdings, dass die Live-Athmosphäre dabei teilweise nicht so gut rüberkommt, was aber der musikalischen Brillanz des Albums keinen Abbruch tut.

Kai Strauss beherrscht einen sehr klaren und sauber differenzierbaren Gitarrenstil. Alle Stücke wurden fein abgemischt, vielfach mit toll arrangierten Bläsersätzen („Did You Wrong“). Und wohltuender Weise kommen sämtliche Songs auch ohne wildes Gitarrengeschrammel aus, so dass man sich gut den Feinheiten des Sounds von Kai Strauss und seinen Mitstreitern hingeben kann.

Das Album enthält flottere und tanzbare Nummern, wie z. B. den Opener „Gotta Let You Go“, „Let Me Love You Baby“, oder den Stampfer „Ain’t Gonna Rumble No More“. Aber auch reine Slowblues-Stücke („Highway Blues“, „Hard Life“, „Put That Bottle Down“) werden dem Hörer geboten. Das ganze Set reichert Strauss dann zusätzlich noch mit Boogie-Woogie-beseelten Krachern an: „Judgement Day“ oder das sehr temporeiche „Get The Ball Rolling“ mit den typischen, hackenden Pianopassagen.

Sehr gefällig ist auch der eher gemächlich fließende Boogie „I Ain’t Buying It“. Seinen krönenden Abschluss findet der Doppelplayer schließlich in dem elegisch breit angelegten, neun minütigen „Shades Of Earl“ mit längeren, fast jazzig anmutenden, Gitarren- und Keyboardeinlagen im Mittelteil.

Mit dem vorliegenden Live-Album ist Kai Strauss und seinen Mannen ein authentisches Blues-Konglomerat ganz im Stil der alten Meister des Chicagoblues gelungen. Für Enthusiasten dieses Genres, die Wert auf sauberes Gitarrenspiel und feine Arrangements legen, eine klare Kaufempfehlung.

Continental Blue Heaven (2019)
Stil: Blues

Tracks CD 1:
01. Gotta Let You Go
02. Highway Blues
03. Aint’t Gonna Rumble No More
04. Judgement Day
05. Did You Wrong
06. Hard Life
07. Get The Ball Rolling

Tracks CD 2:
01. The Blues Is Handmade
02. The Game Ain’t Worth Playing No More
03. Let Me Love You Baby
04. Put That Bottle Down)
05. Got To Be Some Changes Made
06. I Ain’t Buying It
07. Shades Of Earl

Kai Strauss & The Electric Blues Allstars
Kai Strauss & The Electric Blues Allstars bei Facebook
H’Art