Lee Brice – I Don’t Dance – CD-Review

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Nun hat er es endlich geschafft! Lee Brice’ drittes Album “I Don’t Dance“ hat auf Anhieb die Pole-Position der Country Billboard-Charts erklommen, nachdem er dieses Ziel mit dem Vorgänger “Hard 2 Love“ nur um Haarsbreite verfehlt hatte. Brice, der aufgrund einer Verletzung, seine anvisierte Sportlerkarriere an den Nagel hängen musste, machte am Anfang zunächst als Songwriter (Hits für Leute wie beispielsweise Tim McGraw, Garth Brooks und Jason Aldean stehen zu Buche) von sich Reden, bis er 2010 mit seinem Debütalbum “Love Like Crazy“ auch als eigenständiger Interpret durchstartete.

Drei Airplay-Nr.1-Singles warf sein nächstes Werk „Hard 2 Love“ ab, dazu gewann er die wichtige Trophäe „CMA/ACM Song of the Year“ mit dem Titel „I Drive Your Truck“. Bereits diese Scheibe deutete dezent an, dass Brice sich mehr als nur strikt dem New Country verbundener Künstler versteht. Ähnlich wie Eric Church auf seinem „Outsider“-Silberling offenbart jetzt auch Brice seinen Hang zum experimentellen Umgang mit dem Genre und öffnet sich auch für weitere Musik-Konsumentenschichten. Ebenfalls mit großem Erfolg. „I Don’t Dance“ hat auch die Top-5 der nationalen Billboard-200-Charts geentert.

Das eröffnende Titelstück “I Can’t Dance“, zugleich erste Single, glänzt durch seine melancholische Note in den Strophen (klasse Gesang von Lee) und einem markanten Refrain und avancierte ebenfalls direkt zum Chart-Stürmer (Platz 5). Mit “No Better Than This“ legt Brice dann mal ein richtiges Countryrock-Brett nach (grandiose BGVs von Kelley Norris). Ein herrlicher von grandiosen E-Gitarren (Tom Bukovac und Travis Bettis) begeleiteter Stampfer im Stil der Black Crowes oder den Dirty Guv’nahs. Klasse!

Das folgende “Show You Off Tonight“ wie auch “Good Man“ (mit sich überschlagendem Strophen-Sprechgesang) könnten auch als Songs für ein Big & Rich-Album durchgehen. Ähnlich wie das eigenwillige Duo kombiniert Brice dann zum Teil flimmernde Synthies, Drum-Loops, Voice-Effekte, Streicher, Dancefloor-Beats, HipHop-Passagen mit countrytypischen Instrumenten wie Banjo, Steel und klasse gespielten Akustik- und E-Gitarren, so dass New Country-, Rock-, Pop-, R&B-Elemente z. T. fließend ineinander verschwimmen. Das ist allerdings wohldurchdacht und wird natürlich von hervorragenden Musikern gekonnt in Szene gesetzt.

Die zweite pianounterlegte Single “Drinking Class“ huldigt der Arbeiterklasse und kehrt wieder etwas mehr zu den NC-Wurzeln zurück. Klasse das launige “Girls In Bikinis“, ein typischer Sommer-Fun-Song im Stile von Luke Bryan/Billy Currington, bei dem man sich sofort an eine karibische Strandbar versetzt fühlt und den Bade-Schönheiten bei gekühlten Cocktails zuzwinkert. “Sirens“ erschlägt fast mit seinem Temporefrain, Lee zeigt hier, dass er auch richtig gut Banjo spielen kann. Bei “Somebody’s Been Drinkin’“ gibt es die brice-sche Variante eines ’Crying In My Beer’-Songs als prompten Durchatmer.

Schon bald in der avantgardistischen Art eines Bryan Ferry serviert der Protagonist “Hard To Figure Out (The Airport Song)“. Ein weiterer Track, den man nicht unbedingt auf einem New-Country-Album erwartet. Dann zaubert der Junge aus Sumpter, South Carolina, noch ein fettes Southern Rock-Stück als Ode an die Heimat aus dem Köcher. “My Carolina“ stampft wie eine Walze unter schwerem E-Gitarrenfeuer durch die Südstaaten-Sümpfe, Travis Bettis greift hier richtig famos in die E-Saiten. Der überragende Song des Albums! Dem Wechselbad der Gefühle nicht genug. Das piano-getränkte „Panama City“ überrascht zum Abschluss mit Gospel-Gesangseinlagen.

Lee Brice will auf “I Don’t Dance“ diesmal sein komplettes Spektrum an kompositorischem Können in einem Album vereinen und performen, und nimmt dabei, ähnlich wie Eric Church, in Kauf, dass der klassische New Country-Hörer so manche härtere Nuss serviert bekommt. Die Chartplatzierungen und sein Mut geben ihm, wie man sieht, scheinbar recht. Er dürfte als Zugpferd bei Curb Records nun endgültig die Lücke schließen, die Tim McGraw hinterlassen hat. Lee Brice weiter unaufhaltsam in der Erfolgsspur!

Curb Records (2014)
Stil: New Country

01. I Don’t Dance
02. No Better Than This
03. Show You Off Tonight
04. Always The Only One
05. Good Man
06. Drinking Class
07. That Don’t Sound Like You
08. Girls In Bikinis
09. Sirens
10. Somebody’s Been Drinking
11. Hard To Figure Out (The Airport Song)
12. My Carolina
13. Panama City

Lee Brice
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