Brent Cobb – And Now, Let’s Turn The Page… – CD-Review

Ich muss zugeben, dass ich als großer Fan von Brent Cobb, zum ersten Mal, von einem seiner Alben „And Now, Let’s Turn To Page…“ , ein Gospelwerk, enttäuscht bin. Allerdings muss man dieses Werk am Ende auch gerechter Weise aus zwei, beziehungsweise sogar aus drei Perspektiven beleuchten.

Zum einen aus meiner persönlichen Sicht als Rezensent mit meinem zu Grund liegendem Geschmack, dann aus der des Künstlers selbst und der seiner potentiellen Klientel.

Im Gegensatz zu den Amis habe ich es nicht mit Gott, Religion und Kirche. Ich bin mit 18 Jahren aus dieser ausgetreten und sie hat mich seit der 5. Klasse dann auch nur einige wenige Male von innen gesehen. Gefürchtet waren immer besondere Anlässe, wie Hochzeiten oder Kommunion und ähnliche Feiern von den Kindern meiner Geschwister.

Ich bin heute nach wie vor der Meinung, dass, wenn Menschen nicht glauben würden, zumindest nicht an religiöse Dinge, würde schon ein Großteil des Leides dieser Erde erspart bleiben. Deshalb kann ich auch mit dieser christlich-umwehten Scheibe, nur in Teilen etwas anfangen. Gut, das ist ein anders Thema und hier geht es ja um Brent Cobb, seine Intention zum Werk und die musikalische Umsetzung.

Die Idee zu einer Gospelsache kam ihm, nachdem er mit seinem Sohn, bei einem Autounfall, fast ums Leben gekommen ist und er die Endlichkeit des Seins rigide vor Augen geführt bekommen hatte. Zudem ist seine gesamte Familie kirchengesangsgeprägt und alle großen Countrykünstler wie Elvis & Co. waren wohl mal in diesen Sphären unterwegs. Warum also nicht auch Brent Cobb.

Der hat acht Klassiker dieses Genres (southern-) countrytechnisch neu interpretiert und einen Song mit seiner Frau dazukreiert.  Die meisten der mit Brian Allen (Bass), Mike Harris (Gitarre) Chris Powell (Drums) und Philip Towns (Keyboards) eingespielten Tracks plätschern dabei mit Piano, sanfter Orgel, Akustikgitarre, etwas Steel, ein wenig E-Slide und Harmoniegesängen, sehr langsam und andächtig vor sich hin. Hier machen die ebenfalls aus Georgia stammenden Anderson East, und Caylee Hammack  einen starken Job. Produziert hat sehr feinfühlig sein berühmter Cousin Dave Cobb.

Richtiges Gefallen finde ich insgesamt nur an den drei Liedern „When It’s My Time“, ein Countryschwofer mit leichten Little Feat-Tendenzen und den beiden southernrockigen „Are You Washed In The Blood“ und  dem Skynyrd-mäßigen „We Shall Rise“, wo Brent seine ganze Klasse aufblitzen lasst.

Aus der Sicht vom gläubigen Brent himself hat er natürlich demnach, ein der Thematik angepasstes, tolles Werk voller familiärer Emotionen und Authentizität abgeliefert, und es dabei musikalisch nahezu perfekt umgesetzt.

Kommen wir zur Klientel. Die Leute, die seine Southern-Country-Rock-Alben mögen und mit Jesus hier und Jesus da, nix anfangen können, so wie ich, werden insgesamt sein künstlerisches Potential würdigen, aber eher unzufrieden sein.

Für Leute, die auf solch andächtige Musik im ruhigen Old School Country-Format stehen und vielleicht auch heute noch religiös verankert sind, ist diese Scheibe natürlich Weihwasser auf ihre Mühlen.

Nach knapp 29 Minuten ist dann die Messe gelesen, bzw. die letzte Seite umgedreht. Bei meinen, von der Anzahl her, spärlichen Besuchen in der Kirche, wäre ich  vermutlich froh gewesen, wenn es, statt scheinheiligem Singsang, solche Musik, wie auf „And Now, Let’s Turn To Page…“ von Brent Cobb, zu hören gegeben hätte. Trotz aller Authentizität der Scheibe hoffe ich, dass er diese demnächst wieder im Dorf lässt und an seine überragenden Alben „No Place Left To Leave“ oder „Providence Canyon“ anknüpft.

Ol‘ Buddy Records (2022)
Stil: Country/Gospel

01. Just A Closer Walk With Thee
02. When It’s My Time
03. In The Garden
04. Are You Washed In The Blood
05. Softly And Tenderly
06. Old Rugged Cross
07. We Shall Rise
08. Old Country Church
09. Blessed Be The Tie That Binds

Brent Cobb
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