Sheryl Crow – Feels Like Home – CD-Review

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Gut drei Jahre ist es her, dass sich Sheryl Crow mit „100 Miles From Memphis“ ein wenig in Soul-Sphären gewagt hatte, was bei einer Musikerin ihrer Kragenweite natürlich zu sehr diversen Reaktionen und Kritiken geführt hatte. Mit ihrem neuen Werk „Feels Like Home“ bewegt sie sich mit auf Nashville fokussiertem Country/New Country erneut auf, zumindest für sie, nicht ganz alltäglichem Parkett.

Um es vorwegzunehmen, diese Art von Musik liegt ihr deutlich besser als die des Vorgängers, weil sie wesentlich mehr Bezugspunkte zu ihrem ursprünglichen ‚Kerngeschäft‘, (Rock/Pop mit Folk- und Country-Elementen) mit dem ihr kometenhafter Aufstieg einst begann, aufweist. Ja, lang ist’s her, ich habe sie damals Mitte der Neunziger mal live im Vorprogramm von Joe Cocker gesehen, da ahnte man schon, dass sie musikalisch zu deutlich mehr prädestiniert ist.

Sheryl Crow erlebte trotz des Erfolges nicht nur Sonnenschein. Ihre als Solokünstlerin vermarktete Karriere führte direkt am Anfang zum Zerwürfnis mit den damaligen Mitmusikern, ihre zwischenzeitlichen Liaisons mit Doping-Sünder Lance Armstrong (wäre sicher mal interessant zu wissen, was sie da wohl so alles mitgekriegt hat?) und anderen prominenten Persönlichkeiten (u. a. Eric Clapton, Schauspieler Owen Wilson) verliefen alles andere als glücklich, dazu kamen noch ihre Brustkrebserkrankung und ein (glücklicherweise gutartiger) Gehirntumor. Das alles hat sie vermutlich zu einer Kämpfernatur gemacht.

So kommt ihr neuer Versuch, im Nashville-Dunstkreis Fuß zu fassen, auch so ein bisschen einer aus dem Leben heraus resultierenden ‚Stehaufweibchen‘-Mentalität gleich. Hier wird sie dann allerdings im Prinzip auch mit offenen Türen empfangen. Arrivierte Songschreiber standen ihr zur Seite (u. a. Chris Dubois, Luke Laird, Chris Stapelton, Al Anderson, Leslie Satcher, Natalie Hemby), absolute Klassemusiker der Studioszene (Greg Morrow, Glenn Worf, Tom Bukovac, Kenny Greenberg, Charlie Judge, Dan Dugmore, Ilya Toshinsky, etc.), dazu illustre Gäste wie Brad Paisley, Vince Gill oder Zac Brown und mit Justin Niebank ein erfahrener Producer, der weiß, wo in Music City der Countryhase langläuft.

Eigentlich wäre es unter diesen Voraussetzungen schon fast einem Wunder gleichgekommen, wenn hier nicht ein tolles Album herausgekommen wäre. Und im Prinzip erfüllt der Silberling dann auch die in ihn gesetzten Erwartungen. Eine schöne Mischung aus rockigeren, einigen Midtempo- und auch balladeskeren Tracks. Crow weiß ihre variable Stimme dem Flair der Stücke perfekt anzupassen, die Musiker wissen ebenso, dass bei solch einer prominenten Persönlichkeit dann auch entsprechendes instrumentelles Niveau gefahren werden muss.

Das fluffige „Easy“ mit seinem Easy-Listening-Gute-Laune-Teint hat es dann auch sofort in die Top-20 geschafft. Besonders gefallen die energiegeladenen Tracks wie „Shotgun“, „We Oughta Be Drinkin'“ (beide mit dezenten „All I Wanna Do“-Reminiszenzen und schönen E-Gitarren), „Nobody’s Business“ (southern-rockig) oder „Best Of Times“ (rootsig, schöne Harp-Einlage). „Callin‘ Me When I’m Lonely“ im flotten Countryblues-Stil und „Crazy Ain’t Original“ mit seinem Frontporch-Veranda-Feeling wissen ebenfalls zu begeistern.

Bei den typischen Country-Balladen „Give It To Me“, „Waterproof Mascara“, „Homesick“ (guter Text – alle sind übrigens im Faltbooklet enthalten) und dem finalen „Stay At Home Mother“ hätte Niebank dann doch gerne ein wenig mehr auf die Emotionalitätsbremse treten dürfen. Also auch noch simulierte Kirchenglocken zu den diversen Streicheruntermalungen sind dann doch ein-, zweimal ein bisschen viel des Guten – im Gesamtkontext zum starken Rest dann aber eher eine Randnotiz und letztendlich doch verkraftbar.

Fazit: Sheryl Crows erster reiner eigenständiger Ausflug ins Country-/New Country-Genre ist insgesamt nahezu perfekt gelungen. Die Songs gehen angenehm ins Ohr und sind anspruchsvoll instrumentiert. Eine gute Balance zwischen Mainstream (der eigentlich nur ganz dezent und unterschwellig stattfindet) und traditioneller Darbietung ist gefunden worden. Aus Sheryls engagiertem, variablem und scheinbar leicht von der Zunge gehendem Gesang sowie auch der Wahl des Albumtitels „Feels Like Home“ lässt sich ein gewisses Wohlbefinden im Genre konstatieren. Stoff irgendwo in der Schnittmenge zwischen Faith Hill, Lee Ann Womack und Martina McBride auf der einen Seite sowie Pistol Annies, The Wreckers oder Julie Roberts auf der anderen. So darf es gerne weitergehen, Ms. Crow!

Warner Music Nashville (2013)
Stil: New Country

01. Shotgun
02. Easy
03. Give It To Me)
04. We Oughta Be Drinkin‘
05. Callin‘ Me When I’m Lonely
06. Waterproof Mascara
07. Crazy Ain’t Original
08. Nobody’s Business
09. Homesick
10. Homecoming Queen
11. Best Of Times
12. Stay At Home Mother

Sheryl Crow
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Bärchen Records

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