Josh Grider – Luck & Desire – CD-Review

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Klasse! Viele Kenner und Experten der heutigen Countryszene sind ja schon seit langem der Meinung, dass die schönere und bessere Countrymusic in Texas gespielt wird, nicht in Nashville – vor allem auch die ehrlichere. Ein absolutes Musterbeispiel für diese These ist der hier mit einem gnadenlos starken, neuen Album aufwartende Josh Grider. Red Dirt meets Country!

Ja, Grider, der sich bisher eigentlich eher auf dem Terrain des texanischen Red Dirts tummelte, legt mit dem herrlichen „Luck & Desire“ den Fokus eindeutig auf traditionsbewussten, dabei absolut zeitgemässen, reinen Country und New Country im Stile der angesagten Neo-Traditionalisten wie die texanischen Kollegen Cody Johnson, Curtis Grimes, John Slaughter und Jason Boland & The Stragglers, und erzielt dabei eine großartige Nashville-Kompatibilität zu solchen Leuten wie George Strait, Easton Corbin, aber auch Dierks Bentley. Er vergisst dabei nie seine Red Dirt-Roots. Joshs vierter richtiger Longplayer (dazwischen gab es eine EP und ein Live-Album) bietet ein in Eigenregie entstandenes Werk voller spürbarer Authentizität.

Der kommerzielle Gedanken blieb weitestgehend außen vor. Trotzdem strotzt das Album nur so vor Qualität und Hitpotential. Mit ein wenig Glück könnte Grider hiermit den Grundstein für einen gewaltigen Karrieresprung gelegt haben, wenngleich es im Lone Star State bereits schon richtig rund für ihn läuft. Die Single „White van“ schaffte es gerade, im übrigen völlig zu Recht, auf die Nummer 1 der dort sehr bedeutenden Texas Music Charts. Der Opener und Titelsong des Albums, „Luck & desire“ erzählt von einer Unterhaltung zwischen Josh und dem Songwriter Jeff Middleton, in der es darum geht, dem großen Traum nachzujagen, in Nashville Fuß zu fassen. Ein sehr nachdenkliches Stück, musikalisch hinreissend schön und melodisch in Szene gesetzt – ruhig, mit akustischer Gitarrenuntermalung, ein paar Piano-Tupfern, Pedal Steel-Linien und lockeren Drums.

Und was hat dieser Josh Grider für eine reine, klare, angenehme Countrystimme! Die folgenden, knackigeren Stücke „Anything Can Happen“, mit einem etwas an Tom Petty erinnernden-Führungsriff und einem den guten, alten Restless Heart recht nahe kommenden Refrain, das fröhlich wippende, großartige „White Van“ und das flotte „Boomerang“ (tolle Bariton-E-Gitarren-/Steel-Solo-Kombination) lassen den Gute Laune-Pegel dann deutlich ansteigen. Gerade das Red Dirt-infizierte „White Van“ hat in Texas, wie bereits erwähnt, sofort richtig eingeschlagen. Die Nummer mit ihrem markanten, leicht mitsingbaren Refrain hätte aber auch in Nashville große Chancen, wenn sie im dortigen Hitradio gespielt würde.

Melancholie pur wird dann in „High Enough“ geboten, offenbar deutlich beeinflusst von Garth Brooks, der zu Joshs Einflüssen zählt. „On Vinyl“, mit einem starken, Southern Rock-geprägten E-Gitarren-Solo, huldigt die alten Zeiten, als nicht nur das musikalische Leben noch etwas übersichtlicher war. Ein Stück, das gut auch zu einem Dierks Bentley passen würde. Ebenfalls mit gewaltigem Hitpotential! „Haymaker“ bietet mit swampiger Note, Geräuscheffekten und surrealem und dezentem psychedelischen Touch die richtige Hintergrundmusik in einem schwülen Südstaaten-Thriller. „Here We Are“ kommt im Stile des 90er New Country-Helden a là Restless Heart oder Diamond Rio.

Dass auch Joshs Ehefrau Kristi eine hoch talentierte Sängerin ist, beweist sie in dem wunderschönen Duett „Skin And Bone“, einer tollen, atmosphärischen Red Dirt Country-Ballade. Ebenfalls ruhig und sehr introvertiert verläuft „Pontiac“, die einzige Fremdkomposition des Werkes. Die Handschrift der uns bestens bekannten Mitschreiberin Lori McKenna ist hier deutlich erkennbar. Das mit einem markanten, sehr eingängigen Refrain ausgestattete „Can’t Stop“ wäre ebenfalls ein potentieller Cover-Aspirant für Dierks Bentley. Mit dem traditionellen, großartigen Honky Tonker „One Night Taco Stand“ gibt es am Ende noch mal einen schön Steelguitar-getränkten, echten Countrysong. Josh Grider lässt mit „Luck & Desire“ unter der Regie von Produzent und Nashville-Musiker Trent Willmon so ein wenig den Country im Stil der 90iger Neotraditionalisten wie Garth Brooks, Tracy Lawrence, Mark Chesnutt, Alan Jackson und Konsorten wiederaufleben, ohne den Zahn der Zeit auch nur ansatzweise zu verfehlen.

Das hat viel Charme und richtig Klasse. Wenn die richtigen Leute in Nashville sein „Luck & Desire“ mal ordentlich durchleuchten, dürfte ein Major-Vertrag zum Greifen nahe sein. Ob das allerdings infolge der Profitgier der großen Labels und dem unweigerlich damit verbundenen Verlust an Authentizität lohnenswert ist, sei einmal dahin gestellt. Auf jeden Fall täte Josh Grider mit diesem Album Music City richtig gut! Wir wünschen Dir viel Glück, Josh! Bleib, wie Du bist – das ist der richtige Weg! Tolles Album!

Eigenproduktion, 2014
Stil: New Country

01. Luck And Desire
02. Anything Can Happen
03. White Van
04. Boomerang
05. Theme
06. High Enough
07. On Vinyl
08. Haymaker
09. Theme
10. Here We Are
11. Skin and Bone
12. Pontiac
13. Can’t Stop
14. One Night Taco Stand

Josh Grider
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Bärchen Records

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