Die Verbindung von mir zu Frank Renfordt, dem Mastermind des Cumberland River Projekts, resultiert, wie im vorhergehenden Review beschrieben, aus einer Zufallsbekanntschaft bei einem Blackberry Smoke-Konzert.
Er entpuppte sich als klasse Songwriter, Musiker und Produzent mit breitem Netzwerk in Sachen (New) Country, Folk und Americana. Vor allem die Einbindung vieler verschiedener Sängerinnen und Sänger belebten sein Projekt und sorgten für enorme Kurzweilligkeit
Für seine neue EP „Vain Regrets“, die am 22. März erscheinen wird, setzt er die Strategie fort, allerdings mit einer entscheidenden Ausnahme, er hat den kompletten Leadgesang übernommen. Leider, aus meiner Sicht, eine zu ambitionierte Entscheidung!
Was die Musik und Produktion betrifft, gibt es wieder mal absolut nichts auszusetzen, alles sehr melodisch, glasklar produziert und mit vielen instrumentellen Feinheiten (Steel, Bariton-E-Gitarren, Dobro, Fiddle) bespickt. Der Gesang, und ich habe mich da schon so oft wiederholt, sollte meiner Ansicht nach bei südstaatlich geprägtem Liedgut wie der Countrymusik, normalerweise von Amerikanern vollzogen werden.
Wie bei vielen anderen Sängern aus unseren Sphären, die ich bereits reviewt habe, weht auch hier der deutsche Stallgeruch omnipräsent an allen Ecken und Enden durch die amerikanisch-countryeske Musiklandschaft und die diesmal zum Teil holprige Textgebung bei einigen Tracks tut dann noch verstärkt ihr Übriges. Auch die eingebundenen Backgroundsängerinnen mit ihren hellen piepsigen Stimmen verfehlen diesmal das Ziel.
Was noch in den Strophen beim Opener und besten Song des Werkes „In Line“ (klasse E-Guitar-Picking von Chris Kaufmann, dem ehemaligen Truck Stop-Gitarristen) mit Mark Knopfler-ähnlichen Vocals (der Line Dance-taugliche Schunkler hat auch insgesamt weitläufig was von dessen „Walk Of Life“) beginnt, offenbart dann spätestens Renfordts gesangliche Schwächen in den Refrains. Dies zieht sich dann ab da wie ein roter Faden durch das gesamte Songkonvolut.
Das von der Intention her schöne „Mr. Spaceman“ sticht als zweiter Track unter den insgesamt sechs Liedern noch etwas heraus. Insgesamt wäre mein gut gemeinter Rat an Frank Renfordt, sich bei weiteren Scheiben wieder auf seine unbestrittenen Kernkompetenzen im Hintergrund zu konzentrieren. Diesmal hat er sich bei „Vain Regrets“ jedenfalls etwas verhoben.
Eigenproduktion (2024) Stil: Country & More
01. In Line 02. Old Friend 03. Wish I Could Have Told You 04. Mr. Spaceman 05. House On The Cliffs 06. Sweet Freedom
Das Cumberland River Project ist wieder so eine kleine Geschichte, wie man sie meist nur im Rahmen eines solchen Magazins erleben kann. Beim Blackberry Smoke–Konzert in Köln stand ich neben zwei Alt-Hieppies, die sich wunderten und mich dann schließlich fragten, warum ich mir denn während des Gigs fortwährend Notizen machen würde.
Ich erklärte ihnen, dass diese dazu dienen würden, zeitnah einen Konzertbericht abzuliefern, der dann im Rahmen des SoS erscheinen würde. Ich drückte ihnen dann eine Visitenkarte in die Hand. Fast zeitgleich drehte sich ein Mann, der etwas vor mir stand, zu mir um, und sagte, dass er unser Gespräch mitbekommen hätte. Er selbst sei Songwriter, Musiker und Produzent im Country-Bereich und bat dann auch um meine Visitenkarte.
Schon am nächsten Tag bekam ich eine Email von einem Frank Renfordt, der sich und sein Projekt dann etwas umfangreicher vorstellte, einen weiteren Tag später hatte ich die aktuelle, mittlerweile zweite CD des Cumberland River Projects im Briefkasten.
Gut finde ich besonders die von Anfang an sehr professionelle Herangehensweise. Zum einen ist dieses Projekt sehr offen ausgelegt, das sieht man schon an den vielen involvierten Musikern und auch sehr unterschiedlichen Leadsängerinnen und -sängern, wobei Frank Renfordt, als Songwriter, Sänger, Musiker und Produzent natürlich hier die Fäden zieht, die weit bis nach Nashville reichen.
Und um den Hauch des Mysteriösen zu verbreiten, werden hier bei den Tracks „Missing Girl“ (ist da etwa Dierks Bentley am Mikro?), „Those Moments“ und dem textlich und musikalisch sehr gelungenen „Mount Everest“, die Leadsänger nicht benannt. Konnte Frank hier etwa richtige Nashville-Stars gewinnen können, die sich halt zum Schutze weiterer Anfragen dieser Art, nicht preisgeben wollten?
Stark zu Gegen ist hier auch wieder Dave Demay, der bereits das Debütwerk des Cumberland River Project produziert hatte und jetzt auch wieder diverse Tracks gesanglich und auch soundtechnisch in Music City mit begleitet hat. Auch die grafisch und fotographisch schön umgesetzte Covergestaltung weiß zu gefallen. Anders als bei vielen Werken aus Deutschland, die mir zur Rezension geschickt wurden, weht hier wirklich von Beginn an amerikanisches Flair durch das Gesamtwerk, auch die Texte klingen nicht, wie so oft aus hiesigen Gegenden, nach Schulenglisch. Man merkt sofort, warum Renfordts lyrische Kreationen auch schon in den Staaten im American Songwriter Magazine prämiert worden sind.
Und so startet sein Zweitwerk direkt mit drei sehr schönen eingängigen New Country-Nummern, von denen mir das mit 90er Flair umgarnte, von Matt Dame, der gesanglich so ein wenig Travis Tritt-Esprit verbreitet, angeführte „She Drives Her Own Truck“ besonders gefällt. Für mich die beste Vokalleistung auf dem Werk.
Nach einer mehr traditionellen Phase, die auch folkige Anleihen beinhaltet u. a. mit dem ein wenig an den großen Kenny Rogers-Hit „Lucille“ erinnernden „Joanne“ und der Gesangs- und Fiddle-Performance der talentierten Jessie Morgan bei „Back You Up“, schlägt mein Herz beim flockigen, in Richtung der früheren Diamond Rio, Restless Heart, Boy Howdy & Co. gehenden „You Can’t Make Someone Love You“ (gesungen von The Voice Of Germany-Teilnehmer Michael Anthony Austin) und dem mit schönen Dire Straits-mäßigen E-Fills verzierten „Mount Everest“ wieder höher. Klasse finde ich hier die Message, dass man nicht gleich den höchsten Berg der Welt besteigen muss, wenn man sich im Leben irgendwelche Ziele setzt.
Die Schlussphase läutet dann das mit blechernen Dobroeinlagen bestückte „Aunt Marian“ (hat was von Hands On The Wheel) ein, die dann wieder sehr country-folkig bis zum abschließenden „Brighter Day“ verläuft. Bei beiden Tracks beweist Frank Renfordt, dass er sich auch am Mikro hinter den anderen Protagonisten nicht zu verstecken braucht. Auffällig ist hier auch das mit schrullig-knochigem Sprechgesang von Eric Trend (Marke Charlie Daniels) versehene „Red River Girl“.
Mit „Smell Of Gravy“ ist Mastermind Frank Renfordt und seinem Cumberland River Project eine kurzweilige und abwechslungsreiche Scheibe gelungen, die diesmal besonders auf die traditionell und eher auf die Anfangsphase des New Country fokussierte Klientel abzielt. Alles bewegt sich hier in jeder Hinsicht auf absoluter Augenhöhe mit vergleichbarem Stoff, den man so aus Nashville kennt. Für den besonderen Geschmack der Soße sorgen die vielen unterschiedlichen Sängerinnen und Sänger, die er für das Projekt gewinnen konnte.
Dass Renfordt durchaus auch vom Southern Rock was weg hat, kann man beim bis dato nur digital produzierten Song „Down At Chicamauga Creek“ (feat. Adam Cunningham) hier begutachten. Ich hätte persönlich nichts dagegen, wenn das potentielle Drittwerk des Cumberland River Projects vielleicht mal in diese Richtung gehen würde.
Eigenproduktion (2022) Stil: (New) Country
01. A Little Love (feat. Brittany Black) 02. Missing Girl 03. She Drives Her Own Truck (feat. Matt Dame) 04. Those Moments 05. Joanne (feat. Dave Demay) 06. House In A Row (feat. Misko) 07. Back You Up (feat. Jessie Morgan) 08. You Can’t Make Someone Love You (feat. Michael Antony Austin) 09. Mount Everest 10. Aunt Marian 11. Your Fanciest Rintone (feat. Dave Demay) 12. Red River Girl (feat. Eric Trend) 13. Blown Away (feat. Dave Demay) 14. Brighter Day