Shawna Russell – Same – CD-Review

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Während in unseren Landen mittlerweile fast jeder ‚dahergelaufene Hund‘ meint, sich im Musikbusiness ohne viel Anstrengung und besondere Begabung etablieren zu können oder sogar zum Superstar aufzusteigen, und dies von unseren ‚berühmten‘ Medien auch noch fleißig suggeriert bekommt, sieht die Lage im Amerika doch ein wenig anders aus.

Da gibt es zwar ebenfalls die einschlägigen Formate, bei denen vielleicht auch mal die eine oder andere Luftnummer zu kurzweiligem Ruhm gelangt (aber eher selten). Dort trennt sich die Spreu vom Weizen dann aber spätestens im folgenden, harten Alltagsgeschäft. Und zwar aufgrund der immensen Konkurrenz, die sich in den Staaten dank der frühen musikalischen Erziehung und der Bandbreite der daraus resultierenden Talente in ganz anderen Dimensionen entwickelt.

Eines dieser vielen positiven Beispiele (zudem ohne Casting-Background) ist die aus Oklahoma stammende Shawna Russell, die mit sieben Jahren ihre ersten öffentlichen Gesangsauftritte absolvierte, mit 13 in der Band ihres Vaters Keith die Country-Clubs unsicher machte und mit 17 bei ihrem Onkel Tim in dessen Formation einstieg (beide sind auch auf dem hier zu besprechenden Album involviert). Dort verbesserte sie ihr Gitarrenspiel (bei teilweise bis zu sechs Auftritten pro Woche) immens. Drei Jahre spielte sie in Sachen Gesang/Gitarre danach noch eine wichtige Rolle in der Band des früheren Garth Brooks -Gitarristen Ty England.

Im Jahr 2008 wagte sie dann mit der Herausgabe ihres Debütalbums „Goddess“ den Satz in die Solo-Karriere. Dieses Album, auf dem sie immerhin 12 der 13 Tracks kreiert hatte, wurde zu Recht von den Kritikern mit Lobeshymnen überschüttet. Mittlerweile hat sie jetzt das nach ihr selbst benannte Folgewerk am Start und auch dieses weiß auf ganzer Linie zu überzeugen. Sämtliche Stücke stammen wieder aus ihrer Feder, produziert haben Grammy-Gewinner Julian King, Clif Doyal und Onkel Tim Russell. Eingespielt wurde der Silberling in Nashville und Oklahoma mit aus der New Country-Szene nicht wegzudenkenden Musikern wie u.a. Charles Judge, Shannon Forrest, Mike Brignardello, Russ Kunkel, Jon Conley, Billy Thomas, David Santos, Jim Brown und dem hier überragend agierenden Bryan Sutton (Mandoline, Akustikgitarre, Banjo).

Zwei Stücke („Everybody’s Got A Story“ und das herrliche „Cemetery Hill“) von „Goddess“ wurden hier nochmal in starken Alternativ-Versionen neu aufgelegt. Im Verlauf des Albums wird das ganze Tempospektrum von balladesk („Phoenix“, „Jeremiah“), über Mid- („Waitin‘ On Sunrise“, „Was It Good For You“) bis hin zum Up-Tempo („Sounds Like A Party“, „Get Right Or Get Left“) abgedeckt. Hier kann Shawna dann auch ihre ganze stimmliche Variabilität präsentieren. Mal zart und einfühlsam, manchmal emotional (grandios auf „Rumor“, einem atmosphärisch-bluesigen Song – dem wohl besten Stück der CD), zum Teil rotzig frech und manchmal auch, im Stile einer Wynonna, aggressiv ‚die Krallen ausfahrend‘ („Get Right Or Get Left“).

Gesanglich bewegt sie sich durchaus schon in einer Liga mit gestandenen Damen wie Martina McBride, Patty Loveless , LeAnn Rimes oder Marke Carrie Underwood, Kellie Pickler und Michelle Branch im etwas jüngeren Segment. Klasse der Einsatz sämtlicher Saiteninstrumente, vor allem die immer sehr Southern-betonte E-Gitarre und die oft von Sutton zum Zirpen gebrachte Mandoline sowie auch die schön dosierten Piano- und Orgelfills. Auf Fiddle und Steel (teilweise durch Conleys filigranes Slide-Spiel ersetzt) wurde verzichtet, trotzdem ein angenehmes (gar nicht mal so kommerziell ausgerichtetes) New Country-Ambiente erzeugt.

Fazit:  Mit ihrem zweiten Longplayer hat Shawna Russell einen weiteren Reifegrad erklommen und ist jetzt gewappnet, im Konzert der großen New Country-Interpreten mitzumischen. Ähnlich wie ich damals schon ganz frühzeitig Keith Urban (als ihn kaum jemand kannte) eine große Karriere prophezeite, lehne ich mich weit aus dem Fenster und prognostiziere (mit ein wenig Glück) auch ihr eine rosige Zukunft. Dieses Mädel ist ungemein talentiert, ideenreich und kann wirklich richtig was. Ein Booklet mit allen Texten, Infos und vielen Bildern des angenehm natürlich wirkenden Countrygirls ist übrigens auch noch dabei. Bestnote!

Way Out West Records (2011)
Stil: New Country

01. Sounds Like A Party
02. Waitin‘ On Sunrise
03. Phoenix
04. Was It Good For You?
05. Get Right Or Get Left
06. Jeremiah
07. Everybody’s Got A Story
08. Rumor
09. Cemetery Hill
10. Carry Me Away

Shawna Russell
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