Canned Heat – Finyl Vinyl – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Canned Heat, die 1965 von Alan „Blind Owl“ Wilson und Bob „The Bear“ Hite gegründete amerikanische Blues Rock- und Boogie-Formation hat seit ihrer Gründung in wechselnden Besetzungen so rund 50 Alben herausgebracht und nun kommt, fast 60 Jahre nach Bandgründung, das Studioalbum „Finyl Vinyl“ (CD & LP) dazu. Allerdings ist von den Gründungsmitgliedern nur noch Adolfo „Fito“ de la Parra als Drummer mit von der Partie.

Der Name des Album bietet natürlich reichlich Anlass zu Spekulationen, ob in Zukunft noch weitere Scheiben folgen werden. Immerhin könnte „Finyl Vinyl“ auch wie „Final Vinyl“ gelesen werden. Zu verdenken wäre es den Recken von Canned Heat sicherlich nicht, bewegen sie sich doch alle in einem fortgeschrittenen Alter, wo man schon mal an Ruhestand denken könnte. Adolfo „Fito“ de la Parra geht mit 78 immerhin schon stramm auf die 80 zu.

Aber nun zum Album selbst, eine durch und durch typische Canned Heat-Scheibe mit reichlich Boogie, was bei den Fans sicherlich gut ankommen dürfte. Gleich der Opener „One Last Boogie“, geschrieben von Jimmy Vivino, zeigt, wo die Glocken hängen und dass die Jungs es immer noch drauf haben.

Mit „Blind Owl“ folgt eine Hommage an das Gründungsmitglied Alan „Blind Owl“ Wilson, der bereits 1970 an einer Überdosis gestorben ist und so großartige Songs wie „On The Road Again“ und „Going Up The Country“ geschrieben hatte. Auch „Goin‘ To Heaven (In A Pontiac)“ ist wieder so ein richtig flott-fröhlicher Boogie Woogie mit reichlich Pianounterstützung. Den leicht psychodelisch angehauchten , aber durchaus Canned Heat-typischen Tune „So Sad (The World‘s In A Tangle“), hatte die Band bereits auf ihrem 1970‘er Album „Future Blues“ eingespielt, hier jetzt allerdings mit keinem geringeren als Joe Bonamassa an der Leadgitarre.

Das Instrumental „East/West Boogie“ eröffnet mit einer starken Basslinie und entwickelt sich mit arabischen Melodien zu einem modernen Bauchtanz-Boogie. Ein ungewöhnliches, interessantes Stück, das aus dem Rahmen der übrigen Nummern dieser Scheibe herausfällt. Auf alle Fälle sehr hörenswert! Mit der beschaulichen Bluesnummer „Tease Me“ wird’s dann für die Zuhörer erstmalig etwas ruhiger, bevor „ A Hot Ole Time“ wieder einen flotten Boogie abliefert.

„You‘re The One“ beginnt mit einem fulminaten Gitarrenintro, verläuft sich dann aber zu einem schönen Midtempo- Blues und leitet somit nahezu perfekt zu dem Slowblues „When You‘re 69“ über. Mit „Independence Day“ und „There Goes That Train“, einem Blues mit Americana-Einschlag, geht die Scheibe dann nach über 45 Minuten freudigen Zuhörens und Zuckungen in Beinen und Füßen leider zu Ende.

Insgesamt ist „Finyl Vinyl“ also ein Album in bester Canned Heat-Manier. Hoffen wir mal, dass es nicht das Ende dieser Boogie-Urgestein-Band markiert. Der Tourplan von Canned Heat weist jedenfalls schon Termine in den USA und auch in Europa aus.

Ruf Records (2024)
Stil: Blues Rock, Boogie

Tracks:
01. One Last Boogie
02. Blind Owl
03. Goin‘ To Heaven (In A Pontiac)
04. So Sad (The World‘s In A Tangle)
05. East/West Boogie (Instrumental)
06. Tease Me
07. A Hot Ole Time
08. You‘re The One
09. When You‘re 69
10. Independence Day
11. There Goes That Train Blues

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Canned Heat – 25.07.2018, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

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Ein halbes Jahrhundert Musikgeschichte und eine weltweite Bühnenerfahrung stehen für den Bandnamen Canned Heat, der traditionsbewusst auf einen alten amerikanischen Blues-Song zurückgeht. Gründungsmitglied und Bassist Larry ‚The Mole‘ Taylor hat den starken Markentitel zusammen mit Schlagzeuger Fito de la Parra bis heute erfolgreich aufrechterhalten. Beide Urgesteine spielten bereits zu Woodstock-Zeiten gemeinsam.

Bei nahezu tropischen Temperaturen um die 30° Grad war ein Einheizer eigentlich nicht erforderlich, aber als die ersten Töne des zeitlosen Top-Hits „On The Road Again“, vom legendären 68er-Album, „Boogie With Canned Heat“ erklingen, zeichnet sich für die Menge ein großartiger Konzertabend ab. Den Gesangspart übernimmt zunächst Gitarrist John Paulus, der sich bemüht, die einzigartige Falsetto Stimme von Alan Wilson nachzuahmen und diese Aufgabe durchaus überzeugend bewältigt.

Gefolgt vom Southern-Blues-Rock getränkten „Time Was“ mit harter Bassline, dem bluesigen „I’m Her Man“ und „Bullfrog Blues“ vom Debütalbum aus dem Jahre 1967, kam mit „Goin‘ Up The Country“ der erfrischende, California-Sound angehauchte, Chart-Erfolg vom dritten Studioalbum „Living The Blues“. Dass sie den Blues auch heute noch ‚leben‘, konnte man spätestens auf dem Slow Blues „So Sad“ hören, der an diesem Abend die einzige ruhige Nummer bleiben sollte.

Die ansonsten durch und durch rockige Blues Performance wurde fortgesetzt mit dem Garage-Sound geprägten Blues-Klassiker „Rollin‘ and Tumblin'“ und dem Publikumsliebling „Let’s Work Together“, der während des Konzertes durch Zwischenrufe immer wieder gefordert wurde. Die obligatorische Zugabe mit dem 12 Minuten-Stunner „Fried Hockey Boogie“, inklusive der ausgiebigen Soli von Gitarre, Bass und Schlagzeug, krönte die Leistung, der von vielen Besuchern verehrten Blues-Helden. Eigentlich sollte es das gewesen sein, aber für „Cryin‘ Won’t Help You“ kamen sie nach lauten „We want more“-Rufen nochmals auf die Stage.

Die ehrwürdige Ballroom-Atmosphäre in der Dortmunder Blues Location und die prominente Bühnenbesetzung haben immer wieder eine besondere Beziehung zwischen Publikum und Band entstehen lassen – zum Beispiel während des Refrains von „Same All Over“ oder nach intensiven Mundharmonika- oder Gitarrensoli, die durch überschwänglichen Applaus gewürdigt wurden. So verabschiedeten sich die Blues Rock-Veteranen Larry Taylor und Fito de la Parra eingerahmt und Arm in Arm mit ihren Gefährten nach einer perfekten und kurzweiligen Show von überwältigten Besuchern, für die dieser Abend teilweise auch ein Rückblick in ihre Jugendzeit war.

Eine der kommerziell erfolgreichsten und bekanntesten Blues Rock- und Boogie-Formationen der Musikwelt hat ihre bis heute andauernde Ausnahmestellung und bewegende Bandgeschichte demonstrativ untermauert und vor allem eines bewiesen: Don’t forget to boogie!

Line-up:
Dale Spalding (lead vocals, guitar, harmonica)
John Paulus (electric guitar, bass, vocals)
Larry Taylor (bass, electric guitar)
Fito de la Parra (drums)

Bilder: Adam Zegarmistrz Glagla
Text: Stephan Skolarski

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