Chris Cagle – Back In The Saddle – CD-Review

Fünftes Studioalbum von Chris Cagle. Auch wenn Chris Cagle während seiner Jahre mit Major-Label-Vertrag immer wieder qualitativ hochwertige Alben abgeliefert hatte, merkte man ihm auf seiner letzten, im Jahr 2008 erschienen CD „My Life’s Been A Country Song„, obwohl sie ihn wieder auf Platz 1 der Country Billboard-Charts katapultierte, doch leichte Abnutzungserscheinungen an, die letztendlich auch zur Trennung von Capitol Records führten. Cagle, der auch immer wieder mit persönlichen Probleme zu kämpfen hatte, nahm sich eine Auszeit, die ihm spürbar gut getan hat.

Mittlerweile wieder verheiratet mit seiner neuen Frau Kay, die drei Töchter in die Ehe brachte und Besitzer einer Ranch in Oklahoma, scheint er nun genug Kraft geschöpft zu haben, um auf musikalischem Gebiet erneut zu alter Form aufzulaufen. Der Wechsel zum Independant Label Bigger Picture und die Zusammenarbeit mit dem neuen Produzenten Keith Stegall (Alan Jackson, Randy Travis, Zac Brown Band), scheinen ihn auch in kreativer Hinsicht enorm beflügelt zu haben, denn Chris ist diesmal entgegengesetzt zum Vorgänger (nur Fremdkompositionen) auch beim Songwriting wieder stark mit von der Partie gewesen.

Der Opener und zugleich die erste Single „Got My Country On“ päsentiert Cagle gleich voll im Saft und man fühlt sich unweigerlich an seine unwiderstehlichen Kracher wie „Country By The Grace Of God“ oder „The Chicks Dig It It“ erinnert. Chris war ja im Prinzip der erste, der Country mit harten Rock-Riffs kombinierte, ist also quasi das Original, ein Stilmittel, dessen sich heute viele Interpreten wie Brantley Gilbert, Jason Aldean oder Dry County immer wieder gerne bedienen. Überhaupt, mit den folgenden „I’ll Grow My Own“ (atmosphärisch, mit Marshall Tucker-/Skynyrd-Feeling), der traumhaften Ballade „Something That Wild“ (Steel-betont) und dem Southern-Swamper „Let There Be Cowgirls“ (satte E-Gitarren plus starkem Solo, 2. Single) legt Cagle einen derart furiosen Auftakt hin, dass man beim sanftmütigen „Dance Baby Dance“ (komponiert mit den Warren Brothers, Stratocasterbegleitung, Pianofills), regelrecht froh ist, mal kurz innehalten zu können.

Das eigenwillige „When Will My Lover Come Around“ bietet dann sofort wieder einen angriffslustigen Hauptakteur (klasse Slidegitarre, Stimmungswechsel, leicht psychedelische Note). Erst jetzt gönnt Chris seiner Hörerschaft eine über drei Songs währende Verschnaufspause (herrlich relaxt „Southern Girl“ mit etwas Eagles-Esprit und wunderschönem Mandolinen-/Steel-Wechselspiel; „Probably Just Time“ mit klasse Dobro-Performance von Dan Dugmore; „Thank God She Left The Whiskey“ eine typische, emotionale Cagle-Ballade mit weinender Steel und Streicherbegleitung). Zumindest textlich geläutert gibt sich der einstige Draufgänger bei „Now I Know What Mama Meant“, musikalisch allerdings geht hier mit Lynyrd Skynyrd-verdächtigen Slide- und E-Gitarren (Brent Mason, Tom Bukovac, dazu tolles Gitarrenfinish) so richtig die Post ab. Wow, ein fulminanter Track, der nochmal richtig aufwühlt!

Zum Abschluss setzt Chris dann mit „Just Enough“, einem von Dallas Davidson und Philipp White 2008 kreierten Mittemposong auf ländlich anmutende Country-Atmosphäre (Fiddle, Southern-trächtige E-Gutarren-Fills, emotionaler Refrain). Ein schönes, entspanntes Ende. Für den instrumentell hochwertigen Genuss sorgen, neben den bereits Genannten, solche Leute wie Bobby Terry, Stuart Duncan, Glenn Worf, Jimmy Lee Sloas, Shannon Forrest, Chad Cromwell, Gary Prim und einige hochkarätige Background-SängerInnen wie u. a. Vicki Hampton. Toll auch die in Aquarell-Optik gehaltene Coveraufmachung mit diversen Bildern von Chris bei seinem aktuellen Ranch-Leben. „Back In The Saddle“ zeigt einen nach längerer Pause wieder sehr starkten Chris Cagle, der angesichts der erbrachten, hervorragenden Leistung in Nashville wieder fester denn je im Sattel sitzen dürfte. Vielleicht so etwas wie das „New Country-Comeback des Jahres“!

Bigger Picture (2012)
Stil. New Country

01. Got My Country On
02. I’ll Grow My Own
03. Something That Wild
04. Let There Be Cowgirls
05. Dance Baby Dance
06. When Will My Lover Come Around
07. Southern Girl
08. Probably Just Time
09. Thank God She Left The Whiskey
10. Now I Know What Mama Meant
11. Just Enough

Chris Cagle
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Bärchen Records