Texas Renegade – Surviving The Flood – CD-Review

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Ganz großartiges, neues Album der texanischen Rootsrock-/Red Dirt-/Countryrock-Band um den charismatischen Bandleader Andy Bertelsen! Fünf Jahre haben sich Texas Renegade seit ihrem letzten Werk „Bad Dreams And Other Things“ Zeit gelassen und man hätte fast meinen können, dass sie in der Flut der heutigen Musikveröffentlichungen und Konkurrenten fast unter gegangen wären. Dem ist aber Gott sei Dank nicht so. Im Gegenteil, man hat sich enorm weiterentwickelt! Mit „Surviving The Flood“ setzt das Quintett ein klares Zeichen und veröffentlicht ihr bisher bislang absolut reifestes, stärkstes Werk. Man ist rockiger geworden, rootsiger, die Songs sind sehr viel abwechslungsreicher, grooven herrlich und sind bestechend stark arrangiert.

Dabei hat es in der Band einige markante Änderungen gegeben. Das Grundgerüst bildet nach wie vor Mastermind Andy Bertelsen (lead vocals, guitars), der auch hier natürlich wieder seinen Stempel dick aufsetzt (er hat erneut alle Tracks, bis auf einen, komponiert oder mitverfasst) und die beiden Zwillingsbrüder Eli (bass) und Tyson Carver (guitars, mandolin, banjo, vocals), die quasi seit der Gründung der Band mit dabei sind. Nicht mehr aktiv an Bord ist Kasey Klepfer, der über viele Jahre mit seinen Mundharmonika-Einlagen auch so etwas wie ein Trademark im Sound des Fünfers darstellte.

Ein erheblicher Verlust, wie man zunächst meinen könnte, doch irgendwie vermisst man ihn überhaupt nicht. Mit dem hervorragend aufspielenden Gitarristen Justin Belz (auch vocals), Ex-Full Throttle, hat man einen exzellenten Ersatz gefunden, zumal dieser, mit dem logischerweise eine, wie gesagt, deutlich rockigere Grundausrichtung einhergeht und die Gitarrenpräsenz entsprechend ausgebaut wurde, auch mit drei Stücken für frischen kompositorischen Wind sorgte. Die fehlenden Harp-Klänge wurden halt mit verstärkten Mandolinen- und E-Gitarreneinsätzen mehr als nur kompensiert, es wirkt nahezu wie eine musikalische Frischzellenkur. Dazu wurde noch Drummer Luke Ayres durch Kyle Ortiz ersetzt. Auch der langjährige Produzent Stephan Belans ist nicht mehr mit von der Partie. Die Arbeit hat man diesmal in Eigenregie übernommen, was mit Bravour gelungen ist.

Traditionell bedient sich die Band auch auf dem neuen Werk starker Gastmusiker: Kimberly Kelly sorgt mit ihren einfühlsamen weiblichen Harmoniegesängen für ein tolles Novum, der arrivierte Keyboarder Clayton Corn, der schon bei vielen Red Dirt-Bands assistiert hat, sorgt mit seinen gurgelnden und hallenden Orgeleinlagen für ein wenig Kontrast und ein kräftigeres Soundvolumen, und der fantastische Texas Roots-/Blues-Rocker Jeff Strahan liefert sich mit Bertelsen beim Marshall Tucker Band-umwehten Southern Rock-Finaltrack „Don’t Get Too Low“ ein famoses Gesangs-Duett. Toll hier auch dessen brillantes E-Gitarrenspiel in Verbindung mit Belz und Carver im klassischen 3er-Line-up. Die vierzehn Stücke bieten ein wahres Feuerwerk an musikalischer Spielfreude. Der Auftakt mit „The End“, einem typisch rhythmischen Red Dirt Rocker mit kurzem Southern E-Gitarren-Solo, folgt das mit einem shuffligen E-Gitarren-Groove unterlegte, wunderbare „Unsigned“, das am Ende mit einer grandios quirligen E-Gitarrenpassage, in der sich Carver und Belz prächtig duellieren, abgeschlossen wird. Hat so etwas wie einen dezenten Doobie Brothers-Touch.

Mit dem herrlichen „Another Year“ gibt es den ersten von sehr vielen, waschechten „Ohrwürmern“. Zum Niederknien hier die kurze, aber sehr feine Mandolinen-/E-Gitarren-Solo-Kombi und die tolle Melodie. Aus dem gleichen Holz geschnitzt sind solch prächtige Stücke wie „Walking Away“ (mit wunderbarer E-Gitarrenführungslinie), „Little Girls“ (tolles E-Gitarren-Solo, Mandolinen-/Accapella-Gesangs-Bridge) die Traumballade „Drive“ (unter die Haut gehende Mandolinen- und E-Gitarrenklänge) und das flockige „Satellite Sun“ (ebenfalls Mandolinen-dominiert). Mit „Long Way Down“ gibt es ein kurzes Bluegrass-Intermezzo, wo Mandolinen, Banjo, Akustikgitarren und Eli Carvers Stand-up Bass für typisch südstaatliches Veranda-Feeling sorgen. Spielfreude pur!

Großartige atmosphärische Kost bieten das grandiose, hinreissend melodische „Virginia White“ (leichtes Bleu Edmondson-Flair, allerdings ohne dessen raue Stimme) mit seinen eigenwilligen E-Gitarren-Zwischenfills und einem fantastischen E-Gitarrenfinale, sowie die überaus gelungene Neueinspielung von „Gettysburg“ (als „Redux“-Version vom „After Everything“-Album). Das rockige „Waiting On The Drugs“ und der klasse Texas-Boogie „18 Time Machine“ beinhalten die Handschrift von „Neuling“ Justin Belz. Letztgenanntes Stück mit „Cheap Sunglasses“-umwehten Shuffle ist somit die größte Überraschung des Longplayers. Da würde selbst Billy Gibbons den Hut ziehen.

Texas Renegade haben sich mit „Surviving The Flood“ in eindrucksvoller Manier zurückgemeldet, ein Werk, das von vorne bis hinten eine Flut an feinsten Melodien, spielerische Feinheiten, Bertelsens charismatischen Gesang und eine Fülle an musikalischer Abwechslung bietet. Red Dirt-Liebhaber (und darüber hinaus), die ihre Freude an Interpreten wie der (früheren) Eli Young Band, No Justice, Buster Jiggs, Sam Riggs & the Night People oder auch Midnight River Choir haben, sind hier genau an der richtigen Adresse. Neben der vor kurzem erschienenen Wade Bowen-Scheibe sicher eins der absolutn Jahres-Highlights 2014. Gratulation und Hochachtung, Texas Renegade!

Socket Dog Records (2014)
Stil: Red Dirt

01. The End
02. Unsigned
03. Another Year
04. Walking Away
05. American Sin
06. Long Way Down
07. Little Girls
08. Virginia White
09. Drive
10. Gettysburg (Redux)
11. Waiting On the Drugs
12. 18 Time Machine
13. Satellite Sun
14. Don’t Get Too Low (Feat. Jeff Strahan)

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Texas Renegade – After Everything – CD-Review

Wow, was für ein Album! Das zweite Werk von Texas Renegade, „After Everything“, ist schon jetzt als eines der Top-Alben von 2007 fest gebucht. Hatte ich noch vor kurzem von den Bois D’Arcs in den allerhöchsten Tönen geschwärmt, so bleibt mir bei den Burschen aus der Gegend rund um Wimberley, Texas jetzt endgültig die Spucke weg. Es ist schon wirklich eindrucksvoll, was dieser illustre Bundesstaat an musikalischen Talenten hervorzaubert. Würde das doch bloß auch nur für Politiker gelten…

Was macht Texas Renegade zu einer ganz besonderen Band? Da wäre zunächst ihr Kopf Andy Bertelsen (lead vocals, guitars), der nicht nur mit einer wunderbaren Stimme ausgestattet ist, sondern auch ein Gespür für herrlich leicht ins Ohr gehende Melodien hat, und diese mit einer anspruchsvoll und eigenwillig gestalteten Instrumentierung so überaus harmonisch in Einklang bringt. Er hat sämtliche Songs komponiert. Sein Gitarrenspiel ist zurückhaltend und dient fast ausnahmslos zur rhythmischen Untermalung, lediglich bei „Better Than Being Alone“ prescht er mal mit einem satten E-Riff voran.

Das Individuelle der Band ist sicher die dominante Stellung der nicht alltäglichen Kombination von Mandoline (gespielt von Tyson Carver) und Harmonika (überragend Kasey Klepfer), die oft als markante Fills eingesetzt werden, sich aber auch immer wieder kleinere Gefechte zwischen Strophen und Refrains liefern. Klepfers Spiel erinnert mich in seiner bluesigen Art (einige Male auch mit Bürgerkriegsflair) ein wenig an die eines gewissen, leider kürzlich verstorbenen Topper Price, vielleicht einigen Lesern gedanklich noch vom Stück „Mr. Blues Man“ von
Dickey Betts & Great Southern-Album „Atlanta’s Burnin‘ Down“ präsent.

Die Rhythmus-Sektion bilden Matt Pigg (drums & percussion) und Eli Carver (bass), die ebenfalls einen nicht unerheblichen Anteil am Klangbild der Stücke für sich beanspruchen dürfen. Dazu kommen noch ein paar wenige Gastmusiker, von denen Michael Ramos an der Organ und Brendan Anthony an der Fiddle die markantesten Eindrücke hinterlassen.

Texas Renegade offerieren uns mit ihrem Zweitwerk 13 Tracks mit einer Spielzeit von knapp unter einer Stunde, ohne auch nur den kleinsten Anflug von Schwäche, darunter einige relaxte, rootsige Midtemposongs, oftmals mit Ohrwurmcharakter („Angel Of The Moonlight“, „More Than I Deserve“, „Love Is A Funny Thing“, „Born To Love You“, „Summer Again“), zwei traurige Balladen voller Melancholie („Still The One“, „Cigarettes And Whiskey“); Lieder voller Stimmung und Atmosphäre wie „Cold In California“ (übrigens das einzige, das ohne Harp auskommt) und „Gettysburg“, dazwischen noch ein furioser Uptempo-Country-Waltz im Bluegrass-Stil („Bar Ditch“), bei dem man vom fröhlichen Musizieren der Truppe mit Mandoline, Harp und Fiddle überwältigt und dazu noch mit klasse A capella-Gesangs-Passagen überrascht wird.

Liebhaber von melodiebetonten Bands wie No Justice, Buster Jiggs, The Bois D’Arcs, Eli Young Band, Blue Dogs, Cooder Graw, Honeybrowne oder Sister Hazel werden ihre wahre Freude haben. Den tollen Tipp erhielt ich übrigens von einem netten Stadion-Bekannten namens Helmut Tautges, genannt Happo, seines Zeichens Präsident der Uralt-Ultras Essen, womit bewiesen wäre, dass Rot-Weiß Essen-Anhänger nicht nur den besten Fußball-, sondern auch einen grandiosen Musik-Geschmack haben. Mein Herz haben Texas Renegade mit „After Everything“ direkt im Sturm erobert!

Socket Dog Music (2007)
Stil: Red Dirt

01. Angel Of The Moment
02. More Than I Deserve
03. Love Is A Funny Thing
04. Born To Love You
05. Summer Again
06. Fight For You
07. Julie
08. Better Than Being Alone
09. Bar Ditch
10. Cold In Carolina
11. Still The One
12. Gettysburg
13. Cigarettes And Whiskey

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