Willie Watson – Same – Album-Review

Review: Michael Segets

Willie Watson hatte in seiner Jugend eine quasi spirituelle Begegnung mit der traditionellen Folkmusik. In einer Apfelplantage sang er zusammen mit einem flüchtigen Bekannten ein paar alte Songs und verfiel dieser Musik bis ins Mark. Diese Episode greift er im letzten Stück „Reap ‘em In The Valley“ des neuen, selbstbetitelten Albums auf. Der autobiographische Text wird über weite Teile gesprochen und nur mit der akustischen Gitarre begleitet. Der achtminütige Track ist daher verhältnismäßig sperrig. Davor finden sich aber sieben melodiöse Lieder, mit denen Watson auf den Spuren der klassischen Singer/Songwriter wandelt. Er veröffentlichte bereits zwei Alben, auf der er Folkstücke covert, nun legt er sein erstes Solo-Werk mit selbstgeschriebenen Liedern vor.

Das Werk steht für Watson am Ende eines Selbstfindungsprozesses und hat eine gleichsam kathartische Funktion. Selbstzweifel und das Gefühl, dass etwas in seinem Leben fehlt, waren wohl seine ständigen Begleiter. Die Frage nach Gott spielt dabei auch eine Rolle. Im akustischen „Slim And The Devil“ thematisiert er auf witzige Weise eine Wette, die der Protagonist an der Himmelstür abschließt, damit er nochmals auf die Erde zurückkehren kann. Der Song basiert auf dem Gedicht „Slim Greer in Hell“ von Sterling A. Brown. Harte und vielleicht falsche Entscheidungen stehen bei „Already Gone“ im Zentrum. Nachdenklich stimmen „One To Fall“, „Play It One More Time“ und „Sad Song”. Daneben finden sich aber auch versöhnliche Töne auf der CD („Real Love“).

Die Eigenkompositionen werden durch die beiden Interpretationen von „Mole In The Ground“ und „Harris And The Mare“, die ursprünglich von Bascom Lamar Lunsford beziehungsweise Stan Rogers stammen, ergänzt. Watson spielt mehrere Instrumente, holt sich aber eine Band ins Studio. Diese agiert mit dem Gastmusiker Benmont Tench (Tom Petty And The Heartbreakers) dezent im Hintergrund, sodass der Folkcharakter bei jedem Song erhalten bleibt.

Vor seiner Solokarriere gründete Watson Old Crow Medicine Show mit. An einigen Soundtracks der Coen-Brüder war er beteiligt und spielte in „The Ballad of Buster Scruggs“ auf der Leinwand. Watson ist bei weitem kein Neuling in der Branche, dennoch bezeichnet er sein aktuelles Album als Debüt. Als Songwriter, der sich dem Folk verschrieben hat, präsentiert Watson eine Reihe traditionsorientierter Stücke. Er legt ein persönliches Werk vor, dass er folgerichtig „Willie Watson“ nennt. Man kann seine Zeit weitaus schlechter verbringen als ihn in einer ruhigen Dreiviertelstunde kennenzulernen.

Little Operation Records and More – Thirty Tigers (2024)
Stil: Folk

Tracks:
01. Slim And The Devil
02. Real Love
03. Already Gone
04. Sad Song
05. One To Fall
06. Harris And The Mare
07. Play It One More Time
08. Reap ’em In The Valley

Willie Watson
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