Charley Crockett – The Man From Waco – CD-Review

Review: Michael Segets

Seit 2015 bringt Charley Crockett quasi jährlich ein neues Album mit Eigenkompositionen heraus und findet daneben noch Zeit, unter seinem alter ego „Lil‘ G. L.“ Coverprojekte umzusetzen. Auf seinem nunmehr elften Longplayer „The Man From Waco“ gewinnt Crockett seinem Sound eine neue Dimension ab. Er revolutioniert zwar nicht seinen Stil, aber die Scheibe klingt deutlich erdiger als die vorherigen. Crockett fährt Twang und Honky Tonk zurück und auch Slide und Steel Pedal kommen merklich reduzierter zum Einsatz. Dennoch bleibt unverkennbar, auf wessen Konto „The Man From Waco“ geht, wofür Crocketts außergewöhnlicher Gesang Garant ist.

Crockett, der seine Musik als Gulf And Western bezeichnet, orientiert sich diesmal weniger am klassischen Country, auch wenn einzelne Stücke wie „Name On A Billboard” an diesen anknüpfen. Zwar schöpft Crockett gelegentlich aus den Vollen, was Twang und Slide betrifft („Just Like Honey”), doch die Country-Nummern „Cowboy Candy“, „All The Way From Atlanta“ und „July Jackson“ sind wesentlich geerdeter. Besonders gelungen ist „Black Sedan“, dem Crockett, begleitet von Klavier, Percussion und Gitarren unterschiedlicher Klangfarben, eine interessante Soundvariation abgewinnt.

Die Stücke bewegen sich wie sonst auch zumeist im unteren bis mittleren Tempobereich, unterscheiden sich aber deutlich voneinander. Das semi-akustisch gehaltene „Time Of The Cottonwood Trees” sowie das etwas voller begleitete „Odessa” sind zwei ruhige, jedoch starke Songs. Besonders atmosphärisch ist „Horse Thief Mesa” durch die Background-Vocals. Schön staubig wirkt der Titeltrack, der mit seinen Trompeten in das Grenzgebiet zu Mexiko versetzt, so wie auch die Landschaft auf dem Albumcover nahelegt. Musik und Story könnten einem Westernfilm entstammen. Auf der Neueinspielung von „Trinity River“, das bereits auf „Stolen Jewel“ (2015) zu finden ist, und der Single „I’m Just A Clown” unterstützen die Bläser den Soul, den Crockett in die beiden Stücke legt.

Die gesamte Band spielte die Tracks quasi live im Studio mit nur wenigen Overdubs ein. Crockett entschied sich dazu, sie nicht weiter zu mastern – im Rückblick ein weiser Entschluss, der auch von dem Produzenten Bruce Robison getragen wurde. Stellten sich bei der hohen Veröffentlichungsdichte und den doch häufig ähnlichen Arrangements in letzter Zeit leichte Ermüdungserscheinungen ein, entwickelt das neue Werk einen rauen Charme, der sich von den vorherigen abhebt. Die Songs wurden zum Teil von Crockett alleine geschrieben, zum Teil in Kollaboration mit anderen Musikern. Einzelne Einschübe bei „Tom Turkey” sind Bob Dylans „Billy 4” von dem Soundtrack „Pat Garrett & Billy The Kid” entnommen.

Charley Crockett präsentiert seine Eigenkompositionen in einem ungewohnt ungeschliffenen und erdigen Arrangement. Der modifizierte Sound bringt die Qualität der Songs unverstellt zur Geltung, sodass „The Man From Waco“ um Längen abwechslungsreicher erscheint als Crocketts letzte Longplayer. Das neue Album stellt eine Zäsur in seiner beachtlichen Veröffentlichungsliste dar, daher darf man auf das nächste Werk gespannt sein, das sicherlich nicht lange auf sich warten lässt. Vielleicht bietet sich vorher die Gelegenheit, Crockett live zu sehen. Bislang sind zwei Konzerte im November mit den Spielorten Köln und Berlin angekündigt.

Son Of Davy – Thirty Tigers (2022)
Stil: Country, Soul

Tracks:
01. The Man From Waco Theme
02. Cowboy Candy
03. Time Of The Cottonwood Trees
04. Just Like Honey
05. I’m Just A Clown
06. Black Sedan
07. The Man From Waco
08. Trinity River
09. Tom Turkey
10. Odessa
11. All The Way From Atlanta
12. Horse Thief Mesa
13. July Jackson
14. The Man From Waco Theme
15. Name On A Billboard

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