Brandi Carlile – In These Silent Days – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Für Brandi Carlile wird es diesmal sehr persönlich. Die US-amerikanische Songwriterin und Sängerin blickt mit ihrem neuen Werk „In These Silent Days“ auf die vergangenen, erfolgreichen Jahre zurück und hat dabei textlich emotionale und leidenschaftliche Songs aufgenommen.

Der sechsfachen Grammy-Preisträgerin, u. a. für ihre LP „By The Way I Forgive You“ (2019, Best Americana Album Of The Year) ist erneut eine selbstbewusste Produktion gelungen. Die 1981 geborene Carlile kam in ihrer ländlichen Heimat von Ravensdale, Washington, schon früh mit Country Musik in Berührung und sang bereits als Achtjährige gemeinsam mit ihrer Mutter auf der Bühne. Als sie 17 wurde zog sie nach Seattle, um dort später mit den Musikern Tim und Phil Hanseroth – bis heute – in einer Band zu spielen. Bereits ihr zweites Album „The Story“ erlangte 2007 einen gewissen Kult-Status, weil Songs davon in der bekannten US-Serie „Grey’s Anatomy“ verwendet wurden.

Die neue Scheibe ist wesentlich unter dem Einfluss von Joni Mitchells legendären Meisterwerk „Blue“ entstanden, das vor rund 50 Jahren veröffentlicht wurde und auch von Brandi Carlile bei Konzertabenden regelmäßig gewürdigt wird. Die eigenen Kompositionen, wie der Opener „Right On Time“, zeigen Brandi mit gewaltiger Vocal-Power und jeder Menge Klavier-Begleitung in schöner Balladenstimmung. Auf „You And Me On The Rock“ imponieren akustische Gitarren im Paul Simon-ähnlichen Folk-Rock-Sound, der bei „This Time Tomorrow“ mit der fast zu leisen Botschaft „I’ll always be with you“ liebevoll und folkig flaniert.

Als erfolgreiche Produzenten-Kombination bestreiten Dave Cobb und Shooter Jennings wieder die Aufnahmeleitung im Vintage-mäßigen RCA-Studio in Nashville. Sie performen mit den Hanseroth-Zwillingen (Vocals, Bass, Guitar), sowie Chris Powell (Drums) und Josh Neumann (Strings), so herausragende Songs, wie „Broken Horses“, eine Art Jefferson Airplane-CSN&Y-Rock-Nummer, die auf die ebenso betitelte Carlile-Bestseller-Autobiographie ‚anspielt‘.

Neben musikalischer Stimmen-Dynamik sind die ambitionierten und ‚geradeaus‘-Lyrics maßgeblich verantwortlich für die Wirkung der Songs und beschreiben ausführlich eine Aufarbeitung von Carliles Lebensgeschichte sowie ihre persönlichen Erfahrungen. Zart besaitete, wunderbare Gesangspassagen in „Stay Gentle“ geben dem Akustik-Kleinod eine besondere, individuelle Titel-bezogene Note.

Kaum verblassen diese Harmonien mit den ruhigeren Akkorden, wird bei „Sinners Saints and Fools“ ein famoses Rock-Gebilde auch stimmgewaltig aufgebaut, das schließlich in einem Inferno-Showdown instrumentell kollabiert. Der folgende Relationship-Song „Throwing Good After Bad“ vermittelt zum Schluss nochmals einen versöhnlichen Ausklang durch eine starke Klavier-Ballade, die Brandi meisterlich interpretiert.

Mit ihrem neuen Longplayer „In These Silent Days“ schafft Brandi Carlile ein Award–würdiges Album, zwischen Rock, Folk, Country und etwas Pop, das eine abwechslungsreiche, geschmeidige und bei genauem Hinhören nachdenkliche Wohlfühlatmosphäre hinterlässt. Ihr Idol Joni Mitchell kann stolz auf sie sein.

Low Country Sound-Elektra (2021)
Stil: Country, Folk

Tracks:
01. Right On Time
02. You And Me On The Rock (feat. Lucius)
03. This Time Tomorrow
04. Broken Horses
05. Letter To The Past
06. Mama Werewolf
07. When You’re Wrong
08. Stay Gentle
09. Sinners, Saints and Fools
10. Throwing Good After Bad

Brandi Carlile
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