Review: Michael Segets
Die Website von Andrew Beam heißt BeamCountry. Die Namensgleichheit mit der Whiskeymarke macht er sich dort zunutze, um die inhaltliche Ausrichtung seiner Songs anzudeuten, die sich um die klassischen Themen seiner favorisierten Musikrichtung dreht: um das Leben der arbeitenden Bevölkerung mit den Freuden des Feierabends und um Liebesdinge. Seine Musik ist der Country, wie im zweiten Teil der Wortkomposition festgeschrieben. Damit ist das Programm abgesteckt, das Andrew Beam auf seinem Debütalbum „Selma By Sundown“ verfolgt.
Wenn man den jungen Mann aus North Carolina sieht, traut man ihm die volle und tiefe Stimme, die wie für den Country gemacht scheint, nicht zu. Gesangstechnisch baut Beam gelegentlich nasal-nölige Töne und Kicks ein, die in dem Genre gängig sind. Beim Songwriting sowie der Instrumentierung bewegt sich sein Longplayer ebenfalls in dessen Traditionen.
Mit dem Opener „Country Ain’t Dead“ stellt Beam dann auch die Grundthese seines Werks vor, die er in den folgenden zehn Songs belegt. Nach dem mit einer gehörigen Portion Twang und kräftigem Slide unterlegten Einstieg bleibt er bei der Single „You Should See The Other Guy“ stilistisch dem Country weiterhin verhaftet. Im Chorus und vor allem von Joe Taylor an der elektrischen Gitarre werden aber rockigere Töne angeschlagen. Taylor steuert auf dem Longplayer auch Bariton-Gitarre, Mandoline, Keys bei und übernahm dessen Produktion. Zwei Songs stammen komplett aus seiner Feder. An allen anderen war Beam beteiligt oder verfasste sie allein.
Wie schon das vorangegangene Stück weist der Titeltrack – zugleich die zweite Single – „Selma By Sundown“ einen eingängigen Refrain auf. Der von Gary Morse an der Pedal Steel erzeugte Slide ist bei der sanften Ballade ziemlich präsent. Mit der Aussicht auf die baldige Heimkehr nach einer langen Reise greift der Text auf einen beliebten Topos der Country- und Trucker-Musik zurück. Als typischer Trucker-Song geht allerdings eher „Wadmalaw Saturday Night“ durch. Das lockere „Might As Well Dance“ versetzt dann vom Highway in ein Roadhouse. Inhaltlich kreist der Song um einen Mann, der, nachdem er von seiner Freundin verlassen wurde, auf der Suche nach neuen Bekanntschaften nichts zu verlieren hat.
Beam demonstriert auf den bisher erwähnten Stücken, dass er den Country in seinen klassischen Spielarten beherrscht. Interessanter sind nach meiner Ansicht die Songs, in denen er moderat von diesen abweicht, indem er die Kombination von Twang und Slide zurückfährt. So überzeugen „The Beam In Me”, dessen Titel einen doppeldeutigen Bezug aufweist, und das erdige „Farmall ‘53” – das Highlight des Albums – mit ihrem Einschlag in Richtung Rock. Daneben sind die instrumental reduzierteren Tracks „Semalee” und „Back And White” besonders intensiv. Mit dem letztgenannten Titel, einem Duett mit Byron Addison, bekennt Beams sozial beziehungsweise politisch Farbe. Den Abschluss der CD bildet die swampig angehauchte Mörder-Ballade „Cajun Wind“, auf der Beam eine passende, dunkle Atmosphäre erzeugt.
Bei Andrew Beams „Selma By Sundown” kommen Country-Fans voll auf ihre Kosten. Die Scheibe bietet alles, was diesen gefallen dürfte. Während die Singles eher die Traditionalisten als Zielgruppe im Auge haben, gibt Beam einigen Songs einen Outlaw-Touch mit, der seine kreative Ader erkennen lässt. Das Debüt zeigt, dass Beam die Spielregeln seines Metiers kennt und offenbart zudem sein Potential, dem Genre weitere Facetten abzugewinnen, ohne dieses revolutionieren zu wollen.
Moonwatcher Music (2021)
Stil: Country
Tracks:
01. Country Ain’t Dead
02. You Should See The Other Guy
03. Selma By Sundown
04. Might As Well Dance
05. Semalee
06. The Beam In Me
07. Three Sheets To The Wind
08. Black And White
09. Wadmalaw Saturday Night
10. Farmall ‘53
11. Cajun Wind