Shooter Jennings – Shooter – CD-Review

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Review: Michael Segets

Nach seinen experimentellen Ausflügen in die Kombination des Country mit Synthesizer-Klängen auf seinem Tribut-Album „Countach“ für Giorgio Moroder wollte Shooter Jennings ein reines Country-Album ohne musikalische Spielereien machen. Dieses Vorhaben löst er nun mit „Shooter“ auf seine eigene Weise ein.

Shooter Jennings verzichtet auf die deutlichen Grenzgänge, die er in früheren Veröffentlichungen immer wieder unternahm. Obwohl er gerade da, wo er seine Flügel in Richtung Rock ausgestreckte, einige tolle Songs geschrieben hat, deren Attitüde mich stellenweise an Kid Rock erinnert. Nun konzentriert er sich auf seine Wurzeln, die nun mal – vielleicht auch erblich bedingt – im Country liegen.

Auf dem Song „Do You Love Texas?“ antwortet ein Chor, für den der Sohn von Waylon Jennings mit Kris Kristofferson ein Country-Urgestein rekrutieren konnte, auf die Frage mit: „Hell yeah!” Fällt die Antwort auf die Frage „Do you love Country?“ genauso aus, dann liegt man bei der Scheibe genau richtig.

Ich bin meist kein Fan von Country-Songs der klassischen Machart. Sie sind mir oft zu monoton und schmalzig. Dies vermeidet Shooter auf seiner aktuellen Scheibe allerdings. Ihm gelingt das Kunststück, traditionellen Country interessant zu verpacken. Einzig „Rhinestone Eyes” steht zeitweise in der Gefahr, in den Kitsch abzugleiten, aber Shooter Jennings rettet den Titel durch seine starke Gesangsleistung.

„Shades & Hues“ ist so ein Stück, das bei mehrmaligen Hören immer nochmal eine neue Facetten enthüllt. Da schleichen sich Blues-Elemente hinein und im Background passiert überraschend viel. Ähnliches gilt für „I’m Wild & My Woman Is Crazy” . Der Song kommt bereits flott mit einigem Twang daher, dann geben die einsetzenden Bläser dem Stück noch zusätzlichen Drive und etwas Soul mit.

Dadurch, dass Jennings unterschiedliche Spielarten des Country verarbeitet, gewinnt die CD ebenfalls an Abwechslung. So folgt auf die mit ausgiebiger Steel Guitar-Begleitung von Fred Nevell versehene Ballade „Living In A Minor Key” „D.R.U.N.K.“ im Trucker-Rhythmus.

Mit schönen instrumentalen Passagen glänzt „Fast Horses & Good Hideouts“, das Jennings zusammen mit dem Schauspieler Randy Quaid und Dave Cobb geschrieben hat. Nach dem Tod von Jon Hensley, dem das Album gewidmet ist, holte Jennigs Dave Cobb (Chris Stapleton, Jason Isbell) als Produzenten wieder ins Boot.

Ganz auf den Rock verzichtet Shooter Jennings allerdings doch nicht. Beim Opener „Bound Ta Git Down” liefert er einen Rock ’n Roll ganz im Stil der guten alten Zeit von Chuck Berry, Jerry Lee Lewis oder Elvis Presley. Auch das abschließende „Denim & Diamonds” ist mehr Rock- als Country-Ballade, passt sich aber nahtlos in das Album ein.

Das Werk macht einen konzeptionell geschlossenen Eindruck mit klarer Linie. Die Songs scheinen schnörkellos, aber so einfach wie sie zunächst wirken, sind sie meist nicht. Jennings baut subtiler als in seiner vorherigen Veröffentlichungen musikalische Elemente ein, die nicht genuin aus dem Country stammen. Shooter Jennings modifiziert und modernisiert den traditionellen Country geschickt, ohne dass man es direkt merkt. Für mich ist „Shooter“ daher ein heißer Anwärter auf das Country-Album des Jahres.

Low Country Sound-Elektra Records/Warner Music (2018)
Stil: Country

01. Bound Ta Git Down
02. Do You Love Texas?
03. Living In A Minor Key
04. D.R.U.N.K.
05. Shades & Hues
06. I’m Wild & My Woman Is Crazy
07. Fast Horses & Good Hideouts
08. Rhinestone Eyes
09. Denim & Diamonds

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