Chris Kramer & Beatbox’N’Blues – Way Back Home – CD-Review

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Review: Michael Segets

Bandleader Chris Kramer geht zusammen mit dem zweifachen Deutschen Beatboxmeister Kevin O Neal und dem Gitarristen Sean Athens als Chris Kramer & Beatbox’N’Blues in die zweite Runde. Im letzten Jahr hatte die Band quasi als Vorbereitung ihrer ausgedehnten Tour durch die Vereinigten Staaten das Album „On The Way To Memphis“ herausgebracht. Kaum zurückgekehrt, nahmen die drei Musiker in den Arnsberger Megaphone Studios die fünfzehn Tracks von „Way Back Home“ auf. Die zahlreichen Eindrücke von ihrer Reise auf den Spuren des Blues beschreibt Kramer ausführlich in den Linernotes und kündigt dort einen Dokumentarfilm über die Tour an.

Im Zentrum der Songs steht die Mundharmonika von Chris Kramer, die er meisterhaft beherrscht. Nicht umsonst hat er mit renommierten nationalen und internationalen Musikern wie Helge Schneider, Peter Maffay, Jack Bruce oder Pete York zusammengearbeitet.

Auf der Scheibe zeigen Chris Kramer & Beatbox’N’Blues eine große Bandbreite an Blues-Variationen. Die mal dezenten, mal vordergründigen Beatbox-, Rap- und Hip Hop-Elemente erweitern das musikalische Spektrum und geben der Band einen eigenen Sound. Der entwickelt durchaus seinen Reiz, auch wenn er Blues-Puristen vielleicht nicht anspricht.

„Jukebox“ gibt mit einem Funk-Einschlag und einem Beatbox-Zwischenstück den Startschuss zur CD. Auch bei „Ain’t Nobody At Home“ beatboxt Kevin O Neal, was sich gut in den stampfenden Rhythmus des rockigen Stücks einpasst. O Neals Soundeffekte peppen ebenso den eher traditionellen Boogie „Beatbox’N’Boogie“ auf. Das gleiche Konzept verfolgt die Band auf „Last Man Riding“. Der Song startet in bester ZZ Top-Manier, wofür das Gitarrenspiel von Sean Athens verantwortlich ist, und zählt für mich neben dem eingängigen „Just A Little Boy“, das ohne auffällige Effekte auskommt, zu den Highlights des Albums.

O Neal ergänzt die Vocals von Kramer bei „Happy Birthday“ durch Rap-Einlagen. Der Track erinnert an die der Band Gangstagrass, die durch die Titelmusik der Fernsehserie „Justified“ einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hat. Die Fusion von Hip Hop und Blues deutet sich schon bei dem Titel „Hippin’N’Hoppin‘ The Blues“ an. Auch hier rappt O Neal nochmal einen Part.

Stärker dem traditionellen Blues verhaftet sind die englischsprachigen Balladen: „Ashes To Ashes“, das von den drei Bandmitgliedern komponiert wurde, und „Lawyer Clark Blues“ von John Estes. Bei der dritten Ballade „Hot Summer Day” kommen wieder mehr Effekte zum Einsatz. Der Akzent liegt jedoch auf dem nachklingenden Gitarrenspiel von Athens, das Assoziationen zu Gary Moore weckt.

Trotz aller Varianz bilden die ersten zwei Drittel des Albums doch eine insgesamt homogene Einheit, die gegen Ende mit drei Instrumentalstücken und zwei auf Deutsch gesungenen Titeln etwas verloren geht.

Bei „Deep In The Ground“ ergänzen sich Mundharmonika und Gitarre sehr schön. Streicher und Soundeffekte laden auf dem sanften „Tallachatchie Flats“ zum Träumen ein. Auf „Go With The Flow“ zeigt Athens nochmal ausgiebig, was er an der Gitarre kann. Mit Vogelgezwitscher und sanften Mundharmonika-Melodien wirkt das fast acht Minuten lange Stück im Vergleich zu den anderen allerdings fast seicht.

Das langsame „Der Wolkenmacher” ist eine wehmütige Reminiszenz Kramers an seinen Vater und das Revier vor dem Strukturwandel. Als Ruhrpottler fehlt natürlich nicht die Begeisterung für den Fußball, die Kramer mit „Erst hatt‘ ich kein Glück“ auf höchst unterhaltsame und witzige Weise zum Ausdruck bringt. Der Text besteht aus bekannten Stilblüten von Fußballspielern und Trainern, die originell zusammengefügt sind. Musikalisch würde das Lied auf Westernhagens „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“ passen.

Die Kombination des Blues mit Hip Hop- und Rap-Elementen funktioniert. Sie bricht mit Hörgewohnheiten und erzeugt eine gewisse Spannung, die auch bei mehrmaligen Hören der Stücke aufrecht erhalten bleibt. Dennoch sprechen mich die Songs, auf denen zurückhaltender mit den Soundeffekten umgegangen wird, mehr an. Dies liegt allerdings an meiner musikalischen Sozialisation. Die Variationsbreite auf „Way Back Home“ geht gegen Ende des Albums auf Kosten einer klaren konzeptionellen Linie. Dafür bietet es mit „Erst hatt‘ ich kein Glück“ dort nochmal ein Lied, das in jedem Fall im Gedächtnis bleibt.

Blow ‚Till Midnight Records/Fenn Music (2018)
Stil: Blues/Blues Rock and more

01. Jukebox
02. Ain’t Nobody At Home
03. Beatbox’N’Boogie
04. Ashes To Ashes
05. Lawyer Clark Blues
06. Happy Birthday
07. Just A Little Boy
08. Last Man Riding
09. Hot Summer Day
10. Hippin’N’Hoppin‘ The Blues
11. Deep In The Ground
12. Go With The Flow
13. Erst hatt´ ich kein Glück
14. Der Wolkenmacher
15. Tallahatchie Flats

Chris Kramer
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