Various Artists – Whiskey Preachin‘ – Volume 1 – CD-Review

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Review: Michael Segets

Es gehört wohl eine ordentliche Portion Idealismus dazu, in Europa ein Plattenlabel zu gründen, dass sich auf Independent-Country und Southern Rock-Musik aus den USA spezialisiert. Mit Tony Sexton und Reinhard Holstein fanden sich zwei Enthusiasten, die mit Whiskey Preachin‘ Records diese Idee in die Tat umgesetzt haben. In das Projekt des Südengländers Tony Sexton klinkte sich Reinhard Holstein mit seinen Erfahrungen als Urheber von Glitterhouse Records und Stag-O-Lee Records ein.

Mit dem Sampler „Whiskey Preachin‘ – Volume 1“ stellen die beiden zwölf Bands vor und geben so einen Vorgeschmack auf das zukünftige Programm. Der Untertitel der Kompilation lautet „21st Century Honky Tonk For The Outlaw Dancefloor“, der die Auswahl der Tracks treffend umreißt. Auch wenn der Begriff Honky Tonk hier weit ausgelegt wird, gehen die Titel ins (Tanz-)Blut. Konsequenter Weise gibt es keine Balladen auf der Zusammenstellung.

Stattdessen finden sich mit „(If I Knew What I Had To Give Up) I Never Would Have Fallen In Love” von Cray And The Boys ein knackiger Rock’n Roll sowie zwei runde Boogies, die von Weldon Henson („Sleep All Day”) beziehungsweise Ted Russel Kamp („Get Off The Grid”) stammen. Alle drei Songs haben einen schön rootsigen Sound, wobei „Kool & Lonesome“ von Mayeux & Broussard in die gleiche Kerbe schlägt, aber für mich aufgrund der ausdrucksstarken Lead Vocals die Nase vorne hat.

Auf „Whiskey Preachin‘ – Volume 1“ sind drei gleichmäßig verteilte Tracks mit weiblichem Frontgesang vertreten. Das flotte und freche „Rat City Bound” von Darci Carlson ist klasse, nicht nur aufgrund der tollen Mundharmonica. Kristina Murray steht mit ihrem „Lovers & Liars“ dabei in nichts nach. Der an Penelope Houston erinnernde Song hat einen Underground-Charme und entwickelt damit ebenfalls Drive. Kathryn Legendre, die dritte Dame im Bunde, steuert eine Country-Nummer („Going Crazy”) mit gehörigem Twang bei. Twang versprüht ebenso „Arcadian Thruway“ der Eleven Hundred Springs. Durch Geige und Steel Guitar löst das Stück den versprochenen Honky Tonk ein.

Die Songs auf dem Sampler bewegen sich überwiegend zwischen erdigem Rock und rockigem Country. In Richtung Country schlägt die Nadel bei dem mit einprägsamen Refrain versehenen „C. C. Waterback“ von The Reeves Brothers aus. Die Beiträge „Jesus, Jail or Texas” (James Scott Bullard) und das überaus gelungene Dire Straits-Cover „Setting Me Up” (The Rhyolite Sound) können in die Outlaw-Linie von Johnny Cash oder Waylon Jennings eingeordnet werden.

Den Anfang der auf Whiskey Preachin’ Records veröffentlichten Bandalben macht „Mojave Gold“ von The Rhyolite Sound, die sich mit ihrem Song – der mit treibenden Rhythmus und rockigen Gitarreneinlagen glänzt – wärmstens empfehlen. In den Startlöchern befindet sich auch der selbstbetitelte Longplayer von Ole Wiskey Revival. Die Band ist mit „Ramblin’“ auf der Kompilation vertreten und überzeugt dort durch die starke Gitarrenarbeit.

Während „Whiskey Preachin‘ – Volume 1“ ausschließlich auf Vinyl erscheint, sind die nächsten Alben auch als CD angekündigt. Vor allem diejenigen, die auf Vinyl schwören, sollten die Augen offen halten, da ein begrenzter Teil der Auflage in farbigem Material produziert wird. Ich habe mich jedenfalls bereits für den Newsletter auf der Homepage angemeldet, damit keine Neuerscheinung des Labels an mir vorbeiläuft.

Tony Sexton und Reinhard Holstein sind angetreten, um die verborgenen Juwelen des Outlaw Underground ans Tageslicht zu fördern. Wie „Whiskey Preachin‘ – Volume 1“ zeigt, stellt das ein äußerst lohnendes Unterfangen für die Freunde des Southern Sounds dar. Der erste Sampler des Labels ist dabei mehr als nur ein Appetizer, sondern für sich genommen eine ziemlich unterhaltsame Scheibe mit unverbraucht klingenden Neuentdeckungen.

Whiskey Preachin’ (2020)
Stil: Country, Country Rock, Southern Rock/

Tracks:
01. Mayeux & Broussard – Kool & Handsome
02. James Scott Bullard – Jesus, Jail or Texas
03. Kathryn Legendre – Going Crazy
04. Eleven Hundred Springs – Arcadian Thruway
05. The Rhyolite Sound – Setting Me Up
06. Darci Carlson – Rat City Bound
07. Ole Whiskey Revival – Ramblin’
08. The Reeves Brothers – C. C. Waterback
09. Kristina Murray – Lovers & Liars
10. Ted Russel Kamp – Get Off The Grid
11. Weldon Henson – Sleep All Day
12. Cray And The Boys – (If I Knew What I Had To Give Up) I Never Would Have Fallen In Love

Whiskey Preachin’