The Big Pine Band – SelfRich – CD-Review

BPB

Herrje, das war so eine richtig schwere Geburt. Zunächst spielte  ‚Kommissar Zufall‘ eine Rolle. Ich hatte beim Surfen durchs Netz auf einem US-Festival-Plakat, den Namen der mir bis dato unbekannten Big Pine Band entdeckt und bin einfach mal so auf ihre Homepage ‚gewandert‘.

Die offerierte ihr vor geraumer Zeit erschienenes Debütalbum, das man sich auch in kompletter Länger dort anhören konnte. Ich beschloss die Truppe aus dem Süden Floridas zu kontaktieren und um ein Rezensionsexemplar zu bitten. Der Einfachheit halber, bot ich auch die Möglichkeit an, die Daten via Dropbox zu übermitteln.

Dann sollte ein Hin- und Her seines Gleichen erfolgen (vorab bemerkt, ohne Schuld der Band). Zunächst kam die legitime Frage, warum ich denn nicht die Scheibe anhand des Materials auf der Webseite besprechen würde. Die beantwortete ich damit, dass ich Musik vom PC wie Streamings und Dergleichen nicht rezensieren würde, sondern erst, ganz ‚old school‘, nach intensivem Anhören auf einer Anlage, beurteilen würde.

Das wurde akzeptiert und man wollte mir die CD auf dem Postweg zuschicken, wobei ich vorschlug, noch ein signiertes Exemplar, für eine Leser-Aktion beizufügen. Dies wurde dann auch recht fix in die Tat umgesetzt. Allerdings hatten wir die Rechnung ohne unsere Beamten vom deutschen Zoll gemacht. Es vergingen Wochen, ohne ein Ankommen der Lieferung, Nachfrage bei der Band, die mailte sofort den Liefernachweis.

Die schriftliche Recherche beim Zoll ergab die automatisierte Antwort: Sache in Bearbeitung. Wieder Warten, nichts passierte. Anruf beim Zoll. Nach einer endlosen Anzahl von gescheiterten Versuchen, mal dort einen Menschen an die Strippe zu bekommen, fand sich doch noch eine Dame, die Hilfe anbot.

Dann nach weiteren Wochen des Wartens eine Meldung ohne Angabe von Gründen, dass die Sendung in die Staaten zurückgegangen sei. Erneuter Kontakt zur Band, die dann bejahte, dass das Päckchen zurückkam. Irgendwann haben wir uns dann auf die Dropbox-Variante geeinigt, sodass mir jetzt die Daten in einer vernünftigen Qualität vorliegen. Was für ein Bohai…

Das Warten hat sich letztendlich natürlich dennoch gelohnt. Dass die Musik klasse ist, war ja im Prinzip schon von Anfang an klar. Zehn tolle, glasklar produzierte und eingespielte Tracks, die Liebhaber des klassischen Southern Rocks der großen Anfangsjahre in Verzückung versetzen sollten.

Die Initialzündung für die Entstehung des Süd-Florida-Fünfers war 2015 ein LA-Film, für den die beiden Gitarristen Kevin McLoughlin und George Schoeppner Musik komponieren sollten. Dabei realisierten sie schnell, nachdem sie mit Smokey Gage einen starken Sänger ins Visier genommen hatten, dass es Zeit wäre, eine Band zu gründen. Die Big Pine Band wurde schließlich dann mit der begabten Rhythmusfraktion Randy Finn am Bass und Zeke Merkel am Schlagzeug vervollständigt.

Der herrliche Opener „Day By Day“ erscheint dann auch schon als eine Art Blaupause für den Rest des Longplayers: Akustikgitarrenintro, zu dem sich dann markante E-Gitarrenhooks gesellen, die irgendwann in quirlige Wechsel-Soli münden, und sich schließlich oft in surrenden Twins  vereinigen. Nicht zu vergessen, der engagierte, Charisma versprühende Gesang von Gage, der auch sporadisch immer wieder von Harmoniegesängen begleitet wird.

Erstaunlich ist es immer wieder, wie es manche Acts schaffen, das „Can’t You See“-Thema der Marshall Tucker Band aufzunehmen und gekonnt mit eigenen Ideen zu modifizieren. Hier geschehen, beim hevorragenden Titellied „Self Rich“ als auch bei „Nothing At All“.

Freunde von Instrumentalstücken nach Allman-/Gov’t Mulescher-Prägung können sich an Titeln wie „Long Way From Home“ (herrlich hallt hier die E-Gitarre durch den Pinienwald) und dem „Jamestown Jam“ laben (allerdings, von der Länge her, weniger ausufernd). Meine Favoriten sind neben den bereits erwähnten „Day By Day“ und „SelfRich“, noch das in Molly Hatchet-/Jackson Stone Band-Manier, deftig polternde „Bullseye“, das bluesige, in Gregg Allman-Tradition performte „The Minky Stinky Man“ und das verspielt E-Gitarrenlastig rockende „Set Up“ als Rausschmeißer.

Ich bin mir sicher, dass diese Scheibe ein durchweg positives, ja, sogar begeistertes Echo in der hiesigen Southern Rock-Szene hervorrufen wird. Deshalb sei in jedem Fall der Besuch der Big Pine Band-Homepage angeraten, wo man „SelfRich“ in Gänze, wenn auch nur am PC, antesten, beziehungsweise genießen kann. Die Erlangung des physikalischen Tonträgers unterliegt dann vermutlich allerdings, wie beschrieben, nur Gott und dem deutschen Zoll…

Eigenproduktion (2018)
Stil: Southern Rock

01. Day By Day
02. That’s The Way She Moves
03. SelRich
04. Suffered Too Long
05. Bullseye
06. Long Way From Home
07. Nothing At All
08. The Minky Stinky Man
09. Jamestown Jam
10. Set Up

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