Brock Zeman – Me Then You – CD-Review

Zeman

Brock Zeman ist wieder mal der eindrucksvolle Beweis für die schöne und spannende Seite des Lebens als Online-Musik-Redakteur. Ich hatte bezüglich seiner CD „Me Then You“ nur kurz und oberflächlich in ein paar Soundfiles reingeschnüffelt und auf Verdacht die Scheibe mal angefordert. Eigentlich hatte ich schon am nächsten Morgen wieder vergessen, was ich getan hatte und harrte einfach der Dinge, die da auf mich zukommen mochten. Auch dies gehört (leider) zum Alltag, wenn man quasi sintflutartig mit Musik konfrontiert wird.

Einige Tage später trudelte das Teil ein und wurde erst mal in die Reihe der noch dringlicher zu besprechenden Sachen hinten angestellt. Irgendwann war es dann soweit. Ich halte eine schlicht, aber schön illustrierte CD in traditioneller Hülle in den Händen, das einliegende vierseitige Klapp-Booklet gibt die nötigsten Informationen her. Ich denke – aha – viele Gitarren (stark. Blair Hogan), Pedal Steel (Anders Drerup) und zwei weibliche Backgroundsängerinnen (Kelly Prescott und Cindy Doire) bei einigen Tracks, das könnte durchaus was für mich sein.

Und so ist es dann auch. Der aus dem kanadischen Carleton Place, Ontario, stammende Brock Zeman liefert auf seinem 9. Werk eine hochmelodische, textlich intelligente und humorvolle sowie mit einiger instrumenteller Finesse ausgestattete Scheibe ab, die richtig Spaß bereitet. Und schon meldet sich stante pede das schlechte Gewissen, diesem Künstler bisher keine Beachtung geschenkt zu haben. Denn sowohl die Eingängigkeit und Struktur seiner Songs als auch seine gesanglichen Fähigkeiten wissen auf ganzer Linie zu überzeugen.

Zeman bietet eine Mischung aus melodischen Rocksongs, die mal geradlinig (Richtung Stones, Casino Steel) durchgezogen werden oder z. T. mit Roots- (Chris Knight & Co.), Country- (Bobby Pinson, The Great Divide / Mike McClure) und auch ganz entfernt mit etwas Rockabilly-Elementen (aber wirklich nur hauchzart, Marke Brian Setzer, typischer Retro-Klang der Gibson-Gitarre bei Stücken wie „Push Them Stones“ oder dem bluesig angehauchten „Claws“) modifiziert werden.

Sein Gesang erinnert mich manchmal auch an den von Mick Jagger, sodass teilweise die o. a. ’stoneske‘ Note ins Spiel kommt. Oft allerdings auch an die kauzige Manier eines Bobby Pinson, einer der gefragtesten Songschreiber in Nashville, der ab und zu auch mal selber musikalisch zulangt. In einem anderen, englischsprachigen Review wird er sogar mit einem jungen Tom Waits verglichen. Mein persönlicher Favorit unter den durchgängig guten Songs ist das wunderbar eingängige und mit vielen schönen Gitarren (herrliches Southern-inspiriertes E-Solo), Piano und Hammond bestückte „Criple Crown“. Ein exzellenter Ohrwurm, Carl Carlton lässt hier grüßen.

Streiten kann man sich vielleicht über den letzten Song „Rain On The Roof“, der hier in zwei Teilen präsentiert wird. Mir persönlich hätte die mit Piano und Pedal Steel verzierte erste Kurzversion gereicht. Die fließend übergehende zweite Fassung in fast epischer Art mit hypnotisch anmutenden Streichern und Trompeten sowie Regen-/Gewittergeräuschen angereichert, wird dann letztendlich mit noch mal fast zehn Minuten on top doch etwas langatmig und bildet zu den ansonsten relativ kompakt gehaltenen Liedern einen zu starken Kontrast. Vornehmlich Musikhörer mit dem Hang zur anschließenden Meditation könnten hier begeistert sein.

Insgesamt liefert Brock Zeman, der auch andere Künstler produziert, mit „Me Then You“ ein sehr überzeugendes und sympathisches Album ab, das eigentlich eine große Zuhörerschaft verdient hätte. Echter, überraschender Qualitätsstoff aus Kanada (wie so oft…). Wieder mal eine kleine Perle und auch einen hochqualifizierten Musiker entdeckt! Gute Wahl, DD!

Mud Records (2012)
Stil: Rock & More

01. Push Them Stones
02. Until It Bleeds
03. Triple Crown
04. Someone For You
05. Light In The Attic
06. Claws
07. End Of The World
08. Season Of Sleep
09. Rain On The Roof #1
10. Rain On The Roof #2

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