Martin Barre- 31.10.2021, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

50 Jahre ist es her, dass „Aqualung“, das meistverkaufte Album von Jethro Tull, veröffentlicht worden ist. So war es wenig verwunderlich, dass sich dies auch in der Setliste der Tour von Martin Barre, dem langjährigen Gitarristen der britischen Rockband, widerspiegelte.

Gegen 20:00 Uhr betraten die nur schemenhaft erkennbaren vier Musiker die in Nebel gehüllte und durch rotes Licht bestrahlte Bühne. Schon zu Beginn ergriff Martin Barre das Wort, bedankte sich bei den über 200 Besuchern, die das Musiktheater Piano ansehnlich füllten und schilderte den Ablauf des in zwei Sets geteilten Konzertes, bei dem im zweiten Teil das komplette „Aqualung“-Werk gespielt werde.

Das erste Set war eine Mischung von Jethro Tull-Songs und eigenen Kreationen. Begleitet wurde Martin Barre von Dan Crisp, der stimmlich Ian Anderson sehr ähnlich war und genauso mit den Augen rollen und in den meisten Songs an der Gitarre auch mit einigen feinen Soli begeistern konnte und der Rhythmussektion mit Alan Thompson am Bass, der nicht nur über Jahrzehnte den schottischen Singer und Songwriter John Martyn begleitete, aber auch für Rockgrößen wie Phil Collins, Eric Clapton, Robert Palmer oder David Gillmour tätig war und Drummer Darby Todd der auch für Gary Moore, Robert Plant, Carl Verheyen oder Joe Lynn Turner die Drumsticks schwang.

Neben den eigenen Songs wie „Back To Steel“, „After You After Me“ und „Lone Wolf“, präsentierte das Quartett vornehmlich Stücke von „Stand Up“ und „This Was“ die auch schon über 50 Jahre auf dem Buckel haben, aber weitaus härter als auf den Alben gespielt wurden, ohne den keltischen und zum Teil mystischen Charakter zu verlieren, wobei „A New Day Yesterday“ und „Paparazzi“ vom Album „Under Wraps“ sowie „Heavy Horses“ aus einem starken Set herausragten.

Nach einer etwa 15-minütigen Pause legte die Band mit „Nothing Is Easy“ und „Dogs in the Midwinter“ los, um die begeistert mitgehenden Besucher wieder auf Betriebstemperatur zu bringen. Und dann folgten etwa 50 Minuten in denen der Klassiker „Aqualung“ nicht runtergespielt wurde, sondern regelrecht wiederbelebt wurde. Barre führte zwar an, dass einige Instrumente fehlen werden, was bei der Art und Weise, wie die Songs gespielt wurden aber keine Rolle spielte.

Die Stücke waren von harter Gitarrenarbeit geprägt, ohne den grundlegende Charakter der Songs zu verlieren, wie die Tempo- und Stilwechsel bei „Aqualung“ mit dem legendären Gitarrensolo oder dem jetzt fast hardrockenden „Cross-Eyed Mary“.

Zwischendurch wurde das Publikum durch Songs wie „Cheap Day Return“ oder „Mother Goose“, die zuweilen nur mit Gitarren und Bass gespielt wurden, etwas beruhigt . Nach dem ausufernden, progressiven „My God“ und dem rockigen „Hymn 43“ wurde es zum Abschluss regelrecht furios. Der Dramaturgie wegen wurden die beiden letzten Albumsongs getauscht und das ruhig beginnende und endende „Wind-Up“ entwickelte sich in einem ausgedehnten Mittelteil in einen krachenden Hard Rock-Track.

Danach setzte ein Geplänkel der Musiker ein, welches immer mehr Dynamik aufnahm und schließlich im ersten Riff von „Locomotive Breath“ endete. Sinnbildlich hämmerte das Stück in einer ungewohnten Härte durch das Piano. Barre und seine Mitstreiter ließen dabei alle Fesseln fallen und machten so aus dem Jethro Tull-Klassiker eine mitreißende Nummer.

Animiert durch den frenetischen Applaus und die vehementen Zugabeforderungen gab es mit „Teacher“ noch eine verhältnismäßig ruhige Zugabe und eine sichtlich auch von der Begeisterung der Zuschauer infizierte Band verabschiedete sich von den Fans, die an einem tollen Konzertabend mit meist alten Songs in neuem Gewand, das Piano mal wieder in eine richtige Rocklocation verwandelt hatten.

Ein Dank geht an 3Dog Entertainment und das Musiktheater Piano, die erneut eine starke Band präsentiert haben, aber auch an die Tontechnik, die für einen klar differenzierten Sound sorgte sowie die Lichttechnik, welche die Musik visuell unterstützte.

Line-up:
Martin Barre – guitar
Dan Crisp – vocals, guitar, flute
Alan Thompson – bass
Darby Todd – drums

Bericht und Bilder: Gernot Mangold

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